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SERVICE CHRONIK<br />
MedUni Wien<br />
„Researcher of the Month“ gekürt<br />
Leonhard Heinz, Thomas Krausgruber und Nikolaus Fortelny wurden<br />
anlässlich ihrer kürzlich veröffentlichten hervorragenden Forschungsarbeiten<br />
im Juni mit dem Titel „Researcher of the Month“ ausgezeichnet.<br />
► Leonhard Heinz wurde anlässlich<br />
seiner im Journal Nature<br />
erschienenen Arbeit „TASL is the<br />
SLC15A4-associated adaptor for IRF5<br />
activation by TLR7-9“ ausgezeichnet:<br />
Die Zellen des menschlichen Immunsystems<br />
verfügen über eine Vielzahl<br />
an Sensorproteinen, die dazu dienen,<br />
konservierte molekulare Strukturen<br />
von Krankheitserregern zu erkennen<br />
und eine entsprechende Immunantwort<br />
zu orchestrieren. Rezeptoren der<br />
Toll Familie (Toll-like receptors, TLR)<br />
zählen zu den meiststudierten Sensorproteinen<br />
dieser Art und dienen unter<br />
anderem der Erkennung von viralen<br />
Nukleinsäuren oder bakteriellen Zellwandkomponenten.<br />
Die Weiterleitung<br />
von TLR-Signalen in der Zelle<br />
benötigt spezifische Adaptorproteine,<br />
welche essenziell für die Steuerung der<br />
Immunantwort sind. In der hier ausgezeichneten<br />
Arbeit konnte ein bisher<br />
unbekanntes Adapterprotein, von den<br />
Forschenden im Rahmen der Entdeckung<br />
TASL genannt, identifiziert<br />
werden, das eine wesentliche Funktion<br />
bei der Aktivierung des entzündungsfördernden<br />
Transkriptionsfaktors IRF5<br />
spielt.<br />
Ausgangspunkt der Arbeit war die<br />
Frage nach der Rolle eines zellulären<br />
Transportproteins (SLC15A4) bei der<br />
Funktion von endosomalen TLR, die<br />
DNA oder RNA von Bakterien und Viren<br />
erkennen.<br />
In früheren Studien konnte zwar gezeigt<br />
werden, dass SLC15A4 für die<br />
Funktion dieser TLR benötigt wird<br />
und darüber hinaus genetisch und<br />
funktionell mit der Autoimmunerkrankung<br />
Lupus Erythematodes assoziiert<br />
ist. Die genaue mechanistische<br />
Funktion des Transporters bei diesen<br />
Prozessen war jedoch ungeklärt und<br />
daher ein Kernthema des Projekts.<br />
Die Ergebnisse der Studie offenbaren<br />
einerseits die mechanistische Rolle von<br />
Leonhard Heinz<br />
Thomas Krausgruber<br />
Nikolaus Fortelny<br />
SLC15A4 und TASL in der Funktion von<br />
endosomalen TLR, und liefern gleichzeitig<br />
eine rationale Erklärung für die<br />
beschriebenen Assoziationen der entsprechenden<br />
Gene mit Autoimmunerkrankungen.<br />
Das gewonnene Wissen<br />
eröffnet nun einen attraktiven Ansatzpunkt<br />
für die Entwicklung neuer Medikamente<br />
und Forschungskonzepte.<br />
Strukturzellen des Körpers<br />
Thomas Krausgruber und Nikolaus<br />
Fortelny wurden anlässlich ihrer im<br />
Journal Nature erschienenen Arbeit<br />
„Structural cells are key regulators of<br />
organ-specific immune responses“ ausgezeichnet:<br />
Der menschliche Körper besteht aus<br />
hoch spezialisierten Komponenten.<br />
Knochen und Weichteilgewebe definieren<br />
die Form, Organe kümmern sich<br />
um den Blutkreislauf, die Verdauung<br />
und andere Funktionen, und Immunzellen<br />
bekämpfen Krankheitserreger.<br />
Tatsächlich haben viele Zelltypen und<br />
Organe aber mehr als nur eine Rolle.<br />
Die vorliegende Studie beschreibt ein<br />
besonders interessantes Beispiel von zellulärem<br />
„Multitasking“. Die Arbeit untersucht<br />
die Immun-Aktivität von Strukturzellen<br />
(Epithelzellen, Endothelzellen<br />
und Fibroblasten). Diese Zellen spielen<br />
eine essenzielle Rolle für den Aufbau<br />
und die Struktur von Geweben und<br />
Organen, werden aber normalerweise<br />
nicht mit Immunabwehr in Verbindung<br />
gebracht werden. Um die Immun-Aktivität<br />
von Strukturzellen zu verstehen,<br />
untersuchten die Autoren die Regulation<br />
dieser Zellen anhand von genomweiten<br />
molekularen Messungen. Sie isolierten<br />
drei Haupttypen von Strukturzellen<br />
(Epithelzellen, Endothelzellen und Fibroblasten)<br />
aus zwölf Organen und untersuchten<br />
sie mit Hochdurchsatz-Methoden<br />
zur Messung des Transkriptoms<br />
und Epigenoms (RNA-seq, ATAC-seq,<br />
ChIPmentation).<br />
Interessanterweise zeigten diese Daten<br />
eine hohe Aktivität wichtiger Immungene<br />
in Strukturzellen sowie komplexe<br />
Zelltyp- und Organ-spezifische<br />
Genregulationsmuster. Basierend auf<br />
diesen Daten entwickelten die Forscher<br />
bioinformatische Methoden, um<br />
Interaktionen zwischen den Zellen der<br />
verschiedenen Organe vorherzusagen.<br />
Diese Analysen zeigten, dass die vielfältige<br />
Aktivität von Immungenen in<br />
Strukturzellen zur Kommunikation mit<br />
klassischen Immunzellen beiträgt. Bemerkenswerter<br />
Weise fanden die Forscher,<br />
dass viele Immungene in Strukturzellen<br />
epigenetisch aktiviert waren<br />
(das heißt bereit zur Genexpression),<br />
obwohl die tatsächliche Genexpression<br />
eher niedrig war. Vertiefende Experimente<br />
zeigten, dass diese Immungene<br />
epigenetisch für eine schnelle Aktivierung<br />
vorprogrammiert sind. Insbesondere<br />
zeigten die Forscher, dass diese Gene<br />
als Reaktion auf Krankheitserreger<br />
aktiviert werden und damit ein „epigenetisches<br />
Potenzial“ der Strukturzellen<br />
darstellen, mit dem sie zur Immunantwort<br />
des Körpers beitragen.<br />
Die Ergebnisse zeigen, dass Strukturzellen<br />
nicht nur zentrale Bausteine unseres<br />
Körpers, sondern auch wesentliche Bestandteile<br />
der Abwehr von Krankheitserregern<br />
darstellen. Die Studie soll zur<br />
Entwicklung von Therapien für Krankheiten<br />
beitragen, an denen Strukturzellen<br />
aktiv beteiligt sind und die eine immunologische<br />
Komponente haben. <br />
Zur Auszeichnung: Um hervorragende<br />
Forschungsleistungen der MedUni<br />
Wien bekannt zu machen, startete<br />
das Rektorat der MedUni Wien im<br />
Juni 2004 das Programm „MedUni<br />
Wien-Researcher of the Month“.<br />
Im Monatsrhythmus kürt eine unabhängige<br />
Expertenkommission Forscherinnen<br />
und Forscher für ihre herausragende<br />
Forschungstätigkeit.<br />
Fotos: MedUni Wien<br />
32 doktor in wien <strong>07</strong>_08_<strong>2021</strong>