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FineTobacco[+] 04|21

FREUDE AM LEBEN, SPASS AM GENUSS

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RAUCHER•PORTRAIT<br />

humorvoll wie grenzenlos. Die Macher<br />

waren begeistert und boten<br />

ihm eine eigene Sendung an, die<br />

Quizshow „You Bet Your Life“, in der<br />

Gespräche mit den Kandidaten im<br />

Vordergrund stünden. Er sagte zu.<br />

Nach vier unterhaltsamen Jahren<br />

wechselte das Format 1951 ins<br />

Fernsehen, wo die Show weitere<br />

elf Jahre über den Bildschirm<br />

flimmerte. Schon vor Jahren hatte<br />

sich der „neue Groucho“ einen echten<br />

Schnurrbart wachsen lassen,<br />

um nun auch ungeschminkt von<br />

den Fans erkannt zu werden. Auch<br />

sonst blieb er sich treu, hatte immer<br />

eine Zigarre in der Hand (die selten<br />

brannte) und zog seine Kandidaten<br />

hemmungslos/ liebenswürdig/ hinterlistig<br />

durch den Kakao.<br />

»A woman is an occasional<br />

pleasure but a cigar is always<br />

a smoke.«<br />

Obwohl er auf fast allen Fotos mit<br />

der obligatorischen Zigarre zu sehen<br />

ist, war er dennoch kein starker Raucher,<br />

erinnerte sich sein Sohn Arthur<br />

in seinem 1993 geschriebenen Artikel<br />

für den Cigar Aficionado. Zwei<br />

pro Tag seien der Durchschnitt gewesen:<br />

eine nach dem Mittagessen,<br />

eine nach dem Abendessen. Seine<br />

Handgerollten bewahrte der Vater<br />

in einem großen Humidor im ersten<br />

Stock auf, hauptsächlich Havannas<br />

wie die alten Marken Belinda oder<br />

Dunhill 410. Außerdem standen einige<br />

Straight Grain-Pfeifen von Dunhill im<br />

Bücherregal seines Büros, zusammen<br />

mit mehreren Dosen englischen Pfeifentabaks.<br />

So sparsam wie Groucho<br />

sonst war – bei Zigarren, Pfeifen und<br />

edlen Raucherutensilien machte er<br />

gerne eine Ausnahme. Dafür warb er<br />

hin und wieder für Autos, Frühstücksflocken,<br />

Glühbirnen, Bier, Wodka, Deodorant<br />

und natürlich Tabakwaren. Die<br />

Zigarettenwerbung, für die er kurz<br />

nach dem Börsencrash 1929 notgedrungen<br />

sein Gesicht hergab, war ein<br />

Ausrutscher gewesen, denn Marx hielt<br />

nicht viel von den kleinen Glimmstengeln.<br />

Jahre später ließ er sich für eine<br />

„Blackstone Cigar“ Feuer geben und<br />

lieh sein Konterfei dem „Edgeworth<br />

ready-rubbed Pipe Tobacco“. Anfang<br />

der 1960er drehte der Beatles-Regisseur<br />

Richard Lester mit dem gereiften<br />

Schauspieler einen Werbespot für<br />

„Doncella Cigars“. Zigarren waren immer<br />

seine große Leidenschaft gewesen.<br />

Seine dritte Ehefrau, Eden Hartford,<br />

hatte ihn mal vor die Wahl gestellt<br />

„Entweder ich oder die Zigarre“. Groucho<br />

entschied sich für die Havanna,<br />

musste danach ein halbes Jahr alleine<br />

schlafen, dafür mit Zigarre. Seine beiden<br />

Kinder aus erster Ehe konnten ein<br />

ähnliches Lied singen: „Immer wenn<br />

uns Dad ins Kino einlud, mussten wir<br />

uns einen Film ansehen, den wir schon<br />

längst kannten. Weil man nur in dem<br />

drittklassigen Schuppen Zigarre rauchen<br />

durfte.“<br />

»Yesterday is dead, tomorrow<br />

hasn't arrived yet. I have<br />

just one day, and I'm going to<br />

be happy in it.«<br />

Mit über 80 Jahren, sollte er<br />

auf Anraten des Arztes schließlich<br />

das Rauchen aufgeben. Als ihn sein<br />

Sohn besuchte, entflammte der Vater<br />

gerade ungeniert eine Havanna:<br />

„Ich dachte, Du sollst nicht mehr<br />

rauchen?“, wundert sich Arthur.<br />

„Schau mal,“ entgegnet Groucho<br />

„wenn Du in mein Alter kommst,<br />

hast Du nicht mehr viele Vergnügungen.<br />

Du kannst nicht trinken,<br />

Du kannst nicht vögeln. Das Zigarrerauchen<br />

ist die einzige Freude,<br />

die mir noch geblieben ist. Dann<br />

sterbe ich eben ein paar Jahre jünger!“<br />

„Und was sagt Dein Doktor<br />

dazu? Hast Du ihn gefragt, ob das<br />

okay ist, wenn Du damit wieder anfängst?“<br />

will der Sohn wissen. Als<br />

Antwort kommt ein breites Grinsen<br />

und der Satz: „Wie soll ich ihn denn<br />

fragen? Er ist vor drei Wochen gestorben!“<br />

Einige Jahre später, im<br />

August 1977, fällt auch für Julius<br />

Henry Marx der letzte Vorhang<br />

im Alter von 86 Jahren. Eigentlich<br />

wollte er ja „über Marilyn Monroe“<br />

begraben liegen, und auf seinem<br />

Grabstein sollte "Excuse me, I can't<br />

stand up." stehen. Beide Wünsche<br />

wurden ihm nicht erfüllt. Doch in<br />

seinen Filmen ist Groucho Marx unsterblich<br />

geworden.<br />

62<br />

<strong>FineTobacco</strong>[+] 04·2021

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