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BRIEF DES KURIENOBMANNS IN EIGENER SACHE Sehr geehrte Kollegin! Sehr geehrter Kollege! Riskanter Kurs Foto: AEK Wien „Viele von uns fühlen sich von der Stadt nicht ernst genommen, weil unsere wichtige Rolle in der Prävention und unsere hohe Impfbereitschaft politisch ignoriert werden.“ Weitere standespolitische Themen ab Seite 10. ► Wiens Landespolitik segelt einen riskanten Kurs, wenn sie weiterhin auf eine starke Einbindung der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte bei den Corona-Impfaktionen der Stadt verzichtet. Die Auswirkungen dieser gesundheitspolitischen Entscheidung werden sich voraussichtlich im Herbst zeigen: Im schlimmsten Fall, wenn es dann zur bereits vielfach prognostizierten nächsten Corona-Welle kommen sollte. Und das Impftempo in Wien ist leider alles andere als berauschend. Nur 45 Prozent der Bevölkerung hat mit Stand Juni zumindest einen Stich bekommen – deutlich weniger als im Österreich-Durchschnitt. Trotz der sehr hohen Impfbereitschaft der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte werden wir durch die Politik ohne guten Grund gezwungen, im Corona-Impfgeschehen eine völlig untergeordnete Rolle zu spielen. In trockenen Zahlen: Mit Stand Juni gab es in Wien rund 1,35 Millionen Impfstiche, davon wurden aber nur 2 Prozent von niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten gesetzt, weil ihnen nicht mehr Impfstoff zur Verfügung stand. Kein Wunder, dass in unseren Reihen die Impfbereitschaft zu bröckeln beginnt: Viele von uns fühlen sich von der Stadt nicht ernst genommen, weil unsere wichtige Rolle in der Prävention und unsere hohe Impfbereitschaft politisch ignoriert werden. Dass die Stadt bei den Corona-Impfungen fast ausschließlich auf Impf-Straßen und -Boxen setzt, ist alles andere als vernünftig: Dort gehen Menschen hin, die sich ohnehin impfen lassen möchten. Ganz anders sieht es natürlich bei Skeptikerinnen und Skeptikern der Impfung oder Personengruppen aus, die unentschlossen, gleichgültig oder angesichts der Informationsflut in sozialen Medien einfach verunsichert sind. Dabei, solche Menschen bei Ordi-Besuchen von der Sinnhaftigkeit einer Impfung zu überzeugen, und sie am besten auch gleich zu impfen, spielen die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte eine wichtige Rolle. Das politische Vorgehen der Stadtregierung ist umso unverständlicher, als zunehmend davon ausgegangen wird, dass es in den kommenden Monaten einen infektiologischen Wettlauf zwischen dem Corona-Virus und seiner Delta-Variante einerseits, und dem Tempo bei Impfungen auf möglichst breiter Basis andererseits kommen wird. Wer dieses Rennen macht, wird man im Herbst sehen. Unsere Landespolitik wird sich im Herbst für ihre Entscheidungen und deren Auswirkungen zu verantworten haben. Chaotische Zustände Schauplatzwechsel: Niedergelassene Ärztinnen und Ärzte haben während der Corona-Krise in der Patientenversorgung Enormes geleistet und dabei auch hohe wirtschaftliche und gesundheitliche Risiken in Kauf genommen. Umso irritierender und unverständlicher ist es, wenn uns jetzt die Bundesregierung ohne jede Not per Ärztegesetznovelle die Kompetenzen in der Qualitätssicherung entzieht. Hier sind chaotische Zustände zu erwarten, wenn diese Kompetenzen von der Ärztekammer an das Gesundheitsministerium übertragen werden, das dann irgendein neues bürokratisches System aufbauen muss, obwohl es längst ein funktionierendes und bewährtes System gibt: Die Qualitätssicherung der ÖQMed ist weltweit einzigartig und höchst erfolgreich. Der Ärzteschaft nach ihren Spitzenleistungen in der Corona-Krise mitzuteilen, dass die Qualität ihrer Arbeit nicht ausreichend sei und deren Kontrolle deshalb künftig an bürokratische Institutionen delegiert werden müsse, ist nicht nur unverständlich, sondern auch eine Ohrfeige für alle, die in ihren Praxen tagtäglich Versorgung auf hohem Niveau bieten. Dieses Vorgehen der Politik macht einmal mehr klar, dass es hier nicht um Sachfragen geht, sondern dass vielen Politikerinnen und Politikern eine starke Ärzteschaft ein Dorn im Auge ist. Mit besten Grüßen, Johannes Steinhart <strong>07</strong>_08_<strong>2021</strong> doktor in wien 5