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59.3 Geher in der Sackgasse

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GEHER IN DER SACKGASSE

den Olympischen Spielen in Peking versuchten, den Athleten ein

Asthma-Spray zu verschreiben, offiziell wegen der Luftverschmutzung

vor Ort. Asthmasprays sind gängige Mittel zur Leistungssteigerung,

da sie eine bessere Sauerstoffaufnahme ermöglichen. Er habe es nicht

verwendet, andere Athleten schon, sagt Schwazer. Denn er habe kein

Vertrauen zu Fischetto gehabt. Vor Gericht spricht der Geher das Offensichtliche

aus: dass der Internationale Leichtathletikverband vom

systematischen Doping Russlands gewusst haben muss.

Bevor er im Dezember 2015 diese vielleicht folgenschwere

Aussage macht, werden Alex und Alessandro, der Südtiroler und der

Römer, der reuige Doper und der Dopingbekämpfer, ein Team. Donati

spricht seinen Namen italienisch aus, «Swazer». Der nennt ihn Prof.,

auch heute noch. Schwazer zieht in eine Pension unweit von Donatis

Wohnung. Er investiert mehr als 30 000 Euro in das Comeback, für das

Training verlangt Donati nichts. Es geht ihm um eine grössere Sache,

um den sauberen Sport.

Fünf Stunden trainieren sie täglich, der halbe Sonntag ist frei.

Donatis Methoden sind ungewöhnlich, aber Schwazer vertraut dem

Trainer. Der hegt zunächst noch immer Misstrauen. Mithilfe von zwei

Krankenhäusern in Rom entwickelt Donati ein Kontrollsystem. In

achteinhalb Monaten wird Schwazers Blut 35 Mal untersucht. Zwei

Mal die Woche schickt Donati Schwazer zum Psychologen, um die

Depression zu behandeln, unter der er seit vier Jahren leidet. Es geht ihm

jeden Tag ein wenig besser, er ist auch neu verliebt. Kathrin. Schwazer,

der Soldat, er kämpft wieder.

Alex Schwazer, das ist zu jener Zeit wieder ein Weltklasseathlet

mit einem Ruhepuls von 28 Schlägen pro Minute bei einem

Maximalpuls von 190, mit einem Körperfett-Anteil von 5 Prozent und

einem Lungenvolumen von 7,10 Litern. «Er ist absolut anders als andere

Athleten», denkt Donati. Der Trainer verbessert seine Muskeleffizienz

und Grundschnelligkeit, er verlängert seinen Schritt. Seiner Frau

sagt er: «Dieser Junge ist ein Phänomen.»

Doch nicht alle freuen sich über die Rückkehr des verurteilten

Dopers. Gianmarco Tamberi, Europameister im Hochsprung, bezeichnet

Schwazer als «Schande Italiens». Luciano Barra, Ex-Fidal-Generalsekretär

und erklärter Feind Donatis, versucht Schwazers Olympia-

Qualifikation zu verhindern, indem er einen offenen Brief an den Fidal­

Präsidenten Alfio Giomi schreibt: «Ich empfehle dir, ich flehe dich an,

Schwazer nächste Woche nicht am Weltcup (in Rom) teilnehmen zu

lassen.» Doch Schwazer tritt an und gewinnt den Wettkampf über

72

Donati ist am Telefon: «Alex, du bist positiv.»

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