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Jochen Ostheimer und Markus Vogt

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<strong>Jochen</strong> <strong>Ostheimer</strong> <strong>und</strong> <strong>Markus</strong> <strong>Vogt</strong><br />

Sechstens werden bei riskanten Entscheidungen in komplexen Situationen,<br />

d.h. bei Entscheidungen, wie sie in der Technikfolgenabschätzung<br />

oder auch bei gr<strong>und</strong>legenden ökonomischen Weichenstellungen typisch<br />

sind, meist Zweitkriterien herangezogen, um sich im Falle eines Schadenseintritts<br />

abzusichern. Man muss hinterher glaubhaft machen können,<br />

dass man nach bestem Wissen <strong>und</strong> Gewissen gehandelt, dass man also alle<br />

Standards der Wissenschaftlichkeit beachtet <strong>und</strong> alle einschlägigen Regeln<br />

der Konsultation <strong>und</strong> Entscheidungsfindung befolgt hat: Legitimation<br />

durch Verfahren. 79<br />

Der verantwortungsethische Ansatz stößt bei komplexen Situationen<br />

an Grenzen. Folgen sind, wie insbesondere die Forschungen zu komplexen,<br />

nichtlinearen Entwicklungen herausgearbeitet haben, nicht mehr klar<br />

unterscheidbaren Entscheidungen bzw. Handlungen zuzuordnen. Daher<br />

lassen sich Entscheidungen für Risiken (oder auch nicht minder riskante<br />

Entscheidungen gegen Risiken) häufig nicht klar zuschreiben, <strong>und</strong> ebenso<br />

finden sich auch für Verantwortungszuschreibungen nicht selten keine<br />

Adressen.<br />

Es braucht folglich auf der inhaltlichen <strong>und</strong> wissenschaftstheoretischen<br />

Ebene eine Auseinandersetzung über die Grenzen des Wissens<br />

sowie deren entscheidungs- <strong>und</strong> organisationstheoretischen Konsequenzen.<br />

Der Verantwortungsdiskurs kann dazu beitragen, die institutionelle<br />

Seite der Risikoethik zu entfalten. Weil sich die Risiken des Handelns in<br />

komplexen Systemen nur zu einem kleinen Teil individuell zuordnen <strong>und</strong><br />

kontrollieren lassen, bedarf es der Institution von Handlungs- <strong>und</strong> Kommunikationsstrukturen<br />

wie etwa der schon genannten Haftungsregeln.<br />

Verantwortung ist heute wesentlich als institutionelle Risikotheorie zu<br />

denken. Über diese institutionellen Aspekte hinaus ist eine ethische Theorie<br />

der Verantwortung im Kontext von Risiko auch auf einen wissenschaftstheoretischen<br />

Pfad verwiesen. Es kommt darauf an,<br />

Ungewissheiten nicht zu ignorieren, sondern sie in gewusstes Nichtwissen<br />

zu transformieren.<br />

4. Schlussbemerkung<br />

Der Umgang mit Komplexität <strong>und</strong> der Umgang mit Risiko hat einige<br />

Gemeinsamkeiten: Ein vollständiges Wissen ist weder gegeben noch möglich;<br />

die Perspektiven der Beteiligten divergieren sowohl bei der Wahrnehmung<br />

als auch bei der Bewertung; im Hintergr<strong>und</strong> von Debatten<br />

stehen häufig unausgesprochene Wertvorstellungen. Die Ethik wäre über-<br />

_____________<br />

79 Vgl. Luhmann 1978.<br />

31

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