der motor – Ausgabe 6/21 – Kommunikation für die Branche
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Ein neuer Motor in einem mtu-Blockheizkraftwerk beim Eishersteller<br />
Langnese macht <strong>die</strong>s zuverlässiger und erhöht dessen<br />
Effizienz deutlich.<br />
Um Eis herzustellen braucht man… Wärme <strong>–</strong> und natürlich<br />
Strom. Beides kommt beim Eishersteller Langnese seit zwölf<br />
Jahren von einem mtu-Blockheizkraftwerk von Rolls-Royce.<br />
Ein neuer Motor macht <strong>die</strong>ses nun noch effizienter, indem<br />
es den Wirkungsgrad von 87,1 auf 88 Prozent erhöht. Damit<br />
spart Langnese pro Jahr nicht nur über 30.000€, son<strong>der</strong>n erzeugt<br />
Strom und Wärme <strong>für</strong> <strong>die</strong> Produktion noch grüner. Für<br />
nachhaltigen Eisgenuss.<br />
Der kühle Nachtisch schmeckt beson<strong>der</strong>s dann am besten,<br />
wenn es draußen richtig warm ist. Daher läuft <strong>die</strong> Eisproduktion<br />
in den Sommermonaten auf Hochtouren. Hier entstehen<br />
am Tag bis zu fünf Millionen Stück Eis und im Jahr 150 Millionen<br />
Liter. Das Eis wird in viele europäische Län<strong>der</strong>, aber auch<br />
in <strong>die</strong> USA o<strong>der</strong> nach Australien exportiert.<br />
Ein Prozent mehr Wirkungsgrad spart 30.000 Euro im Jahr.<br />
Eis besteht <strong>–</strong> je nach Sorte <strong>–</strong> aus Mich, Zucker, Fett, Schokolade,<br />
Fruchtzubereitungen, Aromen, Wasser und Luft.<br />
Diese werden in Verwiegetanks vermischt, dann mit heißer<br />
Luft pasteurisiert und homogenisiert. Die heiße Luft wird<br />
im mtu-Blockheizkraftwerk erzeugt. Bis vor kurzem erzeugte<br />
in <strong>die</strong>sem ein 16-Zylin<strong>der</strong>-Baureihe-4000-Motor vom Typ<br />
L62 1.719 Kilowatt Energie. Im Frühjahr haben Servicetechniker<br />
von Rolls-Royce Power Systems <strong>die</strong>sen durch einen<br />
grundüberholten Reman-Motor vom Typ L33 ersetzt. Das<br />
neue Modell hat nicht nur einen etwa ein Prozent höheren<br />
Wirkungsgrad. Rolls-Royce Power Systems hat dem Kunden<br />
auch einen neuen Steuerschrank mit <strong>der</strong> neuesten Software-Generation<br />
geliefert. Ein weiterer Vorteil: Die Wartungsintervalle<br />
des neuen Motors sind deutlich länger, nicht mehr<br />
alle 1.000, son<strong>der</strong>n nur noch alle 3.000 Stunden muss <strong>der</strong><br />
Motor jetzt gewartet werden. Das erhöht <strong>die</strong> Verfügbarkeit des<br />
Blockheizkraftwerks deutlich.<br />
„Mit <strong>die</strong>sem Upgrade sparen wir nicht nur Geld im laufenden<br />
Betrieb, wir haben unsere Produktion gleichzeitig zukunftssicherer<br />
gemacht“, so Jan Lerch, Umweltbeauftragter am Langnese-Standort<br />
in Heppenheim. Er lobt zudem <strong>die</strong> Geschwindigkeit,<br />
in <strong>der</strong> <strong>der</strong> Motortausch lief. „Nach nur 3 ½ Wochen lief<br />
das BHKW wie<strong>der</strong>, das war schneller als geplant“, so Lerch.<br />
Das BHKW speist <strong>die</strong> thermische Energie direkt in den<br />
105 Grad Celsius heißen Heizwärmekreislauf des Langnese-Werks<br />
ein. „Den Wärmekreis muss man sich vorstellen wie<br />
den Wasserkreislauf bei einer Heizung“, erklärt Lerch. „Sobald<br />
wir an einer Stelle Wärme benötigen, zweigen wir <strong>die</strong>se mit<br />
Hilfe von Wärmetauschern aus dem zentralen Heizkreis ab.“<br />
Pro Stunde erhitzt das BHKW bis zu 45 Kubikmeter Wasser.<br />
Die erzeugte Wärme wird in <strong>der</strong> Produktion zum Beispiel verwendet,<br />
um <strong>die</strong> Zutaten wie Fette und Schokolade in Tanks<br />
auf Verarbeitungstemperatur zu halten.<br />
So entsteht ein Eis<br />
Zurück zur Eismischung, <strong>die</strong> mit <strong>der</strong> heißen Luft des Blockheizkraftwerks<br />
pasteurisiert und homogenisiert worden ist. Bis<br />
sie formschön in <strong>der</strong> Eispackung landet, hat sie noch einige<br />
Schritte vor sich. Zunächst ruht <strong>die</strong> Eismasse bei plus vier<br />
grad Celsius zwischen zwei und sieben Stunden in Reifetanks.<br />
Von hier wird <strong>die</strong> flüssige Masse in Gefriermaschinen<br />
gepumpt. Diese sind im Außenmantel mit Ammoniak auf minus<br />
40 Grad Celsius gekühlt. Anschließend erfolgt <strong>die</strong> Abfüllung.<br />
Bei Premiumeisen wie Magnum bedeutet <strong>die</strong>s, dass <strong>die</strong><br />
Eismasse über ein Edelstahlrohr in Form gebracht und herausgepresst,<br />
<strong>der</strong> Stiel eingeschoben und <strong>der</strong> fertige Rohling<br />
abgeschnitten sowie auf eine unter dem „Mundstück“ vorbeifahrenden<br />
Edelstahlplatte abgelegt wird. In einem Gefriertunnel,<br />
in dem Luft mit minus 40 Grad Celsius zirkuliert, wird das<br />
Eis auf den Platten allmählich zu einer festen Masse gefroren.<br />
Hinter dem Gefriertunnel werden <strong>die</strong> durchgefrorenen Eisrohlinge<br />
von Greifern übernommen, in ein Bad aus Schokolade<br />
getaucht und anschließend in <strong>die</strong> Verpackungsmaschine eingelegt.<br />
Fertig ist <strong>die</strong> kalte Nachspeise. BHKW erzeugt Strom<br />
<strong>für</strong>’s Werksnetz. In heißen Sommermonaten läuft <strong>die</strong> Eisproduktion<br />
bei Langnese auf Hochtouren. „In <strong>die</strong>ser Zeit benötigen<br />
wir mehr warmes Wasser, als das BHKW erzeugen kann.<br />
Daher haben wir unsere bestehenden Heizwasserkessel an<br />
das BHKW angeschlossen, um in <strong>die</strong>sem Fall das Wasser<br />
auf <strong>die</strong> benötigte Temperatur zu erhitzen. Wird zu viel Wärme<br />
produziert, speichern wir <strong>die</strong>se in Puffertanks. Bei wenig<br />
Bedarf, wird das BHKW komplett runtergefahren“, erläutert<br />
Lerch. Doch das BHKW erzeugt nicht nur Wärme, son<strong>der</strong>n<br />
auch Strom. Dieser wird in das Werksnetz eingespeist, wo ein<br />
Trafo aus den gelieferten 400 Volt <strong>die</strong> benötigten 20 Kilovolt<br />
<strong>für</strong> das Werks-Stromnetz generiert. „Das ist pro Kilowattstunde<br />
fünf bis sechs Cent günstiger, als würden wir den Strom<br />
aus dem öffentlichen Netz beziehen“, erläutert Lerch.<br />
Über 5.000 Betriebsstunden im Jahr<br />
Insgesamt läuft das BHKW bei Langnese in Heppenheim<br />
5.000 bis 5.500 Stunden im Jahr <strong>–</strong> in heißen Sommer häufiger<br />
als im Winter, wenn <strong>die</strong> Eis-nachfrage geringer ist. Auf<br />
65.000 Stunden ist das BHKW mit dem ersten mtu-Motor gekommen.<br />
„Immer zuverlässig und ohne unplanmäßige Reparaturen“,<br />
so Lerch. Jetzt mit dem neuen Motor freut er sich<br />
auf <strong>die</strong> nächsten 65.000 Stunden. Um sicher zu gehen, dass<br />
es keine unplanmäßigen Störungen gibt, hat Langnese einen<br />
Wartungsvertrag mit Rolls-Royce abgeschlossen. „So stellen<br />
wir sicher, dass immer genug Strom und Wärme da ist und <strong>die</strong><br />
Eisproduktion nie steht“, versichert Lerch.<br />
<strong>Ausgabe</strong> 6/20<strong>21</strong><br />
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