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59.3 Geher in der Sackgasse

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KONTEXT

EIN POLE GEHT ALLEN DAVON

Der Pole Robert Korzeniowski ist, wie er einmal der Frankfurter Allgemeinen

Zeitung sagte, ein «typisches Produkt des sozialistischen Sports».

Eigentlich wollte Korzeniowski Judoka werden. Weil der Geheimpolizei

das Kampfsporttraining nicht geheuer war, wechselte er zur Leichtathletik.

Dort erlebte er einen derartigen Drill, dass ihm die Füsse bluteten.

Bei den Olympischen Spielen 1992 in Barcelona wurde er im Wettkampf

über 50 Kilometer als Zweitplatzierter 500 Meter vor dem Ziel disqualifiziert.

In Polen wurde danach geraunt, dies sei eine Revanche dafür gewesen,

dass ein polnischer Kampfrichter bei den Spielen von 1980 die

drei führenden Geher disqualifiziert hatte. Die Ungerechtigkeit spornte

Korzeniowski derart an, dass er bei den folgenden drei Sommerspielen

vier Goldmedaillen gewann.

DOPING IN DER ZAHNPASTA

Der Läufer Dieter Baumann wurde 1992 Olympiasieger über 5000 Meter,

der Zielsprint gehört in Deutschland zu den grossen Sportmomenten der

Fernsehgeschichte. Baumann wurde danach auch zum Sympathieträger,

weil er sich gegen Doping engagierte. Umso grösser die Überraschung,

als er 1999 positiv auf Nandrolon getestet wurde. Das Steroid wurde in der

Zahnpasta des Läufers gefunden. Nach der Einreichung von Haarproben

ohne Positivbefund wurde Baumann 2000 vom Deutschen Leichtathletik-Verband

freigesprochen, der Weltverband bestand auf einer Zwei­

Jahres-Sperre. Baumann bestreitet die Einnahme von Doping bis heute.

Experten hielten es für möglich, dass es sich um einen Anschlag ehemaliger

Stasi-Kreise handelte.

AUTORIN

Barbara Bachmann, 35, stammt wie Alex Schwazer aus Südtirol. Sie

kennt den Geher seit 2008. Damals porträtierte sie ihn für ein Südtiroler

Wochenmagazin kurz vor seiner Abreise nach Peking. All die Jahre

über verfolgte sie Medienberichte über ihn, vom Olympiasieg über die erste

Doping-Beichte, das Comeback bis hin zum zweiten Doping-Vorwurf.

Sie fragte sich, wie sehr ihn die Erfahrungen verändert hätten, und kontaktierte

ihn 2018. Seither trafen sie sich in unregelmässigen Abständen

im Café, in seiner Wohnung, im Elternhaus, beim Training, im Gerichtssaal.

Bachmann lernte seine Frau kennen, die Tochter, die Mutter. Traf Anwalt

und Trainer. Die Recherche zog sich länger hin als gedacht. Gutachten

wurden in Auftrag gegeben, Verhandlungen verschoben. 2021 fand die

Geschichte ein vorläufiges Ende.

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