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Standpunkte 3 Oktober 2021

Mitglieder-Magazin von NORDMETALL

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TARIF UPDATE

Ob es um Tarifverträge, die geplante Einführung

eines Schichtsystems oder die Eingruppierung

von Beschäftigten geht – die NORDMETALL-

Abteilung „Tarifrecht und Arbeitsorganisation“

unterstützt kompetent und schnell. An dieser

Stelle antworten die erfahrenen Juristen und

Arbeitswissenschaftler auf aktuelle Fragen, die

aus dem Kreis der NORDMETALL-Mitgliedschaft

gestellt werden.

Foto: ImYanis/Shutterstock

Verfall übergesetzlichen Urlaubs

Urlaub – für viele die schönste Zeit im Jahr, doch in juristischer

Hinsicht ein überaus komplexes Thema. Insbesondere

durch die Rechtsprechung des Europäischen

Gerichtshofs (EuGH) wurden den Arbeitgebern in den

vergangenen Jahren immer wieder neue Vorgaben gemacht.

Ein Dauerbrenner der juristischen Fragestellungen

wurde nun durch das Bundesarbeitsgericht (BAG)

für unser Tarifgebiet in einem für Arbeitgeber positiven

Urteil entschieden: Bereits im Jahr 2009 stellte der

EuGH klar, dass der gesetzliche Urlaub (20 Tage bei einer

Fünftagewoche) bei einer Langzeiterkrankung nicht

zum Jahresende oder spätestens bis zum 31. März des

Folgejahres verfallen darf. Das BAG konkretisierte dies

nun und entschied, dass ein Verfall frühestens 15 Monate

nach Ende des Urlaubsjahres eintritt. Urlaubsansprüche

aus diesem Jahr würden bei einer entsprechend lang

andauernden Langzeiterkrankung damit erst zu Ende

März 2023 verfallen. Doch gilt das auch für den übergesetzlichen

Urlaub (10 Tage bei einer Fünftagewoche)?

Das BAG akzeptiert den früheren Verfall übergesetzlicher

Urlaubsansprüche nur dann, wenn in der tariflichen

Regelung entweder bei der Befristung und Übertragung

oder beim Verfall des Urlaubs zwischen gesetzlichem

Mindesturlaub und tariflichem Mehrurlaub

unterschieden oder sich vom gesetzlichen Fristenregime

gelöst und eigenständige, vom Bundesurlaubsgesetz

(BurlG) abweichende Vereinbarungen getroffen

worden sind. Mit aktuellem Urteil (v. 29.09.2020, 9 AZR

364/19) hat das BAG nun eine ausreichende Differenzierung

in den Manteltarifverträgen (MTV) für die Tarifgebiete

Hamburg und Umgebung, Schleswig-Holstein und

Mecklenburg-Vorpommern, Unterweser sowie nordwestliches

Niedersachsen bejaht. Es bezieht sich dabei

darauf, dass § 10 Ziff. 6.7 S. 1 MTV für die Übertragung

des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr regelt, dass

diese unter anderem nur bei Vorliegen „betrieblicher

Gründe“ statthaft ist, während § 7 Abs. 3 S. 2 BurlG eine

Übertragung bei Vorliegen „dringender betrieblicher

Gründe“ vorsieht. Damit werden in der tariflichen Regelung

die Anforderungen für eine Übertragung gesenkt.

Allerdings ist auch hier die neueste Rechtsprechung des

BAG (v. 07.07.2020, 9 AZR 245/19 und 9 AZR 401/19) zu

beachten. Danach ist das Hinweisschreiben für den Urlaubsverfall

grundsätzlich auch bei Langzeiterkrankten

zu erstellen. Die bisher einzig anerkannte Ausnahme

liegt dann vor, wenn es dem Beschäftigten bis zum 31.

März des zweiten auf das Urlaubsjahr folgenden Kalenderjahres

allein aufgrund durchgehend bestehender

krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit nicht möglich

war, den Urlaub zu nehmen. Dies betrifft aber nur den Urlaub

für Jahre, in denen der Arbeitnehmer durchgehend

arbeitsunfähig krank war und deshalb – unabhängig davon,

ob der Arbeitgeber seine Aufforderungs- und Hinweisobliegenheiten

erfüllt hat – überhaupt keinen Urlaub

nehmen konnte. So positiv das Urteil war – das BAG

entschied im September 2020 auch, dass das Hinweisschreiben

ebenso den übertariflichen Urlaub umfassen

muss. Und das bedeutet, dass die unterschiedlichen Verfallfristen

bei einer Langzeiterkrankung in diesem Hinweisschreiben

entsprechend beachtet werden müssen.

Bei Fragen zum Urlaubsrecht stehen Ihnen die Abteilungen

„Tarifrecht und Arbeitsorganisation“ sowie

„Arbeits-, Betriebsverfassungs- und Sozialrecht“ gern

zur Verfügung. kj

58 NORDMETALL Standpunkte 3 / 2021

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