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59.3 Geher in der Sackgasse

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LEICHTATHLETIK

50 Kilometer in der drittschnellsten Zeit seiner Karriere. Drei Wochen

später qualifiziert er sich in La Coruña auch über 20 Kilometer Distanz

für die Olympischen Spiele in Rio de Janeiro. Vor beiden Wettkämpfen

erhält sein Trainer einen Anruf eines Kampfrichters, der ihm nahelegt,

Schwazer nicht gewinnen zu lassen. Den zweiten Anruf nimmt Donati

auf und übergibt das Material der Polizei. «Für die IAAF war Alex da

schon tot», sagt Donati heute.

Der 21. Juni 2016 ist der längste Tag des Jahres, es sind noch 50 Tage

bis zu den Olympischen Spielen. In Rom hat es morgens schon 25 Grad,

Schwazer packt seine Sachen zusammen und fährt mit dem Auto nach

Südtirol. Zehn Minuten bevor er seine Freundin nach monatelangem

Training erstmals wieder im Arm hält, klingelt das Telefon. Es ist Donati,

er sagt: «Alex, du bist positiv.»

An die Stunden danach kann sich Schwazer nicht erinnern. Erst

an den Moment, als sein Trainer vor ihm steht. Keine Sekunde zweifelt

Donati an dessen Unschuld. «Sie haben sich gerächt, weil Alex nicht still

war», sagt Donati. Etwas Ähnliches ist ihm schon einmal passiert.

1997 wird Anna Maria Di Terlizzi des Dopings mit Koffein überführt.

Die Hürdensprinterin wird damals von Donati trainiert. Eine Analyse

ergibt, dass ihre Probe im Anti-Doping-Labor in Rom manipuliert worden

sein muss.

Donati vermutet einen Feldzug italienischer Spitzensportfunktionäre

gegen ihn, bei dem Schwazer – Kronzeuge für die einen, Verräter

für die anderen – die beste Angriffsfläche ist. Im nationalen Verband gilt

Donati seit 1987 als Nestbeschmutzer. Damals deckte er auf, dass italienische

Kampfrichter bei der WM in Rom das Messergebnis des Weitspringers

Giovanni Evangelisti um mehr als 50 Zentimeter manipuliert

hatten, um ihm zu Bronze zu verhelfen. Eine Kamera am Ende der

Sprunggrube bewies den Betrug. Danach musste Fidal-Präsident Primo

Nebiolo, ein mächtiger Strippenzieher der internationalen Sportwelt,

zurücktreten. Donati wurde als Nationaltrainer abgesetzt. Doch auch

als Italiens führender Anti-Doping-Fachmann, zu dem er sich in den folgenden

Jahren aufschwang, schonte er seine Landsleute nicht. Donati

legte in den 1990er Jahren das Dopingsystem des Biochemikers Francesco

Conconi offen, er kam auch dessen Schüler Michele Ferrari auf die

Schliche und belastete Nationalheilige wie den Radrennfahrer Marco

Pantani und die Fussballer von Juventus Turin.

Weil sie ihn im Leichtathletikverband nicht feuern konnten, wurde

Donati in abgelegene Büros versetzt, wo er Bücher über Dopingbekämpfung

schrieb, zum Beispiel Sieger ohne Wert, dessen Auslieferung durch

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