59.3 Geher in der Sackgasse
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GEHER IN DER SACKGASSE
werden können, weil das Kontrolllabor an diesem Tag geschlossen ist.
Stattdessen wird die Kühlbox über Nacht bei der Kontrollfirma GQS in
Stuttgart abgestellt und erreicht das Labor erst anderntags um 10 Uhr 20.
Dort werden jedes Jahr rund 30 000 Dopingproben analysiert. Dort lagern
auch sämtliche Dopingproben, die Schwazer je abgegeben hat.
Der erste Test ist negativ. Der leicht erhöhte Testosteronwert ist
nicht sofort verdächtig, weil Schwazer in der Silvesternacht Alkohol
getrunken hat. Erst am 5. März wird die Probe im Online-Meldesystem
«Adams» als «abnormal» eingestuft. Auf Ansuchen der IAAF wird sie
mit der genaueren IRMS-Methode erneut untersucht. Das Ergebnis:
Das Verhältnis von Testosteron zu Epitestosteron ist zu hoch, ein Hinweis
für eine Zufuhr von Testosteron. Am 13. Mai liegt der IAAF für
Schwazer ein positiver Dopingbefund vor. Es wird 39 Tage dauern, ehe
der Weltverband den Athleten informiert und sperrt.
Gegen Schwazer wird erneut ein Strafverfahren wegen Sportbetrugs
eingeleitet. Seine Anwälte erstatten indes Anzeige gegen Unbekannt.
Sie glauben an eine Manipulation der Probe. Die jüngere Sportgeschichte
ist gespickt mit derlei Geschichten. Nur waren es meist die
Sportler selbst, die ihre Proben manipulierten. Auffällig ist, dass Schwazers
Dopingkontrolle am 15. Dezember 2015 in Auftrag gegeben wird,
just an dem Tag, an dem er gegen die italienischen Verbandsärzte aussagt.
Auf der Urinprobe steht «Racines», Schwazers 4500 Einwohner
zählende Wohngemeinde, in der ausser ihm kein Leistungssportler lebt.
Im Abschlussbericht des Sportlabors ist bei Ort «unbekannt» eingetragen.
Der Besitzer der Kontrollfirma ist ein Bekannter Fischettos, das
belegen E-Mails, die der Staatsanwaltschaft in Bozen vorliegen. Die
Zeugenbefragung in Rio ergibt, dass Schwazers Urin auf dem Weg von
Südtirol bis nach Köln mehrmals unbewacht und in Stuttgart über Nacht
für mindestens sechs Personen zugänglich gewesen ist. Die Verwahrungskette
ist nicht lückenlos. Was paranoid klingt, hat reale Vorbilder.
Welches Mass an krimineller Energie beim Vertuschen von Dopingproben
möglich ist, zeigt das russische Staatsdoping in jenen Jahren.
Dabei werden belastete Proben russischer Athleten nachts über ein Türchen
in einer Wand des Anti-Doping-Labors in Sotschi heimlich ausgetauscht.
Das Sportministerium in Moskau überwacht die Geheimdienstoperation,
die der McLaren-Report der Wada 2016 nachweist.
Die Staatsanwaltschaft fordert die Beschlagnahmung von Schwazers
Dopingprobe in Köln, um sie im Labor der Carabinieri-Sondereinheit
RIS in Parma untersuchen zu lassen. Aber die IAAF, ihr Eigentümer,
stellt sich zunächst dagegen. Kurz darauf wird die Sportwelt von
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