Hochgefühle 04 2021
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HOCHGEFÜHLE – DAS MAGAZIN DES KLAGENFURTER ALPENVEREINS Seite 15<br />
Gesang auf dem<br />
Dachstein<br />
Der Dachstein ist wahrlich ein wuchtiges Gebirgsmassiv, vor allem vom<br />
Süden aus gesehen, wo er ein wenig an die Dolomiten erinnert. Und man<br />
würde sich wundern, wäre er nicht besungen worden.<br />
Im Hintergrund der Gjaidstein<br />
wander<br />
team<br />
Der Steirer kennt seine Landes- und Heimathymne, in<br />
der vom Adler, der Genese, dem Jäger, der Sennerin<br />
gesungen wird, all dem Zubehör, das die Natur noch<br />
ursprünglich und unverfälscht dem Wanderer darbietet.<br />
Von solcher Idylle kann heute nicht mehr die Rede<br />
sein, vor allem, wenn die Bequemlichkeit von Liften<br />
diese Welt erreichbar macht für Jung und Alt. Eine<br />
kleine Gruppe tüchtiger Bergliebhaber unter der wie<br />
immer fürsorglichen und kenntnisreichen Führung<br />
von Günther Kürner setzte sich diesem touristischen<br />
Spektakel aus, zumal ja die angsterregende Hängebrücke<br />
und die Eishöhle als Ziele lockten. Spontan an<br />
einen Ausspruch von D. H. Lawrence erinnert:<br />
Nichts ist mehr da, das man sich ansehen könnte,<br />
alles ist zu Tode geglotzt worden.<br />
Erwies sich die Ersteigung des kleinen Gjaidsteins<br />
trotz alledem als genussreiches und erstrebenswertes<br />
Dachsteinerlebnis; man hatte von hier aus<br />
grandiose Blicke in das Innere sozusagen dieser Gebirgsweite<br />
bei sich unentwegt ändernden Licht- und<br />
Wolkenbrüchen; und zwischen den Felsen grüßte belebend<br />
das weiße Hornkraut.<br />
Wählt der Wanderer etwas einsamere Pfade und<br />
präpariert für die Menge, so kann er den Dachstein<br />
in seiner Pracht hemmungslos bewundern, etwa auf<br />
dem Rundweg, der immer unter den Südwänden<br />
entlang verläuft, herrliche Almen berührt, von denen<br />
aus der Blick überwältigend ist. Und dieses Erlebnis<br />
steigert sich noch, wenn man die Ursprungalm besucht,<br />
südlich von Schladming gelegen, die einmal<br />
als Kulisse für einen „Heidi“-Film gewählt worden ist.<br />
Hier eröffnen sich große Wandermöglichkeiten, sei es<br />
in der Weite der Alm selbst, sei es ein Spaziergang<br />
zu den Giglach-Seen oder die Ersteigung der Kalkspitzen,<br />
natürlich Wunschziel des Kürner-Clans, um<br />
nun in der Ferne den Dachstein in seinem Glanze bewundern<br />
zu können.<br />
Der Gebirgsfan trotzt jedem Wetter, und bei dichtem<br />
Nebel wurde so am letzten Tag die Bärfallspitze erklommen,<br />
erleichtert durch Lifttransport zur Krummholzhütte.<br />
Nicht alle Tage können im Sonnenglanz<br />
baden.<br />
Text: Verena Schulz-Buschhaus<br />
Fotos: Margit Sager und Günther Kürner<br />
Almwanderung am Fuße des Dachsteins<br />
Wenn du den steilen Berg ersteigst,<br />
wirst du beträchtlich ächzen.<br />
Doch wenn du den felsigen Gipfel erreichst,<br />
hörst du die Adler krächzen.<br />
Dort wirst du selbst ein Adler fast,<br />
du bist wie neugeboren,<br />
du fühlst dich frei, du fühlst du hast<br />
dort unten nicht viel verloren.<br />
(Heinrich Heine)<br />
Giglachseen, 1.921 m