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doktorinwien 2021/07

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SERVICE CHRONIK<br />

MedUni Wien<br />

„Researcher of the Month“ gekürt<br />

Leonhard Heinz, Thomas Krausgruber und Nikolaus Fortelny wurden<br />

anlässlich ihrer kürzlich veröffentlichten hervorragenden Forschungsarbeiten<br />

im Juni mit dem Titel „Researcher of the Month“ ausgezeichnet.<br />

► Leonhard Heinz wurde anlässlich<br />

seiner im Journal Nature<br />

erschienenen Arbeit „TASL is the<br />

SLC15A4-associated adaptor for IRF5<br />

activation by TLR7-9“ ausgezeichnet:<br />

Die Zellen des menschlichen Immunsystems<br />

verfügen über eine Vielzahl<br />

an Sensorproteinen, die dazu dienen,<br />

konservierte molekulare Strukturen<br />

von Krankheitserregern zu erkennen<br />

und eine entsprechende Immunantwort<br />

zu orchestrieren. Rezeptoren der<br />

Toll Familie (Toll-like receptors, TLR)<br />

zählen zu den meiststudierten Sensorproteinen<br />

dieser Art und dienen unter<br />

anderem der Erkennung von viralen<br />

Nukleinsäuren oder bakteriellen Zellwandkomponenten.<br />

Die Weiterleitung<br />

von TLR-Signalen in der Zelle<br />

benötigt spezifische Adaptorproteine,<br />

welche essenziell für die Steuerung der<br />

Immunantwort sind. In der hier ausgezeichneten<br />

Arbeit konnte ein bisher<br />

unbekanntes Adapterprotein, von den<br />

Forschenden im Rahmen der Entdeckung<br />

TASL genannt, identifiziert<br />

werden, das eine wesentliche Funktion<br />

bei der Aktivierung des entzündungsfördernden<br />

Transkriptionsfaktors IRF5<br />

spielt.<br />

Ausgangspunkt der Arbeit war die<br />

Frage nach der Rolle eines zellulären<br />

Transportproteins (SLC15A4) bei der<br />

Funktion von endosomalen TLR, die<br />

DNA oder RNA von Bakterien und Viren<br />

erkennen.<br />

In früheren Studien konnte zwar gezeigt<br />

werden, dass SLC15A4 für die<br />

Funktion dieser TLR benötigt wird<br />

und darüber hinaus genetisch und<br />

funktionell mit der Autoimmunerkrankung<br />

Lupus Erythematodes assoziiert<br />

ist. Die genaue mechanistische<br />

Funktion des Transporters bei diesen<br />

Prozessen war jedoch ungeklärt und<br />

daher ein Kernthema des Projekts.<br />

Die Ergebnisse der Studie offenbaren<br />

einerseits die mechanistische Rolle von<br />

Leonhard Heinz<br />

Thomas Krausgruber<br />

Nikolaus Fortelny<br />

SLC15A4 und TASL in der Funktion von<br />

endosomalen TLR, und liefern gleichzeitig<br />

eine rationale Erklärung für die<br />

beschriebenen Assoziationen der entsprechenden<br />

Gene mit Autoimmunerkrankungen.<br />

Das gewonnene Wissen<br />

eröffnet nun einen attraktiven Ansatzpunkt<br />

für die Entwicklung neuer Medikamente<br />

und Forschungskonzepte.<br />

Strukturzellen des Körpers<br />

Thomas Krausgruber und Nikolaus<br />

Fortelny wurden anlässlich ihrer im<br />

Journal Nature erschienenen Arbeit<br />

„Structural cells are key regulators of<br />

organ-specific immune responses“ ausgezeichnet:<br />

Der menschliche Körper besteht aus<br />

hoch spezialisierten Komponenten.<br />

Knochen und Weichteilgewebe definieren<br />

die Form, Organe kümmern sich<br />

um den Blutkreislauf, die Verdauung<br />

und andere Funktionen, und Immunzellen<br />

bekämpfen Krankheitserreger.<br />

Tatsächlich haben viele Zelltypen und<br />

Organe aber mehr als nur eine Rolle.<br />

Die vorliegende Studie beschreibt ein<br />

besonders interessantes Beispiel von zellulärem<br />

„Multitasking“. Die Arbeit untersucht<br />

die Immun-Aktivität von Strukturzellen<br />

(Epithelzellen, Endothelzellen<br />

und Fibroblasten). Diese Zellen spielen<br />

eine essenzielle Rolle für den Aufbau<br />

und die Struktur von Geweben und<br />

Organen, werden aber normalerweise<br />

nicht mit Immunabwehr in Verbindung<br />

gebracht werden. Um die Immun-Aktivität<br />

von Strukturzellen zu verstehen,<br />

untersuchten die Autoren die Regulation<br />

dieser Zellen anhand von genomweiten<br />

molekularen Messungen. Sie isolierten<br />

drei Haupttypen von Strukturzellen<br />

(Epithelzellen, Endothelzellen und Fibroblasten)<br />

aus zwölf Organen und untersuchten<br />

sie mit Hochdurchsatz-Methoden<br />

zur Messung des Transkriptoms<br />

und Epigenoms (RNA-seq, ATAC-seq,<br />

ChIPmentation).<br />

Interessanterweise zeigten diese Daten<br />

eine hohe Aktivität wichtiger Immungene<br />

in Strukturzellen sowie komplexe<br />

Zelltyp- und Organ-spezifische<br />

Genregulationsmuster. Basierend auf<br />

diesen Daten entwickelten die Forscher<br />

bioinformatische Methoden, um<br />

Interaktionen zwischen den Zellen der<br />

verschiedenen Organe vorherzusagen.<br />

Diese Analysen zeigten, dass die vielfältige<br />

Aktivität von Immungenen in<br />

Strukturzellen zur Kommunikation mit<br />

klassischen Immunzellen beiträgt. Bemerkenswerter<br />

Weise fanden die Forscher,<br />

dass viele Immungene in Strukturzellen<br />

epigenetisch aktiviert waren<br />

(das heißt bereit zur Genexpression),<br />

obwohl die tatsächliche Genexpression<br />

eher niedrig war. Vertiefende Experimente<br />

zeigten, dass diese Immungene<br />

epigenetisch für eine schnelle Aktivierung<br />

vorprogrammiert sind. Insbesondere<br />

zeigten die Forscher, dass diese Gene<br />

als Reaktion auf Krankheitserreger<br />

aktiviert werden und damit ein „epigenetisches<br />

Potenzial“ der Strukturzellen<br />

darstellen, mit dem sie zur Immunantwort<br />

des Körpers beitragen.<br />

Die Ergebnisse zeigen, dass Strukturzellen<br />

nicht nur zentrale Bausteine unseres<br />

Körpers, sondern auch wesentliche Bestandteile<br />

der Abwehr von Krankheitserregern<br />

darstellen. Die Studie soll zur<br />

Entwicklung von Therapien für Krankheiten<br />

beitragen, an denen Strukturzellen<br />

aktiv beteiligt sind und die eine immunologische<br />

Komponente haben. <br />

Zur Auszeichnung: Um hervorragende<br />

Forschungsleistungen der MedUni<br />

Wien bekannt zu machen, startete<br />

das Rektorat der MedUni Wien im<br />

Juni 2004 das Programm „MedUni<br />

Wien-Researcher of the Month“.<br />

Im Monatsrhythmus kürt eine unabhängige<br />

Expertenkommission Forscherinnen<br />

und Forscher für ihre herausragende<br />

Forschungstätigkeit.<br />

Fotos: MedUni Wien<br />

32 doktor in wien <strong>07</strong>_08_<strong>2021</strong>

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