doktorinwien 2021/07

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BRIEF DES PRÄSIDENTEN IN EIGENER SACHE Sehr geehrte Kollegin! Sehr geehrter Kollege! Auf der Hut bleiben „Man würde meinen, dass Fehler der Vergangenheit sich gerade in Krisenzeiten nicht wiederholen sollten.“ ► Wir laufen Gefahr, die Fehler des vergangenen Sommers exakt zu wiederholen. Auch damals haben die politisch Verantwortlichen gedacht, das Virus sei nun einfach verschwunden. Wenige Monate später haben wir uns in einem Lockdown mit vollen Intensivstationen wiedergefunden. Man würde meinen, dass Fehler der Vergangenheit sich gerade in Krisenzeiten nicht wiederholen sollten. Derzeit sieht es in Österreich in puncto Corona zwar noch relativ gut aus, doch die „Delta“- Variante des Coronavirus ist bereits in ganz Europa auf dem Vormarsch. Wir erleben bereits, dass Länder wie Großbritannien oder Portugal ihre Öffnungen verschieben oder gar zurücknehmen. Noch gibt es dazu keinen Grund in Österreich, aber wie bereits erste Fälle in Österreich bestätigen, sind wir davon auch nicht mehr weit entfernt. Daher kann die Devise nur eine heißen: Angriff nach vorne und impfen, was das Zeug hält. Wir wissen auch aus dem Vorjahr, dass die Besorgung von ausreichend Impfstoff rechtzeitig getätigt werden muss, ansonsten hat man wieder das Nachsehen im nationalen Impfplan und muss sich von einem Lockdown zu nächsten quälen. Vergessen wir auch nicht die Kosten dahinter: Jeder Impfstoff ist günstiger für die Wirtschaft und für uns alle als ein Lockdown, der 1,5 Milliarden Euro pro Woche kostet – etwaige Kollateralschäden noch gar nicht eingerechnet. Ich vermisse derzeit eine energische Politik in diese Richtung und kann daher nur die politisch Verantwortlichen mahnen, „Delta“ nicht zu unterschätzen und jetzt sowohl Impffortschritt als auch die Bestellung von mehr Impfstoff zu forcieren. Foto: Stefan Seelig Besuchen Sie auch meinen Blog: www.szekeres.at Nur die Hälfte ist geimpft Derzeit ist die Lage aber so, dass fast die Hälfte der impfbaren Bevölkerung noch nicht einmal einen Stich erhalten hat und ungeimpft ist. Das Impftempo muss dringend erhöht werden und die Organisation muss verbessert werden. Es ist sicher PR-mäßig toll, wenn der Bundeskanzler eine Million Impfdosen von der vermeintlich bei uns ungewollten und übergebliebenen Impfstoffmarke an das Ausland verschenkt. Aber Millionen Menschen in Österreich sind noch nicht geimpft. PR-Gags wie diese sind unangebracht und werden schlussendlich wenig Beliebtheit bringen, wenn wir alle wieder zuhause sitzen müssen. Alle zugelassenen Impfstoffe in Österreich sollten auch verwendet werden – es gibt ausreichend Bedarf und Nachfrage nach allen Impfstoffen. Einheitliche Impfstrategie notwendig Ebenfalls Aufholbedarf hat unsere sogenannte „nationale Impfstrategie“ in unserem schlussendlich doch föderalen Österreich: Derzeit gibt es in den neun Bundesländern neun unterschiedliche Impfstrategien und unterschiedliche Tempi. Daher hinken einzelne Bundesländer bei der Durchimpfungsrate nach – beispielsweise Wien, wo die Politik offensichtlich großes Misstrauen gegen die eigenen Hausärztinnen und Hausärzte hegt. Anders ist die mangelnde Versorgung der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte, die ihre große Impfbereitschaft jederzeit unter Beweis gestellt haben, nicht zu erklären. Es sieht derzeit nicht so aus, als hätten Bund und Länder etwas aus den bisherigen Infektionswellen gelernt – es muss ein Einkauf im großen Stil stattfinden und es muss eine einheitliche und schnelle Durchimpfung unter verstärkter Einbindung der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte stattfinden. Denn Vorsicht ist besser als Nachsicht. Und wer denkt, dass der „Brexit“ auch die „Delta“-Variante von Kontinentaleuropa fernhält, der irrt – fragen Sie in Portugal nach. Herzlichst, Ihr Thomas Szekeres <strong>07</strong>_08_<strong>2021</strong> doktor in wien 3
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