medium gas 2011.2 - VNG Verbundnetz Gas AG
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Foto: Statoil<br />
UMSCHAU<br />
Früher brachte die Arbeit vor allem enorme körperliche Anstrengungen mit sich. Heute gleichen viele Arbeitsplätze eher denen moderner Rechenzentren.<br />
um. Aber das nimmt Rudi sehr gelassen:<br />
„Alles nützliche Erfahrung, sowohl für<br />
die Arbeit, wie auch fürs Leben.“ 1988<br />
bekam Rudi seinen ersten Job auf einer<br />
Bohrinsel, als Mitglied der Bohrcrew. Da-<br />
mals verlief das Leben im Elf-Wochen-<br />
Takt: vier Wochen arbeiten, sieben<br />
Wochen frei.<br />
Die Familie und die „Offshore-Welt“<br />
Die Herausforderungen des Alltagslebens<br />
beschränkten sich nicht auf den Arbeitsplatz.<br />
Der Rhythmus „zwei Wochen<br />
Bohrinsel, vier Wochen frei“ ist auch jetzt<br />
noch eine Zumutung für eine Familie.<br />
In den 70er Jahren war das aber noch<br />
schlimmer. 1975 lernte Jonny in Stavanger<br />
seine norwegische Frau kennen. Vier<br />
Kinder haben sie, aber Jonny hat damals<br />
nicht sehr viele Windeln gewechselt.<br />
Auch mit Rücksicht auf die Liebe ist dieser<br />
Job nicht gerade optimal. „Abends um<br />
23 Uhr konnte man zum Beispiel angerufen<br />
werden und Bescheid bekommen,<br />
dass man am nächsten Morgen um sieben<br />
Uhr bereit zu stehen hatte. Außerdem<br />
wusste man nie, wann genau man<br />
zurückkehren würde. Man konnte also<br />
40<br />
getrost vergessen, ein gemütliches Wochenende<br />
mit seiner Liebsten zu planen.“<br />
„Man führt ja eigentlich ein Doppelleben“,<br />
sagt Rudi. „Einerseits gibt es<br />
die Bohrinsel, wo man sich total auf<br />
die Arbeit konzentriert. Danach ist man<br />
wochenlang Familienvater. Ich habe immer<br />
das Gefühl gehabt, einen Schalter<br />
umzulegen. Sobald ich auf der Bohrinsel<br />
ankam, war die Familie zwar nicht<br />
vergessen, aber irgendwie doch mental<br />
weit weg. Umgekehrt aber auch: In der<br />
wochenlangen Pause war ich ganz und<br />
gar für die Familie da.“<br />
Ab und zu konnte Rudi zu Hause so<br />
gut abschalten, dass er gar nicht mehr<br />
wusste, auf welcher Bohrinsel er gewesen<br />
war. Nicht mal mit wem oder mit<br />
welcher Ausstattung er am vorigen Tag<br />
gearbeitet hatte. „Also nichts mit wilden<br />
Strohwitwer- oder Junggesellengeschichten?“<br />
Beide Männer schmunzeln. „Naja,<br />
es gab schon eine jugendliche Zeit, wo<br />
70 Prozent der Freizeit an Wein, Weib und<br />
Gesang ging. Aber das ist lange her“, beteuert<br />
Rudi.<br />
„Meine Frau hat sich einmal besonders<br />
stark darüber beschwert, dass ich wo-<br />
Foto: Christoph Busse<br />
chenlang weg war“, erzählt Rudi. „Da hat<br />
meine Oma mich verteidigt und meiner<br />
Frau streng zugesprochen: „Du weißt gar<br />
nicht, wie gut es dir geht!“<br />
Seine Großmutter hat darauf hingewiesen,<br />
wie der Großvater sie und ihre kleinen<br />
Kinder monatelang alleine zu Hause ließ,<br />
um am Walfang teilzunehmen. Er fuhr im<br />
Oktober los und kam erst im Mai wieder<br />
zurück. Nach dieser Geschichte hat Frau<br />
Høksnes sich nicht wieder beschwert –<br />
„jedenfalls nicht laut“, grinst Rudi.<br />
Ansonsten ist das Gesellschaftsleben<br />
für Bohrinselmitarbeiter auch eine Herausforderung.<br />
Mit diesem Arbeitsrhythmus<br />
ist es schwierig, in einem Verein<br />
tätig zu sein. Auch Freundschaften muss<br />
man ganz anders pflegen.<br />
leckeres Essen<br />
Die Bohrinselkantinen gelten mitunter als<br />
die besten Restaurants Norwegens. Aufgrund<br />
der Schichtarbeit sind sie rund um<br />
die Uhr geöffnet. Über das Essen kommt<br />
von beiden ausschließlich Lob. Obwohl<br />
die Qualität selbstverständlich unterschiedlich<br />
war, je nachdem auf welcher<br />
Bohrinsel sie sich befanden, sind beide