59.3 Geher in der Sackgasse
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LEICHTATHLETIK
einem internen Datenleck der Wada erschüttert. Das Hacker-Kollektiv
«Fancy Bears», das dem russischen Militärgeheimdienst GRU zugerechnet
wird, veröffentlicht im September 2016 interne Unterlagen, die darauf
hindeuten, dass etliche westliche Spitzensportler medizinische
Ausnahmegenehmigungen erhalten haben, um leistungssteigernde Präparate
wie Asthma-Sprays nutzen zu können, die eigentlich auf der
Dopingliste stehen. Der Wada-Hack wirke wie eine Revanche für die
Aufdeckung russischen Staatsdopings, schreiben Sportjournalisten.
Italienischen Medien werden E-Mails aus dem Leck zugespielt,
die den Fall Schwazer betreffen. Eine IAAF-Anwältin schreibt darin
an einen Kollegen, dass es «unmöglich sei, die gentechnische Analyse zu
stoppen» und «dass der Richter den IAAF-Ansatz negativ betrachten
und seine Wahrnehmung zu dem Schluss führen könnte, dass Schwazers
Verdacht in gewisser Weise begründet ist». Im E-Mail-Verkehr
zwischen dem Anti-Doping-Beauftragten der IAAF, dem Franzosen
Thomas Capdevielle, und dem IAAF-Anwalt Ross Wenzel ist von «einem
Komplott gegen AS» die Rede. Die E-Mails werden auch an einen
Wada-Anwalt geschickt, obwohl die Welt-Anti-Doping-Agentur zu
absoluter Neutralität verpflichtet wäre.
Es wird ein Jahr dauern, ehe die Proben in Italien ankommen.
10 Milliliter der A- und 6 Milliliter der B-Probe, ein wenig mehr als ein
Esslöffel. Dort stellt ein forensischer Gutachter fest, dass die Proben
Schwazer zuzuordnen sind. Merkwürdig ist, dass der DNA-Wert in der
B-Probe von Schwazers Urin drei Mal höher ist als in der A-Probe. Und
20 Mal so hoch wie in dem Urin, den Schwazer im April 2018 zum
Vergleich abgibt. Dabei müsste es eigentlich andersherum sein, weil
DNA-Spuren im Urin über die Zeit zerfallen, das belegt auch eine eigens
angefertigte Studie mit 100 Probanden.
12. September 2019, Saal A des Landesgerichts Bozen: Der
Gutachter nennt Manipulation als eine von mehreren Möglichkeiten für
die abnormalen Werte des Gehers. Der Richter gibt ein weiteres Gutachten
in Auftrag. Fidal und Wada werden um Mitarbeit gebeten. Der
italienische Leichtathletikverband kooperiert, die Welt-Anti-Doping-
Agentur nicht. Ein Jahr später hat sich Manipulation als die einzig
plausible Erklärung herauskristallisiert. Richter Walter Pelino stellt das
Verfahren wegen Sportbetrugs ein und erklärt den Geher in einem
87 Seiten langen Dokument für unschuldig: «Es steht mit hoher Glaubwürdigkeit
fest, dass die von Alex Schwazer entnommenen Urinproben
manipuliert wurden, um sie positiv zu machen.» Und damit nicht nur
der Athlet, sondern auch sein Trainer diskreditiert werden sollte.
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