recycling aktiv 04/21
Die Fachzeitschrift für Recycling-Industrien recycling aktiv berichtet praxisnah über aktuelle Programme und Entwicklungen aus dem Maschinen- und Anlagenbereich - von Metallen, Kunststoffen, Papier, Baustoffen über andere Recycling-Bereiche.
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vse<br />
Grüner Stahl braucht hochwertigeren Schrott<br />
RECHT UND POLITIK<br />
Der Einsatz von Qualitätsschrott spielt beim Transformationsprozess<br />
der Stahlwerke zu CO 2<br />
-neutralen Herstellungsverfahren<br />
eine zunehmend wichtige Rolle. In der Diskussion<br />
befindliche EU-Gesetzesänderungen für mögliche<br />
Schrottexportbeschränkungen könnten in Zukunft zu<br />
einer Verknappung dieses wichtigen Sekundärrohstoffs<br />
führen. Dies machten Experten auf dem bvse-Branchenforum<br />
am 17. Juni deutlich.<br />
Wegen der europäischen Zielsetzung zur Klimaneutralität<br />
bis zum Jahr 2050 haben die Stahlwerke mit Hochdruck<br />
begonnen, ihre Prozesse schrittweise auf zukunftsweisende<br />
CO 2<br />
-neutrale Herstellungsprozesse umzustellen. Unter anderem<br />
verlässt die Branche die klassische Hochofenroute (BF/<br />
BOF), die enorme Mengen an CO 2<br />
erzeugt, und elektrifiziert<br />
ihre Verfahren. Innovative Prozessrouten und Übergangstechnologien<br />
werden getestet und etabliert, erklärte dazu Dr.-Ing.<br />
Markus Dorndorf, Vice President Eisen und Stahlerzeugung bei<br />
Tenova Deutschland, auf dem eigens eingerichteten Forum<br />
Schrott. Neben den Elektrostahlwerken, die Stahl hauptsächlich<br />
durch das Einschmelzen von Stahlschrotten produzieren,<br />
kommen anstelle der klassischen Hochofenroute zunehmend<br />
wasserstoff- oder erdgasbasierte Direktreduktions-Verfahren<br />
zum Einsatz. Hierbei wird aus Eisenerz zunächst Eisenschwamm<br />
(Direct Reduced Iron (DRI) bzw. Hot Briquetted Iron (HBI))<br />
erzeugt, welcher im sich anschließenden Elektrolichtbogenofen<br />
bzw. alternativen Schmelzaggregaten zusammen mit<br />
Schrott oder anderen Eisenträgern zu Rohstahl erschmolzen<br />
wird. Im Vergleich zur klassischen Hochofenroute wird der<br />
CO 2<br />
-Ausstoß bei diesen Verfahren erheblich reduziert. Die<br />
Durchschnittswerte im Technologievergleich zeigen, dass die<br />
schrottbasierte EAF-Route rund 75 Prozent des im Vergleich zur<br />
konventionellen Hochofenroute (BF/BOF) erzeugten CO 2<br />
einspart<br />
und die DRI-Route (erdgasbasiert) rund 50 bis 60 Prozent.<br />
Mit dem Einsatz von Wasserstoff in der Direktreduktion verstärkt<br />
sich der Einspareffekt nochmals deutlich. Der Fokus der Industrie<br />
beim Strategie- und Technologiewechsel auf CO 2<br />
-Ausstoßvermeidende<br />
CDA-Verfahren (Carbon-Direct-Avoidance) liege<br />
unverändert auf höchsten Produktqualitäten bzw. -Güten, maximaler<br />
Flexibilität bei den Einsatzstoffen sowie einer kontinuierlichen<br />
und energieeffizienten Prozessführung, um Kreislaufprozesse<br />
zur Ressourcenminimierung ökonomisch zu gestalten.<br />
Mit seinen positiven umweltrelevanten Eigenschaften leistet<br />
der Stahlschrott einen wichtigen Beitrag für die grüne Stahlproduktion<br />
– und seine Bedeutung im Stahlherstellungsprozess<br />
wird weiter anwachsen.<br />
Das Stahlwerk der Zukunft kann dabei auch die Rolle eines<br />
ganzheitlichen Recyclingsystems übernehmen, bei dem neben<br />
Stahl weitere Materialien (z. B. Nichteisenträger) separiert und<br />
ausgeschleust werden. Entsprechende Recyclinganlagen sind<br />
bereits vorhanden. Erste Überlegungen von Stahlwerken, die<br />
Aufgabe der Schrottaufbereitung zu hochqualitativen Schrotten<br />
im eigenen Werk vorzunehmen, werden bereits vorgenommen<br />
oder befinden sich in der Planung, gab Dorndorf zu Bedenken.<br />
Zum Problem könnten zunehmend sinkende Schrottqualitäten<br />
in Bezug auf Dichte, Fe-Gehalt sowie die mangelnde<br />
Verfügbarkeit an hochwertigen Schrotten werden, fürchtet der<br />
Anlagenexperte. Zudem leidet die Stahlerzeugung unter dem<br />
steigenden Anteil an unerwünschten Begleitelementen bzw.<br />
Verunreinigungen, wie beispielsweise Kupfer, Chrom, Nickel<br />
oder Molybdän, die den Stahlherstellungsprozess, und hierbei<br />
speziell sekundärmetallurgische Prozesse, aufwendig macht<br />
bzw. nur über eine Verdünnung mit DRI/HBI die gewünschten<br />
Qualitäten erzeugt werden können. „Die Anforderungen der<br />
Stahlwerke an die Recyclingwirtschaft in Bezug auf Menge,<br />
Qualität und Reinheit der gelieferten Schrotte werden in Zukunft<br />
zunehmen. Die Schrottwirtschaft wird weiter in ihre Anlagen<br />
zur Verarbeitung von Schrott investieren müssen, um die<br />
von der Stahlindustrie geforderten Schrottqualitäten bereitstellen<br />
zu können“, hob Dorndorf hervor. Er machte zudem deutlich,<br />
dass langfristig betrachtet die Schrottverfügbarkeit bei der<br />
Umstellung auf CO 2<br />
-neutrale Verfahren nur etwa 50 Prozent<br />
des Bedarfs der Stahlhersteller an Eisenträgern abdecken wird.<br />
Der bvse-Vizepräsident und stellvertretende Fachverbandsvorsitzende<br />
für den Bereich Schrott, Sebastian Will, unterstrich<br />
noch einmal die immense Bedeutung eines ungehinderten<br />
Warenverkehrs für die internationale Handelsware Metallschrott:<br />
„Unser Rohstoff wird auf der Basis nationaler und internationaler<br />
Standards gehandelt. Sobald der Preis, der sich<br />
international bildet, seiner Lenkungsfunktion beraubt wird,<br />
gehen Sammel- und Aufbereitungsleistung zurück.“<br />
www.bvse.de<br />
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