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Jochen Ostheimer und Markus Vogt

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18<br />

Risikomündigkeit<br />

Bei Kassandra-Risiken braucht es Aufklärung <strong>und</strong> Bewusstseinsbildung,<br />

andernfalls werden sie allzu leicht so lange verdrängt, bis Gegenmaßnahmen<br />

nicht mehr möglich sind oder zumindest sehr teuer zu stehen<br />

kommen. Man denke nur an den Stern-Bericht zu den Kosten von Klimawandel<br />

<strong>und</strong> entsprechenden Reaktionen in Abhängigkeit vom Beginn<br />

derselben. 36 Beschwichtigungen der Art, dass es schon nicht so schlimm<br />

kommen werde <strong>und</strong> dass das eigentliche Problem die Massenhysterie sei,<br />

verschärfen hier die Situation, während sie in anderen Fällen durchaus<br />

angemessen sein mögen. Ferner sind gesamtgesellschaftliche Weichenstellungen<br />

erforderlich. Neue Technologien müssen entwickelt werden, die<br />

das bestehende Problem zumindest nicht verschlimmern. Dafür sind wirtschaftliche<br />

Entscheidungen (Investitionen, Produktangebote, Nachfrage)<br />

ebenso nötig wie politische Programme, die den Wandel unterstützen<br />

bzw. forcieren. – Ein gutes Beispiel für eine solche erfolgreiche konzertierte<br />

Aktion ist die Umstellung auf FCKW-freie Kühlschränke zum<br />

Schutz der Ozonsphäre seit Mitte der 90er Jahre.<br />

Risiken der Klasse „Medusa“ verlangen Aufklärung <strong>und</strong> öffentliche<br />

Diskussionen, bei denen Betroffene ihre Ansichten <strong>und</strong> Ängste artikulieren<br />

können. Vertrauensbildung ist die dringlichste Maßnahme – wobei<br />

Vertrauen bereits selbst eine Form des Umgangs mit Risiko ist. Doch<br />

Vertrauen ist im politischen <strong>und</strong> wirtschaftlichen Bereich eine seltene<br />

Ressource. Sie ist unverzichtbar zur Bewältigung der Komplexitätsprobleme<br />

der modernen Gesellschaft <strong>und</strong> muss als ein kostbares Gut geschützt<br />

werden. Um Vertrauen aufzubauen, genügt einseitige Informationsvermittlung<br />

in der Regel nicht; in manchen Bereichen ist Risikoakzeptanz nur<br />

durch ergebnisoffene Beteiligungsprozesse zu erreichen.<br />

3.2 Risikomündigkeit angesichts systematischen Unwissens<br />

3.2.1 Mündiges Entscheiden im Horizont von gewusstem Nichtwissen<br />

Komplexität dient immer wieder als Entschuldigungsbegriff, um eigene<br />

Überforderung <strong>und</strong> Unentschlossenheit zu rechtfertigen. Dass dieses<br />

Vorgehen nicht zielführend ist, liegt auf der Hand. Statt solcher Fehlleistungen<br />

fordert die Unterschiedlichkeit von Rationalitätstypen <strong>und</strong> Eigenlogiken<br />

gesellschaftlicher Teilsysteme eine eigene Art von Strategien zur<br />

Bewältigung der damit verb<strong>und</strong>enen Komplexitätssteigerung. Notwendig<br />

_____________<br />

36 Vgl. Stern 2007.

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