RAUCHER•PORTRAIT humorvoll wie grenzenlos. Die Macher waren begeistert und boten ihm eine eigene Sendung an, die Quizshow „You Bet Your Life“, in der Gespräche mit den Kandidaten im Vordergrund stünden. Er sagte zu. Nach vier unterhaltsamen Jahren wechselte das Format 1951 ins Fernsehen, wo die Show weitere elf Jahre über den Bildschirm flimmerte. Schon vor Jahren hatte sich der „neue Groucho“ einen echten Schnurrbart wachsen lassen, um nun auch ungeschminkt von den Fans erkannt zu werden. Auch sonst blieb er sich treu, hatte immer eine Zigarre in der Hand (die selten brannte) und zog seine Kandidaten hemmungslos/ liebenswürdig/ hinterlistig durch den Kakao. »A woman is an occasional pleasure but a cigar is always a smoke.« Obwohl er auf fast allen Fotos mit der obligatorischen Zigarre zu sehen ist, war er dennoch kein starker Raucher, erinnerte sich sein Sohn Arthur in seinem 1993 geschriebenen Artikel für den Cigar Aficionado. Zwei pro Tag seien der Durchschnitt gewesen: eine nach dem Mittagessen, eine nach dem Abendessen. Seine Handgerollten bewahrte der Vater in einem großen Humidor im ersten Stock auf, hauptsächlich Havannas wie die alten Marken Belinda oder Dunhill 410. Außerdem standen einige Straight Grain-Pfeifen von Dunhill im Bücherregal seines Büros, zusammen mit mehreren Dosen englischen Pfeifentabaks. So sparsam wie Groucho sonst war – bei Zigarren, Pfeifen und edlen Raucherutensilien machte er gerne eine Ausnahme. Dafür warb er hin und wieder für Autos, Frühstücksflocken, Glühbirnen, Bier, Wodka, Deodorant und natürlich Tabakwaren. Die Zigarettenwerbung, für die er kurz nach dem Börsencrash 1929 notgedrungen sein Gesicht hergab, war ein Ausrutscher gewesen, denn Marx hielt nicht viel von den kleinen Glimmstengeln. Jahre später ließ er sich für eine „Blackstone Cigar“ Feuer geben und lieh sein Konterfei dem „Edgeworth ready-rubbed Pipe Tobacco“. Anfang der 1960er drehte der Beatles-Regisseur Richard Lester mit dem gereiften Schauspieler einen Werbespot für „Doncella Cigars“. Zigarren waren immer seine große Leidenschaft gewesen. Seine dritte Ehefrau, Eden Hartford, hatte ihn mal vor die Wahl gestellt „Entweder ich oder die Zigarre“. Groucho entschied sich für die Havanna, musste danach ein halbes Jahr alleine schlafen, dafür mit Zigarre. Seine beiden Kinder aus erster Ehe konnten ein ähnliches Lied singen: „Immer wenn uns Dad ins Kino einlud, mussten wir uns einen Film ansehen, den wir schon längst kannten. Weil man nur in dem drittklassigen Schuppen Zigarre rauchen durfte.“ »Yesterday is dead, tomorrow hasn't arrived yet. I have just one day, and I'm going to be happy in it.« Mit über 80 Jahren, sollte er auf Anraten des Arztes schließlich das Rauchen aufgeben. Als ihn sein Sohn besuchte, entflammte der Vater gerade ungeniert eine Havanna: „Ich dachte, Du sollst nicht mehr rauchen?“, wundert sich Arthur. „Schau mal,“ entgegnet Groucho „wenn Du in mein Alter kommst, hast Du nicht mehr viele Vergnügungen. Du kannst nicht trinken, Du kannst nicht vögeln. Das Zigarrerauchen ist die einzige Freude, die mir noch geblieben ist. Dann sterbe ich eben ein paar Jahre jünger!“ „Und was sagt Dein Doktor dazu? Hast Du ihn gefragt, ob das okay ist, wenn Du damit wieder anfängst?“ will der Sohn wissen. Als Antwort kommt ein breites Grinsen und der Satz: „Wie soll ich ihn denn fragen? Er ist vor drei Wochen gestorben!“ Einige Jahre später, im August 1977, fällt auch für Julius Henry Marx der letzte Vorhang im Alter von 86 Jahren. Eigentlich wollte er ja „über Marilyn Monroe“ begraben liegen, und auf seinem Grabstein sollte "Excuse me, I can't stand up." stehen. Beide Wünsche wurden ihm nicht erfüllt. Doch in seinen Filmen ist Groucho Marx unsterblich geworden. 62 <strong>FineTobacco</strong>[+] 04·2021
Seating everyone at the table