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VNW-Magazin Ausgabe 1/2022

Das VNW-Magazin erscheint fünf Mal im Jahr. Neben Fachartikeln enthält es Berichte und Reportagen über die Mitgliedsunternehmen des Verbands norddeutscher Wohnungsunternehmen - den Vermietern mit Werten.

Das VNW-Magazin erscheint fünf Mal im Jahr. Neben Fachartikeln enthält es Berichte und Reportagen über die Mitgliedsunternehmen des Verbands norddeutscher Wohnungsunternehmen - den Vermietern mit Werten.

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<strong>VNW</strong> magazin<br />

Wohnen<br />

im Norden<br />

1_<strong>2022</strong><br />

Wir zusammen.<br />

Verband Norddeutscher Wohnungsunternehmen


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Stand: Februar <strong>2022</strong><br />

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1<br />

Inhalt 1_<strong>2022</strong><br />

<strong>VNW</strong><br />

Analysen<br />

Editorial 03<br />

Heizkostenverordnung 04<br />

Eine Viertelmilliarde / KfW-Förderstopp 05<br />

Wie bauen wir in Zukunft? 10<br />

Porträt Heidi Möller 12<br />

Lob für Hamburgs Wohnungspolitik 14<br />

Grunderwerbsteuer in Hamburg 16<br />

Von Berlin in die Zukunftsstadt Loitz 18<br />

Auf Jahre hinaus stabile Nachfrage 20<br />

Dörfliche Idylle mitten in der Stadt 22<br />

Vorzeigbares Ergebnis 30<br />

Mietschulden 29<br />

Alles was Recht ist 34<br />

Mehr Konflikte unter Mietern 40<br />

Namen und Nachrichten 42<br />

Compliance 52<br />

Real Estate Arena 56<br />

Spiri.Bo 58<br />

Digitale Transformation 62<br />

Digitale Gebäudeakte 66<br />

Digital und Nachhaltigkeit 70<br />

Betriebskosten aktuell 74<br />

Termine 82<br />

Impressum 82<br />

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung<br />

der Sprachformen männlich, weiblich und divers (m/w/d) verzichtet.<br />

Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für alle Geschlechter.<br />

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Wir zusammen<br />

Kleine Genossenschaften erleben in Zeiten<br />

steigender Mieten einen Boom. Die Drachenbau<br />

gründete sich 1986 und hat viele<br />

Höhe und Tiefen hinter sich. Die junge Baugemeinschaft<br />

Baumhaus Altona reicht gerade<br />

den Bauantrag ein. Ein Doppelporträt.


Materialknappheit<br />

bei gleichzeitiger<br />

Preisexplosion<br />

Auf den Baustellen werden Baustoffe knapp.<br />

Inzwischen droht bei vielen Unternehmen Kurzarbeit und<br />

die Wohnungsbauziele rücken in weite Ferne<br />

ES IST<br />

GEFÄHRLICH,<br />

VON OLIVER SCHIRG<br />

Hamburg. Die Lage ist unwirklich. Jetzt, zent zunahmen. Zugleich sieht das Institut<br />

– zumindest<br />

RECHT<br />

da Politik und Gesellschaft endlich die<br />

ZU<br />

kurzfristig – keine Zeichen<br />

Corona-Pandemie in den Griff zu bekommen<br />

scheinen und der wirtschaftliche der Weltwirtschaft und der Aufwärtstrend<br />

von Entspannung. „Die rasche Erholung<br />

Aufschwung Fahrt aufnimmt, explodieren der chinesischen Wirtschaft sorgen für<br />

weltweit die Baustoffpreise. Hinzu kommt eine hohe Nachfrage nach Rohstoffen.“<br />

HABEN,<br />

eine dramatische Rohstoffknappheit. Die Wie dramatisch die Lage ist, hat jüngst<br />

Folge: Aufträge müssen storniert oder verschoben<br />

werden. Auch <strong>VNW</strong>-Unterneh-<br />

ergeben. Deutlich mehr als die Hälfte der<br />

eine Umfrage unter Handwerksbetrieben<br />

men sorgen sich inzwischen, dass sie ihre Unternehmen kämpften inzwischen mit<br />

WENN<br />

diesjährigen Wohnungsbauzahlen nicht Problemen<br />

DIE<br />

bei der Materialbeschaffung.<br />

werden erreichen können.<br />

Im Januar 2021 sei es noch gut ein Drittel<br />

gewesen. 84 Prozent der Betriebe,<br />

Handwerkspräsident Hans Peter<br />

Wollseifer spricht von einer „noch nie da die Probleme in der eigenen Lieferkette<br />

gewesenen“ Materialknappheit bei gleichzeitiger<br />

Preisexplosion. „Die Situation hat ren oder verschieben, weil Material fehle.<br />

haben, mussten bereits Aufträge stornie-<br />

REGIERUNG<br />

sich in den vergangenen Wochen noch 61 Prozent der Firmen berichteten, die<br />

einmal verschärft“, sagt er der Deutschen Preissprünge führten zu roten Zahlen bei<br />

Presse-Agentur (dpa). Sämtliche Kalkulationen<br />

würden über den Haufen geworfen.<br />

der Erfüllung bestehender Aufträge.<br />

UNRECHT<br />

Das habe Betriebe in die „paradoxe Lage“<br />

gebracht, bei vollen Auftragsbüchern Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeiter in Kurzarbeit<br />

Holz ist inzwischen 340 Prozent<br />

teurer als vor einem Jahr<br />

schicken zu müssen.<br />

HAT.<br />

Vor allem für Holz kennen die Preise kein<br />

Halten. „Im Durchschnitt stiegen die<br />

Preise für Industrierohstoffe stiegen<br />

seit April um 14,2 Prozent<br />

Schnittholzpreise um weitere 33 Prozent<br />

im Vergleich zum April und lagen damit<br />

mehr als 340 Prozent höher als im Mai<br />

Das Hamburger Forschungsinstitut HWWI 2020“, fanden die Wissenschaftler des<br />

hat unterdessen berechnet, dass die Preise HWWI heraus. Die Handwerksunternehmen<br />

beklagen zugleich den Mangel an<br />

VOLTAIRE<br />

für Industrierohstoffe allein von April bis<br />

Mai 2021 um durchschnittlich 14,2 Pro- Metallen, Kunststoffen und Elektronikkomponenten.


3<br />

„Und jedem Anfang wohnt<br />

ein Zauber inne.“<br />

Diese Zeile aus dem Gedicht „Stufen“ von Hermann<br />

Hesse kam mir in den Sinn, als die neue Bundesregierung<br />

im Dezember vergangenen Jahres in Berlin ihre<br />

Arbeit aufnahm. Ein eigenes Wohnungsbauministerium<br />

wurde geschaffen. Das Ziel, jährlich 400 000 Wohnungen<br />

zu errichten, 100 000 davon öffentlich gefördert,<br />

mag ambitioniert sein, ist aber durchaus machbar. Wenn<br />

alle an einem Strang ziehen.<br />

Inzwischen sind einige Wochen ins Land gegangen und<br />

es stellt sich Ernüchterung ein. Das Chaos um den Stopp<br />

der KfW-Effizienzhausförderung, der über Nacht von<br />

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck verkündet<br />

wurde, lässt Zweifel daran aufkommen, ob die ganze<br />

Bundesregierung hinter dem Wohnungsbauziel steht.<br />

Unlängst hat Felix Pakleppa, Hauptgeschäftsführer des<br />

Zentralverbands des Deutschen Baugewerbes, erklärt,<br />

dass auch in diesem Jahr der Anstieg der Baupreise anhalten<br />

werde. Das erschwert den Bau bezahlbarer Wohnungen<br />

erheblich – und ist leider nicht alles. Auf den<br />

Baustellen fehlt es mehr und mehr an Fachkräften, in<br />

den Kommunen sind bezahlbare Grundstücke Mangelware<br />

und in Sachen Bürokratie folgen auf Sonntagsreden<br />

der Verantwortlichen viel zu selten Taten.<br />

In dieser ohnehin für die Wohnungswirtschaft schwierigen<br />

Situation fällt der Bundesregierung nun nichts<br />

anderes ein als bewährte Förderstrukturen zu zerschlagen.<br />

Natürlich gehört die staatliche Unterstützung des<br />

bezahlbaren Wohnens immer wieder auf den Prüfstand.<br />

Der <strong>VNW</strong> und seine im GdW organisierten Schwesterverbände<br />

fordern das angesichts der Herausforderungen<br />

des Klimaschutzes schon seit Jahren.<br />

Was aber nicht geht, ist, dass das Bundeswirtschaftsministerium<br />

über Nacht eine funktionierende Förderstruktur<br />

zerschlägt, ohne einen Ersatz dafür zu haben.<br />

Mehr noch: Man hatte sogar versprochen, dass Wohnungsunternehmen<br />

bis Ende Januar Zeit hätten, ihre<br />

Förderanträge zu stellen. Jeder weiß, dass zum sparsamen<br />

Umgang mit Investitionsmitteln gehört, einen Förderantrag<br />

möglichst spät zu stellen.<br />

All das hat die Verantwortlichen im Habeckschen Ministerium<br />

entweder nicht interessiert oder war ihnen<br />

unbekannt. Beides ist beunruhigend. Dieses chaotische<br />

Vorgehen hat bei Wohnungsunternehmen zu einem<br />

erheblichen Vertrauensverlust in die Politik geführt.<br />

Schlimmer ist jedoch, dass <strong>VNW</strong>-Unternehmen Fördermittel<br />

in Höhe von mehr als 52 Millionen Euro verloren<br />

gegangen sind. Der Neubau von mehr als 2000 öffentlich<br />

geförderten Wohnungen steht auf der Kippe. Einfach<br />

so per Federstrich.<br />

Wer jetzt noch bezahlbare Wohnungen bauen soll, dafür<br />

interessiert sich in einigen Teilen der Bundesregierung<br />

offenbar kaum jemand. Denn auch das Wendemanöver<br />

von Minister Habeck – der Stopp des Stopps – ändert im<br />

Kern wenig: Alle Anträge für ein Haus im KfW 55-Effizienzstandard<br />

werden seit Mitte Januar nicht mehr bewilligt.<br />

Anträge auf eine KfW 40-Förderung sind nur noch<br />

bis Ende dieses Jahres möglich und der Fördertopf ist bei<br />

einer Milliarde Euro gedeckelt.<br />

Zugleich kündigt der Bundeswirtschaftsminister neue<br />

Förderprogramme an, die wie Drohungen klingen: nur<br />

noch KfW 40-Standard, der aber verschärft. Dazu will<br />

man die Sanierung in den Fokus rücken. Die Überlegung,<br />

die staatliche Förderung auf die Sanierung von<br />

Wohngebäuden zu konzentrieren, mag in die richtige<br />

Richtung gehen. Dort sind die CO 2<br />

-Einsparpotenziale am<br />

größten. Aber so eine Entscheidung am grünen Tisch<br />

ohne (ernsthafte) Rückkopplung mit den sozialen Vermietern<br />

zu treffen, das trägt den Samen des Scheiterns<br />

in sich.<br />

Geradezu gefährlich ist der Versuch von Bundesminister<br />

Habeck, die politische Verantwortung für den Bau<br />

bezahlbarer Wohnungen und für den Klimaschutz zu<br />

trennen. Während Bundessozial- und Bundesbauministerium<br />

den Bau von Sozialwohnungen fördern sollen,<br />

will er ohne Rücksicht darauf die Klimaschutzauflagen<br />

erhöhen. Das ist nicht nur ein Geschäft zu Lasten Dritter,<br />

sondern auch der Anfang vom Ende aller Bemühungen<br />

um Nachhaltigkeit und Klimaschutz.<br />

Das bezahlbare Wohnen ist die wichtigste soziale Frage<br />

unserer Zeit, der Klimaschutz die größte Herausforderung.<br />

Unsere Gesellschaft wird beide Herausforderungen<br />

nur meistern, wenn das Soziale stets mitgedacht<br />

wird.<br />

Andreas Breitner, <strong>VNW</strong>-Vorstand und Verbandsdirektor


„Selten ist in Deutschland<br />

so ein Blödsinn<br />

Gesetz geworden“<br />

Die seit 1. Februar <strong>2022</strong> geltende Überarbeitung der Heizkostenverordnung<br />

verursacht Bürokratiekosten und schadet der Umwelt.<br />

4<br />

Schwerin/Kiel/Hamburg.<br />

Norddeutschlands Mieterinnen<br />

und Mieter müssen<br />

bei ihrer diesjährigen<br />

Heizkostenabrechnung mit<br />

zusätzlichen Bürokratiekosten<br />

rechnen. „Die neue<br />

Heizkostenverordnung verpflichtet<br />

die Unternehmen,<br />

bei fernauslesbaren Messgeräten<br />

monatlich die Haushalte<br />

über den monatlichen<br />

Verbrauch zu informieren“,<br />

sagt <strong>VNW</strong>-Direktor Andreas<br />

Breitner. „Im Jahr kommen<br />

damit auf die Mieterinnen<br />

und Mieter Kosten in Höhe<br />

von bis zu 90 Euro zu. Sollten<br />

die Angaben per Post<br />

übermittelt werden müssen,<br />

liegen die Zusatzkosten sogar<br />

bei mehr als 100 Euro.“<br />

Eine Abbestellung dieser<br />

Zwangsinformation durch<br />

die Haushalte sei nicht möglich,<br />

so der <strong>VNW</strong>-Direktor<br />

weiter. „Die Kosten für Bereitstellung,<br />

Druck und Versand<br />

der Information sind im Rahmen<br />

der Heizkostenabrechnung umlagefähig<br />

und gehen zu Lasten der Mieter.“<br />

Bei den <strong>VNW</strong>-Unternehmen seien<br />

mehr als 300000 Haushalte betroffen.<br />

„Die Änderung der Heizkostenverordnung<br />

ist gegen den Rat der Fachleute<br />

erfolgt“, sagt <strong>VNW</strong>-Direktor Andreas<br />

Breitner. „Jetzt haben wir den Salat.<br />

Selten ist so ein Blödsinn in Deutsch-<br />

land Gesetz und damit verpflichtend<br />

geworden.“<br />

Abgesehen davon, dass ein massenhaftes<br />

Verschicken von Briefen<br />

weder nachhaltig sei noch dem Umweltschutz<br />

diene, sei der Verwaltungsaufwand<br />

für die <strong>VNW</strong>-Unternehmen<br />

enorm, so Breitner weiter. „Mieter, die<br />

keine E-Mail-Adresse haben oder nicht<br />

auf ein Anschreiben des Vermieters reagieren,<br />

erhalten die Messdaten<br />

per Brief. Neben den<br />

dafür entstehenden Kosten<br />

muss der Aufwand des jeweiligen<br />

Messdienstleisters<br />

beglichen werden.“<br />

Eine digitale Zustellung<br />

sei allerdings nicht<br />

viel weniger aufwändig,<br />

sagt <strong>VNW</strong>-Direktor Andreas<br />

Breitner weiter. „Monat für<br />

Monat müssen Mail-Adressen<br />

der Mieter aktualisiert,<br />

Zustimmungen zur Datenübermittlung<br />

eingeholt und<br />

die Zugangsnachweise dokumentiert<br />

werden.“ Der<br />

<strong>VNW</strong> und die Mietervereine<br />

in den drei Bundesländern<br />

werben dennoch dafür, dass<br />

möglichst viele Mieter den<br />

Monatsbericht elektronisch<br />

entgegennehmen. „Damit<br />

lässt sich die unsinnige Umweltbelastung<br />

wenigstens<br />

ein wenig reduzieren.“<br />

Eine mögliche Lösung, der<br />

Berichtspflicht Genüge zu<br />

tun und zugleich den Verwaltungsaufwand<br />

zu senken, besteht darin, die<br />

Daten auf einem nur für die Mieter<br />

zugänglichen Internetportal zur Verfügung<br />

zu stellen. „Dort könnten die<br />

Daten eingestellt und von den Mietern<br />

bei Bedarf abgerufen werden“, sagt<br />

Andreas Breitner. „Das würde die Bürokratiekosten<br />

auf zehn bis 15 Euro im<br />

Jahr begrenzen.“


5<br />

<strong>VNW</strong><br />

Das 50-Millionen-Loch<br />

Der KfW-Förderstopp kostet die sozialen Vermieter Norddeutschlands<br />

unverzichtbare öffentliche Fördermittel und gefährdet den Bau von<br />

mehr als 2 000 bezahlbaren Wohnungen.<br />

Kiel/Schwerin/Hamburg. Auch nach der „Rolle rückwärts“<br />

von Klimaschutzminister Robert Habeck bei der „Bundesförderung<br />

für effiziente Gebäude“ ist bei den norddeutschen<br />

sozialen Vermietern der Bau von mehr 2000 bezahlbaren<br />

Wohnungen bedroht. Insgesamt verlieren die Wohnungsunternehmen<br />

mehr als 52 Millionen Euro an Förderzuschüssen,<br />

die für fortgeschrittene Projekte im KfW-Effizienzhaus<br />

55-Standard eingeplant waren. Das ergaben zwei Blitzumfragen<br />

unter <strong>VNW</strong>-Unternehmen. Als Konsequenz empfiehlt<br />

der <strong>VNW</strong> seinen Mitgliedsunternehmen, über eine Schadenersatzklage<br />

nachzudenken.<br />

Die Bundesregierung hatte Anfang der vierten Januarwoche<br />

überraschend den Stopp der KfW-Programme in der<br />

„Bundesförderung für effiziente Gebäude“ (BEG) verkündet.<br />

In einer ersten Umfrage, an der sich 80 <strong>VNW</strong>-Unternehmen<br />

beteiligten, war zunächst die Befürchtung laut geworden,<br />

dass mindestens 250 Millionen Euro an Fördermitteln sowie<br />

die Errichtung und die energetische Modernisierung von<br />

mehr als 13000 bezahlbaren Wohnungen auf der Kippe<br />

stünden. Die meisten Unternehmen sorgten sich über Kostensteigerungen,<br />

aus denen höhere Erstbezugsmieten bzw.<br />

Mieten nach der Modernisierung resultieren würden.<br />

Unternehmen bleiben auf kostspieligen<br />

Planungen sitzen<br />

Nach heftigen Protesten verkündete das Bundeswirtschaftsministerium<br />

einen Teilrückzug vom Förderstopp. „Minister<br />

Habeck hat in den vergangenen Tagen versucht, den Eindruck<br />

zu erwecken, dass mit seinem Stopp des Förderstopps alles<br />

wieder gut sei“, sagt <strong>VNW</strong>-Direktor Andreas Breitner. „Dem<br />

ist aber nicht so. Jene sozialen Vermieter, die ihren Förderantrag<br />

für ein Gebäude mit Effizienz 55-Standard in der letzten<br />

Januarwoche einreichen wollten, schauen weiter in die Röhre<br />

und bleiben auf ihren kostspieligen Planungen sitzen.“<br />

Diese Unternehmen hätten sich auf die Zusage der Bundesregierung<br />

verlassen, wonach bis Ende Januar auch Anträge<br />

für eine Förderung von Gebäuden mit Effizienz 55-Standard<br />

möglich sein würden“, so <strong>VNW</strong>-Direktor Andreas Breitner<br />

weiter. „Um Kosten beim Bau bezahlbarer Wohnungen –<br />

zum Beispiel Bereitstellungszinsen – zu sparen, ist es üblich,<br />

dass Förderanträge zum spätestmöglichen Zeitpunkt gestellt<br />

werden.“<br />

Bei der Inanspruchnahme von Förderdarlehen der KfW wird<br />

die Antragstellung im Rahmen der Gesamtfinanzierung eng<br />

mit der Haus- oder Förderbank abgestimmt, die dann den<br />

Antrag einreicht. „Durch die unerwartete Verkürzung der zuvor<br />

genannten Antragsfrist fällt den betroffenen Unternehmen<br />

ihr verantwortungsvolles Wirtschaften wegen der chaotischen<br />

Politik des Bundeswirtschaftsministers auf die Füße“,<br />

so <strong>VNW</strong>-Direktor Andreas Breitner.<br />

„Das Geld ist wirklich verloren!“<br />

Bei zehn im <strong>VNW</strong>-organisierten Unternehmen seien 2072<br />

Wohnungen von dem Förderstopp für Gebäude mit Effizienz<br />

55-Standard betroffen, sagt <strong>VNW</strong>-Direktor Andreas Breitner.<br />

„In Hamburg sind es 1447 Wohnungen, in Mecklenburg-<br />

Vorpommern 224 und in Schleswig-Holstein 401.“ Die Anträge<br />

sollten in der letzten Januarwoche bei der KfW gestellt<br />

werden.<br />

„An Investitionszuschüssen fallen 33 808750 Euro und<br />

an Tilgungszuschüssen 18423 000 Euro weg. Das Geld ist<br />

wirklich verloren“, so Breitner. „Wenn die Wohnungsunternehmen<br />

ihre bereits geplanten Projekte jetzt noch umsetzen,<br />

müssen sie beim Klimaschutz abspecken und dennoch höhere<br />

Mieten nehmen. Wir rechnen mit rund 1,50 Euro pro<br />

Quadratmeter, um die eine Wohnung teurer vermietet werden<br />

muss.“<br />

„Mietwohnungsbau<br />

muss Vorfahrt erhalten.“


8<br />

„Die Akzeptanz von<br />

Nachhaltigkeit und<br />

Klimaschutz unter<br />

den Menschen wird es<br />

nur geben, wenn das<br />

Wohnen auf Dauer<br />

bezahlbar bleibt!“<br />

Weniger Dramaqueen und mehr gutes Regieren<br />

wären angemessen<br />

Nach den Worten von <strong>VNW</strong>-Direktor Andreas Breitner hat das<br />

vom Bundesministerium ausgelöste Chaos dem Klimaschutz<br />

und dem Vertrauen in die Politik massiv geschadet. „<strong>VNW</strong>-<br />

Unternehmen, deren Mieten in der Regel deutlich unter dem<br />

Wert des örtlichen Mietspiegels liegen, planen auf Jahrzehnte<br />

hinaus. Für sie sind Zuverlässigkeit und Planungssicherheit<br />

unverzichtbar.“ Zudem drehten soziale Vermieter beim Bau<br />

eines Wohngebäudes jeden Cent drei Mal um, damit sie am<br />

Ende günstig vermieten können.<br />

„Wenn Minister Habeck meint, per Federstrich ein Förderprogramm<br />

beenden zu können, dann signalisiert er Menschen<br />

mit mittlerem und geringem Einkommen, dass ihn deren<br />

Wohnsituation nicht interessiert. Weniger Dramaqueen<br />

und mehr gutes Regieren wäre angemessener gewesen.“<br />

Bedrückend sei die Einschätzung vieler <strong>VNW</strong>-Unternehmen,<br />

dass ihre Mieterinnen und Mieter nach Wegfall der Förderung<br />

die Kosten für die Wohnung nicht mehr stemmen könnten,<br />

sagt <strong>VNW</strong>-Direktor Andreas Breitner. „Die sozialen Vermieter<br />

stehen zu den Klimaschutzzielen der Politik. Aber wir haben<br />

immer auch gesagt: Die Akzeptanz von Nachhaltigkeit und<br />

Klimaschutz unter den Menschen wird es nur geben, wenn<br />

das Wohnen auf Dauer bezahlbar bleibt.“<br />

Unternehmen sollten über Schadenersatzklagen<br />

nachdenken<br />

Allerdings es sei nicht nur eine Frage der politischen Etikette<br />

und des Umgangs der Politik mit der Wirtschaft, so der<br />

<strong>VNW</strong>-Direktor weiter. „Unsere Unternehmen haben auf<br />

die Fristsetzungen der Bundesregierung vertraut. Mehreren<br />

norddeutschen Wohnungsunternehmen sind massiv Planungsschäden<br />

entstanden.“ Damit seien hohe Aufwendungen<br />

für Planungen verloren gegangen. „Für Letzteres trage<br />

Robert Habeck die Verantwortung, und die Bundesregierung<br />

wird den Schaden ersetzen müssen.“<br />

„Wir empfehlen unseren Mitgliedsunternehmen, die entstandenen<br />

Planungskosten dem Fördergeber in Rechnung zu<br />

stellen“, sagt <strong>VNW</strong>-Direktor Andreas Breitner. „Sollte dieser<br />

nicht zahlen, gilt es, die Bundesregierung auf Schadenersatz<br />

zu verklagen. Wir sprechen dabei über zweistellige Millionenbeträge.“<br />

Strengere Baustandards werden die Kosten weiter<br />

erhöhen<br />

In Antworten auf die erste Umfrage hatten viele Unternehmen<br />

die Befürchtung geäußert, dass neue, noch strengere<br />

Standards zu einer weiteren Steigerung der Baukosten und<br />

zu zusätzlichen Belastungen der Mieter führen werden. Für<br />

Verärgerung sorgte die Ungewissheit darüber, wie die künftige<br />

Förderstruktur aussehen wird – und wann sie kommt.<br />

Eine Reihe von Unternehmen kündigte an, derzeit keine<br />

Neubauprojekte mehr zu starten und Planungen für die energetische<br />

Sanierung von bestehenden Gebäuden zurückzustellen.<br />

Gründe seien ein nicht kalkulierbarer Zeitverzug und<br />

hohe Kosten für die Umplanung. Es sei offen, ob und zu welchen<br />

Mieten die Projekte künftig realisiert werden könnten.<br />

Bei der Förderung künftig bezahlbaren Wohnraum<br />

berücksichtigen<br />

Die sozialen Vermieter fordern von der Politik Klarheit, rasche<br />

Ersatzförderprogramme, Verlässlichkeit und die Einhaltung<br />

von Zusagen. Bei künftigen Förderprogrammen sollte mehr<br />

berücksichtigt werden, ob bezahlbare Wohnungen gebaut<br />

beziehungsweise saniert werden. „Mietwohnungsbau muss<br />

Vorfahrt erhalten“, so der <strong>VNW</strong>-Direktor. Zudem seien der<br />

Abbau von Bürokratie und eine Beschleunigung der Genehmigungsverfahren<br />

unverzichtbar.<br />

Besonders gefordert seien jetzt die Förderbanken der Bundesländer,<br />

um Finanzierungslücken durch attraktive Förderprogramme<br />

zu schließen. „Die sozialen Vermieter stehen bereit,<br />

bei der Erarbeitung sinnvoller Förderprogramme mit der Politik<br />

zusammenzuarbeiten“, sagt <strong>VNW</strong>-Direktor Andreas Breitner.<br />

„Wir vertreten dabei auch die Interessen unserer Mieterinnen<br />

und Mieter. Eines dürfte inzwischen klar sein: Ohne eine ausreichende<br />

Zuschussförderung werden die ambitionierten Klimaschutzziele<br />

im Bereich der Wohnungswirtschaft nicht zu<br />

erreichen sein.“h


9 <strong>VNW</strong><br />

„Ich will das nicht<br />

und ich bezahle das<br />

nicht!“<br />

Vorstände der Wismarer Wohnungsgenossenschaft Friedenshof<br />

haben einen Brandbrief geschrieben, in dem sie über die Folgen<br />

der Neuregelung der Heizkostenverordnung berichten.<br />

Wismar. In einem Praxisbericht beklagen<br />

die beiden Vorstände der Wismarer<br />

Wohnungsgenossenschaft Friedenshof,<br />

Birk Hellmann und Bernd Sommer,<br />

den mangelnden „Digitalisierungsgrad“<br />

der Mieter. Anfang Dezember<br />

2021 habe die Genossenschaft rund<br />

1500 Haushalte angeschrieben und<br />

um das Einverständnis zum Empfang<br />

der Verbrauchsinformation per Mail<br />

gebeten. „Von den 1500 versendeten<br />

Briefen haben bis zum heutigen Tag<br />

220 Einverständniserklärungen den<br />

Weg zu uns zurückgefunden“, erklärten<br />

die beiden Vorstände Mitte Januar<br />

und kündigten an, „noch einmal nachzufassen“.<br />

Allerdings gehen Hellmann und<br />

Sommer davon aus, dass lediglich ein<br />

Drittel der Mieterinnen und Mieter<br />

die Verbrauchsinformationen per Mail<br />

erhalten will. Das bedeutet, dass an<br />

mindestens zwei Drittel Monat für Monat<br />

Briefe verschickt werden müssen.<br />

Wer die Information per Mail erhält,<br />

„dem entstehen jährlich Kosten von<br />

7,68 Euro durch die Firma Techem und<br />

Softwarekosten der Firma Aareon“. Bei<br />

jenen, die ihre Daten nicht per Mail erhalten<br />

wollen, würden die Kosten pro<br />

Nutzer und Jahr bei knapp 30 Euro liegen.<br />

„Wir halten in unserem Unternehmen<br />

einen Arbeitsaufwand von zwei<br />

Sachbearbeitertagen pro Monat für erforderlich“,<br />

berichten die beiden Vorstände.<br />

In der Summe rechnen sie bei<br />

300 Informationen per Mail und 1200<br />

per Brief mit Kosten von 37 500 Euro<br />

pro Jahr, die im Rahmen der Betriebskostenabrechnung<br />

umgelegt würden.<br />

Bezogen auf die Kosten der Beheizung<br />

des Jahres 2020 von 954 500 Euro<br />

müssten die Mieter für einen Ausgleich<br />

dieser Zusatzkosten ihren Energiebedarf<br />

um knapp vier Prozent senken.<br />

Mieter reagieren mit<br />

Unverständnis<br />

Die Mieter hätten oftmals mit Unverständnis<br />

auf die Schreiben ihrer Genossenschaft<br />

reagiert. „Was ist eine<br />

Mail-Adresse?“, „Ich habe keine Mail-<br />

Adresse!“, „Was haben DIE sich jetzt<br />

schon wieder ausgedacht? Haben DIE<br />

keine anderen Probleme?“, „Ich will<br />

das nicht und ich bezahle das nicht!“–<br />

es sei alles dabei – nur eines nicht: Einsicht<br />

in den Sinn dieser Informationen.<br />

Die Zusatzkosten träfen eher die<br />

Menschen, die ohnehin schon über<br />

wenig Geld verfügten, sagen Hellmann<br />

und Sommer. Jene, bei denen das Geld<br />

in der Regel nicht für den ganzen Monat<br />

reiche. Jene, die ohne das neueste<br />

Smartphone, DSL-Flatrate oder den<br />

neuesten Gadgets unterwegs seien.<br />

Jene, die darauf angewiesen seien,<br />

diese (Pflicht-)Nachweise per Post zu<br />

erhalten.<br />

Zugleich erwarten die beiden Vorstände<br />

Rechtsstreitigkeiten mit ihren<br />

Mietern, weil diese nicht bereit sein<br />

würden, die Zusatzkosten zu tragen.<br />

Auch nachhaltig sei die Neuregelung<br />

nicht, so die beiden Vorstände weiter.<br />

Künftig seien für die Berichterstattung<br />

über die Nebenkosten pro Haushalt 18<br />

beidseitig bedruckte A4-Seiten notwendig.<br />

Die beiden Genossenschaftsvorstände<br />

bezweifeln zudem das Ziel der<br />

Neuordnung, falsches Heizverhalten<br />

zu reduzieren. „Bis auf wenige Ausnahmen<br />

wissen wir, dass den Mietern<br />

der sparsame Umgang mit Heizenergie<br />

sehr wichtig ist.“h<br />

„Wir halten in<br />

unserem<br />

Unternehmen einen<br />

Arbeitsaufwand<br />

von zwei<br />

Sachbearbeitertagen<br />

pro Monat für<br />

erforderlich.“


10<br />

<strong>VNW</strong><br />

CradletoCradle<br />

Wie bauen wir<br />

VON AXEL HORN<br />

in Zukunft?<br />

Ökologisch. Sozial. Bezahlbar. Dabei lohnt ein Blick auf die Baustoffe.<br />

Der Bauverein der Elbgemeinden will im Hamburger Stadtteil Lurup<br />

erstmals Häuser in Holzmodulbauweise errichten.<br />

f


11<br />

Neue Wohnformen ermöglichen<br />

Hamburg. Der Wohnungsbau der Zukunft muss ökologisch, sozial<br />

und bezahlbar sein – für die Mieterinnen und Mieter ebenso wie<br />

für die Wohnungsunternehmen. Der Bauverein der Elbgemeinden<br />

(BVE) setzt sich mit der Frage auseinander, wie das gelingen kann.<br />

In den vergangenen Jahren hat sich die Diskussion um Klimaschutz<br />

im Gebäudesektor stark auf die Energieversorgung und<br />

den Energieverbrauch fokussiert. Viele Wohnungsunternehmen<br />

haben bereits gute Lösungen gefunden, um deutliche CO 2<br />

-Reduktionen<br />

zu erzielen.<br />

Nicht nur einzelne Gebäude, sondern ganze Quartiere werden<br />

energetisch saniert. Jetzt geraten die Baustoffe in den Blick. Denn<br />

Beton beispielsweise verbraucht in der Herstellung viel Kohlendioxid<br />

und ist nur sehr bedingt recycelbar.<br />

Zum Bau der Zukunft gehört es auch, sich mit den Bedürfnissen<br />

der Menschen auseinanderzusetzen. Der BVE ermöglicht in seinem<br />

Bestand schon lange Wohnformen jenseits der klassischen<br />

Mietwohnung. Dazu gehören Baugemeinschaften, Angebote für<br />

Menschen mit Unterstützungsbedarf, Servicewohnen für Ältere<br />

sowie Wohnen und Arbeiten unter einem Dach.<br />

Künftig will der BVE auch Häuser speziell für das Mehrgenerationenwohnen<br />

konzipieren. Außerdem beschäftigt er sich mit<br />

neuen Grundrissen, die kleinere Privatwohnungen mit gemeinschaftlich<br />

genutzten Flächen – beispielsweise zum Arbeiten oder<br />

Feiern – kombinieren. Das entspricht dem Sharing-Trend und die<br />

Mieten der einzelnen Wohnungen würden aufgrund der geringeren<br />

Quadratmeterzahl sinken.<br />

Bezahlbar bleiben<br />

Neue Baustoffe einsetzen<br />

Die erste Möglichkeit, den Verbrauch zu begrenzen, ist es, sehr<br />

genau zu prüfen, ob ältere Häuser wirklich abgebrochen werden<br />

müssen. Häufig ist es auch möglich, ältere Bestände energetisch<br />

zu ertüchtigen und Quartiere durch Nachverdichtungen und Aufstockungen<br />

zu erweitern, anstatt komplett neu zu bauen.<br />

Zweitens geht es darum, Baustoffe zu wählen, die entweder<br />

wiederverwendbar sind oder nach ihrem Gebrauch dem biologischen<br />

Kreislauf zugeführt werden können. Metall kann beispielsweise<br />

gut wiederverwendet werden, wenn es in entsprechender<br />

Weise verbaut wurde.<br />

Holz lässt sich entweder auch recyceln oder kann vollständig<br />

biologisch abgebaut werden. Dieses Designprinzip, das unter anderem<br />

von der EPEA GmbH entwickelt wurde, heißt »Cradle to<br />

cradle®« und spielt im Gebäudesektor eine zunehmend wichtige<br />

Rolle.<br />

Auch in Hamburg gibt es hierfür anschauliche Beispiele wie<br />

den „Wood Cube“, der im Rahmen der Internationalen Bauausstellung<br />

(IBA) in Wilhelmsburg entstand. Der BVE setzt sich aktuell<br />

ebenfalls mit dem »Cradle to cradle®«-Prinzip auseinander und<br />

will in absehbarer Zeit Mehrfamilienhäuser aus Holz bauen.<br />

Die Anforderungen an den Klimaschutz sowie steigende Bau- und<br />

Grundstückskosten verteuern den Wohnungsbau. Gleichzeitig<br />

sind bezahlbare Mieten ein wichtiger Baustein der sozialen Nachhaltigkeit.<br />

Insofern gilt es, neue kostengünstige Wege des Bauens<br />

einzuschlagen.<br />

Der BVE verfolgt hierbei zwei Ansätze: Erstens will er im Hamburger<br />

Stadtteil Lurup erstmals Häuser in Holzmodulbauweise<br />

errichten. Die verwendeten Module sollen idealerweise anschließend<br />

auch bei anderen Bauprojekten zum Einsatz kommen. Hierdurch<br />

verringern sich die Kosten der einzelnen Projekte.<br />

Zweitens geht der Trend zurück zum einfachen Bauen. Nachdem<br />

in den vergangenen Jahren immer mehr Technik in den<br />

Häusern verbaut wurde, wird ihr Anteil künftig zurückgefahren<br />

werden. Das schont die natürlichen Ressourcen und das Budget.<br />

Denn die Erfahrung zeigt: Selbst die beste Technik nützt<br />

nichts, wenn die Menschen sie nicht richtig einsetzen. Stattdessen<br />

wird der BVE seine Mitglieder systematisch motivieren, ihren<br />

Energieverbrauch zu hinterfragen und zu reduzieren.<br />

Auf diese Weise kann der Dreiklang aus ökologischer Verantwortung,<br />

Sozialverträglichkeit und Wirtschaftlichkeit gelingen. h<br />

Wer sich für das Thema interessiert, wird hier fündig:<br />

Die EPEA hat eine Broschüre über das Designprinzip<br />

„Cradle to Cradle®“ für Gebäude herausgebracht. Sie<br />

steht auf www.epea.com kostenlos zum Download<br />

zur Verfügung.<br />

AXEL HORN<br />

ist Vorstand des Bauvereins<br />

der Elbgemeinden eG (BVE)


12<br />

<strong>VNW</strong><br />

„So bin ich<br />

erzogen worden“<br />

Heidi Möller ist Aufsichtsrätin bei der Neuen Lübecker und nahm<br />

Ende Januar an einem Seminar zur Qualifizierung teil. Ein Porträt.<br />

VON PETER WENIG<br />

diskutiert, wie Wohnungsunternehmen<br />

Klimarisiken begegnen können.<br />

Willkommen zum Seminar „Qualifizierter<br />

Aufsichtsrat <strong>VNW</strong>“. Drei Tage haben<br />

sich in Lübeck 19 Aufsichtsräte von<br />

Wohnungsbaugenossenschaften aus dem<br />

Norden versammelt. Das dichte Programm<br />

reicht von rechtlichen Grundlagen der<br />

Aufsichtsratstätigkeit über Controlling bis<br />

zur Jahresabschlussprüfung.<br />

Im Interesse der Mieterinnen und<br />

Mieter<br />

Lübeck. Auf dem Bildschirm erscheint eine Risikomatrix. Die Felder,<br />

jeweils farblich unterlegt, zeigen die Wahrscheinlichkeit eines<br />

Schadens („häufig bis unvorstellbar“) sowie dessen mögliche Auswirkungen<br />

(„unwesentlich bis katastrophal“). Lothar Klein, Wirtschaftsprüfer<br />

und Steuerberater in Diensten des Verbands <strong>VNW</strong><br />

spricht über Risiken der Branche – von möglichen Leerständen über<br />

massiv erhöhte Baukosten bis zu Flutkatastrophen.<br />

An diesem schönen Freitag im Januar lugt die Sonne durch<br />

die bodentiefen Fenster des Konferenzraums Pier im Lübecker Radisson-Hotel<br />

Park Inn. Doch niemand im Raum hat einen Blick für<br />

die Parkanlagen am Stadtgraben. Und obwohl laut Plan längst die<br />

nächste Kaffeepause ansteht, wird weiter munter über die Frage<br />

Die Teilnehmenden sitzen Corona-Konform<br />

an getrennten Tischen. Unter ihnen<br />

Heidi Möller, Aufsichtsrätin der Neuen Lübecker,<br />

mit mehr als 15500 Wohnungen<br />

eine der größten Wohnungsgenossenschaften<br />

des Nordens. Die gelernte Bürokauffrau<br />

gehört seit 2021 dem Gremium<br />

an, das den Vorstand kontrolliert und berät.<br />

„Mich interessiert alles, was mit Bau<br />

zu tun hat“, sagt die 55-Jährige. In ihrem Job beschäftigt sie sich<br />

für ein großes Hamburger Unternehmen mit Gewerbeimmobilien.<br />

Und wer sich mit Heidi Möller unterhält, spürt sofort, wie sehr sie<br />

für ihre Aufgabe bei der Genossenschaft brennt: „Als Vertreterin<br />

durfte ich mir dieModernisierung einer Anlage genau anschauen.<br />

Die neue Technik ist faszinierend. Mitteilungen für Mieter werden<br />

dort auf kleine Bildschirme neben den Fahrstühlen gespielt.“<br />

Eingesetzt für die Interessen der Mitglieder hat sie sich schon<br />

immer – auch ohne Amt. Seit 2003 wohnt sie nun in einer Wohnung<br />

der Genossenschaft in Elmshorn. „Wenn ein Licht über dem<br />

Eingang defekt ist, rufe ich den Hausmeister an“, sagt Heidi Möller.


13<br />

Vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Vorstand<br />

Und wenn der Winterdienst bei plötzlich einsetzendem Schneefall<br />

nicht rechtzeitig anrückt, greift sie eben selbst mit Nachbarinnen<br />

und Nachbarn zu Schneeschieber und Besen. Oder hebt das Papier<br />

auf, das jemand achtlos hat fallen lassen. „So bin ich erzogen<br />

worden“, sagt Heidi Möller. Und 2019, sagt sie dann, habe sie<br />

sich überlegt, dass sie auch offiziell für das Amt einer Vertreterin<br />

kandidieren könne, wenn sie sich so kümmert.<br />

Jetzt gehört sie dem höchsten Gremium der Genossenschaft<br />

an. Gewählt per Briefwahl, anders ging es nicht in Zeiten der Pandemie.<br />

Mit acht weiteren Rätinnen und Räten dreht Heidi Möller<br />

nun das große Rad. Mit dem Vorstand berät sie über Investitionen<br />

in Millionenhöhe, über Neubauten, Sanierungen und Modernisierungen.<br />

Und damit zugleich über eine der wichtigsten<br />

gesellschaftlichen Fragen unserer Zeit: Wie lassen sich die Ziele<br />

verbesserter Klimaschutz und bezahlbares Wohnen versöhnen?<br />

Heidi Möller schätzt, dass die Vorstände Marcel Sonntag und Dr.<br />

Uwe Heimbürge ihre Fragen ausführlich beantworten. Etwa als<br />

sie jüngst in einer Aufsichtsratssitzung wissen wollte, wie Mitglieder<br />

angesichts einer extrem niedrigen Leerstandsquote noch eine<br />

Ausweichwohnung bei Sanierungen finden.<br />

In diesem Jahr organisiert der <strong>VNW</strong> gleich drei Seminare für<br />

Aufsichtsräte. „Das Interesse ist groß, nachdem wir 2021<br />

durch Corona alle Seminare leider absagen mussten“, sagt<br />

Lothar Klein, der gemeinsam mit seinem <strong>VNW</strong>-Kollegen Diplom-Kaufmann<br />

Frank Nolte sowie Rechtsanwalt Rainer Maaß<br />

das Programm verantwortet.<br />

Seit 2011 macht der <strong>VNW</strong> Aufsichtsräte in Drei-Tages-Seminaren<br />

fit für ihre Arbeit, zuvor gab es einzelne Weiterbildungen,<br />

etwa zu juristischen Fragen oder zum Rechnungswesen.<br />

Manche Räte kommen sogar zweimal zu den Veranstaltungen.<br />

Wobei den Lehrenden eines sehr wichtig ist: „Wir bilden<br />

hier niemanden für das operative Geschäft aus. Das ist auch<br />

bei einer Genossenschaft allein Sache des Vorstands“, sagt<br />

Lothar Klein. h<br />

„Die Genossenschaftsidee<br />

lohnt den Einsatz... Ich habe den<br />

Wechsel zur Neuen Lübecker<br />

nie bereut.“<br />

Rainer Maaß<br />

Das gegenseitige Kennenlernen ist wichtig<br />

Als die Neue Lübecker Heidi Möller die Teilnahme an dem Seminar<br />

anbot, sagte sie sofort zu. Weiterbildung, sagt sie, sei wichtig, um<br />

auf Augenhöhe diskutieren zu können. Und fast so wichtig wie<br />

das Seminar sei das gegenseitige Kennenlernen.<br />

Beim Abendessen drehen sich die Gespräche weiter um wichtige<br />

Themen der Genossenschaften. Wie weit seid ihr in der CO 2<br />

-<br />

Frage? Wie läuft bei euch das Sozialmanagement? Wie reagiert ihr<br />

auf die demografische Entwicklung?<br />

Auch Rätinnen und Räte kleiner Genossenschaften sind bei<br />

diesem Seminar dabei. Die Wohngemeinschaft Pädagogischer Verein<br />

im Hamburger Westen etwa hat nur 200 Wohnungen. Gerade<br />

diese Spannbreite macht die Diskussion spannend.<br />

Lothar Klein<br />

Frank Nolte<br />

Faire Mieten und vorbildlicher Umgang mit den<br />

Mietern<br />

Doch so unterschiedlich manche Positionen auch sind – in einem<br />

sind sich alle Teilnehmenden einig: Die Genossenschaftsidee lohnt<br />

den Einsatz. „Ich habe den Wechsel zur Neuen Lübecker nie bereut“,<br />

sagt Heidi Möller: „Die Mieten sind fair, der Umgang mit<br />

den Mitgliedern vorbildlich.“<br />

PETER WENIG<br />

Der Journalist und Autor Peter<br />

Wenig (60) beschäftigt sich seit<br />

Jahren mit Wohnungspolitik<br />

sowie dem Gesundheitswesen.<br />

Für das Hamburger Abendblatt<br />

schrieb er das Buch „Der große<br />

Hamburger Pflegeratgeber“.


14<br />

<strong>VNW</strong><br />

Lob für Hamburgs<br />

Wohnungspolitik<br />

Bundesbauministerin Klara Geywitz besucht in der Hansestadt<br />

das Pergolenviertel und spricht sich für das serielle Bauen aus.<br />

Doch die Erfahrungen mit dem seriellen Bauen sind ernüchternd.


15<br />

Hamburg. Bundesbauministerin Klara<br />

Geywitz hat Hamburgs Wohnungspolitik<br />

als gutes Beispiel für ganz Deutschland gelobt.<br />

Mit dem „Bündnis für das Wohnen“<br />

von Stadt, Bezirken und Wohnungswirtschaft<br />

sei es in der Hansestadt gelungen,<br />

das Bauvolumen deutlich auszuweiten,<br />

sagte die SPD-Politikerin Anfang Januar bei<br />

einem Besuch im Neubaugebiet Pergolenviertel<br />

in Winterhude. „Das ist genau das,<br />

was wir auch auf Bundesebene vorhaben.“<br />

Nötig sei eine „konzertierte Aktion“<br />

von denen, die bauen, und denen, die die<br />

Bauflächen haben. Zudem müssten die<br />

Planungsverfahren beschleunigt werden,<br />

„damit wir das Ziel erreichen: (...) 400 000<br />

Wohnungen im Jahr zusätzlich und davon<br />

100 000 gefördert“, sagte Geywitz.<br />

Typengenehmigungen machen<br />

Neubau günstiger<br />

Zugleich sprach sich die Ministerinh für<br />

serielles Bauen aus, bei dem Teile des Gebäudes<br />

nicht mehr an Ort und Stelle errichtet,<br />

sondern in einer Produktionsstätte<br />

vorgefertigt werden. Neubauten könnten<br />

kostengünstiger und schneller entstehen,<br />

wenn Module eine Typengenehmigung<br />

erhalten und dann kein weiteres Genehmigungsverfahren<br />

mehr durchlaufen<br />

müssten.<br />

Außerdem gehe es ihr um Nachhaltigkeit,<br />

sagte Geywitz. „Mir ist wichtig,<br />

dass wir auch im Bereich des Wohnungsbaus<br />

in eine Kreislaufwirtschaft eintreten<br />

können.“ So könnten Module am Ende<br />

der Nutzungsdauer eines Hauses leichter<br />

demontiert und dem Recycling zugeführt<br />

werden. Die Ministerin wurde bei ihrem<br />

Besuch von Hamburgs Bausenatorin<br />

Dr. Dorothee Stapelfeldt, <strong>VNW</strong>-Direktor<br />

Andreas Breitner und dem Sprecher des<br />

SAGA-Vorstands, Dr. Thomas Krebs, begleitet.<br />

Erfahrungen mit dem seriellen<br />

Bauen sind ernüchternd<br />

<strong>VNW</strong>-Direktor Andreas Breitner dämpfte<br />

allerdings die Erwartungen an das serielle<br />

Bauen. Die Hamburger Erfahrungen seien<br />

„ernüchternd und geben wenig Anlass<br />

zur Hoffnung“. Serielles Bauen scheitere<br />

häufig am eigenen Gestaltungswillen in<br />

den Bauprüfungsbehörden. „Der einfache<br />

Satz ‚So passt das hier nicht hin‘ ist allzu<br />

oft das Ende des vereinfachten, typisierten<br />

Bauens“, sagte Breitner und forderte:<br />

„Wer mehr serielles Bauen in Deutschland<br />

will, muss dafür die Akzeptanz in den Baugenehmigungsbehörden<br />

schaffen.“<br />

Zugleich bezeichnete der <strong>VNW</strong>-<br />

Direktor das Hamburger Pergolenviertel<br />

als ein gelungenes Beispiel für moderne<br />

Wohnungspolitik. „<strong>VNW</strong>-Unternehmen<br />

wie die SAGA und mehrere Genossenschaften<br />

haben hier gezeigt, dass auch<br />

in besonders begehrten Stadtteilen einer<br />

europäischen Metropole bezahlbarer<br />

Wohnraum mit anspruchsvoller Architektur<br />

geschaffen werden kann.“ Zugleich<br />

wies der <strong>VNW</strong>-Direktor darauf hin, dass<br />

die SAGA Unternehmensgruppe Module<br />

für Wohngebäude entwickelt und eine<br />

Typengenehmigung dafür erhalten hat.<br />

„Man könnte sie also ohne weitere Genehmigungsprozedur<br />

an unterschiedlichen<br />

Orten errichten.“ h


16<br />

<strong>VNW</strong><br />

Hamburg macht den<br />

Kauf von Grund und<br />

Boden teurer<br />

Anfang kommenden Jahres steigt die Grunderwerbsteuer von 4,5<br />

auf 5,5 Prozent. Ausnahmen soll es für Sozialwohnungen und junge<br />

Familien geben.<br />

Hamburg. Hamburgs rot-grüner Senat<br />

will den Kauf einer Immobilie oder einer<br />

Wohnung Anfang 2023 über eine Anhebung<br />

der Grunderwerbsteuer verteuern<br />

und so zusätzliche Einnahmen in Höhe<br />

von rund 132 Millionen Euro pro Jahr erzielen.<br />

Mit der Anfang Januar beschlossenen<br />

Anpassung der Steuer von derzeit 4,5<br />

auf dann 5,5 Prozent reagiere der Senat<br />

auf die coronabedingt angespannte Haushaltslage,<br />

sagte Finanzsenator Andreas<br />

Dressel (SPD).<br />

<strong>VNW</strong>-Direktor Andreas Breitner bedauerte<br />

die Erhöhung der Grunderwerbsteuer<br />

in der Hansestadt. „Das ist das falsche<br />

Signal zur falschen Zeit. Angesichts<br />

der schwierigen Situation auf Hamburgs<br />

Wohnungsmarkt wäre es nötig, Hemmnisse<br />

für den Wohnungsbau abzubauen.“<br />

Zugleich begrüßte der <strong>VNW</strong>-Direktor,<br />

„dass mit einem Teil der Mehreinnahmen<br />

der Stadt Investitionen von Wohnungsunternehmen<br />

in den Klimaschutz gefördert<br />

werden sollen und dass dabei ausdrücklich<br />

der Quartiersansatz berücksichtigt<br />

wird“. Die geplante Senkung der Grunderwerbsteuer<br />

beim öffentlich geförderten<br />

Wohnungsbau auf 3,5 Prozent sei eine<br />

richtige Entscheidung.<br />

Hamburg künftig im Mittelfeld<br />

Senator Dr. Dressel betonte, Hamburg<br />

liege mit der Erhöhung der Grunderwerbsteuer<br />

im Ländervergleich künftig im Mittelfeld.<br />

Die bundesweit niedrigste Grunderwerbsteuer<br />

erheben mit 3,5 Prozent die<br />

Länder Bayern und Sachsen, die höchste<br />

mit 6,5 Prozent die Länder Brandenburg,<br />

Nordrhein-Westfalen, Thüringen, Schleswig-Holstein<br />

und das Saarland.<br />

Die Grunderwerbsteuer wird – anders<br />

als die Grundsteuer – nur beim Kauf einer<br />

Immobilie fällig. Die Hamburgische<br />

Bürgerschaft muss den Plänen des Senats<br />

noch zustimmen. Der Finanzsenator kündigte<br />

an, dass für junge Familien, die eine<br />

selbstgenutzte Wohnimmobilie erwerben<br />

wollten, eine Ermäßigung der Grundsteuer<br />

auf 3,5 Prozent geplant sei. Voraussetzung<br />

hierfür sei, dass das Ampel-Bündnis<br />

in Berlin die Voraussetzungen für eine flexiblere<br />

Gestaltung der Grunderwerbsteuer<br />

durch die Länder ermögliche. Gleiches<br />

gelte für die Grunderwerbsteuer bei Sozialwohnungen<br />

und Erbbaurechtsgrundstücken.<br />

Die Opposition sprach von Augenwischer.<br />

Für die Senkung des Grunderwerbsteuersatzes<br />

beispielsweise für Sozialwohnungen<br />

seien bundesgesetzliche<br />

Vorgaben erforderlich, die die SPD selbst<br />

jahrelang blockiert habe, sagte der CDU-<br />

Politiker Thilo Kleibauer. Zudem hätten alle<br />

SPD-Senate seit dem Regierungswechsel<br />

im Jahr 2011 alle Initiativen zur Förderung<br />

der Eigentumsbildung ignoriert. Hamburg<br />

habe in den vergangenen Jahren bei der<br />

Grunderwerbsteuer bereits von den gestiegenen<br />

Grundstückspreisen profitiert.<br />

Deren Aufkommen sei seit 2016 um 30<br />

Prozent auf 600 Millionen Euro gestiegen.


17<br />

Im Norden keine Senkung der<br />

Grunderwerbsteuer vor der Landtagswahl<br />

Im Dauerkonflikt in der Kieler Jamaika-<br />

Koalition um steuerliche Entlastungen<br />

beim Wohnungs- oder Hauskauf zeichnet<br />

sich bis zur Landtagswahl am 8. Mai <strong>2022</strong><br />

keine Lösung mehr ab. Bei der Frage der<br />

Grunderwerbsteuer werde es bis dahin<br />

keine Einigung mehr geben, sagte Finanzministerin<br />

Monika Heinold kurz vor dem<br />

Jahreswechsel. Schleswig-Holstein gehört<br />

bundesweit zu den Ländern mit dem<br />

höchsten Steuersatz. Er liegt im Norden<br />

bei 6,5 Prozent.<br />

„Angesichts von Rekordsteuereinnahmen<br />

stellt sich die Kieler Regierungskoalition<br />

damit ein Armutszeugnis aus“, sagt<br />

<strong>VNW</strong>-Direktor Andreas Breitner. „Statt zu<br />

streiten, sollten die Koalitionspartner die<br />

Grunderwerbsteuer senken.“ Schließlich<br />

habe die Finanzministerin erst vor einigen<br />

Wochen berichtet, dass infolge hoher Immobilienpreise<br />

das Land Schleswig-Holstein<br />

überdurchschnittlich hohe Einnahmen aus<br />

Erbschafts- und Grunderwerbsteuer verzeichne.<br />

Das Finanzministerium rechne für<br />

2021 mit einer Rekordsumme von mehr als<br />

1,1 Milliarden Euro. Das wären rund zehn<br />

Prozent des gesamten Steuer-Aufkommens.<br />

Eine hohe Grunderwerbsteuer<br />

trifft auch die sozialen Vermieter<br />

Eine hohe Grunderwerbsteuer treffe nicht<br />

nur die "reichen" Eigenheimbesitzer, so<br />

der <strong>VNW</strong>-Direktor. „Es sind vor allem junge<br />

Familien, auf deren Rücken der Koalitionsstreit<br />

ausgetragen wird. Natürlich zahlen<br />

auch die Mieterinnen und Mieter von neu<br />

gebauten Wohnungen anteilig über ihre<br />

Miete die hohe Grunderwerbsteuer. Damit<br />

gefährdet die Kieler Koalition bezahlbare<br />

Mieten und wendet sich gegen die fairen<br />

und sozialen Vermieter im Lande.“<br />

Die hohe Grunderwerbsteuer beeinflusst<br />

zudem die Baukosten. Erst vor einigen<br />

Monaten hat das Monitoring der Investitionsbank<br />

des Landes den dramatischen<br />

Anstieg der Baukosten belegt. „Die Senkung<br />

des Grunderwerbsteuersatzes wäre<br />

ein sinnvoller Beitrag, die zuletzt in utopische<br />

Höhen gestiegenen Baukosten zu<br />

begrenzen“, sagt <strong>VNW</strong>-Direktor Andreas<br />

Breitner. h<br />

„Das ist das<br />

falsche Signal<br />

zur falschen<br />

Zeit.“


18 <strong>VNW</strong><br />

Von Berlin in die Zukunftsstadt Loitz<br />

– Versuch mit Vorbildcharakter?<br />

Ein renovierungsbedürftiges Haus und ein Grundeinkommen –<br />

so hat die Stadt Loitz zwei Berliner aufs platte Land gelockt.<br />

Zusammen mit Einheimischen wollen sie zur Belebung beitragen –<br />

und bleiben.<br />

VON CHRISTOPHER HIRSCH


19<br />

Loitz. Dass es den gebürtigen Venezolaner<br />

Rolando González einmal aufs platte pommersche<br />

Land verschlagen würde – damit hätte<br />

er lange nicht gerechnet. Dennoch steht der<br />

32-Jährige nun mit einer Kiste voll Brennholz<br />

auf einem Hinterhof in Loitz, der rund<br />

4300-Seelen-Stadt an der Peene. „Ich dachte,<br />

die Heizung müssten wir sofort umbauen“,<br />

sagt seine Frau Annika Hirsekorn. Sie habe sich<br />

aber an die Holzöfen gewöhnt. Beide haben<br />

sich in Mexiko-Stadt kennengelernt, in Berlin<br />

gelebt und sind für ein Experiment nach Vorpommern<br />

gekommen.<br />

Sie sollen zur Belebung der Stadt beitragen.<br />

Den Großstädtern wurde dafür für ein Jahr ein<br />

Haus sowie ein Grundeinkommen von jeweils<br />

1000 Euro pro Monat zur Verfügung gestellt.<br />

Ein Freund habe sie im Herbst 2020 auf das<br />

Projekt im Internet hingewiesen, erinnert sich<br />

Hirsekorn. „Und dann dachte ich mir, naja,<br />

wenn, dann würde ich mich mit Rolando bewerben“,<br />

sagt die 36-Jährige und lacht. Mit ihren Ideen setzten<br />

sich die beiden gegen etwa 100 andere Bewerbungen durch. „Im<br />

Dezember haben wir dann die Zusage bekommen.“ Seit April des<br />

vergangenen Jahres sind die beiden in Loitz, wobei sie zunächst<br />

anderweitig unterkamen, weil in dem Altbau vom Ende des 19.<br />

Jahrhunderts noch Renovierungen nötig waren.<br />

Trotz des Grundeinkommens gehen beide weiter ihren bisherigen<br />

Jobs nach. González als Video-Produzent und Hirsekorn<br />

unter anderem als Kuratorin von Ausstellungen. Allein ihre Krankenversicherungen<br />

kosteten schließlich Hunderte Euro. Auch ihre<br />

Wohnung in Berlin haben sie noch. „So sind wir auch nicht darauf<br />

angewiesen, dass das jetzt hier von null auf hundert sofort läuft.“<br />

Es geht um das Ausprobieren von Ideen<br />

Seit 2016 ist das Amt Peenetal/Loitz eine Modellregion im Wettbewerb<br />

Zukunftsstadt des Bundesministeriums für Bildung und<br />

Forschung. Dabei geht es um die Entwicklung und das Ausprobieren<br />

von Ideen, wie man vom Strukturverlust betroffene Regionen<br />

beleben kann. „Es steht ja nicht nur Loitz vor diesen Problemen“,<br />

sagt Bürgermeisterin Christin Witt (CDU). „Es ist ein Versuch.“<br />

Der könne auch für andere Standorte Vorarbeit leisten. Zuletzt<br />

schaffte es Loitz als eine von acht Regionen in die dritte Phase des<br />

bundesweiten Wettbewerbs. Vom Bund stammt laut Witt auch<br />

das Basiseinkommen für Hirsekorn und González.<br />

Das Projekt habe auf jeden Fall Aufmerksamkeit auf die Stadt<br />

Loitz gelenkt. „Auf alle Fälle bringen sie sich ein“, sagt Witt. Viele<br />

Dinge brauchten noch ein bisschen Zeit. „Der Pommer ist einer,<br />

der sich das nicht, sag ich mal, von außen aufdrücken lässt.“ Neben<br />

den beiden Neu-Loitzern gehöre zur Zukunftsinitiative etwa<br />

auch der Bau eines Wohnkomplexes für verschiedene Lebensformen<br />

und Altersgruppen mit medizinischer Versorgung und Gemeinschaftsräumen<br />

im Zentrum.<br />

Hirsekorn und González haben im Haus eine Siebdruckwerkstatt,<br />

eine Comic-Bibliothek und selbst einen Escape-Room eingerichtet.<br />

Sie haben schon einige Projekte mit Kindern und Jugendlichen<br />

aus der Region gemacht. „Das wird total gut angenommen“, sagt<br />

Hirsekorn. Nur mit der Bibliothek sei es noch ein bisschen schleppend.<br />

Wenn man frage, was die Kids lesen wollen, sagten viele,<br />

sie wollten Playstation spielen.<br />

Ein Handbuch soll anderen Gemeinden helfen<br />

Es gehe aber nicht bloß um das Haus und die Räumlichkeiten,<br />

sondern vielmehr auch um Vernetzung. Das Paar hat nach eigener<br />

Aussage schon viele Gleichgesinnte im Ort gefunden, die auch<br />

Projekte organisieren wollen. González habe etwa eine Telegram-<br />

Gruppe zur Nachbarschaftshilfe aufgesetzt. Zu Weihnachten<br />

hätten sie im Rahmen einer Wichtelaktion nicht benötigte Gegenstände<br />

von Loitzern eingesammelt und daraus thematische<br />

Adventskalender zusammengestellt, unter anderem für eine Beratungsstelle<br />

für Arbeitslose.<br />

Die beiden wollen einen Verein mit Namen "De Loite" gründen,<br />

bei dem sich noch mehr Menschen einbringen sollen. Zudem<br />

will Hirsekorn etwa das Thema Zwangsarbeit während des Zweiten<br />

Weltkriegs in Loitz im Rahmen eines Schulprojekts aufarbeiten.<br />

„Man kann auf jeden Fall schon sagen, dass die Wahrnehmung<br />

in der Bevölkerung sehr unterschiedlich ist“, sagt Carmen<br />

Renninger von der Hochschule Neubrandenburg diplomatisch. Sie<br />

und eine Kollegin begleiten die Loitzer Zukunftsprojekte wissenschaftlich.<br />

Eine weitere Erkenntnis sei, dass die Verwaltung flexibler<br />

sein könnte bei der Umsetzung. Als Teil der Evaluation soll<br />

ein Handbuch entstehen, das anderen Gemeinden bei ähnlichen<br />

Projekten helfen soll.<br />

Hirsekorn und González fühlen sich gut in Loitz aufgenommen.<br />

„Klar, wir wissen, dass es viele Leute gibt, die das Projekt<br />

nicht gut finden“, sagt Hirsekorn. Das habe auch mit unzureichender<br />

Kommunikation zu tun. Die Kritiker träten aber nur<br />

ganz selten an sie heran. Einige habe sie auch schon im direkten<br />

Austausch überzeugen können. Andere Menschen hätten Begrüßungsgeschenke<br />

vorbeigebracht. Sie hätten mittlerweile Bekannte,<br />

die sie jederzeit unterstützten. „Davon gibt es total viele.“<br />

Das Experiment scheint teilweise schon ein Erfolg zu sein. „Die<br />

beiden werden das Haus erwerben“, freut sich Witt. „Der Kaufvertrag<br />

steht kurz vorm Abschluss. Wir haben jetzt nur noch den<br />

Notar-Termin.“ Das sei somit wieder ein Haus, das belebt wurde.<br />

Und: Die beiden seien nicht die einzigen. Ein anderes Paar, dessen<br />

Bewerbung nicht erfolgreich war, sei mittlerweile trotzdem nach<br />

Loitz gezogen. Die beiden würden sich nun um die Galerie am<br />

alten Steintor kümmern, um sie wieder für Besucher zu öffnen. h


20 Stadtentwicklung Flensburg<br />

Auf Jahre hinaus stabile<br />

Nachfrage<br />

Die Situation und die Herausforderungen des<br />

Flensburger Wohnungsmarkts.<br />

VON SIMONE LANGE, OBERBÜRGERMEISTERIN DER STADT FLENSBURG<br />

Flensburg. Unzweifelhaft zu den wichtigsten<br />

Aufgaben einer Oberbürgermeisterin<br />

gehört es, Schwung in die Entwicklung<br />

bei der Wohnraumversorgung zu bringen.<br />

Einerseits gilt es hier, den vorhandenen<br />

Mangel in den Griff zu kriegen. Andererseits<br />

ist jede Grundsteinlegung und jedes<br />

Richtfest von Wohngebäuden ein wichtiger<br />

Schritt in die richtige Richtung.<br />

Auf dem Flensburger Wohnungsmarkt<br />

fehlen tausende Wohnungen. Dies ist die<br />

Hypothek des in den 2000er Jahren aufgelaufenen<br />

Wohnraumdefizits. Erst in den<br />

2010er Jahren wurde der Fokus auf verstärkten<br />

Geschosswohnungsbau gelegt.<br />

Durch das Credo „bauen, bauen, bauen“<br />

konnte in der vergangenen Dekade in<br />

engem Schulterschluss mit lokalen wie regionalen<br />

Genossenschaften, Wohnungsund<br />

Wohnungsbauunternehmen das Angebot<br />

um mehr als 3 500 Wohneinheiten<br />

erweitert werden – ein Plus um acht Prozent.<br />

Im gleichen Zeitraum stieg die Einwohnerzahl<br />

jedoch um neun Prozent, die<br />

der Haushalte um ganze 13 Prozent.<br />

Die Pro-Kopf-Wohnfläche steigt<br />

Weiterhin sinkende Haushaltsgrößen, aber<br />

auch der vermehrte Wunsch nach Home-<br />

Office-Arbeitsplätzen führen zu einer weiterhin<br />

steigenden Pro-Kopf-Wohnfläche.<br />

Daher bleibt die Ausweitung des Wohnraumangebots<br />

eine wesentliche Zielsetzung:<br />

Für die Neuaufstellung des Flächennutzungsplans<br />

2035 wird mit einem Bedarf<br />

von 7 000 Wohneinheiten gerechnet.


21<br />

Diese nüchternen Zahlen machen mehr<br />

als deutlich, dass es sowohl seitens der<br />

Stadtplanung als auch der Kommunalpolitik<br />

einen klaren Fokus auf die Schaffung<br />

von weiterem Wohnraum geben musste,<br />

zumal ein gleichzeitiger Anstieg der Angebotsmieten<br />

in allen Marktsegmenten zu<br />

verzeichnen ist.<br />

Im Bewusstsein dieser Situation veränderte<br />

sich die Flensburger Wohnungspolitik<br />

dahingehend, dass in den vergangenen<br />

Jahren vermehrt nachfrageorientierte und<br />

bodenpolitische Elemente aufgenommen<br />

wurden. Im Jahr 2020 wurde eine verpflichtende<br />

Mindestquote von 30 Prozent<br />

geförderter Wohnungen bei neu geschaffenem<br />

Baurecht von der Flensburger<br />

Ratsversammlung beschlossen, um der<br />

Abschmelzung des Sozialwohnbestands<br />

entgegenzuwirken.<br />

Die klare Haltung der Kommunalpolitik in<br />

dieser Frage und ihr eindeutiger Auftrag<br />

an die Verwaltung fand ihren Widerhall<br />

bei den potenziellen Investoren, die nicht<br />

immer glücklich diese Anforderungen an<br />

geplante Projekte zu akzeptieren begannen.<br />

Die marginalisierte Wohnraumförderung<br />

hat nicht nur dadurch einen Bedeutungszuwachs<br />

erhalten, den es angesichts<br />

der Herausforderungen des Wohnungsmarkts<br />

auszubauen gilt.<br />

Das beste Konzept bekommt das<br />

Grundstück<br />

Ebenfalls auf der Grundlage eines Beschlusses<br />

der Ratsversammlung soll der<br />

Zuschlag für die Vergabe städtischer<br />

Grundstücke zukünftig nicht mehr auf<br />

Basis des höchsten Gebots, sondern des<br />

besten Konzepts erfolgen. Dabei spielen<br />

wohnungspolitische Kriterien, etwa zur<br />

Anzahl preisgedämpfter Wohnungen und<br />

Wohnungsgrößen, eine große Rolle.<br />

Auch in Flensburg spielt der Tourismus<br />

nicht nur pandemiebedingt, sondern insgesamt<br />

als Wirtschaftszweig eine immer<br />

größer werdende Rolle. Das zieht eine<br />

Ausweitung des Ferienwohnungsangebots<br />

nach sich, das in zunehmender Konkurrenz<br />

zum Dauerwohnen steht.<br />

Mit Hilfe eines gesamtstädtischen Konzepts<br />

möchte die Stadt Flensburg ein<br />

räumlich wie inhaltlich differenziertes<br />

Steuerungsinstrumentarium einführen, um<br />

diese Konkurrenzsituation zu entschärfen.<br />

Überlagert wird diese Flensburg-spezifische<br />

Situation von übergeordneten Herausforderungen<br />

wie dem Klimawandel,<br />

den Anforderungen des Umweltschutzes<br />

und des demografischen Wandels.<br />

Im Wesentlichen geht es um Innenentwicklung<br />

Der sparsame Umgang mit Grund und<br />

Boden macht es auch in unserer Stadt<br />

erforderlich, den Ausbau des Wohnraumangebots<br />

im Wesentlichen auf die Innenentwicklung<br />

zu beschränken. In den<br />

Stadterneuerungsflächen, etwa im Umfeld<br />

des Flensburger Bahnhofs und der<br />

Neustadt, werden derzeit mehr als 1 000<br />

Wohneinheiten projektiert und gebaut.<br />

Zwei Jahrhundertprojekte – die Verlagerung<br />

des Wirtschaftshafens auf die<br />

andere Fördeseite und die damit verbundene<br />

Schaffung einer Fläche für die Entwicklung<br />

eines neuen Stadtteils und der<br />

Neubau eines Zentralkrankenhauses mit<br />

dem Freiwerden der bisherigen Standorte<br />

der beiden Krankenhäuser für die weitere<br />

Stadtentwicklung – bieten die Chance für<br />

weitere gemischte Quartiere mit hohem<br />

Wohnungsanteil.<br />

Eine von der Stadt in Auftrag gegebene<br />

Innenentwicklungspotenzialanalyse<br />

hat erstmals nachgewiesen, dass der<br />

Wohnungsneubaubedarf grundsätzlich<br />

bedient werden kann, eine Stadterweiterung<br />

im Außenbereich zu betreiben. Es<br />

bleibt sowohl bei dem Leitbild der Stadt<br />

der kurzen Wege als auch bei einer Begrenzung<br />

des Ressourcenverbrauchs.<br />

Kaum beeinflussbare Faktoren<br />

Es zeigt sich aber auch, dass der Flensburger<br />

Wohnungsmarkt in hohem Maß von<br />

kommunal nicht oder kaum beeinflussbaren<br />

Faktoren abhängt. Förderbedingungen,<br />

gesetzliche, steuerliche und geldpolitische<br />

Rahmenbedingungen beeinflussen<br />

die Realisierbarkeit von Projekten ebenso<br />

wie die in jüngster Vergangenheit zu verzeichnenden<br />

Materialengpässe und explodierenden<br />

Baukosten. Langfristig bestehen<br />

naturgemäß Unsicherheiten bei der<br />

zusätzlichen Wohnungsnachfrage.<br />

Allerdings befindet sich Flensburg weiterhin<br />

in einer Phase, in der es gilt, das in<br />

der Vergangenheit aufgetürmte Wohnraumdefizit<br />

abzutragen. Angebot und<br />

Nachfrage auf dem Wohnungsmarkt sind<br />

dabei so zu entwickeln, dass sie sich quantitativ,<br />

aber auch zielgruppenspezifisch<br />

bezogen auf Größe, Ausstattung, Lage<br />

und Preisniveau annähern.<br />

Als Stadt Flensburg unternehmen wir<br />

schon jetzt große Anstrengungen, um unseren<br />

Teil dazu beizutragen und entsprechende<br />

Flächen bereitzustellen bzw. mit (dem<br />

stadtentwicklungspolitisch richtigen) Baurecht<br />

zu versehen. Dieses wollen wir auch<br />

weiterhin mit höchster Priorität tun.<br />

Um die Wohnraumversorgung insgesamt<br />

weiter zu verbessern, ist eine gute<br />

und vertrauensvolle Zusammenarbeit<br />

zwischen Wohnungsunternehmen und<br />

Kommunen sinnvoll und erforderlich. Gemeinsam<br />

ist dieses wichtige gesellschaftspolitische<br />

Ziel besser zu erreichen. h<br />

SIMONE<br />

LANGE


Dörfliche Idylle<br />

mitten<br />

in der<br />

Stadt


23<br />

Kleinstgenossenschaften erleben in Zeiten steigender Mieten einen Boom. Die Drachenbau<br />

gründete sich 1986 und hat viele Höhen und Tiefen dieser Wohnform bereits hinter sich.<br />

Die junge Baugemeinschaft Baumhaus Altona reicht gerade den Bauantrag ein.<br />

VON FRAUKE MAASS


24<br />

Genossenschaften


25<br />

Hamburg. . Eine Baugemeinschaft zu gründen und ein gemeinsames<br />

Projekt anzugehen, kostet viel Arbeit, Zeit und Geld. Die<br />

knapp 80 Mitglieder der 2018 gegründeten Kleinstgenossenschaft<br />

Baumhaus Altona, darunter 40 Erwachsene, wissen das nach mittlerweile<br />

drei intensiven Jahren voller Vorbereitungen, bürokratischem<br />

Aufwand, Planungen, vielen Treffen und Gesprächen.<br />

Nicht immer ist der Blick auf diese Zeit positiv gefärbt. Doch je<br />

näher der Termin der Bauantragstellung rückt, desto größer wird<br />

die Vorfreude auf ihr gemeinsames Mehrfamilienhaus, was in einem<br />

Neubaugebiet am Othmarscher Kirchenweg entstehen soll.<br />

Entstanden ist die Baumhaus Altona aus einer Fusion zweier<br />

Baugemeinschaften: „Unser Eulennest“, die sich 2010 gegründet<br />

hatte, um ihren Traum vom gemeinsamen Wohnen zu bezahlbaren<br />

Preisen in Hamburg zu verwirklichen und bereits drei (erfolglose)<br />

Bewerbungen hinter sich hatte, und „Haus Hamburg 2014“, die<br />

mit frischer Energie und viel Projektfreude aufwartete.<br />

„Die Fusion war sinnvoll, weil wir durch den Zusammenschluss<br />

die Erfahrungen und Kompetenzen von ‚Unser Eulennest‘ nutzen<br />

konnten“, sagt Rosa Thoneick, Mitglied der Baumhaus Altona. „Im<br />

April 2018 haben wir uns als Gruppe zum ersten Mal getroffen,<br />

Ende Mai 2018 die Bewerbung abgegeben – und hatten Erfolg.“<br />

Der Start war holprig<br />

Der Anfang war etwas holprig. „Wir kannten einander nicht,<br />

mussten aber sofort mit den Planungen loslegen“, erinnert sich die<br />

35-Jährige Stadtforscherin und Journalistin. Das bedeutete, Aktion<br />

auf mehreren Ebenen: sich kennenlernen, Wünsche der Mitglieder<br />

austaxieren, Pläne machen, Arbeitsgemeinschaften gründen. „Ein<br />

Kraftakt, und all das ehrenamtlich neben Beruf und Familie.“<br />

Geplant ist ein Wohngebäude in Holzmassivbauweise mit 24<br />

Wohneinheiten, ein Gemeinschaftsraum mit Küche, Gemüsegarten,<br />

Spielplatz und Feuerstelle. 22 Einheiten sind bereits vergeben,<br />

zwei bleiben frei für Flüchtlingsfamilien, die die Kleinstgenossenschaft<br />

in ihre Gemeinschaft integrieren möchte. Soziales und ökologisches<br />

Engagement ist den Parteien wichtig und Bestandteil des<br />

Konzeptes, über das in 14-tägigen Treffen – derzeit nur digital –<br />

diskutiert wird.<br />

Wunsch nach einem Leben in Gemeinschaft<br />

Aber warum eine Baugemeinschaft? „Wir alle wünschen uns bezahlbaren<br />

Wohnraum in der Stadt, fern von Grundstücks- und Immobilienspekulationen,<br />

sowie ein Leben in Gemeinschaft“, sagt<br />

Rosa Thoneick. Für jeden ist der passende Wohnraum geplant worden.<br />

Die 35-jährige zieht in eine Singlewohnung, eine fünfköpfige<br />

Familie bekommt eine Fünfzimmerwohnung in dem Komplex.<br />

„Der Kern unserer Gruppe besteht überwiegend aus Familien<br />

mit kleinen Kindern, die sich gegenseitig helfen und unterstützen<br />

wollen. Aber es sind auch Paare mit und ohne Kinderwunsch sowie<br />

Alleinstehende, die einziehen. Niemand von uns will allein und anonym<br />

leben und alt werden“, sagt Thoneick. Durch die Genossenschaft<br />

einen dörflichen Charakter herstellen, wo jeder jeden kennt,<br />

und das mitten in einer großen Metropole – das ist das, was sich<br />

Rosa Thoneick wünscht – ebenso wie die anderen Mitglieder.<br />

Grundideen der Genossenschaftsbewegung leben<br />

noch heute<br />

Die Wünsche und Vorstellungen der jungen Genossenschaft sind<br />

ein klares Bekenntnis zu den Grundideen der ersten Wohnungsbaugenossenschaften,<br />

die sich Mitte des 19. Jahrhunderts gründeten.<br />

Menschen taten sich zusammen, um sich gemeinsam selbst zu<br />

helfen, ohne auf staatliche Unterstützung oder private Wohltätigkeit<br />

zu setzen oder zu hoffen.<br />

Aber heute sind es selten mittellose Menschen, die sich zusammentun.<br />

Bei Baumhaus Altona muss jedes Mitglied Eigenkapital<br />

mitbringen – 800 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche, unabhängig<br />

vom individuellen Vermögensstand. Nur so sei die Förderung<br />

durch die Stadt gewährleistet.<br />

Dass man bereits ein kleines Vermögen als Einlage zahlen muss,<br />

um am Ende öffentlich geförderten Wohnraum zu schaffen, sei ein<br />

Fehler im System, kritisieren viele der Mitglieder. Dafür bekommen<br />

sie jedoch gemeinschaftlich genutztes Eigentum in einer besonders<br />

nachgefragten Wohngegend, in der die meisten sich keine Wohnung<br />

vom freien Markt leisten könnten, wie ein Gründungsmitglied<br />

zugibt.<br />

f


26 Genossenschaften<br />

Für Rosa Thoneick war der Schritt, Mitglied einer Genossenschaft<br />

zu werden, nicht ganz so einfach. „Ich bin noch jung und viel in<br />

Bewegung. Aber durch die Genossenschaft habe ich immer einen<br />

Ort, an dem ich sein kann. Es ist ein Stück Altersvorsorge und dazu<br />

ein interessantes Projekt. Ich bin gespannt, wie sich das gemeinschaftliche<br />

Leben entwickelt“, sagt sie.<br />

Die Drachenbau wurde 1986 gegründet<br />

Was das Leben in einer Kleinstgenossenschaft an Höhen und Tiefen<br />

zu bieten hat, haben die Mitglieder der Drachenbau in St. Georg<br />

bereits erfahren. 20 Erwachsene mit insgesamt 14 Kindern gründeten<br />

1986 die Genossenschaft, um ein Bestandsgebäude in Alsternähe<br />

nach eigenen Wünschen auf- und auszubauen.<br />

„Im Grunde war es eine Kernsanierung“, sagt Christian Diesener<br />

lachend. Der 65-Jährige gehört mit seiner Frau Marion Glunz-<br />

Diesener zu den Initiatoren. „Wir wollten nicht allein wohnen,<br />

sondern unsere Vision einer gleichberechtigten Gemeinschaft realisieren“,<br />

erzählt die 69-jährige Marion Glunz-Diesener.<br />

Gekannt haben sich die Mitglieder durch den Aufbau eines Bildungszentrums<br />

(ABC in Drochtersen-Hüll)), Wohngemeinschaften<br />

und dem Kinderhaus Koppel, das einige bereits initiiert hatten und<br />

dadurch erste Projekt-Erfahrungen vorweisen konnten. „Wir wollten<br />

alle gern mit unseren Kindern in der Stadt wohnen, unseren Lebensraum<br />

selbst bestimmen, bezahlbaren Wohnraum sicher haben, aber<br />

ohne Eigentum bilden zu müssen“, sagt Marion Glunz-Diesener.<br />

Ein Wohnviertel, in dem in den 1980er Jahren kaum<br />

einer wohnen wollte<br />

„St. Georg war Mitte der 1980er Jahre runtergekommen, ein Viertel<br />

am Hauptbahnhof, in dem kaum einer wohnen wollte und das<br />

seit 1979 Sanierungsgebiet war“, erinnert sich Christian Diesener.<br />

Das war ihr Glück! Die Drachenbau eG bekam den Zuschlag von der<br />

Stadt für zwei von der Sprinkenhof AG verwaltete Gebäude in der<br />

Schmilinskystraße: für eine alte Fabrik im Hof, die zuletzt als Lager<br />

für 1 000 Töpfe war, sowie für ein Mehrfamilienhaus an der Straße.<br />

„Auflage war, dass wir zusätzlich zwei Baulücken schließen mussten“,<br />

sagt das 69-jährige Gründungsmitglied Hartwig Giese. Das<br />

war eine finanzielle Herkulesaufgabe, die nur mit Hilfe von Fördermitteln<br />

und viel Selbsthilfe gelöst werden konnte. Das Ergebnis<br />

waren 1987 ein umgenutztes Fabrikgebäude, 1988 ein schwammsanierter<br />

Gründerzeitbau und 1989 zwei Neubauten mit Sozialwohnungen.<br />

Jeder gibt, was er geben kann<br />

Die Mitglieder mussten – wie überall – eine Einlage leisten. Allerdings<br />

wurde der Besitz von Geld nie zum Auswahlkriterium gemacht.<br />

Vielmehr gab jede und jeder, was möglich war. Eine Einstellung,<br />

die bis heute Gültigkeit hat.<br />

Eigenleistungen auf dem Bau gehörten zur Auflage. Also krempelte<br />

die Gruppe die Ärmel hoch und begann Mitte der 1980er<br />

Jahre mit der Sanierung der Fabrik, die zu Groß-WGs umgebaut<br />

werden sollte – eine alternative Wohnform, die die sozial und politisch<br />

aktiven Mitglieder ausprobieren wollten.<br />

„Wir lebten lange als Paar mit Kind mit einer weiteren Familie<br />

mit Kind zusammen“, sagt die 72-jährige Margret Kuhrts-Bösche.<br />

Auch Familie Diesener wohnte auf rund 120 Quadratmetern mit<br />

Kindern und einer weiteren Frau in einer Wohngemeinschaft. Vorausschauend<br />

wurden zu Beginn Leichtbauwände eingesetzt, um<br />

flexibel auf Veränderungen reagieren zu können.<br />

Keine Groß-WGs mehr und kaum noch Familien<br />

Heute gibt es keine Groß-WGs mehr. Und auch nur noch wenig<br />

Familien. Die Kinder von damals sind erwachsen, viele haben die<br />

Stadt oder den Stadtteil verlassen. Nur wenige kommen in die Drachenbau<br />

zurück, was auch an mangelndem Wohnraum liegt.<br />

Dabei würde die Genossenschaft sich gern verjüngen und Platz<br />

für junge Familien machen. „Selbst wenn wir wollten – wir Älteren,<br />

die in den großen Wohnungen sitzen, können nicht mit Familien<br />

tauschen, die in den kleineren Wohneinheiten leben, da das geförderter<br />

Wohnraum ist“, bedauert Diesener.


27<br />

Heute gibt es in den vier Häusern der Genossenschaft 30 Wohnungen,<br />

teilweise mit nachträglich eingebauten Aufzügen. Ein Schritt<br />

zur Barrierefreiheit für behinderte und alternde Mitglieder. Aktuell<br />

wohnen dort 60 Erwachsene zwischen 18 und 80 Jahren sowie vier<br />

Kinder zwischen ein und zehn Jahren.<br />

„Wir haben uns unser Reich selbst erschaffen“<br />

Mit Stolz blicken die Mitglieder auf die ersten Jahre zurück. „Wir<br />

haben uns unser Reich selbst erschaffen“, sagt Marion Glunz-<br />

Diesener. „Unser Arbeitseinsatz war nicht nur für das Gemeinschaftsgefühl<br />

wertvoll. Wir schätzen das, was wir haben, und<br />

pflegen es.“ Dazu gehören nicht nur die Wohnungen, von denen<br />

einige mit einem großen Wintergarten verbunden sind. Dazu gehören<br />

auch Feste aller Art und der kleine Garten.<br />

Die Selbstverwaltung, die Arbeitsgemeinschaften – alles liegt in<br />

Händen einer engagierten Crew und funktioniert noch immer. Die<br />

einen kümmern sich um den Garten, die anderen um die Verwaltung,<br />

Finanzen oder die Instandhaltung. Vieles läuft jetzt besser als<br />

zu Beginn. „Wir sind ja mittlerweile routinierter und einige in Rente<br />

und haben mehr Zeit“, sagt Hartwig Giese. Natürlich gab es auch<br />

mal Streit. Wenn der nicht innerhalb der Gruppe beigelegt werden<br />

konnte, wurde eine Mediation eingeschaltet.<br />

Ein großes Privileg, bezahlbar mitten in der Stadt<br />

leben zu können<br />

Die Drachenbau-Mitglieder wirken zufrieden und glücklich, „Und<br />

das sind wir auch!“, bestätigen die vier. Es sei gerade in der aktuellen<br />

Zeit der gestiegenen Mietpreise ein großes Privileg, mitten in<br />

der Stadt zu leben, Platz zu haben zu günstigen Konditionen. Aber,<br />

geben sie zu bedenken: „Dafür haben wir auch einiges getan –<br />

und tun es nimmer noch.“ Von außen sei das nicht immer sichtbar.<br />

Aktuell beschäftigt sie das Erbbaurecht. Der Vertrag läuft 2036<br />

aus und müsste nach den dann geltenden Bodenpreisen verlängert<br />

werden. Eine große Sorge der Drachenbau. „Wir sind im Gespräch<br />

mit der Stadt und hoffen auf einen guten Ausgang für uns“, sagen<br />

sie. Denn weg will keiner von ihnen.<br />

Sie haben dort ihre Kinder gemeinsam großgezogen, Streit<br />

und Trennungen begleitet, ihre Berufsjahre geteilt und wollen jetzt<br />

auch gemeinsam alt werden und der nächsten Generation bezahlbares<br />

Wohnen in genossenschaftlicher Drachenbau-Gemeinschaft<br />

erhalten.h<br />

Marion Glunz-Diesener<br />

Rosa Thoneick<br />

FRAUKE MAASS ist Journalistin<br />

in Hamburg. Während ihrer<br />

Tätigkeit als Reiseredakteurin hat<br />

sie viele Länder bereist und dabei<br />

ihr Interesse für die unterschiedlichsten<br />

Wohnformen entdeckt.<br />

Heute gehören Themen aus<br />

der Wohnungsbaubranche und<br />

Architektur zu ihren inhaltlichen<br />

Schwerpunkten.


28 <strong>VNW</strong><br />

Vorzeigbares Ergebnis<br />

Der <strong>VNW</strong> konnte eine Ausschreibung von Messdienstleistungen<br />

erfolgreich abschließen. Die Kosteneinsparungen liegen im Mittel<br />

bei 45 Prozent. Unternehmen können noch bis 2024 einsteigen.<br />

VON CHRISTOPH KOSTKA<br />

Kiel/Hamburg. Vor dem Hintergrund der Anforderungen der EU-<br />

Energieeffizienzrichtlinie und der damals noch laufenden Umsetzung<br />

in nationales Recht durch die Novelle der Heizkostenverordnung<br />

hatten Mitgliedsunternehmen Anfang 2021 beim <strong>VNW</strong> die<br />

Neuauflage einer Messdienstleisterausschreibung angeregt.<br />

Der <strong>VNW</strong> hatte bereits 2010 mit ausgewählten Messdienstleistern<br />

Angebote zur Ausstattung des Wohnungsbestandes verhandelt.<br />

Es ging um ein dreiteiliges Leistungspaket: Die Umrüstung<br />

auf funkbasierte Heizkostenverteiler und Warmwasserzähler,<br />

die Verbrauchsmessung sowie die Erstellung der vollständigen<br />

Heizkostenabrechnung.<br />

Verhandelt wurde ein für die Mitgliedsunternehmen freibleibendes<br />

Angebot mit vorzeigbaren Ergebnissen. Grundlage war<br />

ein standardisiertes Leistungsverzeichnis.<br />

Ein vergleichbares Verfahren sollte wiederholt werden<br />

Einer Interessenabfrage schlossen sich mehrere <strong>VNW</strong>-Mitgliedsunternehmen<br />

an. Als ein für das Thema fachlich prädestinierter<br />

Begleiter kam die Firma Westbridge dazu. Die Vorbereitung und<br />

Steuerung des Verfahrens ausschließlich im Interesse der Mitgliedsunternehmen<br />

lag in den Händen des <strong>VNW</strong>. Transparenz<br />

und eine eng abgestimmte Zusammenarbeit zu jedem Zeitpunkt<br />

waren das oberste Gebot.<br />

In dieser Zusammensetzung wurde ein für und mit den teilnehmenden<br />

Mitgliedsunternehmen entwickelter Anforderungskatalog<br />

in Ausschreibungsunterlagen „übersetzt“. Wiederum<br />

ging es um ein dreiteiliges Leistungspaket. Ergänzend zu den für<br />

alle Wohnungsunternehmen relevanten Grundanforderungen<br />

fanden unternehmensindividuelle Belange Berücksichtigung.<br />

Ziel des Verfahrens war die Sicherstellung einer vollumfänglich<br />

und auch mit Blick auf die Novelle der Heizkostenverordnung<br />

rechtskonformen Leistungserbringung durch Messdienstleister,<br />

die Optimierung der wirtschaftlichen Konditionen, die Gewährleistung<br />

einer hohen Dienstleistungsqualität durch Service-Level-<br />

Agreements und schließlich die Möglichkeit für die Mitgliedsunternehmen,<br />

innerhalb der Vertragslaufzeit bei Bedarf auf<br />

Eigenabrechnung umzustellen.<br />

Zudem sollte die generelle und kostenfreie Hoheit über erhobene<br />

Daten ausschließlich bei den Mitgliedsunternehmen liegen.<br />

Niedergelegt wurden diese Anforderungen in einer wohnungswirtschaftlichen,<br />

also durch den Auftraggeber definierten Vertragsumgebung.<br />

Beschränkte Ausschreibung<br />

Auf dieser Grundlage wurden leistungsstarke Messdienste zur<br />

Angebotsabgabe aufgefordert. Ein etablierter großer Messdienstleister<br />

beteiligte sich bedauerlicher Weise nicht. Die gleichwohl<br />

eingehenden Angebote der Wettbewerber wurden ausverhandelt<br />

und die drei besten Anbieter ermittelt.<br />

Vorzeigbares Ergebnis<br />

Auf Grundlage einer zuvor für die Mitgliedsunternehmen individuell<br />

und kostenfrei erstellten Analyse bestehender Verträge mit<br />

Messdienstleistern errechnen sich nach der Ausschreibung im<br />

Mittel Kosteneinsparungen von 45 Prozent. Zudem wurden die<br />

vorstehend skizzierten wohnungswirtschaftlichen Anforderungen<br />

in den Vertragswerken umgesetzt.<br />

Das Ausschreibungsergebnis und ein Ranking der Messdienstleister<br />

wurden mit den teilnehmenden Mitgliedsunternehmen<br />

eingehend erörtert. Die beiden besten Angebote wurden durch<br />

die Unternehmen Ista und Kalo vorgelegt.<br />

Die Entscheidung über die schlussendliche Angebotsannahme/-<br />

ausschlagung liegt allein und bedingungslos bei den teilnehmenden<br />

Mitgliedsunternehmen. Bislang wurden auf dieser Basis Verträge<br />

über 16000 Wohnungen abgeschlossen.<br />

Offenes Angebot bis einschließlich 2024 für interessierte<br />

Mitgliedsunternehmen<br />

Der <strong>VNW</strong> hat sichergestellt, dass Mitgliedsunternehmen, denen<br />

eine Teilnahme am Ausschreibungsverfahren nicht möglich war,<br />

bis einschließlich 2024 auf das Ausschreibungsergebnis einsteigen<br />

können. Interessierte Mitgliedsunternehmen wenden sich<br />

bitte an sh@vnw.de. h<br />

CHRISTOPH KOSTKA<br />

Der Autor hat für verschiedene<br />

Projektentwickler und verbandlich<br />

gearbeitet, bevor er zum<br />

<strong>VNW</strong> kam. Dort verantwortet er<br />

u.a. als Geschäftsführer den Landesverband<br />

Schleswig-Holstein<br />

und das Referat Wohnungswirtschaft.


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30 <strong>VNW</strong><br />

BGH stellt Gesetzeslage der<br />

Regelung von Mietrückstand klar<br />

Die (oftmals übersehene oder missinterpretierte) Kündigungsregelung aus § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 a,<br />

2. Alt. BGB, § 569 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 BGB und die Rechtsprechung des BGH mit neuem Urteil vom 8.12.2021<br />

zu VIII ZR 32/20<br />

VON DR. KAI MEDIGER<br />

Hamburg. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat sich mit Urteil vom<br />

8.12.2021 zu VIII ZR 32/20 erneut mit einem Sachverhalt befasst,<br />

den er in gleicher Weise schon vor Jahrzehnten mal mit Urteil vom<br />

15.04.1987 zu VIII ZR 126/86 entschieden hatte.<br />

Die vom BGH bei diesem Sachverhalt (zugunsten des Vermieters!)<br />

vorgenommene Auslegung der Kündigungsbestimmungen<br />

in § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a Alt. 2, § 569 Abs. 3 Nr. 1<br />

Satz 1 BGB orientiert sich stringent am Wortlaut des Gesetzes<br />

und überzeugt, nicht nur wegen des für die Vermieter guten Ergebnisses.<br />

Erstaunlicherweise ist das damalige Urteil des BGH aus 1987<br />

selbst unter Juristen nicht allgemein bekannt oder wird jedenfalls<br />

falsch interpretiert. Diese neue Entscheidung des BGH aus Dezember<br />

2021 soll daher zum Anlass genommen werden, die bereits<br />

1987 vom BGH vorgenommene Auslegung der Kündigungsbestimmungen<br />

einmal dezidiert im Wege eines Exkurses darzustellen<br />

und dann auf das aktuelle Urteil des BGH einzugehen.<br />

Dazu soll zunächst auf die für diesen Fall maßgeblichen Kündigungsbestimmungen<br />

eingegangen werden, nämlich auf § 543<br />

Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 a und 3 b BGB und § 569 BGB.<br />

erstreckt, mit der Entrichtung der Miete in Höhe eines Betrages in<br />

Verzug ist, der die Miete für zwei Monate erreicht.<br />

Die in § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 b) BGB zum Ausdruck gekommene<br />

Entscheidung des Gesetzgebers, dass nämlich ein Grund<br />

zur fristlosen Kündigung jedenfalls dann vorliegt, wenn ein Zahlungsrückstand<br />

in Höhe von mindestens zwei Monatsmieten erreicht<br />

ist, ist weithin bekannt und geläufig. Darauf soll hier nicht<br />

weiter eingegangen werden.<br />

Wesentlich seltener berufen sich Vermieter jedoch auf den<br />

Kündigungstatbestand des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 a BGB, wonach<br />

dem Vermieter ein wichtiger Grund zur Kündigung auch<br />

dann zusteht, wenn der Mieter für zwei aufeinanderfolgende<br />

Termine (Beispiel Januar <strong>2022</strong> und Februar <strong>2022</strong>) mit einem<br />

nicht unerheblichen Teil der Miete in Verzug ist.<br />

Es stellt sich also die Frage, wie sich ein solcher „nicht unerheblicher<br />

Teil“ der Miete bemisst und ab wann (welche Betragshöhe?)<br />

ein solcher Rückstand vorliegt und als „nicht unerheblich“<br />

anzusehen ist. Dazu muss man im Zusammenhang den § 569<br />

Abs. 3 Nr. 1 BGB lesen, weil dort der „nicht unerhebliche Teil“<br />

definiert wird.<br />

Die Kündigungsbestimmungen in § 543 Abs. 1 Satz 1,<br />

Abs. 2 Nr. 3 a und 3 b BGB lauten auszugsweise wie folgt:<br />

§ 543 BGB:<br />

(1) Jede Vertragspartei kann das Mietverhältnis aus wichtigem<br />

Grund außerordentlich fristlos kündigen.<br />

(2) Ein wichtiger Grund liegt insbesondere vor, wenn… der Mieter<br />

a) für zwei aufeinander folgende Termine mit der Entrichtung<br />

der Miete oder eines nicht unerheblichen<br />

Teils der Miete in Verzug ist oder<br />

b) in einem Zeitraum, der sich über mehr als zwei Termine<br />

§ 569 Abs. 3 BGB lautet wie folgt:<br />

(3) Ergänzend zu § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 gilt:<br />

1.1 Im Falle des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchstabe a ist<br />

der rückständige Teil der Miete nur dann als nicht unerheblich<br />

anzusehen, wenn er die Miete für einen Monat<br />

übersteigt.<br />

1.2 Dies gilt nicht, wenn der Wohnraum nur zum vorübergehenden<br />

Gebrauch vermietet ist.<br />

Dem Wortlaut des Gesetzes nach ist der rückständige Teil der Miete<br />

nur dann als nicht unerheblich anzusehen, wenn er die Miete<br />

für einen Monat übersteigt.


31<br />

DR. KAI MEDIGER<br />

ist Rechtsanwalt und Kaufmann der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft<br />

und betreut die Themen Genossenschaften, Datenschutz, Quartiersentwicklung,<br />

Betriebskostenrecht und Wohnungseigentumsrecht.<br />

Das bedeutet im Umkehrschluss:<br />

Wenn der Mietrückstand in zwei aufeinanderfolgenden Monaten<br />

(Januar und Februar <strong>2022</strong>) die Miete für einen Monat übersteigt,<br />

weil der Mieter beispielsweise im Januar überhaupt nicht gezahlt<br />

hat und im Februar einen Cent der Februarmiete nicht gezahlt<br />

hat, dann besteht dem Wortlaut dieser Gesetzesregelung nach<br />

ein wichtiger Grund zur fristlosen Kündigung.<br />

Denn dann ist die „Miete für einen Monat überstiegen“, zugleich<br />

setzt sich dieser Mietrückstand zusammen aus „zwei aufeinander<br />

folgenden Terminen“ (Januar und Februar). In diesem<br />

Sinne hat der BGH in 1987 schon einmal entschieden, und das<br />

nun in 2021 wiederholt.<br />

Der Sachverhalt lautet wie folgt:<br />

Eine Vermieterin hatte ihrer Mieterin wegen Zahlungsrückständen<br />

von EUR 839,00 im Februar 2018 fristlos gekündigt. Die Monatsmiete<br />

betrug EUR 704,00. Für den Monat Januar 2018 bestand<br />

ein Zahlungsrückstand in Höhe von EUR 139,00, für den Monat<br />

Februar 2018 hat die Mieterin überhaupt keine Miete entrichtet.<br />

Es bestand somit ein Zahlungsrückstand für zwei aufeinanderfolgende<br />

Monate, der eine Monatsmiete (EUR 704,00) übersteigt.<br />

Das AG gab der Räumungs- und Herausgabeklage konsequenterweise<br />

gemäß der oben dargestellten Gesetzeslage statt.<br />

Die Beklagte sei zur Zeit der Kündigung für zwei aufeinander folgende<br />

Monate mit der Entrichtung eines die geschuldete Miete<br />

für einen Monat übersteigenden – und damit nicht unerheblichen<br />

– Teils der Miete in Verzug gewesen.<br />

Das LG Berlin als Berufungsinstanz wies die Klage der Vermieterin<br />

ab. Nach Auffassung des LG Berlin reiche es nicht aus,<br />

wenn der Gesamtbetrag des Rückstands von insgesamt EUR<br />

839,00 eine Monatsmiete übersteige, sofern der übersteigende<br />

Rückstand – so wie hier – lediglich 19 Prozent der Miete betrage.<br />

Nach Auffassung des LG Berlin ist für eine fristlose Kündigung<br />

nach § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a Alt. 2 BGB über das Erfordernis<br />

des § 569 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 BGB hinaus, wonach der<br />

rückständige Teil die Miete für einen Monat übersteigen muss,<br />

zusätzlich notwendig, dass für jeden der beiden aufeinander folgenden<br />

Monate „ein nicht unerheblicher Teil der Miete“ offengeblieben<br />

ist. Als nicht unerheblicher Rückstand nach § 543 Abs. 2<br />

Satz 1 Nr. 3 Buchst. a Alt. 2 BGB könne nur ein Mietanteil „etwa“<br />

in Höhe einer hälftigen Monatsmiete angesehen werden.<br />

Der BGH sah das mit seinem nun kürzlich veröffentlichten Urteil<br />

vom 8.12.2021 anders und verweist auf sein damaliges Urteil<br />

aus 1987 und den (in der Tat eindeutigen) Gesetzeswortlaut, der<br />

gerade nicht darauf abstellt, dass „für jeden der beiden aufeinander<br />

folgenden Monate“ ein nicht unerheblicher Teil der Miete<br />

offengeblieben sein müsse.<br />

Der Wortlaut des Gesetzes stelle eben nur darauf ab, dass<br />

– bei zwei aufeinander folgenden Zahlungsterminen wie Januar<br />

und Februar – die Gesamthöhe der beiden rückständigen Teilbeträge<br />

mehr als eine Monatsmiete betragen muss. Es kommt dabei<br />

nicht darauf an, wie sich die beiden Teilrückstände verteilen und<br />

ob z.B. im zweiten Monat nur ein geringfügiger Rückstand vorhanden<br />

ist, während der Großteil der Mietrückstände sich auf den<br />

ersten Monat verteilt.<br />

Der BGH führt dazu auszugsweise wie folgt aus:<br />

„Gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a Alt. 2, § 569 Abs. 3<br />

Nr. 1 Satz 1 BGB ist die Erheblichkeit des zur außerordentlichen<br />

fristlosen Kündigung wegen Zahlungsverzugs bei Wohnraummietverhältnissen<br />

berechtigenden Mietrückstands allein nach<br />

der Gesamthöhe der beiden rückständigen Teilbeträge zu<br />

bestimmen. Der Gesamtrückstand ist – wie hier – jedenfalls<br />

dann nicht mehr unerheblich, wenn er die für einen Monat<br />

geschuldete Miete übersteigt. Eine darüberhinausgehende<br />

gesonderte Bewertung der Höhe der einzelnen monatlichen<br />

Rückstände im Verhältnis zu einer Monatsmiete sieht<br />

das Gesetz nicht vor.


32 <strong>VNW</strong><br />

Dies hat der Senat, wie das Berufungsgericht im Ausgangspunkt<br />

nicht verkannt hat, bereits hinsichtlich der Vorgängerbestimmung<br />

zu § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a Alt. 2 BGB entschieden<br />

(Senatsurteil vom 15. April 1987 - VIII ZR 126/86, NJW-RR 1987,<br />

903 unter II 1 d) … Daran ist festzuhalten.<br />

b) Außerdem verkennt das Berufungsgericht, dass § 569 Abs. 3<br />

Nr. 1 Satz 1 BGB für Mietverhältnisse über Wohnraum ausdrücklich<br />

und abschließend bestimmt, welche Anforderungen<br />

an das Tatbestandsmerkmal eines nicht unerheblichen<br />

Rückstands im Sinne der Vorschrift des § 543 Abs. 2 Satz 1<br />

Nr. 3 Buchst. a Alt. 2 BGB zu stellen sind (so bereits Senatsurteil<br />

vom 15. April 1987 - VIII ZR 126/86, aaO [zu § 554 Abs.<br />

2 Nr. 1 BGB aF]) und damit kein Raum für eine richterliche<br />

Anhebung der Anforderungen an eine außerordentliche fristlose<br />

Kündigung wegen Zahlungsverzugs bleibt….“<br />

Diese Entscheidung des BGH überzeugt, weil sie exakt dem Wortlaut<br />

des Gesetzes entspricht. Das mag manchem Mieter ungerecht<br />

vorkommen und hier anscheinend auch der Vorinstanz, dem<br />

LG Berlin. Für etwaige Erwägungen, wie sie auch das LG Berlin<br />

angestellt hat, dass nämlich auf jeden der beiden Monate „ein<br />

nicht unerheblicher Mietrückstand“ entfallen müsse, belässt der<br />

eindeutige Wortlaut des Gesetzes jedoch keinen Raum.<br />

Nicht unerwähnt bleiben soll, dass der BGH sich auch zu dem<br />

in unseren mietrechtlichen Seminaren erwähnten Lehrbeispiel geäußert<br />

hat, wenn der Rückstand bei zwei aufeinanderfolgenden Monaten<br />

sich so verteilt, dass im ersten Monat eine volle Monatsmiete offen<br />

ist und im zweiten Monat nur einen Cent zu wenig gezahlt wird.<br />

Der Wortlaut des Gesetzes begründet auch in diesen Fällen<br />

eindeutig die Möglichkeit zur fristlosen Kündigung, weil das<br />

Gesetz es eben bereits ausreichen lässt, wenn eine Monatsmiete<br />

überschritten wird und sich der Zahlungsrückstand auf zwei<br />

aufeinanderfolgende Monate verteilt (Beispiel: Monatsmiete EUR<br />

1000,00, Januarmiete komplett offen, Februarmiete ein Cent offen,<br />

Zahlungsrückstand somit gesamt EUR 1000,01, verteilt auf<br />

zwei aufeinander folgende Termine).<br />

Der BGH führt hierzu wie folgt aus:<br />

„In Anbetracht dessen kann auf sich beruhen, ob einer außerordentlichen,<br />

fristlosen Kündigung eines Mietverhältnisses über<br />

Wohnraum nach § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a Alt. 2 BGB<br />

unter besonderen Umständen des Einzelfalls der Gesichtspunkt<br />

von Treu und Glauben (§ 241 Abs. 2, § 242 BGB) entgegenstehen<br />

kann, wenn der Rückstand eine Monatsmiete zwar übersteigt (§<br />

569 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 BGB), jedoch nur um einen Cent (vgl.<br />

MünchKommBGB/ Häublein, 8. Aufl., § 569 Rn. 42; BeckOGK-<br />

BGB/Geib, Stand: 1. Oktober 2021, § 569 Rn. 59), oder ob aus<br />

Gründen der Rechtsklarheit und -sicherheit auch ein solch geringfügiger<br />

Betrag als für den Kündigungstatbestand des § 543 Abs.<br />

2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a Alt. 2 BGB ausreichend anzusehen ist,<br />

ohne dass es noch einer Abwägung zwischen den Mieter- und<br />

den Vermieterinteressen bedürfte (vgl. Schmidt-Futterer/Streyl,<br />

Mietrecht, 15. Aufl., § 543 BGB Rn. 171; Lützenkirchen/Lützenkirchen,<br />

Mietrecht, 3. Aufl., § 569 BGB Rn. 97; jurisPK-BGB/Tiedemann,<br />

Stand: 25. Mai 2021, § 569 Rn. 149 mwN).“<br />

Es dürfte in der Praxis kaum vorkommen, dass tatsächlich der<br />

Mieter – zu seinem eigenen Schaden – im zweiten, darauffolgenden<br />

Monat, genau nur einen Cent zu wenig an Miete überweist.<br />

Meiner Ansicht nach – und so sieht es auch die herrschende<br />

Fachliteratur, siehe dazu die Zitathinweise des BGH – dürfte aber<br />

selbst auch bei nur einem Cent Rückstand im zweiten Monat die<br />

Möglichkeit zur fristlosen Kündigung bereits eröffnet sein.<br />

Sie finden das aktuelle Urteil des BGH vom 8.12.2021 zu VIII<br />

ZR 32/20 auf der Homepage des BGH.


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34 <strong>VNW</strong><br />

Alles was<br />

RECHT ist!<br />

Wärmedämmung darf über Grundstück ragen<br />

Nicht in meinem Garten? Doch. Die<br />

nachträgliche Wärmedämmung des<br />

Nachbarn darf ins eigene Grundstück<br />

ragen. Solche Vorschriften der Länder<br />

sind erlaubt, so der BGH. Schon wegen<br />

des Klimaschutzes<br />

Karlsruhe. Wer nachträglich seinen Altbau<br />

an der Grundstücksgrenze dämmt,<br />

darf damit ein klein wenig in den Garten<br />

des Nachbarn ragen. Dies entschied der<br />

Bundesgerichtshof (BGH) anhand eines<br />

Kölner Nachbarschaftsstreits. Neubauten<br />

müssten allerdings so geplant sein, dass<br />

die Wärmedämmung in den Grenzen des<br />

eigenen Grundstücks bleibt. Das höchste<br />

deutsche Zivilgericht stellte zugleich klar:<br />

Länder dürfen im Sinne des Klimaschutzes<br />

die nachträgliche Wärmedämmung<br />

mit eigenen Vorschriften regeln (Az. V ZR<br />

115/20). Mit der energetischen Gebäudesanierung<br />

solle Energie eingespart werden;<br />

das liege im allgemeinem Interesse.<br />

In Köln hatten sich Nachbarn wegen<br />

der geplanten Außendämmung eines<br />

Mehrfamilienhauses, das direkt an der<br />

Grundstücksgrenze steht, in die Haare bekommen.<br />

Nach nordrhein-westfälischem<br />

Landesrecht muss der Nachbar den Überbau<br />

dulden, wenn eine vergleichbare Wärmedämmung<br />

anders nicht mit vertretbarem<br />

Aufwand machbar ist und wenn die<br />

Überbauung sein Grundstück nicht oder<br />

nur unwesentlich beeinträchtigt. Alles<br />

Überragende unter 25 Zentimetern ist<br />

demnach in Ordnung. Vergleichbare Regelungen<br />

gibt es nach Angaben des BGH<br />

in den Nachbargesetzen vieler Bundesländer,<br />

darunter in Baden-Württemberg, Hessen,<br />

Brandenburg, Niedersachsen, Thüringen<br />

und Berlin.<br />

„Die Gesetzgebungskompetenz der<br />

Bundesländer für Regelungen dieser Art,<br />

die in mehreren Landesnachbargesetzen<br />

enthalten sind, ist gegeben“, stellten die<br />

Karlsruher Richter nun fest. Landesrecht<br />

dürfe Beschränkungen vorsehen, selbst<br />

wenn es eine ähnliche Bundesregelung<br />

gibt. Voraussetzung sei, dass diese an einen<br />

„anderen Tatbestand“ anknüpften und<br />

die Grundkonzeption des Bundesgesetzes<br />

gewahrt bleibe. Bei landesrechtlichen Regelungen<br />

zur nachträglichen Wärmedämmung,<br />

die einen vorsätzlichen Überbau<br />

erlauben, sei dies der Fall. Sie setzten dem<br />

BGH zufolge voraus, dass die Dämmung<br />

eines an der Grundstücksgrenze errichteten<br />

Gebäudes im Nachhinein wegen neue<br />

öffentlich-rechtlicher Zielvorgaben oder<br />

moderner Baustandards nötig wurde.<br />

Damit war die Revision eines Eigentümers<br />

gegen ein Urteil des Landgerichts<br />

Köln erfolgreich, das die Landesvorschrift<br />

als verfassungswidrig eingestuft hatte.<br />

Das ursprüngliche Urteil des Amtsgerichts,<br />

das den Überbau nach Landesrecht erlaubt,<br />

wird wieder hergestellt. Ein Sachverständiger<br />

hatte zuvor festgestellt, dass<br />

die Wärmedämmung des vor mehreren<br />

Jahrzehnten errichteten Mehrfamilienhauses<br />

von innen nicht mit vertretbarem Aufwand<br />

vorgenommen werden könne. h<br />

BGH:<br />

Belege für Betriebskosten können im Einzelfall Kopien sein<br />

Karlsruhe. Eine Betriebskostenabrechnung<br />

für die Mietwohnung lässt sich besser<br />

nachvollziehen, wenn man Belege für die<br />

einzelnen Posten einsehen kann. Grundsätzlich<br />

dürfen Mieter dafür die Originale<br />

der Abrechnungsbelege verlangen, urteilte<br />

der Bundesgerichtshof (Az.: VIII ZR 66/20).<br />

In Ausnahmefällen kann es aber sein, dass<br />

Kopien oder Scans ausreichen. Das muss<br />

jedoch im Einzelfall entschieden werden.<br />

Bei der verhandelten Klage hatten letztlich<br />

die Kopien ausgereicht. Die Vermieterin<br />

hatte ausgesagt, sie habe die Originale<br />

nach dem Einscannen vernichtet. Das<br />

Gericht urteilte, dass sich die Mieter in<br />

diesem Fall mit den Scan-Ausdrucken zufriedengeben<br />

müssen. Sie haben nur Anspruch<br />

auf die Originale, wenn konkrete<br />

Gründe vorliegen oder ein begründeter<br />

Verdacht auf Manipulationen oder Unstimmigkeiten<br />

bestehe.<br />

Zudem könnten die Mieter die gescannten<br />

Belege in ihrer eigenen Wohnung<br />

prüfen, was die Rechnungskontrolle<br />

wesentlich erleichtere. Die Originale hätten<br />

sie bei der Vermieterin einsehen müssen.h


35<br />

Vermieter dürfen Kabel-TV abrechnen<br />

Karlsruhe. Mieter müssen es noch eine<br />

Weile hinnehmen, dass Vermieter sie für<br />

die gesamte Dauer des Mietverhältnisses<br />

an einen kostenpflichtigen Breitband-Kabelanschluss<br />

binden – und die Kosten abrechnen.<br />

Der Bundesgerichtshof (BGH) in<br />

Karlsruhe hat entschieden, dass das nicht<br />

gegen das Telekommunikationsgesetz verstößt<br />

(Az.: I ZR 106/20).<br />

Die Auswirkungen des Urteils sind aber<br />

von kurzer Dauer: Zum 1. Dezember 2021<br />

tritt ein Gesetz in Kraft, das diese Praxis<br />

verbietet. Bis Ende Juni 2024 gibt es zwar<br />

noch eine Übergangsfrist. Danach bekommen<br />

jedoch alle Mieter die Wahlfreiheit –<br />

und das sogenannte Nebenkostenprivileg<br />

ist endgültig Geschichte.<br />

Über einen Breitband-Kabelanschluss<br />

werden Fernseh- und Hörfunkprogramme<br />

übertragen. Er kann allerdings auch für andere<br />

Dienste wie Telefonate und Internet<br />

genutzt werden.<br />

Die Wettbewerbszentrale war der Meinung,<br />

dass die Abrechnung über Betriebskosten<br />

bislang schon gegen geltendes<br />

Recht verstößt. Wenn Mieter für einen Anschluss<br />

zahlen, den sie möglicherweise gar<br />

nicht nutzen oder nicht wollen, seien auch<br />

Anbieter alternativer Übertragungswege<br />

wie etwa Streamingdienste im Nachteil.<br />

Die Klägerin berief sich auf einen Paragrafen<br />

im Telekommunikationsgesetz,<br />

wonach ein Vertrag „zwischen einem Verbraucher<br />

und einem Anbieter von öffentlich<br />

zugänglichen Telekommunikationsdiensten“<br />

höchstens eine Mindestlaufzeit<br />

von 24 Monaten haben darf. Außerdem<br />

müsse es möglich sein, einen Vertrag für<br />

höchstens zwölf Monate abzuschließen.<br />

Der erste Zivilsenat am BGH urteilte<br />

aber, dass in den Mietverträgen der beklagten<br />

Vivawest aus Gelsenkirchen keine<br />

Mindestlaufzeit von mehr als 24 Monaten<br />

vereinbart sei. Das Unternehmen verwehre<br />

auch nicht den Abschluss von Verträgen<br />

mit höchstens einem Jahr Laufzeit.<br />

„Die Mietverträge werden von der Beklagten<br />

vielmehr auf unbestimmte Zeit geschlossen<br />

und können von den Mietern –<br />

entsprechend der gesetzlichen Regelung (...)<br />

– bis zum dritten Werktag eines Kalendermonats<br />

zum Ablauf des übernächsten Kalendermonats<br />

gekündigt werden.“ Die Richter und<br />

Richterinnen wiesen die Revision der Klägerin<br />

zurück. Die Vorinstanzen hatten ebenfalls<br />

zugunsten von Vivawest entschieden, die<br />

mehr als 120 000 Wohnungen vermietet. h<br />

BGH verpflichtet zur Sanierung von Schrottimmobilien<br />

Karlsruhe. Für Mitglieder einer Eigentümergemeinschaft,<br />

die gegen Widerstand<br />

der anderen Wohnungen oder Gebäude<br />

sanieren wollen, sind das gute Nachrichten:<br />

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die<br />

Pflichten zur Sanierung mit einem Urteil<br />

weitgehend gestärkt und nur wenige Ausnahmen<br />

zugelassen. (Az. V ZR 225/20)<br />

Mangelnde Instandhaltung oder Überalterung<br />

entbinden Eigentümer ebenso<br />

wenig von ihren Sanierungspflichten wie<br />

hohe Kosten, wie die Vorsitzende Richterin<br />

des fünften Zivilsenats, Christina<br />

Stresemann, erklärte. Nur eine Zerstörung<br />

durch punktuelle Ereignisse könne dafür<br />

Grund sein. Als Beispiele nannte sie Brände,<br />

Überflutungen und Explosionen.<br />

Paragraf 22 des Wohnungseigentumsgesetzes<br />

lautet: „Ist das Gebäude zu mehr<br />

als der Hälfte seines Wertes zerstört und<br />

ist der Schaden nicht durch eine Versicherung<br />

oder in anderer Weise gedeckt, so<br />

kann der Wiederaufbau nicht beschlossen<br />

oder verlangt werden.“ Stresemann erläuterte,<br />

um den Wertverlust beurteilen zu<br />

können, brauche es einen Vorher-Nachher-Vergleich.<br />

Im Falle eines Brandes etwa sei das<br />

kein Problem. Bei jahrelangem Verfall und<br />

Sanierungsstau hingegen gebe es keinen<br />

geeigneten Zeitpunkt, zu dem man die<br />

Werte der „Problemimmobilien“ vorher<br />

und nachher bemessen könne.<br />

Mit der Entscheidung gab das oberste<br />

deutsche Zivilgericht einer GmbH Recht,<br />

der drei von elf Etagen eines baufälligen<br />

Parkhauses mit 550 Stellplätzen in Augsburg<br />

gehören. Sie will diese weiter an ein<br />

Hotel vermieten. Die anderen Eigentümer<br />

– darunter zwei Großeigentümer – hatten<br />

wegen Mängeln beim Brandschutz<br />

mehrheitlich ein Nutzungsverbot für das<br />

gesamte, mehr als 40 Jahre alte Parkhaus<br />

beschlossen, wodurch Besuchern eines nahen<br />

Kongresszentrums Parkmöglichkeiten<br />

fehlen. Der Klägerin wurde gestattet, die<br />

Mängel auf eigene Kosten zu beseitigen.<br />

Mit einer Klage dagegen war die<br />

GmbH bisher vor Gerichten gescheitert.<br />

Das Landgericht München I hatte zuletzt<br />

entschieden, dass ausnahmsweise auf die<br />

Sanierung verzichtet werden könne. Deren<br />

Kosten würden auf 4,9 Millionen Euro geschätzt.<br />

Das sei über eine Million mehr, als<br />

das Parkhaus noch wert sei. Die Revision<br />

vor dem BGH hatte nun Erfolg, ein dauerhaftes<br />

Nutzungsverbot per Mehrheitsbeschluss<br />

sei rechtswidrig. Damit könnten<br />

sich Eigentümer nicht vor zwingend nötigen<br />

Sanierungsmaßnahmen drücken.<br />

Im Grundsatz könnten Wohnungseigentümer<br />

zwar ein Nutzungsverbot<br />

beschließen, das sich auf das gemeinschaftliche<br />

Eigentum bezieht, wenn damit<br />

Gefahren abgewehrt werden, erklärte<br />

Richterin Stresemann. Dafür gebe es aber<br />

enge Grenzen, zwingende Gründe seien<br />

nötig. „Nach dem normalen Sprachgebrauch<br />

ist ein Gebäude nur dann zerstört,<br />

wenn seine Nutzbarkeit ganz oder<br />

teilweise aufgehoben ist, nicht hingegen<br />

deshalb, weil eine Sanierung hohe Kosten<br />

verursacht.“ h


36 <strong>VNW</strong><br />

Alles was<br />

RECHT ist!<br />

Anbieter von Vertragsgeneratoren brauchen keine<br />

Anwaltszulassung<br />

Karlsruhe. Rechtsanwälte könnten im<br />

Internet mehr Konkurrenz bekommen.<br />

Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe<br />

entschied, dass Seiten wie der Vertragsgenerator<br />

Smartlaw auch von Anbietern<br />

betrieben werden dürfen, die nicht zur<br />

Anwaltschaft zugelassen sind.<br />

Das automatisierte Erstellen von<br />

Rechtsdokumenten über eine Software<br />

stelle keine unerlaubte Rechtsdienstleistung<br />

dar. Das könnte neuen Geschäftsideen<br />

im Netz den Weg ebnen, die oft gerade<br />

für Verbraucherinnen und Verbraucher<br />

praktisch sind. Die Hanseatische Rechtsanwaltskammer,<br />

die Smartlaw verbieten<br />

lassen wollte, warnte dagegen vor unqualifizierten<br />

Angeboten. (Az. I ZR 113/20)<br />

Hinter Smartlaw steht der juristische<br />

Fachverlag Wolters Kluwer, der den Generator<br />

nach eigenen Angaben gemeinsam<br />

mit Anwälten entwickelt hat. Zahlende<br />

Nutzerinnen und Nutzer können sich damit<br />

auf sie zugeschnittene Rechtsdokumente<br />

wie Patientenverfügungen oder<br />

Mietverträge erstellen. Sie klicken sich<br />

selbst durch verschiedene Eingabemasken<br />

mit Fragen. Am Ende wird der Text aus<br />

Bausteinen zusammengesetzt. Andere<br />

Verträge sind für kleinere Firmen gedacht.<br />

Die Anwaltskammer hatte dem Verlag<br />

vorgeworfen, unzulässigerweise Rechtsdienstleistungen<br />

zu erbringen. Darunter<br />

versteht das Gesetz „jede Tätigkeit in konkreten<br />

fremden Angelegenheiten, sobald<br />

sie eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls<br />

erfordert“.<br />

Dem folgten die Richterinnen und<br />

Richter nicht. Die Smartlaw-Betreiber<br />

würden gerade „nicht in einer konkreten<br />

Angelegenheit des Nutzers tätig“, denn<br />

der Generator arbeite mit standardisierten<br />

Klauseln für typische Sachverhaltskonstellationen.<br />

Der Nutzer erwarte auch keine<br />

rechtliche Prüfung seines Falls.<br />

Schon in der Verhandlung Mitte Juni<br />

hatte der Vorsitzende Richter Thomas<br />

Koch darauf hingewiesen, dass Formular-<br />

Handbücher mit Textbausteinen gang und<br />

gäbe seien. Der Generator funktioniere im<br />

Grunde nicht anders. Der Anwaltskammer<br />

waren vor allem die komplexeren Dokumente<br />

wie etwa Lizenzverträge ein Dorn<br />

im Auge, für die 30 oder 40 Fragen zu<br />

beantworten sind. Der BGH macht hier<br />

keinen Unterschied.h<br />

Gebäudeversicherer haftet nicht für alle Wasserschäden<br />

Karlsruhe. Bei Wasserschäden springt in<br />

der Regel die Gebäudeversicherung ein.<br />

Keine Regel kommt allerdings ohne Ausnahme<br />

aus: Denn eine Versicherung muss<br />

tatsächlich nicht bei allen Arten von Wasserschäden<br />

leisten, wie ein Urteil des Bundesgerichtshofes<br />

(BGH) zeigt (Az.: IV ZR<br />

236/20) Bei undichten Fugen etwa greift<br />

der Versicherungsschutz nicht.<br />

In dem verhandelten Fall ging es um<br />

eine Silikonfuge im Duschbereich. Die<br />

Fuge war undicht und in der Folge entstand<br />

ein Schaden in Höhe von 17.000<br />

Euro. Die Gebäudeversicherung wollte<br />

den Schaden aber nicht übernehmen.<br />

Das Oberlandesgericht Bamberg verurteilte<br />

das Unternehmen jedoch dazu, weil<br />

es sich nach Ansicht des Gerichts um ein<br />

versichertes Ereignis handele. Denn der<br />

Bereich der Duschwanne sei als Teil der<br />

wasserführenden Einrichtung anzusehen.<br />

Diesem Urteil folgte der BGH nicht:<br />

Nach den Versicherungsbedingungen<br />

werde Entschädigung nur für den Fall geschuldet,<br />

dass Wasser aus den mit dem<br />

Rohrsystem verbundenen Einrichtungen<br />

ausgetreten ist. Das sei im vorliegenden<br />

Fall nicht so, denn hier habe eine undichte<br />

Fuge zu dem Schaden geführt. Eine Fuge<br />

weise keine Verbindung mit dem Rohrsystem<br />

auf. Ein solcher Fall werde laut der<br />

Klausel eben nicht von der Versicherung<br />

gedeckt. Aufgeführt waren dort unter<br />

anderen Schäden an Rohren oder wasserführenden<br />

Teilen wie der Heizungsanlage,<br />

aber auch Wasserbetten und Aquarien. h


37<br />

Urteil:<br />

Architekt haftet für nicht genehmigungsfähige Planung<br />

Nürnberg. Wer einen Architekten beauftragt,<br />

eine genehmigungsfähige Bauplanung<br />

zu erstellen, kann erwarten, dass<br />

der Architekt das Ziel auch erreicht. Gelingt<br />

es nicht, die Baugenehmigung zu bekommen,<br />

schuldet der Auftraggeber kein<br />

Honorar. Das habe das Oberlandesgericht<br />

Nürnberg (Az.: 2 U 2751/19) entschieden,<br />

berichtet die Zeitschrift «NJW-Spezial»<br />

(Heft 23, 2021). Nur in Ausnahmefällen<br />

kann davon ausgegangen werden, dass<br />

der Auftraggeber das Genehmigungsrisiko<br />

übernimmt.<br />

Im vorliegenden Fall stritten Auftraggeber<br />

und Architekt über das Honorar. Die<br />

Auftraggeber verweigerten die Zahlung.<br />

Begründung: Die Planung des Architekten<br />

sei nicht genehmigungsfähig, da die vorgesehene<br />

Ausführung eines Flachdachs<br />

gegen den einschlägigen Bebauungsplan<br />

verstoße und eine Befreiung nicht erreichbar<br />

sei. Der Architekt habe es versäumt,<br />

sie darauf hinzuweisen.<br />

Zu einer Bauvoranfrage habe der<br />

Architekt nicht geraten. Es sei aber seine<br />

Aufgabe gewesen, die Frage, ob die<br />

Wünsche und Ideen verwirklichungsfähig<br />

seien, zu prüfen. Für die nicht genehmigungsfähige<br />

Planung könne der Architekt<br />

daher kein Honorar verlangen.<br />

Das sah das Oberlandesgericht auch<br />

so: Die Auftraggeber schulden dem Kläger<br />

keine Vergütung, da das erbrachte<br />

Werk so schwerwiegende Mängel aufweist,<br />

dass es nicht nachbesserungsfähig<br />

und deshalb für die Auftraggeber wertlos<br />

ist. Ein Architekt, der sich zur Erstellung<br />

einer Genehmigungsplanung verpflichtet,<br />

schuldet als Werkerfolg grundsätzlich eine<br />

dauerhaft genehmigungsfähige Planung.<br />

Zwar können die Parteien vereinbaren,<br />

dass und in welchen Punkten der Auftraggeber<br />

das Risiko übernimmt, dass die zu<br />

erstellende Planung nicht genehmigungsfähig<br />

ist. Von einer solchen Vereinbarung<br />

kann jedoch nur in Ausnahmefällen ausgegangen<br />

werden, etwa wenn sich der<br />

Bauherr bewusst über die Vorschriften des<br />

öffentlichen Baurechts hinwegsetzen oder<br />

diese an die Grenze des Möglichen „ausreizen“<br />

will. Dies ist hier nicht der Fall. h<br />

Sturm auf dem Balkon<br />

Freiburg. Sturmschäden sind in der Regel<br />

versichert. Keine Regel aber ohne Ausnahme:<br />

Eine Hausratversicherung muss Schäden<br />

an Hausrat, der sich auf dem Balkon,<br />

der Loggia oder Terrasse befunden hat,<br />

nicht ersetzen. Das zeigt eine Entscheidung<br />

des Amtsgerichts Freiburg (Az.: 6<br />

C 468/21), auf die das Rechtsportal „anwaltauskunft.de“<br />

des Deutschen Anwaltvereins<br />

(DAV) hinweist. Eine Ausnahme<br />

bilden Antennen und Markisen.<br />

In dem verhandelten Fall verlangte<br />

der Kläger von seiner Hausratversicherung<br />

den Ersatz für einen beschädigten<br />

Sonnenschirm, der während eines Sturms<br />

auf dem Balkon blieb. Die Versicherung<br />

wies darauf hin, dass der Schaden nicht<br />

von der Hausratversicherung gedeckt sei.<br />

Denn der Sonnenschirm habe sich außerhalb<br />

von schützenden Räumen befunden.<br />

Der Kläger hielt die Versicherungsklausel,<br />

die das regelt, für überraschend und damit<br />

unwirksam.<br />

Die Klage scheiterte: Zwar zählten<br />

auch Balkone und Terrassen zur Wohnung<br />

und seien dadurch durch die Hausratversicherung<br />

abgedeckt, erklärt das Gericht.<br />

Dies betreffe jedoch nicht den Hausrat,<br />

der sich außerhalb von schützenden Räumen<br />

befindet. Diese seien bei Sturm und<br />

Hagel nicht versichert. Eine Ausnahme<br />

gelte nur für Antennen und Markisen.<br />

Diese Regelung befand das Gericht<br />

als verhältnismäßig. Schließlich könnten<br />

die Sachen bei Sturm oder zu Nachtzeiten<br />

ohne erheblichen Aufwand zum Beispiel<br />

im Gartenhäuschen oder in anderen Räumen<br />

des Gebäudes gelagert werden. Bei<br />

der ungeschützten Lagerung im Freien sei<br />

die Möglichkeit eines Schadens auch für<br />

die Versicherung nicht kalkulierbar. h


38<br />

<strong>VNW</strong><br />

Alles was<br />

RECHT ist!<br />

Mieter müssen Kosten für Baumfällarbeiten mittragen<br />

Karlsruhe. Lässt der Vermieter einen<br />

morschen Baum fällen, darf er die Kosten<br />

grundsätzlich auf die Mieter umlegen. Das<br />

hat der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe<br />

in einem Urteil vom 10. November<br />

2021 entschieden. (Az. VIII ZR 107/20)<br />

In dem Fall aus Niedersachsen hatte<br />

eine Wohnungsgenossenschaft 2015 eine<br />

mehr als 40 Jahre alte Birke auf dem Anwesen<br />

fällen lassen, weil sie nicht mehr<br />

standfest war. Die Kosten von knapp<br />

2500 Euro wurden mit der nächsten Betriebskostenabrechnung<br />

auf die Mieter<br />

umgelegt. Die Klägerin sollte davon rund<br />

415 Euro übernehmen. Sie zahlte nur un-<br />

ter Vorbehalt und forderte vor Gericht das<br />

Geld zurück.<br />

Tatsächlich war die Frage, ob die Kosten<br />

für das Fällen eines absterbenden<br />

Baumes zu den umlagefähigen „Kosten<br />

der Gartenpflege“ gehören, bislang nicht<br />

höchstrichterlich geklärt – und umstritten:<br />

Einige Gerichte waren der Ansicht,<br />

dass der Vermieter damit nur seiner sogenannten<br />

Verkehrssicherungspflicht nachkomme<br />

oder einen Mangel beseitige. Das<br />

müsse er aus eigener Tasche bezahlen.<br />

Das sehen die BGH-Richterinnen und<br />

-Richter anders: In der Betriebskostenverordnung<br />

seien Baumfällarbeiten zwar<br />

nicht ausdrücklich genannt, sondern nur<br />

die „Erneuerung von Pflanzen und Gehölzen“.<br />

Bäume seien aber quasi verholzte<br />

Pflanzen. Und eine Erneuerung setze regelmäßig<br />

die vorherige Entfernung voraus.<br />

Dem Karlsruher Urteil zufolge kann hier<br />

außerdem von laufenden Kosten gesprochen<br />

werden – auch wenn nicht jedes Jahr<br />

ein Baum gefällt werde. Denn der Gartenpflege<br />

seien „längere, nicht sicher vorherbestimmbare<br />

Zeitintervalle immanent“.<br />

Die Beseitigung eines Baumes stelle für<br />

den Mieter kein völlig unerwartetes Ereignis<br />

dar. h<br />

Schadenersatz beim Bau möglich<br />

Luxemburg. Architekten und Bauherren<br />

in Deutschland können nach einem<br />

Urteil des Europäischen Gerichtshofs in<br />

bestimmten Fällen auf Schadenersatz<br />

vom Staat hoffen, weil die deutschen Honorarregeln<br />

gegen EU-Recht verstoßen.<br />

Jedes EU-Land müsse sicherstellen, dass<br />

Einzelnen ein Schaden ersetzt werde, der<br />

wegen Verstößen gegen europäisches<br />

Recht entstanden sei, teilte der EuGH mit<br />

(Rechtssache C-261/20). Nun muss der<br />

BGH abschließend über den Fall urteilen.<br />

Bei dem Urteil ging es um die deutsche<br />

Honorarordnung für Architekten und<br />

Ingenieure (HOAI), die nach einem Urteil<br />

des EuGH aus dem Jahr 2019 gegen europäisches<br />

Recht verstößt. In der Honorarordnung<br />

werden für Planungsarbeiten<br />

Mindest- und Höchstpreise festgelegt.<br />

Geklagt hatte damals die EU-Kommission,<br />

die beanstandete, dass Anbieter aus anderen<br />

EU-Staaten daran gehindert würden,<br />

sich in Deutschland niederzulassen,<br />

da sie nicht über den Preis konkurrieren<br />

könnten.<br />

Der BGH prüfte dann anhand eines<br />

Verfahrens die Auswirkungen des EuGH-<br />

Urteils auf bestehende Planungsverträge,<br />

in denen ein Honorar unterhalb des Mindestsatzes<br />

vereinbart wurde – und der Planer<br />

nachträglich den Mindestsatz verlangt<br />

hatte. Deutsche Gerichte waren sich nicht<br />

einig, ob die HOAI weiter anzuwenden sei.<br />

Das oberste Gericht der EU entschied<br />

weiter, dass deutsche Gerichte die Honorarordnung<br />

bei Streitigkeiten zwischen<br />

Privaten auch weiterhin anwenden können.<br />

Denn die EU-Vorgaben haben keine<br />

unmittelbaren Wirkungen für Privatpersonen,<br />

sondern sind eine Anweisung an<br />

einen Staat.h


39<br />

Anzeigen<br />

Zukunftssichere Energie<br />

für Immobilien.<br />

Effiziente Systemlösungen.<br />

Auch in der Wohnungswirtschaft wird im Bereich der<br />

Heiztechnik großer Wert auf eine effiziente Energienutzung<br />

gelegt. Buderus wird diesem Anspruch gerecht:<br />

mit Produkten und Systemen, die wenig verlangen, aber<br />

viel leisten. Erfahren Sie mehr unter www.buderus.de<br />

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40<br />

Mehr Konflikte unter Mietern<br />

Eine Umfrage unter <strong>VNW</strong>-Unternehmen ergab, dass es zwischen<br />

den Haushalten zunehmend verhärtete Fronten und eine größere<br />

Ungeduld gibt.<br />

Hamburg/Kiel/Schwerin. Die Zahl der häuslichen und nachbarschaftlichen<br />

Konflikte hat einer Umfrage unter norddeutschen<br />

Wohnungsunternehmen zufolge während der Corona-Pandemie<br />

zugenommen. So berichten soziale Vermieter von einer höheren<br />

Anzahl an Mieterbeschwerden. Die Verantwortlichen in den Unternehmen<br />

führen diese Entwicklung auf die Corona-Pandemie<br />

und das damit „häufigere Zuhausesein“ zurück.<br />

Das sind die Ergebnisse einer Umfrage unter den <strong>VNW</strong>-Mitgliedsunternehmen,<br />

die unmittelbar vor Weihnachten des vergangenen<br />

Jahres durchgeführt wurde. An der Umfrage hatten<br />

sich 63 Unternehmen beteiligt. Den Unternehmen zufolge hat<br />

sich die „Qualität der Beschwerden“ verändert. Es sei zunehmend<br />

eine „gewisse Grundanspannung“ wahrnehmbar. So meldeten<br />

Mieterinnen und Mieter vermehrt kleine Alltagsprobleme und beschwerten<br />

sich früher über kleinere Störungen. Lärmbelästigungen<br />

spielten inzwischen eine große Rolle.<br />

Den Menschen scheint die Decke auf den Kopf zu<br />

fallen<br />

„Die Menschen haben genug von Lockdown, Quarantäne und<br />

Einschränkungen“, sagt <strong>VNW</strong>-Direktor Andreas Breitner. „Sie<br />

fühlen sich frustriert. Ihnen scheint die Decke auf den Kopf zu<br />

fallen. Zu spüren bekommen diese Unzufriedenheit und den Frust<br />

oftmals zuallererst die Nachbarn.“<br />

Einige Unternehmen berichten zudem von „zunehmend verhärteten<br />

Fronten“ zwischen den Haushalten. Die Pandemie verschärfe<br />

bestehende Konflikte, steigere die Unzufriedenheit von<br />

Mieterinnen und Mietern sowie ihre Ungeduld.<br />

Ferner berichten die Unternehmen, dass sie auf Grund der Pandemie<br />

vor Ort kaum Schlichtungsgespräche anbieten könnten.<br />

Allerdings weisen sie auch darauf hin, dass sie mit einer direkten<br />

und sofortigen Ansprache der Konfliktparteien versuchten, den<br />

Auseinandersetzungen entgegenzuwirken und die Situation zu<br />

entspannen.<br />

Menschen leiden unter der Corona-Pandemie<br />

„Die Ergebnisse der Umfrage zeigen, dass die Menschen vermehrt<br />

unter der Corona-Pandemie leiden und sich das auf ihr<br />

privates Umfeld auswirkt“, sagt <strong>VNW</strong>-Direktor Andreas Breitner.<br />

„Das war sicher erwartbar. Zugleich verdeutlichen die Antworten<br />

aber, dass die sozialen Vermieter vieles tun, das über das Angebot<br />

einer Wohnung hinausreicht. Sie sind da, wenn es ihren Mieterinnen<br />

und Mietern schlecht geht. Die sozialen Vermieter sorgen<br />

damit für den sozialen Frieden in den Quartieren.“<br />

Diese Tatsache sollte beim wohnungspolitischen Populismus<br />

bedacht werden. „Alle Vermieter gehören nicht in einen Topf“,<br />

sagt der <strong>VNW</strong>-Direktor weiter. „Abgesehen davon, dass die im<br />

<strong>VNW</strong> organisierten Genossenschaften und -gesellschaften bezahlbaren<br />

Wohnraum anbieten, sind sie die Ersten, die mit sozialen<br />

Konflikten konfrontiert werden und dafür Lösungen entwickelt<br />

haben.<br />

Bei den sozialen Vermietern stehen die Menschen im Mittelpunkt<br />

– gerade wenn es im Zusammenleben Probleme gibt. Es wird<br />

nicht gedroht, sondern versucht, diese Probleme im Gespräch zu<br />

lösen. Auch das hat die Umfrage ergeben: Die direkte und sofortige<br />

Ansprache ist der erfolgversprechendste Weg, Streit aufzulösen.“ h


vdw<br />

Verband der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft<br />

Niedersachsen Bremen e.V.<br />

Postfach 61 20<br />

30061 Hannover<br />

Tel.: 0511 12 65 - 01<br />

Fax: 0511 12 65 - 111<br />

E-Mail: info@vdw-online.de<br />

Internet: www.vdw-wohnen.de<br />

www.vdw-magazin.de<br />

<strong>VNW</strong><br />

Verband norddeutscher Wohnungsunternehmen e.V.<br />

Hamburg – Mecklenburg-Vorpommern – Schleswig-Holstein<br />

Tangstedter Landstraße 83<br />

22415 Hamburg<br />

Tel.: 040 520 11- 0<br />

Fax: 040 520 11- 201<br />

E-Mail: info@vnw.de<br />

Internet: www.vnw.de


42 <strong>VNW</strong><br />

Namen und<br />

Nachrichten<br />

Mehr Bäume für Lübeck<br />

Lübeck. Ende Oktober vergangenen Jahres startete die Hansestadt<br />

Lübeck eine Baumpflanzaktion. Jeder gepflanzte Baum wird<br />

mit bis zu 150 Euro von der Hansestadt bezuschusst – einzige<br />

Auflage: Umsetzung der Aktion innerhalb von vier Wochen. Der<br />

LÜBECKER BAUVEREIN hat in acht Quartieren seines Bestandes<br />

insgesamt 50 Bäume pflanzen lassen. Die Vorstandsmitglieder,<br />

Christine Koretzky und Stefan Probst, sind begeistert: „Es war<br />

sportlich von der zeitlichen Schiene her, aber schlussendlich eine<br />

Superaktion, die unbürokratisch und schnell mit der Hansestadt<br />

Lübeck umgesetzt wurde.“<br />

Spatenstich<br />

für das „Wiker Quartier“ in Kiel<br />

Kiel. Nach mehr als zwei Jahren Verzögerung nimmt das Neubauprojekt<br />

der WOGE in Kiel-Wik endlich Fahrt auf. Der Gebäudekomplex,<br />

der ursprünglich auch den Verwaltungsbereich der<br />

WOGE integrieren sollte, wird ein reines Wohnquartier und abweichend<br />

von der bisherigen Planung mehr Wohneinheiten zur<br />

Verfügung stellen. Auf 3800 Quadratmetern werden hier barrierefreier<br />

Wohnraum für 59 Haushalte und eine Gästewohnung<br />

geschaffen. In das Projekt investiert die Genossenschaft rund 16,5<br />

Millionen Euro. Einen besonderen Stellenwert erhält das Projekt<br />

durch das sogenannte Bielefelder Modell, welches selbstbestimmtes<br />

Leben durch das Zusammenbringen von Wohnen, Pflege und<br />

Betreuung bietet.


Anzeige<br />

43<br />

Hamburgs Hauptbahnhof<br />

bekommt eine gläserne<br />

Halle<br />

Hamburg. An der Südseite des Hamburger<br />

Hauptbahnhofs wird eine gläserne Halle<br />

errichtet. Ein Preisgericht hat die Entwürfe<br />

des Büros bof architekten aus Hamburg mit<br />

den Landschaftsarchitekten hutterreimann<br />

aus Berlin zum Sieger eines städtebaulichen<br />

Wettbewerbs gekürt. Die Halle biete eine<br />

zeitgemäße Fortsetzung der denkmalgeschützten<br />

Bahnhofshalle, befand die Jury.<br />

Der Siegerentwurf solle nun Grundlage<br />

eines Masterplans für die Erweiterung des<br />

Hauptbahnhofs und die Entwicklung seines<br />

Umfelds werden. Der Hauptbahnhof der<br />

Hansestadt ist mit täglich rund 550 000 Reisenden<br />

der am zweitmeisten frequentierte<br />

Bahnhof Europas. Für die Zukunft werden<br />

bis zu 750 000 Fahrgäste pro Tag erwartet.


44 <strong>VNW</strong><br />

Ein Modethema, das falsche Hoffnungen<br />

weckt<br />

Göhren-Lebbin. Die sozialen Vermieter in Mecklenburg-Vorpommern<br />

haben mit Zurückhaltung auf Pläne der rot-roten Landesregierung<br />

reagiert, eine sogenannte neue Gemeinnützigkeit von<br />

Vermietern zu fördern. „Aus meiner Sicht ist die ‚Neue Wohngemeinnützigkeit‘<br />

ein Modethema, das falsche Hoffnungen weckt<br />

und bei der Lösung der aktuellen Probleme auf dem Wohnungsmarkt<br />

des Landes überhaupt nicht hilft“, sagte <strong>VNW</strong>-Direktor<br />

Andreas Breitner in Göhren-Lebbin auf der Jahresmitgliederversammlung<br />

des <strong>VNW</strong>-Landesverbands Mecklenburg-Vorpommern.<br />

„In der Wohnungspolitik Mecklenburg-Vorpommerns neigt man<br />

dazu, gesetzliche Lösungen für Probleme zu schaffen, die man<br />

hier gar nicht hat. Erst die Mietpreisbremse, jetzt die neue Wohngemeinnützigkeit.“<br />

Mit Bildung ins Jahr<br />

<strong>2022</strong><br />

Neuer Hochschulratsvorsitzender<br />

der EBZ Business<br />

School (FH)<br />

Bochum. Der Hochschulrat der EBZ Business<br />

School hat einen neuen Vorsitzenden:<br />

Der Präsident der Hochschule Bochum,<br />

Prof. Dr. Jürgen Bock, ist vom Träger der<br />

Immobilienhochschule zum Vorsitzenden<br />

bestimmt worden und leitet das Gremium<br />

für die kommenden beiden Jahre.<br />

Zum Stellvertretenden Vorsitzenden des<br />

Hochschulrats wurde Eckhard Brockhoff,<br />

Geschäftsführender Gesellschafter von<br />

Brockhoff GmbH, gewählt. Seine erste Sitzung<br />

als neuer Hochschulratsvorsitzender<br />

wird Prof. Dr. Bock am 22. Mai <strong>2022</strong> leiten.<br />

Hamburg. Auch wenn das Managementforum<br />

auf den April verlegt wurde<br />

und Präsenzseminare aktuell nicht<br />

stattfinden können ist der Bildungsbereich<br />

mit viel Schwung in <strong>2022</strong><br />

gestartet. Die bürokratische neue<br />

Heizkostenverordnung war Thema<br />

eines Onlineseminares mit 75 Teilnehmern.<br />

Eine Woche später brachte Dr.<br />

Christoph Enaux unsere Mitgliedsunternehmen<br />

in einem Webinar auf den<br />

aktuellen Stand der TKG-Novelle und<br />

referierte über mögliche neue Versorgungsmodelle.<br />

65 Teilnehmer unserer<br />

Mitgliedsunternehmen nutzten dieses<br />

<strong>VNW</strong>-Angebot. Weitere Themen die<br />

online auf gute Nachfrage stießen,<br />

waren u.a. Risikomanagement in<br />

Wohnungsunternehmen, Investitionsplanung<br />

und -budget, Gebäudeenergiegesetz<br />

(GEG).<br />

Das aktuelle Angebot finden Sie unter<br />

bildung.vnw.de


45<br />

Aus Überzeugung nachhaltig<br />

Hamburg. Die SAGA Unternehmensgruppe hat ihren CSR-Bericht<br />

für das Geschäftsjahr 2020 präsentiert. Der dritte Nachhaltigkeitsbericht<br />

nach 2014 und 2019 orientiert sich am etablierten Kennzahlen-Kanon<br />

des Deutschen Nachhaltigkeitskodex (DNK) sowie<br />

den Leistungsindikatoren der Global Reporting Initiative (GRI) und<br />

wird danach auch zertifiziert. Berücksichtigt wurden zudem die<br />

Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen (SDG – Sustainable<br />

Development Goals) auf Basis der geltenden Vorgaben des Hamburger<br />

Corporate Governance Kodex (HCGK). Die SAGA definiert<br />

Nachhaltigkeit strategisch als regulatives Prinzip zur Aussteuerung<br />

von Zielkonflikten auf der Grundlage von Allokationseffizienz.<br />

Alarmierender Anstieg<br />

Hamburg. In Hamburg ist die durchschnittliche Nettokaltmiete pro Monat in den vergangenen<br />

zwei Jahren um 7,3 Prozent gestiegen. Derzeit liege der Wert bei 9,29 Euro pro<br />

Quadratmeter, geht aus dem im Dezember veröffentlichten Mietspiegel der Hansestadt<br />

hervor. Im Jahr 2019 lag der Wert bei 8,66 Euro pro Quadratmeter. „Der Anstieg ist alarmierend“,<br />

bewertet <strong>VNW</strong>-Direktor Andreas Breitner die Entwicklung. „Er macht klar, dass<br />

die städtischen Bemühungen zur Entspannung des Hamburger Wohnungsmarktes dringend<br />

fortgesetzt werden müssen. Hamburg braucht Kontinuität im Neubau und Umsicht<br />

bei staatlichen Anforderungen an den Klimaschutz. Jede umfangreich energetisch sanierte<br />

60er Jahre-Wohnung wird teurer wieder vermietet werden müssen. Daraus, dass solche<br />

Sanierungen nach Leerzug jetzt in großem Umfang erfolgen, erklärt sich unter anderem<br />

der Mietenanstieg.“<br />

Petra Eggert-Höfel ist<br />

neue Generalsekretärin<br />

der DESWOS<br />

Köln. Seit dem 1. Januar <strong>2022</strong> hat die<br />

DESWOS eine neue Generalsekretärin.<br />

Petra Eggert-Höfel, Vorstandsvorsitzende<br />

der Bau- und Siedlungsgenossenschaft<br />

für den Kreis Herford eG,<br />

wurde vom Verwaltungsrat im September<br />

2021 als Nachfolgerin von<br />

Gerhard Müller gewählt. „Es ist pures<br />

Glück, in diesem Teil der Welt zu leben,<br />

keinen Krieg, keinen Hunger und<br />

keinen Mangel erlebt zu haben“, sagt<br />

Petra Eggert-Höfel. Das Ehrenamt als<br />

Generalsekretärin der DESWOS sei<br />

eine Gelegenheit, etwas von diesem<br />

Privileg zu teilen.


46 Namen und Nachrichten<br />

Stärkster Anstieg der Baupreise<br />

seit 50 Jahren<br />

Wiesbaden. Der Neubau von Wohnungen in Deutschland hat sich<br />

im November des vergangenen Jahres so stark verteuert wie seit<br />

1970 nicht mehr. Die Preise für den Neubau konventionell gefertigter<br />

Wohngebäude hätten im Vergleich zum Vorjahresmonat um<br />

14,4 Prozent zugelegt, teilte das Statistische Bundesamt mit. Ein<br />

stärkerer Anstieg wurde zuletzt im August 1970 mit 17,0 Prozent<br />

gegenüber dem Vorjahresmonat gemessen. Die große Nachfrage<br />

nach Baumaterialien wie Holz, Stahl und Dämmstoffen auf den<br />

Weltmärkten heizt seit geraumer Zeit die Preise an. Überdurchschnittlich<br />

stark verteuerten sich Zimmer- und Holzbauarbeiten,<br />

deren Preise aufgrund der erhöhten Nachfrage nach Bauholz im<br />

In- und Ausland um 38,9 Prozent stiegen.<br />

Richtfest Parkhaus Pferdemarkt<br />

Neubrandenburg. Bis April <strong>2022</strong> entsteht in Neubrandenburg<br />

auf dem Areal des ehemaligen Parkplatzes Pferdemarkt ein modernes<br />

Parkhaus. Die Neubrandenburger Wohnungsgesellschaft<br />

mbH (NEUWOGES) lässt dort knapp 650 Parkplätze entstehen. Mit<br />

einem Richtfest bot das Neubauvorhaben am 21. Januar <strong>2022</strong> auf<br />

die Zielgerade ein. Mittlerweile sind die Montage der Stahlkonstruktion<br />

und die Schaffung der fünf Parkgeschosse abgeschlossen.<br />

Die Dachfläche für das Parkhaus ist gesetzt und der Innenausbau<br />

ist in vollem Gange. In und an dem modernen Neubau wird<br />

es nach dessen Fertigstellung Ladepunkte für Elektrofahrzeuge<br />

geben. Das Investitionsvolumen umfasst rund 9,8 Millionen Euro.<br />

10 000er Mitgliedsmarke geknackt!<br />

Lübeck. Ende Dezember vergangenen Jahres wurde das 10000ste<br />

MITGLIED DES LÜBECKER Bauvereins in die Mitgliederliste der<br />

Genossenschaft eingetragen. Zu diesem besonderen Anlass ließ<br />

es sich Vorständin Christine Koretzky nicht nehmen, persönliche<br />

Glückwünsche zu übermitteln. Lars Winkler aus der Fregattenstraße<br />

im Stadtteil Buntekuh konnte sich über einen IKEA-Gutschein,<br />

passend zum Bezug der neuen Wohnung, freuen. „Wir haben die<br />

Wohnung im Internet gefunden, uns beworben und den Zuschlag<br />

bekommen. Damit haben wir nicht gerechnet. Meine Freundin<br />

und ich sind überglücklich, noch dazu in eine frisch modernisierte<br />

Wohnung zu ziehen“, sagte Lars Winkler. Die neungeschossige<br />

Wohnanlage ist das höchste Gebäude der Genossenschaft und<br />

verfügt über 162 Wohneinheiten. In den Jahren 2010 bis 2012<br />

erfolgte die Großmodernisierung. Die Genossenschaft investierte<br />

seinerzeit rund sechs Millionen Euro.


47<br />

Projekt Markgrafenhof nimmt Fahrt auf<br />

Neubrandenburg. Die Verhandlungen für den Hotelneubau<br />

Markgrafenhof befinden sich derzeit im konstruktiven und einvernehmlichen<br />

Fortgang. „Wir haben uns über die Kaufpreise für die<br />

Grundstücke und den Projektvorlauf geeinigt“, sagt NEUWOGES-<br />

Geschäftsführer Michael Wendelstorf. Zusätzlich zum Hotelbau<br />

der Investorengesellschaft plant die NEUWOGES an dem Standort<br />

die Errichtung von modernen Mietwohnungen. „Unser Wohnungsneubauvorhaben<br />

steht in Synergie zu den Planungsthemen<br />

des Hotelprojektes“, so Wendelstorf. Demzufolge seien bei allen<br />

weiteren Schritten wechselseitige Abhängigkeit zu beachten.<br />

Hamburg genehmigt den Bau von mehr als<br />

10 000 Wohnungen<br />

Hamburg. Im vergangenen Jahr haben die Behörden Hamburgs<br />

den Bau von 10207 Wohnungen genehmigt. Auch unter<br />

den schwierigen Bedingungen des Pandemiejahres sei damit die<br />

selbst gesetzte Zielmarke von jährlich 10000 genehmigten Wohn-<br />

einheiten erreicht und sogar übertroffen worden, teilt die Stadtentwicklungsbehörde<br />

mit. Die Zielzahl von 10 000 genehmigten<br />

Wohneinheiten pro Jahr gilt seit 2016. „Das Hamburger ‚Bündnis<br />

für das Wohnen‘ ist ein Erfolgsmodell“, sagte Hamburgs Erster<br />

Bürgermeister Dr. Peter Tschentscher. Gute und bezahlbare Wohnungen<br />

für alle Einkommensgruppen seien ein zentrales Ziel der<br />

Stadtentwicklungspolitik des Senats.


48


49<br />

Die unsichtbare<br />

Gefahr im Boden<br />

Radon kann man nicht sehen, riechen oder schmecken. Das krebserregende Gas kann aus<br />

dem Boden über Risse und Fugen in Kellerräume gelangen. Eine neue Karte zeigt gefährdete<br />

Orte jetzt genauer an.<br />

Salzgitter. Mancherorts ist das Lüften des Kellers nicht nur wegen<br />

Schimmelwachstum wichtig: Das radioaktive und für die<br />

Gesundheit gefährliche Gas Radon kann sich im Untergeschoss<br />

anreichern. Aber das ist zum Glück nicht überall der Fall.<br />

Eine neue und räumlich höher aufgelöste Karte des Bundesamts<br />

für Strahlenschutz (BfS) zeigt nun genauer, in welchen Regionen<br />

Deutschlands man vorsichtig sein sollte.<br />

Radon ist laut dem Bundesamt nach Rauchen die zweithäufigste<br />

Ursache für Lungenkrebs. Es ist nicht zu sehen, zu riechen<br />

oder zu schmecken. Und es entsteht im Erdreich und kann von<br />

dort über Risse, Fugen oder Rohrdurchführungen in Innenräume<br />

gelangen und sich dort in gefährlichen Konzentrationen anreichern.<br />

Das ist vor allem möglich in Bereichen des Hauses, die Bodenkontakt<br />

haben – wie eben dem Keller.<br />

Nicht überall und nicht in jedem Haus ein Risiko<br />

Es gibt aber auch Grund zur Beruhigung: Wie die neue Karte<br />

verdeutlicht, ist die Konzentration im Boden regional sehr unterschiedlich.<br />

Sie ist tendenziell höher zwischen Mittel- und Süddeutschland<br />

und im hohen Norden an den Küsten. Und ob dort<br />

dann Radon auch wirklich in den Keller eindringen kann, hängt<br />

vom baulichen Zustand des Hauses ab und zum Beispiel davon,<br />

ob es eine durchgehende Bodenplatte gibt.<br />

Die neue Karte ist dank verbesserter Berechnungsverfahren<br />

und einer größeren Datengrundlage viel genauer als ihre Vorgän-<br />

gerin. So zeigt sie keine Durchschnittswerte mehr an, sondern<br />

die Werte wurden laut Mitteilung des BfS so gewählt, dass„sie<br />

die an einem Ort im Boden vorhandene Radon-Konzentration in<br />

90 Prozent der Fälle niedriger oder identisch mit dem in der Karte<br />

angegebenen Wert ist.”<br />

Bei den restlichen zehn Prozent der Fälle könne nicht ausgeschlossen<br />

werden, dass aufgrund kleinräumiger geologischer Besonderheiten<br />

höhere Werte auftreten. Auch kann die Karte nicht<br />

anzeigen, wie hoch die Radon-Konzentration innerhalb von Gebäuden<br />

ist.<br />

Erste Maßnahme: häufiger lüften<br />

Wer in Gebieten mit hohem Vorkommen unsicher ist, sollte zum<br />

einen häufiger lüften – und zwar so, dass bereits nach wenigen<br />

Minuten die gesamte Innenraumluft ausgetauscht ist. Das gelingt<br />

mit Querlüften, indem man gegenüberliegende Fenster gleichzeitig<br />

öffnet.<br />

Da Lüften allerdings nicht immer ausreicht, sollte man die Radon-<br />

Konzentration im eigenen Gebäude auch mal messen lassen. Anbieter<br />

verschicken Detektoren per Post, die an mehreren Stellen<br />

des Kellers oder in anderen Wohnräumen angebracht werden und<br />

nach drei bis zwölf Monaten zur Auswertung zurückgeschickt<br />

werden. Das BfS führt online eine Liste anerkannter Anbieter.<br />

Ist das Ergebnis schlecht, müssen gegebenenfalls undichte<br />

Stellen in Keller und Erdgeschoss abgedichtet werden. h


50


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Standortgerecht, regionaltypisch, nachhaltig – wir beraten und unterstützen Sie<br />

in allen Fragen der ökologischen Wohnumfeldverbesserung auf dem Weg zu mehr<br />

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Wir schaffen grüne Welten.


52 Compliance-Seminar<br />

Compliance ist mehr als<br />

Korruptionsprävention<br />

Ein Compliance Management System<br />

für Wohnungsunternehmen<br />

VON DIPL.-KFM. MARK OLIVER KÖNEMUND VDW NIEDERSACHSEN BREMEN<br />

UND RA HEINRICH KLEINE ARNDT<br />

In den jährlichen Geschäftsberichten der Wohnungsunternehmen<br />

werden im Zusammenhang mit den Ausführungen zum<br />

Risikomanagement (Chancen und Risiken) mögliche wirtschaftliche<br />

Risiken der Geschäftstätigkeit erläutert wie z.B.<br />

die Vermietungsquote, Veränderung der Nachfrageverhalten,<br />

Zinsänderungsrisiken.<br />

Nicht selten fehlen aber in diesem Zusammenhang Ausführungen<br />

zur Vermeidung möglicher rechtlicher Risiken.<br />

Dies könnte darauf hindeuten, dass dem Thema „Einhaltung<br />

von Rechtsvorschriften und Regeltreue“ (Compliance) nicht<br />

die nötige und erforderliche Aufmerksamkeit geschenkt wird.<br />

Das wäre aber ein Fehler, weil die Vermeidung von Rechtsverstößen<br />

auch zum Risikomanagement der Wohnungsunternehmen<br />

gehört (nach § 91 Abs. 2 AktG) und Rechtsverstöße<br />

gravierende negative Folgen für das Wohnungsunternehmen<br />

haben können. Der vdw bietet zum Thema Compliance in<br />

Kürze ein Seminar an.<br />

Worum geht es bei dem Thema „Compliance“?<br />

Im Wohnungsunternehmen ist für die Einhaltung der gesetzlichen<br />

Bestimmungen und der unternehmensinternen Richtlinien zu sorgen.<br />

Dafür hat sich der Fachbegriff „Compliance“ eingebürgert.<br />

Compliance heißt „Rechtsbefolgung“. Der Begriff Compliance ist<br />

zwar relativ jung in seiner Verwendung für die Rechtstreue von<br />

Unternehmen. Nicht neu, sondern eine Selbstverständlichkeit ist,<br />

dass Unternehmen Gesetze einhalten müssen.<br />

Neueren Datums ist aber sehr wohl die systematische Herangehensweise<br />

an diese Aufgabe durch den Aufbau eines Compliance<br />

Management Systems (CMS). Ein Compliance Management<br />

System dient der systematischen Sicherstellung rechts- und regelkonformen<br />

Verhaltens eines Unternehmens, seiner Organe und<br />

Mitarbeiter.


53<br />

MARK OLIVER<br />

KÖNEMUND<br />

RA HEINRICH KLEINE ARNDT<br />

Brauchen Wohnungsunternehmen ein<br />

Compliance Management System?<br />

In den Wohnungsunternehmen sind regelmäßig qualifizierte Organe<br />

und gut ausgebildete Mitarbeiter tätig. Die für Wohnungsunternehmen<br />

geltenden einschlägigen rechtlichen Vorgaben sind<br />

meist bekannt und werden eingehalten.<br />

Aber auch qualifizierten Organen und Mitarbeitern unterlaufen<br />

Fehler. Ausnahmsweise kann es deshalb zu Rechtsverstößen<br />

kommen, weil einschlägige Regeln, aktuelle Rechtsänderungen<br />

bzw. die Rechtsprechung nicht beachtet oder in ihrem Geltungsumfang<br />

falsch eingeschätzt werden.<br />

Seltener treten Korruptionsfälle auf, wenn Mitarbeiter und Organe<br />

nicht versehentlich, sondern zum eigenen Vorteil bewusst<br />

gegen Vorschriften verstoßen.<br />

Ein Compliance Management System hilft, Verstöße gegen<br />

Rechtsvorschriften zu vermeiden und Mitarbeitern und Organen<br />

ein transparentes Rahmengerüst zu vermitteln.<br />

Was ist bei einem Compliance Management System<br />

zu beachten?<br />

In vielen Wohnungsunternehmen sind bereits Einzelaspekte für<br />

Compliance umgesetzt. (z.B. Vertretungs- und Unterschriftsregelungen,<br />

Arbeitsablaufbeschreibungen, Regelungen zur Auftragsvergaben<br />

bzw. Zahlungsermächtigungen). Es fehlt aber noch an<br />

einer umfassenden Lösung im Sinne eines Compliance Management<br />

Systems.<br />

Ein Compliance Management System geht systematisch an die<br />

Aufgabe heran. Es werden die für ein bestimmtes Unternehmen<br />

relevanten Vorschriften identifiziert, die betroffenen Mitarbeiter<br />

geschult, Prozesse eventuell angepasst und konkrete Maßnahmen<br />

zur Kontrolle der Einhaltung der Regeln abgeleitet.<br />

In einem Compliance Management System kommen im Hinblick<br />

auf die Vermeidung von Rechtsverstößen betriebswirtschaftliche<br />

Instrumente aus dem Risikomanagement z.B. ein Risikofrühwarnsystem<br />

und internes Kontrollsystem (IKS) (im vdw Compliance<br />

Seminar vorgestellt durch Dipl.-Kfm. Mark Oliver Könemund) und<br />

rechtliche Instrumente, z.B. die Ausarbeitung von Dienstanweisungen<br />

zur Anwendung (im vdw Compliance Seminar vorgestellt<br />

durch RA Heinrich Kleine Arndt).<br />

Gibt es eine rechtliche Verpflichtung, ein Compliance<br />

Management System zu installieren?<br />

Zu dieser Frage hat das LG München ein wegweisendes Urteil gefällt.<br />

In dem Urteil heißt es:<br />

„Vorstandsmitglieder haben dafür Sorge zu tragen, dass das<br />

Unternehmen so organisiert und beaufsichtigt wird, dass grundsätzlich<br />

keine Gesetzesverletzungen stattfinden. Diese Überwachungspflicht<br />

wird namentlich durch § 91 Abs. 2 AktG dadurch<br />

konkretisiert, dass ein Überwachungssystem installiert wird, das<br />

geeignet ist, bestandsgefährdende Entwicklungen frühzeitig zu<br />

erkennen, wovon auch Verstöße gegen gesetzliche Vorschriften<br />

umfasst sind. Einer derartigen Organisationspflicht genügt der<br />

Vorstand bei entsprechender Gefährdungslage nur dann, wenn er<br />

eine auf Schadensprävention und Risikokontrolle angelegte Compliance-Organisation<br />

einrichtet…“.<br />

Gibt es eine Vorlage für ein Compliance Management<br />

System, die auf unser Wohnungsunternehmen<br />

angepasst werde kann?<br />

Das Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) hat ein Compliance<br />

Management System (IDW PS 980) entwickelt, das in dem Compliance<br />

Seminar des vdw vorgestellt wird. Das vdw Seminar soll dabei<br />

helfen, das IDW Compliance Management System auf die Erfordernisse<br />

des jeweiligen Wohnungsunternehmens anzupassen.<br />

Welche Grundelemente hat das vom Institut der<br />

Wirtschaftsprüfer (IDW) herausgegebene Compliance<br />

Management System?<br />

In dem vdw Seminar werden die sieben Grundelemente des<br />

Compliance Management Systems des IDW unterlegt mit Beispielen<br />

aus der Praxis von Wohnungsunternehmen vorgestellt:<br />

– Compliance-Kultur<br />

– Compliance-Ziele<br />

– Compliance-Risiken<br />

(Verfahren zur Risikoerkennung und Risikobewertung)<br />

– Compliance-Programm<br />

(Maßnahmen zur Minimierung von Verstößen)<br />

– Compliance-Organisation<br />

(Festlegung von Rollen und Verantwortlichkeiten)<br />

– Compliance-Kommunikation (Infos an Mitarbeiter und Dritte)<br />

– Compliance-Überwachung und Verbesserung<br />

(Überprüfung und Anpassung)<br />

f


54 Compliance-Seminar<br />

Compliance Kultur<br />

Die Compliance-Kultur stellt die Grundlage für die Angemessenheit<br />

und Wirksamkeit des Compliance Management Systems dar.<br />

Sie wird vor allem geprägt durch die Einstellungen und Verhaltensweisen<br />

des Managements und der Aufsichtsorgane. Sie beeinflusst,<br />

inwiefern die Mitarbeiter die gesetzten Compliance Regeln<br />

ernst nehmen.<br />

Compliance Ziele<br />

Die Unternehmensleitung legt im Einklang mit den allgemeinen<br />

Unternehmenszielen die Compliance Ziele fest. Diese stellen die<br />

Grundlage für die weitere Ausgestaltung des Compliance Management<br />

Systems dar. Die Ziele, die mit einem Compliance<br />

System erreicht werden sollen, sind meist ähnlich. Alle Systeme<br />

wollen Regelverstöße verhindern, zur Haftungsreduzierung, um<br />

Imageschäden zu vermeiden oder um Sanktionen zu entgehen.<br />

Compliance Risiken<br />

In den Wohnungsunternehmen gibt es häufig schon ein Risikofrühwarnsystem<br />

für die systematische Risikoerkennung und -berichterstattung<br />

von wirtschaftlichen Risiken. Dieses Instrument<br />

wird um die rechtlichen Risiken erweitert. Vorhandene Risiken<br />

(Recht) werden identifiziert. Die festgestellten Rechtsrisiken werden<br />

im Hinblick auf Eintrittswahrscheinlichkeit und mögliche Folgen<br />

bewertet.<br />

Im Zusammenhang mit Compliance Risiken gilt es, ein verbreitetes<br />

Fehlverständnis zu vermeiden. Compliance besteht nicht nur<br />

aus der Bekämpfung der Korruption. Ein solches Verständnis greift<br />

zu kurz. Compliance ist mehr als Korruptionsprävention. Auch die<br />

Verhinderung von versehentlichen Verstößen gegen Recht fällt<br />

unter Compliance.<br />

Risiken von Rechtsverstößen gibt es in folgenden Fallgruppen:<br />

1. Unbeabsichtigte, versehentliche Rechtsverstöße<br />

(Rechtsvorschriften, Gerichtsurteile übersehen,<br />

Rechtsvorschriften fehlerhaft interpretiert),<br />

2. bewusster Verstoß gegen Rechtsvorschriften<br />

zum Vorteil des Wohnungsunternehmens,<br />

3. bewusster Verstoß gegen Rechtsvorschriften<br />

zum persönlichen, eigenen Vorteil.<br />

Zur Fallgruppe 1:<br />

Verhinderung von nicht beabsichtigten Verstößen<br />

gegen das Recht<br />

Die Kenntnisse der rechtlichen Rahmenbedingungen, die für das<br />

Unternehmen und seine Geschäftstätigkeit bestehen, ist grundlegende<br />

Voraussetzung für wirksame und auf spezifischen rechtlichen<br />

Risiken eines Unternehmens angepasste Compliance Maßnahmen.<br />

Oder anders ausgedrückt: der Steuermann muss die<br />

Klippen kennen, die es zu umschiffen gilt.<br />

Es sollten Prioritäten gesetzt werden. Um das Thema überschaubar<br />

zu halten, sollten jährlich in erster Linie die aktuellen<br />

Rechtsänderungen in den Blick genommen werden. Es gilt daher<br />

insbesondere die für das Wohnungsunternehmen, relevante<br />

Rechtsänderungen (Gesetzesänderungen, Rechtsprechung) zu ermitteln,<br />

zu analysieren und zu bewerten.<br />

Dabei wird unterschieden zwischen der Änderung von Rechtsvorschriften,<br />

die die Wohnungswirtschaft besonders betreffen,<br />

und der Änderung von branchenübergreifenden Rechtsvorschriften.<br />

Risiken wegen der Änderung von Rechtsvorschriften<br />

und der Rechtsprechung, die die Wohnungswirtschaft<br />

besonders betreffen<br />

Beispiele für „wohnungswirtschaftliche“ Rechtsänderungen<br />

2021/<strong>2022</strong> sind:<br />

• Telekommunikationsgesetz und „Aus“ für<br />

Umlagefähigkeit Kabel<br />

• HeizkVO mit neuen Pflichtangaben<br />

• WEG-Recht, zertifizierter Verwalter und<br />

Corona-Sonderregelungen<br />

• Mietspiegel und einheitliche Vorgaben ab Juli <strong>2022</strong><br />

• Gewerbe im Lockdown, Frage zum Mietverzicht vor dem BGH<br />

• Baulandmobilisierung und Umwandlungsverbot<br />

• Grundsteuerreform<br />

In dem vdw Compliance Seminar werden festgestellte Risiken<br />

wegen der Änderung von „wohnungswirtschaftlichem“ Recht<br />

beispielhaft im Hinblick auf Eintrittswahrscheinlichkeit und möglichen<br />

Folgen bewertet.<br />

Compliance Programm wegen der Änderung des<br />

„wohnungswirtschaftlichen“ Rechts<br />

Nachdem die Compliance Risiken wegen geändertem „wohnungswirtschaftlichem“<br />

Recht identifiziert, analysiert und bewertet wurden,<br />

werden Maßnahmen vorgeschlagen, um Compliance Risiken<br />

zu vermeiden. Durch Beispiele wird dies im vdw Compliance-<br />

Seminar veranschaulicht.<br />

Compliance Risiken und Programm wegen<br />

Änderungen des branchenübergreifenden Rechts<br />

Entsprechend werden Risiken, Bewertungen und Maßnahmen<br />

für branchenübergreifende Rechtsänderungen zusammengestellt<br />

(z.B. Geldwäsche, Arbeitsschutz, Arbeitssicherheit, Gesellschaftsrecht,<br />

Datenschutz).


55<br />

Seminar:<br />

Compliance im Wohnungsunternehmen – Rechtliche Risiken<br />

im Wohnungsunternehmen erkennen und vermeiden<br />

Donnerstag, 17.03.<strong>2022</strong> | 09:30 – 16:30 Uhr<br />

vdw-Verbandshaus<br />

Hier geht’s zu weiteren Informationen und zur Anmeldung<br />

Zur Fallgruppe 2:<br />

Verhinderung von bewussten Verstößen gegen<br />

Rechtsvorschriften zum Vorteil des Unternehmens<br />

Beispiel Compliance Risiko<br />

Das Wohnungsunternehmen (WohnBau) hat ehrgeizige Gewinnerwartungen,<br />

die gegenüber den Mitarbeitern auch kommuniziert<br />

werden. Die dezidierten Vorgaben führen bei den motivierten<br />

Mitarbeitern mittlerweile zu Compliance Risiken: Bei Neuvermietungen<br />

wird die Mietpreisbremse gelegentlich ignoriert. Prämienrückerstattungen<br />

der Gebäudeversicherung werden bei der<br />

Betriebskostenabrechnung nicht berücksichtigt. Geförderte Wohnungen<br />

werden hin und wieder an Interessenten vermietet, die<br />

nicht zur vorgeschriebenen Zielgruppe gehören.<br />

Compliance Programm<br />

Wegen dieser Vorfälle wird die Compliance Betriebsvereinbarung<br />

ergänzt:<br />

„Grundsatz für das Handeln bei der WohnBau ist die Beachtung<br />

geltenden Rechts. Lieber verzichten wir auf ein Geschäft und auf<br />

das Erreichen interner Ziele, als gegen Gesetze zu verstoßen.“<br />

Zur Fallgruppe 3:<br />

Verhinderung von bewussten Verstößen gegen<br />

Rechtsvorschriften zum eigenen Vorteil<br />

Beispiel Compliance Risiko und Programm:<br />

„Geschenke, Zuwendungen“<br />

Der korrekte Umgang mit Geschenken, Einladungen, Bewirtungen<br />

und anderen Zuwendungen ist einer der Ecksteine einer einwandfreien<br />

Compliance.<br />

Als Umsetzungsmaßnahme kommen Betriebsvereinbarungen<br />

oder Dienstanweisungen in Betracht, die Korruption und ähnliche<br />

Gesetzesverstöße verhindern helfen und die im vdw Compliance<br />

Seminar vorgestellt werden.<br />

Beispiel Compliance Risiko und Programm:<br />

„Wohnungsvergabe“<br />

Ein weiteres Risikofeld der Wohnungswirtschaft mit Manipulationspotenzial<br />

ist die Wohnungsvergabe – ein Problem insbesondere<br />

in den Regionen, in denen Wohnungsmangel herrscht.<br />

Als Maßnahme zur Reduzierung des Compliance Risikos<br />

kommt die Umsetzung durch ein internes Kontrollsystem (IKS) in<br />

Betracht, das im vdw Compliance Seminar beschrieben wird.<br />

Compliance Organisation<br />

Das Management regelt die Rollen und Verantwortlichkeiten (Aufgaben)<br />

sowie Aufbau- und Ablauforganisation im Compliance<br />

Management System.<br />

Compliance Kommunikation<br />

Mit der Compliance Kommunikation soll sichergestellt werden,<br />

dass die Mitarbeiter über die sie betreffenden Grundsätze und<br />

Maßnahmen des Compliance Programms und die ihnen zugewiesenen<br />

Aufgaben informiert werden.<br />

Im Rahmen des vdw Compliance Seminars wird ein Schulungsprogramm<br />

für Mitarbeiter zu den Compliance Anforderungen vorgestellt.<br />

Compliance Überwachung, Verbesserung<br />

Die Verantwortung für die Durchsetzung des Compliance Management<br />

Systems liegt bei der Unternehmensleitung. Aufbauend<br />

auf dem dokumentierten Compliance Management System wird<br />

regelmäßig überprüft, welche Verbesserungen möglich und sinnvoll<br />

sind.<br />

Mit dem Compliance Management System des Instituts für<br />

Wirtschaftsprüfer, ergänzt um die Informationen aus dem vdw<br />

Compliance Seminar, können auch kleinere und Wohnungsunternehmen<br />

mittlerer Größe ein auf die Bedürfnisse des Wohnungsunternehmens<br />

zugeschnittenes Compliance Management System<br />

entwickeln. h


Real Estate Arena<br />

VON HARTWIG VON SASS DEUTSCHE MESSE AG<br />

Real Estate Arena:<br />

Bei der neuen Messe<br />

spielt der Wohnungsbau<br />

die Hauptrolle


57<br />

HARTWIG VON SASS<br />

Wer von außen auf die Immobilienwirtschaft schaut, identifiziert<br />

die Herausforderungen sehr schnell: Klimawandel, Zukunft der Innenstädte<br />

und – natürlich – Zukunft des Wohnungsbaus.<br />

Das hat auch die neue Bundesregierung erkannt; und die Ankündigung<br />

auf Seite 88 des Koalitionsvertrags ist klar und deutlich.<br />

400000 Wohnungen sollen in Deutschland fortan pro Jahr<br />

entstehen, davon 100000 gefördert. Gleichzeitig spricht sich die<br />

Koalition aber auch für mehr Klimaschutz und weniger Bodenversiegelung<br />

aus. Wie soll das alles zusammengehen? Das bleibt<br />

bislang offen.Klar ist auf jeden Fall: Den Wohnungsbauunternehmen<br />

laufen die Kosten weg. Die baurechtlichen und bautechnischen<br />

Anforderungen an die Gebäude erhöhten sich mit Blick auf<br />

den Klimaschutz schon in den vergangenen Jahren immer weiter.<br />

Aktuell kommen rasant steigende Preise für Baumaterial hinzu.<br />

Diese Entwicklungen machen es mittlerweile inzwischen fast<br />

unmöglich, Wohnraum zu schaffen, der für die späteren Mieter<br />

noch bezahlbar erscheint. Für die kommen dann noch die ebenfalls<br />

explosionsartig steigenden Energiekosten hinzu. Wohnen<br />

– gerade mit Blick auf Neubauten – droht immer mehr zu einer<br />

Form von Luxus zu werden.<br />

Dennoch hat die Diskussion zwischen Wirtschaft und Politik<br />

häufig eine spürbare Schieflage, denn der Blick auf das Problem<br />

konzentriert sich allzu oft auf die A-Städte. Zweifelsohne sind in<br />

München, Berlin oder Frankfurt die Wohnraumprobleme eklatant,<br />

aber auch die B- und C-Städte sehen sich dieser Herausforderung<br />

immer stärker gegenüber und müssen Lösungen entwickeln, die<br />

für sie passen.<br />

Eine neue Immobilienmesse in Hannover – die Real Estate<br />

Arena – will nun die Belange der B- und C-Standorte in den Mittelpunkt<br />

stellen und alle Herausforderungen der Immobilienbranche<br />

aus dieser Perspektive diskutieren. Im Zentrum stehen dabei auch<br />

die Themen Wohnungsbau und Nachhaltigkeit. Braunschweig<br />

und Berlin haben die gleichen Probleme, aber Braunschweig<br />

braucht andere Lösungen.<br />

Da der vdw Niedersachsen Bremen schon von Beginn an in<br />

die Planungen der neuen Messe eingebunden war, stehen die<br />

Themen der Wohnungswirtschaft ganz oben auf der Agenda.<br />

Die Keynote zum Thema wird GdW-Präsident Axel Gedaschko<br />

gleich zum Auftakt am 18. Mai auf dem Messegelände sprechen.<br />

Er greift die „Quadratur des Kreises“ auf: Wie Wohnungsbau<br />

bezahlbar und gleichzeitig klimaneutral werden kann. Der GdW<br />

wird sich mit einem eigenen Stand auf der Real Estate Arena präsentieren.<br />

Dort soll zusammen mit Partnern gezeigt werden, was<br />

heutzutage mit Blick auf Nachhaltigkeit schon möglich ist – und<br />

dass der Wohnungsbau in der Zukunft nicht Teil des Problems,<br />

sondern Teil der Lösung sein wird.<br />

Zudem will die Messe Brücken bauen und eine Plattform für<br />

das Netzwerken auch über die Branchengrenzen hinaus schaffen.<br />

Die Grundlage dafür sind zahlreiche Kooperationen mit<br />

Verbänden und Organisationen, die die Veranstaltung inhaltlich<br />

unterstützen. Neben dem Städte- und Gemeindebund, dem Städtetag,<br />

dem Bauindustrieverband, der Deutschen Gesellschaft für<br />

nachhaltiges Bauen sowie dem Bund deutscher Architektinnen<br />

und Architekten sind das auch die Immobilienjunioren und der<br />

Zentrale Immobilienausschuss. Und natürlich der vdw, der <strong>VNW</strong><br />

und der GdW. Die Schirmherrschaft hat Niedersachsens Umweltund<br />

Bauminister Olaf Lies übernommen.<br />

Für die Premiere der Real Estate Arena liegen nach Veranstalterangaben<br />

schon zahlreiche Anmeldungen von spannenden<br />

Unternehmen der Branche vor, auch aus angrenzenden Bereichen<br />

wie etwa dem Handel. Somit kann aus der Real Estate Arena in<br />

Hannover für die Branche neben anderen Veranstaltungen in<br />

Süddeutschland eine starke Veranstaltung entstehen, bei der die<br />

Themen und Inhalte stärker im Fokus stehen.<br />

Für interessierte Unternehmen ist die Beteiligung an der Real<br />

Estate Arena mit wenige Aufwand verbunden. Denn die Deutsche<br />

Messe bietet schlüsselfertige Beteiligungspakete an, die insbesondere<br />

für Unternehmen interessant sind, die keine eigene Messeabteilung<br />

haben oder die Zusammenarbeit mit Messebauern<br />

scheuen.<br />

Nähere Informationen sind unter www.real-estate-arena.<br />

com zu finden. Ansprechpartner bei der Deutschen Messe in<br />

Hannover ist Hartwig von Saß (hartwig.vonsass@messe.de oder<br />

0511.8931155) h


58<br />

Wohnungspolitik Interview<br />

„Es wird für alle Seiten<br />

einfacher“<br />

MATTHIAS HERTER<br />

Matthias Herter, Vorsitzender der Geschäftsführung<br />

der meravis Immobiliengruppe und Geschäftsführer<br />

von Spiri.Bo, über das digitale Plattformangebot<br />

der jungen Hamburger Firma, neue Erlösquellen für<br />

Wohnungsunternehmen, die Umsetzung der EED-<br />

Heizkostenverordnung und wie man mit gut aufbereiteten<br />

Daten sogar bei Mietern punktet.<br />

magazin: Herr Herter, womit genau beschäftigt sich Ihr<br />

Hamburger Startup?<br />

Matthias Herter: Ich muss ein wenig lächeln, denn aus meiner<br />

Sicht ist Spiri.Bo gar kein Startup mehr. Es gibt unser Tochterunternehmen<br />

in der Hansestadt nun bereits drei Jahre. Schon vor<br />

zwei Jahren haben die Kolleginnen und Kollegen die erste voll<br />

funktionsfähige Version der Spiri.Bo-App auf dem Markt vorgestellt.<br />

Seitdem ist viel passiert.<br />

magazin: Sie sprechen von der Corona-Pandemie?<br />

Herter: In der Tat meine ich nicht die Pandemie, obwohl der Umgang<br />

damit uns alle natürlich beschäftigt hat und noch beschäftigt.<br />

Tatsächlich beziehe ich mich auf die Entwicklung und die<br />

Fortschritte von Spiri.Bo.<br />

magazin: Beschreiben Sie die bitte näher.<br />

Herter: Spiri.Bo ist weit mehr als eine Mieter-App. Wir bieten<br />

unseren Partnern aus der Wohnungswirtschaft heute eine Wohnserviceplattform<br />

an, deren Angebot ständig ausgebaut wird. Es<br />

ist ein digitales Ökosystem. Damit kann jedes Unternehmen seine<br />

Kundenbeziehungen entsprechend seines jeweils ganz eigenen<br />

Bedarfs völlig neu aufstellen.<br />

magazin: Was meinen Sie damit?<br />

Herter: Ich spreche damit den digitalen Transformationsprozess<br />

an, den jedes Unternehmen der Wohnungswirtschaft seit einiger<br />

Zeit durchläuft. Bei Spiri.Bo haben wir die Transformation des<br />

Mieterservices im Fokus. Wir unterstützen Value-Add-, also Mehr-<br />

wertstrategien um das wohnungswirtschaftliche Kerngeschäft<br />

herum. Damit meine ich kundenorientierte Dienstleistungen, die<br />

im engen Bezug zum Vermietungsgeschäft stehen.<br />

magazin: Was bieten Sie an?<br />

Herter: Spiri.Bo gibt ganz im Sinne der Plattformökonomie den<br />

Wohnungsunternehmen ein Serviceportfolio für zusätzliche Umsätze.<br />

Die Mieter-App erscheint ja für den Mieter im Look and Feel<br />

des jeweiligen Wohnungsunternehmens. Über ihre App können<br />

die Mieter dann zusätzliche Serviceangebote etwa für die Medienversorgung<br />

oder für Versicherungen rund ums Wohnen bis hin<br />

zu lokalen Dienstleistungen rund um ihr Quartier buchen. Auch<br />

Produkte aus dem Internet der Dinge (IoT-) wie Smartwatches für<br />

Senioren oder GPS-Tracker für Hunde könnten auf dem integrierten<br />

Marktplatz erworben werden. Weiteres Beispiel: Gibt es ein<br />

Mieterstrommodell, kann dies ebenfalls über die App angesteuert<br />

werden.<br />

magazin: Sie haben also durchaus eine veränderte Beziehung<br />

zwischen Vermieter und Mieter im Sinn?<br />

Herter: Das ist richtig. Der Vermieter wird mit diesen Angeboten<br />

zum Partner seines Kunden, des Mieters. Dies alles spiegelt<br />

unsere Vision vom Wohnen der Zukunft wider und die Überzeugung,<br />

dass glückliche Mieter der Schlüssel zu einer guten und<br />

langfristigen Kundenbindung sind. Etwas, das in Zukunft noch<br />

wichtiger wird und sowohl der Werterhaltung des Bestands dient<br />

als auch zusätzliche Einnahmen für Wohnungsunternehmen generiert,<br />

wenn andere Erlösquellen etwa durch Mietanpassungen<br />

nicht mehr so sprudeln.<br />

f


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Überlegen<br />

Sie mal, welche<br />

Bedeutung eine<br />

Tür haben kann.<br />

Eine Wohnungseingangstür von Daloc stoppt nicht nur Essensgerüche.<br />

Sie schützt auch gegen Feuer und giftigen Rauch sowie Einbrecher und<br />

Lärm. Sie macht es möglich, dass man sich in seiner Wohnung sicher<br />

und wohlfühlen kann.<br />

Unsere Wohnungseingangstür ist so gebaut, dass sie jahrzehntelang<br />

hält, ohne dabei ihre schützenden Eigenschaften zu verlieren. Sie ist<br />

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herkömmliche Tür. Wie ist das möglich?<br />

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60 Interview<br />

„Sondern es geht um konkrete Verbraucherinformation<br />

und ein Aufklärungstool zum<br />

besseren Miteinander und zum Klimaschutz. ”<br />

magazin: Welche Technik verbirgt sich hinter der Wohnserviceplattform?<br />

Herter: Im Kern ist Spiri.Bo ein Webservice. Die Anbindung erfolgt<br />

über offene Schnittstellen, sogenannte APIs (Application<br />

Programming Interface). Damit werden, einfach ausgedrückt, Informationen<br />

von einer Schnittstelle – etwa einer Mobil-App – an<br />

eine andere weiterleitet. So verbinden APIs verschiedene Teile einer<br />

Softwareplattform mit dem Ziel, dass Informationen am richtigen<br />

Ort landen. Bei Spiri.Bo greift etwa die virtuelle Assistentin<br />

LISAH auf unsere Wissensdatenbank mit dem gesammelten Branchenwissen<br />

der Wohnungswirtschaft zu. LISAH ist ein Chatbot,<br />

ein Sprachassistenzsystem, mit dem der Mieter via App kommunizieren<br />

und viele Themen selbst lösen kann.<br />

magazin: Es geht also um Selfservice?<br />

Herter: Selfservice hört sich immer ein wenig nach Geld- oder<br />

Kaffeeautomat an. Hier geht es aber um mehr, um Mehrwert für<br />

den Mieter und den Vermieter. Dieser Bot ist, anders als es eine<br />

Mieter-Hotline kann, 24 Stunden 7 Tage die Woche im Einsatz.<br />

Wenn also nachts im Bad die Toilettenspülung kaputt geht, kann<br />

der Mieter gleich ein Foto machen und via LISAH den Mieterservice<br />

informieren. Dessen Mitarbeiter weiß nicht nur morgens früh<br />

gleich Bescheid. Er weiß über die Anbindung der Spiri.Bo-Plattform<br />

an das unternehmenseigene ERP-System auch gleich die<br />

Adresse des Mieters und kennt mögliche Besonderheiten des Objekts.<br />

Und der Mitarbeiter kann sofort einen Handwerker zur richtigen<br />

Wohnung schicken und den Mieter darüber informieren.<br />

Wir realisieren über unsere Plattform die Vernetzung aller Informationen<br />

alle betroffenen Stellen, so auch externer Dienstleister.<br />

magazin: Mit der Vernetzung sprechen Sie die Organisation<br />

hinter der Plattform an?<br />

Herter: Ich sprach von Spiri.Bo als einem Webservice. Als Teil davon<br />

stellen wir den Wohnungsunternehmen das Spiri.Bo-Cockpit<br />

zur Verfügung. Damit kann jedes Unternehmen seine eigene Kundenservicestrategie<br />

ausspielen und alle Kommunikationskanäle<br />

bündeln.<br />

magazin: Sie meinen, für den Vermieter wird es leichter, mit<br />

seinen Mietern, sprich: Kunden zu kommunizieren?<br />

Herter: Ja, es wird tatsächlich für beide Seiten einfacher. Für das<br />

Wohnungsunternehmen ist durch Kooperation mit der Plattform<br />

ein Update immer garantiert. Denn die Plattform ist immer auf<br />

dem neuesten Stand. Und dies gilt natürlich auch für das UX, was<br />

fortlaufend weiterentwickelt wird. UX steht für User-Experience-<br />

Design. UX-Design befasst sich mit der Analyse, Kreation und<br />

Optimierung der Nutzererfahrung.<br />

magazin: Das bedeutet …<br />

Herter: … die Informationen am Bildschirm oder in einer App<br />

so einfach wie möglich darzustellen und den Nutzer dadurch so<br />

bequem und schnell wie möglich an das gewünschte Ziel zu bringen.<br />

Auf gutes UX-Design haben wir bei der Entwicklung von<br />

Spiri.Bo von Anfang an großen Wert gelegt. Wenn Sie unsere App<br />

und das Cockpit mit anderen Produkten am Markt vergleichen,<br />

fällt der Unterschied sofort ins Auge. Die leichte, intuitive Bedienbarkeit<br />

hält den Nutzer am Gerät. Er oder sie haben Spaß, die App<br />

zu nutzen. Weil sie gut aussieht und weil sie den Nutzen für sich<br />

sofort erkennen.<br />

magazin: Nennen Sie ein Beispiel.<br />

Herter: Aktuell stellt die Umsetzung der EED-Heizkostenverordnung<br />

fast alle Wohnungsunternehmen vor große Herausforderungen.<br />

Informations- und Transparenzpflicht klingt auf dem<br />

Papier sehr schön und einfach. Und auch der Leitfaden, den das<br />

Umweltbundesamt für die Umsetzung für verständliche monatliche<br />

Heizinformationen herausgegeben hat, enthält viele bunte<br />

Beispiele. Doch das tatsächliche Aufbereiten und zur Verfügungstellen<br />

dieser Informationen für die Mieter stellt eine große Hürde<br />

für die Unternehmen dar.<br />

magazin: Spiri.Bo kann das besser?<br />

Herter: Ja, so selbstbewusst sind wir. Es geht nicht nur darum,<br />

eine mehr oder minder lesbare Tabelle als Nachricht an den Mieter<br />

zu versenden. Sondern es geht um konkrete Verbraucherinformation<br />

und ein Aufklärungstool zum besseren Miteinander und zum<br />

Klimaschutz. Das entspricht nicht nur dem Willen der EU-Kommission<br />

beziehungsweise des Gesetzgebers. Das entspricht auch<br />

dem wachsenden Wunsch unserer Mieter und der Verbraucher.<br />

Sie wollen ja etwas tun fürs Klima. Und wir geben ihnen nicht nur<br />

die richtigen Informationen, Stichwort API und Anbindung aller<br />

relevanten Datenlieferanten wie etwa Heizungs- und Warmwassermessgeräte.<br />

Sondern die Mieter erhalten diese Informationen<br />

auch so aufbereitet, dass sie sie sofort verstehen und etwa Sparpotenziale<br />

auch sofort erkennen.<br />

magazin: Wie machen Sie das?<br />

Herter: Mithilfe der Datenbank mit dem darin gesammelten<br />

Branchenwissen. Es ermöglicht etwa, Verbräuche über Bestandsgrenzen<br />

hinweg zu vergleichen. Anonymisiert natürlich. Aber auf<br />

diese Daten kann jedes angeschlossene Unternehmen zurückgreifen.<br />

Damit eignet sich Spiri.Bo auch für kleinere Wohnungsunternehmen,<br />

die nicht über einen so großen Bestand verfügen.


61<br />

magazin: Das hört sich fast wie ein genossenschaftlicher<br />

Ansatz mit digitalen Mitteln an?<br />

Herter: Unsere Kunden profitieren insgesamt davon, dass wir<br />

fundierte Expertise, 25 Jahre Praxis in der Entwicklung und Durchführung<br />

digitaler Projekte und ein reiches Netzwerk an Partnerschaften<br />

kombinieren. Hinzu kommt das kooperative Handeln.<br />

Wir bringen das angesammelte Wissen der vielen beteiligten<br />

Unternehmen zusammen. Das eine mag an einer Stelle ein wenig<br />

weiter sein als das andere. Aber alle partizipieren und profitieren<br />

am gesamten Knowhow. Und natürlich verweist die partnerschaftliche<br />

Haltung vis-à-vis den Mietern auf die genossenschaftlichen<br />

Wurzeln der meravis Immobiliengruppe und ist von Anfang<br />

an auch Teil der DNA und der Vision von Spiri.Bo. Alle unsere Produkte<br />

entwickeln wir mit dem Wissen der Wohnungswirtschaft<br />

für die Wohnungswirtschaft.<br />

magazin: Sehen Sie Spiri.Bo auch als eine Entlastung für<br />

den Mieterservice?<br />

Herter: Das sehe ich in der Tat. Unser Ziel sind nicht nur zufriedene<br />

Mieter, sondern auch zufriedene Mitarbeiter. Wenn die<br />

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Routineaufgaben entlastet<br />

werden, erhalten sie neue Freiräume. Und mit zufriedenen<br />

Mietern lassen sich neue Umsätze generieren. h<br />

Das ist Spiri.Bo<br />

Die Spiri.Bo GmbH wurde 2019 in Hamburg<br />

gegründet. Das Unternehmen ist eine Tochtergesellschaft<br />

der meravis Immobiliengruppe aus<br />

Hannover und hat derzeit 20 Mitarbeiter. Spiri.<br />

Bo versteht sich als PropTech-Unternehmen zur<br />

Digitalisierung der Wohnungswirtschaft. Mit<br />

einem Team aus Immobilien- und IT- und Digitalisierungs-Experten<br />

wurde die digitale Home-<br />

Service-Plattform SPIRI.BO entwickelt. Sie setzt<br />

neue Maßstäbe im Wohnungsservice.<br />

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Ihr Energiepartner. Ganz persönlich.<br />

Vertrauen Sie auf einen Energiepartner, der die Anforderungen der Wohnungswirtschaft kennt.<br />

Der Erfahrung und Innovation einsetzt und so die besten Lösungen für Sie findet. Auch für die Zukunft.<br />

Egal ob es um Energie und Wärme, E-Ladestationen, Photovoltaik oder<br />

andere nützliche Dienstleistungen geht.<br />

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62 Digitale Transformation<br />

Digitale Transformation<br />

zukunftsorientiert<br />

gestalten


63<br />

TORSTEN RAU<br />

MARKUS HANNE<br />

Die Wohnungs- und Immobilienwirtschaft steht vor großen Herausforderungen<br />

– von der CO 2<br />

-Reduktion, der Diskussion um Mietpreis<br />

und Wohnungsmangel über den demografischen Wandel bis hin zu<br />

neuen Wohn-, Arbeits- und Lebenskonzepten sowie Anforderungen zur<br />

Kosteneffizienz. Um diese zu meistern und erfolgreich zu wirtschaften,<br />

ist die digitale Transformation zu einem wichtigen Erfolgsfaktor für<br />

die Unternehmen geworden. Digitale Ökosysteme spielen hier eine<br />

wesentliche Rolle.<br />

VON TORSTEN RAU<br />

GESCHÄFTSFÜHRER OPERATIONS DER AAREON DEUTSCHLAND GMBH UND VORSITZENDER DER GESCHÄFTSLEITUNG.<br />

MARKUS HANNE<br />

GAP MBH, BREMEN. DIE GAP-GROUP IST SEIT OKTOBER 2021 EIN UNTERNEHMEN DER AAREON GRUPPE.<br />

Über die Digitalisierung der unternehmerischen Kernprozesse<br />

hinaus werden intelligente Technologien für smarte Gebäude und<br />

Prozesse die Voraussetzung sein, um nachhaltig Mehrwerte zu<br />

generieren. Das kann nicht nur die Energieeffizienz und Attraktivität<br />

von Immobilien und Quartieren steigern, sondern weitere<br />

Mehrwerte für Bewohner und die Gesellschaft schaffen, wie die<br />

nachfolgenden Szenarien beispielhaft zeigen.<br />

Digitale Lösungen unterstützen CO 2<br />

-Reduktion<br />

Die Wohnungs- und Immobilienwirtschaft hat in den vergangenen<br />

Jahren bereits intensiv in die Energieeffizienz von Gebäuden<br />

investiert – insbesondere in deren Dämmung. Das hat aber noch<br />

nicht ausgereicht, um den Energieverbrauch signifikant zu reduzieren.<br />

Denn letztlich ist dieser auch vom Verbrauchsverhalten der<br />

Bewohner abhängig. Wird die Heizung nicht bedarfsgerecht reguliert,<br />

wird falsch gelüftet oder werden viele nicht genutzte Elektrogeräte<br />

dauerhaft im Stand-by-Modus betrieben, bleibt der Gebäudebeitrag<br />

zur CO 2<br />

-Reduktion überschaubar. Erhält der Bewohner<br />

jedoch mithilfe digitaler Lösungen Informationen über seinen<br />

Energieverbrauch, wird für ihn transparent, wie sich sein Nutzverhalten<br />

auf die Nebenkosten auswirkt. Der Anreiz, das eigene Verhalten<br />

anzupassen, kann sich dadurch deutlich erhöhen. Investiert<br />

ein Immobilienunternehmen zusätzlich in die smarte Ausstattung<br />

seines Wohnungsbestands, kann ein auf künstlicher Intelligenz<br />

basierendes lernendes System mithilfe von Sensoren und Datenanalyse<br />

die Energienutzung für den Bewohner optimal steuern.<br />

Im Alter in den eigenen vier Wänden<br />

dank smarter Systeme<br />

Auch in Bezug auf den demografischen Wandel kann die Digitalisierung<br />

einen wichtigen Beitrag leisten. In der Regel wollen die<br />

Menschen im Alter so lange wie möglich in ihren eigenen vier Wänf


64 Digitale Transformation<br />

den und dem gewohnten Umfeld bleiben. Intelligente Lösungen<br />

können dabei unterstützen. Eine Ausstattung der Wohnung mit<br />

Sensoren kann beispielsweise verhindern, dass Türen und Fenster<br />

ungewollt offen oder Herd und Ofen angeschaltet bleiben. Auch<br />

Bewegungsmuster in der Wohnung können beobachtet werden,<br />

sodass im Notfall automatisch Alarm beim Pflegedienst ausgelöst<br />

werden kann. Ein virtueller Assistent auf Basis von künstlicher<br />

Intelligenz und Sprachfunktion kann im Alltag oder beispielsweise<br />

bei beginnender Demenz eine große Hilfe sein. Vorteilhaft<br />

kann auch eine digitale Vernetzung mit dem Arzt sein – in Form<br />

einer Online-Sprechstunde oder über Geräte, die Informationen<br />

über den Gesundheitszustand senden. Weitere Unterstützung im<br />

Wohngebäude oder im Quartier kann zudem eine über die Mieter-<br />

App verfügbare Nachbarschaftshilfe bieten.<br />

Arbeitswelt im nachhaltigen Wandel<br />

Zudem hat die sich wandelnde Arbeitswelt Auswirkungen auf<br />

die Quartiers- und Wohnraumentwicklung. Die Corona-Pandemie<br />

hat den digitalen Transformationsprozess in der Arbeitswelt<br />

deutlich beschleunigt. So ist ein Großteil der Arbeitnehmer bin-<br />

nen kurzer Zeit zum Homeoffice-Mitarbeiter geworden. Allerdings<br />

sind die Wohnungen – gerade wenn mehrere Familienmitglieder<br />

im Homeoffice arbeiten – oft noch nicht darauf ausgelegt. Alternativ<br />

bietet sich hier die Nutzung von Co-Working-Bereichen im<br />

Quartier an. Raumbuchungen dafür sowie auch für andere<br />

Community-Räume könnten dann ebenfalls über eine Mieter-App<br />

vorgenommen werden.<br />

Wegbereiter digitale Transformation<br />

Die beschriebenen Szenarien verdeutlichen den Nutzen und die<br />

vielfältigen Chancen, die die Digitalisierung der Wohnungs- und<br />

Immobilienwirtschaft bietet. Eins ist jedoch klar: Die Grundlage,<br />

um diesen Transformationsprozess in der Branche zu managen<br />

und neue Lösungen integrieren zu können, bilden digitale Ökosysteme,<br />

die Daten intelligent nutzen. Mit dem ERP-System als<br />

Kernstück und Drehscheibe aller Geschäftsabläufe vernetzen digitale<br />

Ökosysteme Immobilienunternehmen bzw. deren Mitarbeiter<br />

über verschiedene digitale Lösungen mit Kunden, Geschäftspartnern<br />

sowie technischer Geräteausstattung in Wohnungen und Gebäuden.<br />

Damit gewährleisten sie nahtlose Ende-zu-Ende-Prozesse.


65<br />

Beziehungsgefüge einfacher, effizienter und<br />

wirtschaftlicher steuern<br />

Bildet ein digitales Ökosystem die Wertschöpfungskette der Wohnungs-<br />

und Immobilienunternehmen ab, können diese ihre komplexen<br />

Beziehungsgefüge einfacher und wirtschaftlicher steuern.<br />

So sind beispielsweise alle Prozesse eines Mieterlebenszyklus zu<br />

einer ganzheitlichen Kundenbeziehung vernetzt, und bei der Instandhaltung<br />

verzahnt sich das Kundenbeziehungsmanagement<br />

reibungslos mit den Prozessen zur Einbindung der Lieferanten.<br />

Eine smarte Anbindung von Gebäudetechnik an das digitale Ökosystem<br />

und Lösungen, die Daten intelligent nutzen, ermöglichen<br />

es den Unternehmen, ihre Immobilien – unter anderem durch vorausschauende<br />

Wartung und ein strategisches Instandhaltungsmanagement<br />

– effektiver und energieeffizienter zu bewirtschaften.<br />

Außerdem profitieren Unternehmen in einem digitalen Ökosystem<br />

von umfassenden und vielfältigen Möglichkeiten. Diese erlauben<br />

jederzeit, bedarfsspezifisch, schnell und komfortabel weitere Anwendungen<br />

anzubinden und das Ökosystem für das Unternehmen<br />

passgenau aufzubauen. Die Wahl der Lösungen ist dabei<br />

über Standardschnittstellen offen – denn „one size fits all“ ist kein<br />

Credo des digitalen Fortschritts. Dies gilt im Übrigen auch für den<br />

Kern der digitalen Strategie – denn moderne Ökosysteme integrieren<br />

mehr als ein ERP-System.<br />

Vor diesem Hintergrund investiert die Aareon Gruppe intensiv<br />

in Forschung und Entwicklung für den zukunftsorientierten Ausbau<br />

der Aareon Smart World. Mithilfe von neuen Technologien wie<br />

künstlicher Intelligenz und Business Intelligence werden ein hoher<br />

Automatisierungsgrad, mehr Komfort und weitere Mehrwerte für<br />

Immobilienunternehmen und die Gesellschaft geschaffen. Bei der<br />

Weiterentwicklung des Angebotsportfolios greifen Pioniergeist<br />

und Co-Creation ineinander: Immobilienunternehmen, Bewohner<br />

und andere Partner werden mit ihren Anforderungen eng in den<br />

Entwicklungsprozess eingebunden. Auf diese Weise entstehen<br />

Lösungen, die das Arbeiten und Leben vereinfachen. h<br />

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66<br />

Digitalisierung<br />

Mit Drohnen und<br />

Innenscan zur digitalen<br />

Gebäudeakte<br />

Wie Digitalisierung helfen kann, das Instandhaltungsmanagement<br />

effektiv und transparent vom Schreibtisch aus durchzuführen.<br />

VON MATTHIAS HARTMANN CEO UND GRÜNDER DER IMMOTECH PLATTFORM GMBH


67<br />

Dortmund. In Zeiten von Fachkräftemangel und steigender Erwartungshaltung<br />

von Mietern und Eigentümern ist es nötig, auch<br />

das Gebäude- und Instandhaltungsmanagement zu erneuern und<br />

zu digitalisieren. In den letzten Jahren zog die Digitalisierung in<br />

der Immobilienbranche primär im Bereich der Neubauten ein, wo<br />

durch BIM und digitale Zwillinge bereits erhebliches Potenzial gehoben<br />

wurde. Doch speziell große Immobiliengesellschaften stehen<br />

vor der Herausforderung, die bereits im Einsatz befindlichen<br />

Systeme auf einen einheitlichen Stand zu bringen und Daten ihrer<br />

Objekte zu erheben, von denen viele schon weit vor dem Gedanken<br />

an „Digitalisierung“ erbaut worden sind. Das allumfassende<br />

Problem ist schlichtweg: Es fehlt an Daten!<br />

Modernste Technik<br />

Der Gedanke, einen digitalen Zwilling der eigenen Objekte oder<br />

Nutzungseinheiten verwenden zu können, ist insgeheim ein lang<br />

gehegter Wunsch, doch die Möglichkeiten waren bisher begrenzt.<br />

Mit Hilfe modernster Drohnen- sowie Innenscan-Technologie ist<br />

es mittlerweile möglich, bereits jahrhundertealte Gebäude digital<br />

abzubilden und jede noch so abgelegene Ecke zu erfassen. Gerade<br />

der Einsatz moderner Innenraumscanner machen das Innere<br />

des Gebäudes digital zugänglich. Dadurch bleibt kein Winkel des<br />

Gebäudes unentdeckt und vor allem wird die Möglichkeit geschaffen,<br />

die bestehenden Objekte virtuell zu begehen – und zwar von<br />

jedem Winkel der Erde aus.<br />

Unser Startup aus Dortmund wurde mit dieser Vision im Kopf<br />

gegründet und hat sich der Herausforderung angenommen. „Instandhaltungsmanagement<br />

vom Schreibtisch aus“ ist das Stichwort.<br />

Das Besondere hieran ist nicht der Einsatz der Technologie,<br />

sondern die Zusammenführung, Auswertung und Verfügbarkeit<br />

aller gesammelten Daten und Informationen auf einer Plattform,<br />

objektbezogen und anwendungsorientiert sowohl für Immobiliengesellschaften<br />

und Verwalter als auch für Städte und Gemeinden.<br />

Im Rahmen der Bauabnahme<br />

Wie bereits angeführt sind Daten und Informationen, teilweise<br />

sogar digitale Zwillinge bei Neubauten verhältnismäßig gut verbreitet.<br />

Diese Basisinformationen aus der Planung können über die<br />

Digitalisierungstechnologien mit den entstandenen realen Objektinformationen<br />

übereinandergelegt werden. Hieraus ergibt sich in<br />

der Praxis eine viel konkretere Datenbasis ab Zeitpunkt der Bauabnahme.<br />

“Wir nutzen die Dienste zur digitalen Bauabnahme von<br />

Neubauprojekten. So haben wir direkt eine Mängelliste,<br />

die wir abarbeiten können und zugleich den Zustand der<br />

Erstvermietung digital dokumentiert.”, äußert sich Tilo Eichler,<br />

Leiter des Kunden- und Objektmanagements der eG Wohnen<br />

1902 in Cottbus.<br />

Neben dem Aspekt der Transparenz in Bezug auf den Ist-Zustand<br />

des abgenommenen Objektes werden durch die Gebäudedigitalisierung<br />

signifikant häufiger Unsauberkeiten im Rahmen der Bauabnahme<br />

entdeckt. Diese führen im Lebenszyklus des Objektes zu<br />

Schäden, welche vermeidbar gewesen wären.<br />

Auslaufen der Gewährleistungsfristen<br />

Darüber hinaus führt Tilo Eichler aus, dass “die Digitalisierung<br />

und Begutachtung von Gebäuden, die aus der Gewährleistung<br />

laufen ein weiterer sinnvoller Use-Case für die eG<br />

Wohnen 1902, Cottbus darstellt. Dies ist ein wichtiger Moment<br />

im Lebenszyklus eines Gebäudes, der oft übersehen<br />

wird.”<br />

So konnten teilweise Primärschäden oder Baumängel vor Ablauf<br />

der Gewährleistung aufgezeigt werden, welche klassischerweise<br />

erst einige Jahre später durch deren Folgeschäden festgestellt<br />

worden wären.<br />

ImmoTech bietet darüber hinaus staatlich zertifizierte Schadensgutachten<br />

auf Basis der digitalen Daten an, die von erfahrenen<br />

Gutachtern mit und auf der Plattform erstellt werden. Für beide<br />

Seiten ein klarer Gewinn; die Gutachten erreichen aufgrund der<br />

Qualität des Rohmaterials eine außerordentliche Genauigkeit und<br />

f


68 Digitalisierung<br />

Über die ImmoTech Plattform GmbH<br />

Die ImmoTech Plattform GmbH – gegründet von<br />

Experten aus der Immobilienwirtschaft – bietet u.a.<br />

digitale Gebäudeakten und weitere interagierende<br />

Services, die ein vereinfachtes Instandhaltungsmanagement<br />

für Verwalter, Eigentümer oder auch<br />

Städte und Gemeinden ermöglichen.<br />

durch die Abwicklung über die Plattform eine verlässliche Standardisierung.<br />

Für die Gutachter bleiben umfangreiche Besichtigungen<br />

vor Ort aus, so dass hochwertige Schadensgutachten schnell und<br />

komfortabel erstellt werden können.<br />

Monitoring von Instandhaltungsbudgets<br />

Unabhängig von konkreten Fällen wie der Bauabnahme, dem Auslaufen<br />

der Gewährleistung oder in einem konkreten Schadensfall<br />

können digitale Objektdaten bei der langfristigen Planung einen<br />

erheblichen Mehrwert liefern.<br />

Timo Schäfer, Geschäftsführer der WBG der Stadt Zirndorf<br />

stellt klar: „Für uns stellt die Energieneutralität bis 2045 eine<br />

erhebliche Herausforderung dar. Gestartet im Juli 2021 haben<br />

wir jetzt bereits rund 60 Prozent unserer Gebäude als<br />

digitalen Zwilling auf der Plattform.“<br />

Um das Instandhaltungsbudget modern zu kontrollieren, ist es<br />

für die WBG notwendig, eine umfangreiche Übersicht über alle<br />

Objekte sowie deren aktuelle Zustände inklusive der unterschiedlichen<br />

Instandhaltungsmaßnahmen zu erhalten. Eine Eingliederung<br />

in kurz-, mittel- und langfristig notwendige Maßnahmen ermöglicht,<br />

den Fokus auf zukünftige Projekte zu lenken und hierbei<br />

gleichzeitig energetische Optimierungen zu berücksichtigen. Die<br />

Simplifizierung des Prozesses und die daraus resultierende Transparenz<br />

trägt zum sukzessiven Erfolg des Unternehmens bei, da<br />

sich durch den geschaffenen Überblick auf der Plattform weitere<br />

Bereiche erschließen und das Immobilien-Portfolio ganzheitlich<br />

besser, schneller und einfacher betreut wird.<br />

Oder wie es Tilo Eichler formuliert: „Durch die übersichtliche<br />

und transparente Datenbereitstellung konnten wir bereits<br />

Mängel evaluieren und umfassend beheben, ohne im Schadensfall<br />

Zeit zu verlieren.“<br />

Eine regelmäßige Erfassung des Objektzustandes per Drohne<br />

und Innenraumscan ist elementar. Dieses kann helfen, effektiver<br />

zu planen und zu erneuern und somit Schäden bereits proaktiv zu<br />

erkennen und zu beseitigen.<br />

„Der BVE testet im Rahmen seiner Unternehmensentwicklung<br />

vielversprechende Lösungsansätze in den unterschiedlichsten<br />

Bereichen, von Digitalisierungs- bis hin zu<br />

Nachhaltigkeitsthemen. In einem Pilotprojekt analysieren<br />

wir gemeinsam mit der ImmoTech Plattform GmbH die umfassenden<br />

Möglichkeiten, die sich aus der Erfassung von<br />

Gebäudedaten per Drohnenflug ergeben. Und das zum<br />

Start der Modernisierungsplanung des Objektes“, so Knud<br />

Einemann, Leiter Innovation, Finanzen und Projekte, beim Bauverein<br />

der Elbgemeinden eG.<br />

Management von Handwerkern, Dienstleistern und<br />

eigenen Mitarbeitern<br />

Genauso wie die Finanz- und Verwaltungsdaten in modernen ERP-<br />

Systemen gebündelt werden, stellt die strukturierte Zusammenführung<br />

aller Objektdaten im Portfolio einen Quantensprung dar.<br />

Dies kann jedoch nur der Anfang sein, um das Instandhaltungsmanagement<br />

kompletter Immobilienportfolios auf ein neues Level<br />

zu heben. Handwerker, Dienstleister und eigene Mitarbeiter sollen<br />

in der Lage sein, auf jeweils ausgewählte Daten eines Objekts zuzugreifen<br />

und entsprechend zu agieren. Das erleichtert nicht nur<br />

die Kommunikation mit verschiedenen Dienstleistern, sondern mi-


69<br />

nimiert mögliche kommunikative Fehler, welche zu Ineffizienzen<br />

führen. Außerdem entsteht hierdurch ein historischer Verlauf, welcher<br />

alle Maßnahmen rund um ein digitalisiertes Objekt detailliert<br />

und jederzeit nachvollziehbar dokumentiert – ohne Mehraufwand.<br />

Innovative Vermarktung und Versicherung<br />

von Immobilien<br />

Einer der zukünftig spannendsten Anwendungsfälle stellt sicherlich<br />

die Vermarktung und Versicherung von Objekten im professionellen<br />

Immobilienbereich dar. Allein die bereitgestellte Datenmenge<br />

und die sich hieraus ergebende Transparenz ist ein massiver Vorteil<br />

bei der Veräußerung oder Versicherung eines jeden Objekts. Jeder<br />

Versicherer hasst Unsicherheit und wenn eine überragende Datenlage<br />

zum Zustand eines Gebäudes bereitgestellt werden kann, bietet<br />

dies Vorteile bei der Verhandlung neuer Policen – und das gilt<br />

für das gesamte Portfolio.<br />

Durch zeitlich begrenzte exklusive Zugangsberechtigungen<br />

oder der Möglichkeit, ausgewählte Informationen zu einer Immobilie<br />

über die Plattform einsehen zu können, wird potenziellen<br />

Käufern eine völlig neue Art der Informationsaufbereitung geboten.<br />

Die Gebäude können faktisch virtuell begangen werden,<br />

etwa um eine Kaufentscheidung zu bestärken, um vorhandene<br />

Zweifel aus dem Weg zu räumen oder Objekte zu transferieren,<br />

ohne diese jemals live vor Ort gesehen haben zu müssen. Gerade<br />

für Eigentümer großer Portfolios oder mit Streubesitz ist dieses ein<br />

großer Vorteil. h


70 Digitale Nachhaltigkeit<br />

Smart nach Plan:<br />

Digitale Nachhaltigkeit in<br />

der Wohnungswirtschaft<br />

VON REBEKKA RUPPEL GESCHÄFTSFÜHRERIN POM+DEUTSCHLAND GMBH<br />

Im Zug der deutschen Klimaziele ist die Digitalisierung von Gebäuden<br />

wichtiger denn je. Insbesondere bei Wohnimmobilien sind dabei verschiedene<br />

Aspekte zu beachten, schreibt die Datenexpertin Rebekka<br />

Ruppel.


71<br />

REBEKKA RUPPEL<br />

ist Geschäftsführerin der pom+Deutschland GmbH, der deutschen Tochtergesellschaft<br />

eines führenden Schweizer Beratungsunternehmens für Immobilien.<br />

Die studierte Bauingenieurin, MSc. ETH, ist Präsidentin der International<br />

Building Performance & Data Initiative (IBPDI) von Microsoft, RICS, Building-<br />

Minds und pom+ und leitet den Arbeitskreis Daten im Digitalisierungsausschuss<br />

des ZIA. Rebekka Ruppel wird bei der vdw/<strong>VNW</strong>-Fachtagung Digitalisierung<br />

am 2. März in Hamburg als Referentin dabei sein.<br />

Ohne Smart kein Grün<br />

Digital Real Estate ist auf dem Vormarsch. Seit nunmehr<br />

einem halben Jahrzehnt sprechen wir gefühlt über wenig<br />

anderes. Der Dialog hat sich aber merklich verändert. Digitalisierung<br />

wurde komplexer und mehrdimensionaler; Gespräche<br />

über Cyber-Kriminalität und Cloud-Computing sind der Erarbeitung<br />

von Datenmodellen und Zukunftsvisionen im Metaverse gewichen.<br />

Die klassische Digitalisierungsstrategie wird immer mehr<br />

zur Strategie in einer digitalen Welt.<br />

In jüngerer Zeit wurde die digitale Transformation um einen<br />

gewichtigen Themenbereich erweitert: Spätestens seit der<br />

UN-Klimakonferenz im polnischen Kattowitz im Dezember 2018<br />

haben sich Nachhaltigkeit und Klimaneutralität als Standard im<br />

deutschen Immobilienjargon etabliert. Spannend ist die bisher gesonderte<br />

Betrachtung von ökologischen Überlegungen und digitalen<br />

Strategien in der Branche. Denn dabei handelt es sich um<br />

einen Trugschluss – Nachhaltigkeit ohne Daten bleibt eine Illusion.<br />

Wenn wir klimaneutral agieren wollen, müssen wir technologisch<br />

aufrüsten.<br />

Die deutsche Klimapolitik fordert von der Immobilienwirtschaft<br />

die Einhaltung bestimmter CO 2<br />

-Zielwerte, um bis 2045 unter<br />

dem Strich keine Treibhausgasemissionen mehr auszustoßen. Die<br />

Digitalisierung von Gebäuden bildet die Basis für die Beurteilung<br />

ebensolcher Vorgaben. Denn nur, wenn wir Werte automatisch<br />

erheben, standardisiert erfassen und strukturiert ausweisen, lassen<br />

sich Mehrjahresvergleiche einschätzen und Richtwerte überhaupt<br />

erst überprüfen. Daten sind also der Schlüssel zu einer besseren<br />

Umweltbilanz.<br />

Eine wichtige Errungenschaft im Kampf gegen den Klimawandel<br />

im Gebäudesektor dürfte die Erkenntnis sein, dass sich Rendite<br />

und Nachhaltigkeit nicht ausschließen – im Gegenteil! Dabei<br />

ist die Betrachtung der Lebenszykluskosten von entscheidender<br />

Bedeutung für den Werterhalt von Immobilien. Eine verlässliche<br />

Berechnung der Folgekosten von Investitionsentscheidungen bereits<br />

in der Planungsphase ist ausschlaggebend für den späteren<br />

Marktwert, gerade wenn man bedenkt, dass die Betriebs- und<br />

Unterhaltskosten über die gesamte Lebensdauer eines Gebäudes<br />

hinweg bei einer statischen Berechnung bis zu 40 Prozent ausmachen.<br />

Energiekosten fallen dabei normalerweise mit bis zu<br />

25 Prozent ins Gewicht!<br />

f<br />

Abbildung 1: Energetische Kostenfaktoren über den gesamten Lebenszyklus einer Immobilie


72 Digitale Nachhaltigkeit<br />

Nachhaltigkeit als Nebeneffekt<br />

Im Zug der Homeoffice-Vorgaben und Lockdown-Regelungen der<br />

letzten Monate und Jahre ist das insbesondere für die Wohnwirtschaft<br />

interessant. Heute ist Nachhaltigkeit im Wohnbereich mehrheitlich<br />

als Nebeneffekt von Kosteneinsparungen zu verstehen –<br />

und diese werden durch den Einsatz digitaler Mittel erreicht.<br />

So lassen sich Nebenkosten differenziert ermitteln und jederzeit<br />

mit geringem Aufwand prüfen, wenn einzelne Kostenfaktoren<br />

konsistent über alle Wohnungen gemessen, ausgewiesen und<br />

dokumentiert werden. Mieter-Apps, Nachhaltigkeits-Dashboards<br />

oder auch die smarte Steuerung von Licht und Strom führen durch<br />

Einsparungen beim Energieverbrauch einerseits zu Kostensenkungen<br />

auf Mieterseite und andererseits zu einer höheren Prozesseffizienz<br />

in der Bewirtschaftung. Des Weiteren können Veränderungen<br />

der Verbrauchsdaten einander gegenübergestellt werden<br />

und so als Belege für Mietzinsanpassungen angeführt werden.<br />

Smart nach Plan<br />

Die Einführung von smarten Technologien in der Wohnwirtschaft<br />

ist also fraglos sinnvoll. Doch die digitale Aufrüstung von Wohnimmobilien<br />

birgt verschiedene Herausforderungen, die es im Vorneherein<br />

zu evaluieren gilt. Bei der Verbauung von Hardware ist<br />

es z.B. wichtig, dass die Geräte zentral gesteuert werden können<br />

und nicht in einzelnen Wohneinheiten verbaut werden müssen.<br />

Denn der Produktlebenszyklus von digitalen Geräten ist nachweislich<br />

kurzlebig und die Kosten für deren Austausch nach Ablauf<br />

der Garantiefrist werden von der Verwaltung getragen. Auch der<br />

zeitliche Aufwand für die Terminfindung bei Ausfällen ist gerade<br />

bei großen Überbauungen nicht zu unterschätzen.<br />

Aber auch Software-Lösungen wollen gut überlegt sein.<br />

Viele Bestandshalter setzen heute auf den BYOD-Ansatz (Bring<br />

Your Own Device), wobei Mieterinnen und Mieter verpflichtet sind,<br />

ihre eigenen Mobilgeräte zu nutzen. Das erfordert eine stringente,<br />

regelmäßige Mieterkommunikation (z.B. im Fall von Updates<br />

oder neuen Funktionen) sowie digitale Kenntnisse auf Seiten der<br />

Verwaltung, die als erste Anlaufstelle im Sinn eines First Level Supports<br />

fungiert. Zudem stellen sich rasch Fragen zum Datenschutz,<br />

wenn persönliche Verbrauchsdaten und andere Informationen auf<br />

der Cloud des Anbieters gesammelt werden.<br />

Fazit: Kommunikation ist das A und O<br />

Zur Verstärkung unseres Teams sucht die<br />

Wohnungsbaugenossenschaft Soltau eG<br />

zum nächstmöglichen Zeitpunkt eine/n<br />

Immobilienkauffrau /-mann (m/w/d), Steuerfachangestellte/r<br />

(m/w/d) oder Bürokauffrau/-mann (m/w/d),<br />

für den Schwerpunkt: Finanzbuchhaltung<br />

Die angegebene Vollzeitstelle hat einen Umfang von 37h/Woche<br />

(ggf. in Teilzeit möglich mit mindestens 30h/Woche).<br />

Sie bringen mit:<br />

- Eine erfolgreich abgeschlossene kaufmännische Ausbildung<br />

- Versierter Umgang mit dem PC, besonders mit MS-Office<br />

- Selbstständiges Arbeiten, Eigeninitiative sowie gute organisatorische<br />

Fähigkeiten<br />

- Eine ausgeprägte Service- und Kundenorientierung<br />

- Freude am Umgang mit Menschen sowie ein höfliches und verbindliches<br />

Auftreten<br />

Wir bieten:<br />

- Die Sicherheit eines langfristigen Arbeitsplatzes in einem genossenschaftlichen<br />

Wohnungsunternehmen mit über 100-jähriger Tradition<br />

- Eine attraktive und leistungsgerechte Vergütung nach Tarif<br />

- 30 Tage Urlaub im Jahr<br />

- Förderung durch Weiterbildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen<br />

- Abwechslungsreiche Tätigkeiten mit Eigenverantwortung<br />

- Ein gutes Arbeitsklima in einem netten, motivierten Team<br />

Ihr Aufgaben- und Tätigkeitsbereich:<br />

- Finanzbuch- und Mitgliederbuchhaltung<br />

- Mitwirkung an den Jahresabschlussarbeiten<br />

- Mieter und Mitglieder kompetent und engagiert betreuen<br />

Ein profitables, umweltschonendes Gebäude stellt seine Nutzerinnen<br />

und Nutzer ins Zentrum aller Überlegungen. Die regelmäßige<br />

Kommunikation zwischen Bestandshaltern, Property Managern<br />

und der Mieterschaft birgt dabei viele Vorteile: Häufig wird die<br />

Mieterbindung dadurch erhöht, Mängel lassen sich frühzeitig feststellen<br />

oder sogar antizipieren und das Gebäude kann langfristig<br />

entlang der Mieterbedürfnisse ausgerichtet werden. Digitale Hilfsmittel<br />

sind dabei ein relevanter Erfolgsfaktor.<br />

Von scheinbar komplizierten Fragestellungen im Zusammenhang<br />

mit smarten Technologien sollte man sich indes nicht abhalten<br />

lassen. Die Kostensenkungen und Gewinne im Bereich der<br />

Nachhaltigkeit überwiegen den anfänglichen Aufwand. Es empfiehlt<br />

sich allerdings, ein klares Konzept mit relevanten KPI für<br />

Wohnimmobilien zu entwickeln und die Mieterschaft eingehend<br />

zu informieren, bevor man großflächig smarte Technologien einführt.<br />

h<br />

Wir haben Ihr Interesse geweckt? Dann freuen wir uns über<br />

Ihre aussagekräftigen Bewerbungsunterlagen.<br />

WGS Wohnungsbaugenossenschaft Soltau eG<br />

Reitschulweg 1a I 29614 Soltau<br />

info@wgs-soltau.de I Tel. 05191- 98 28 0


Bewegungsparcours für Wohnquartiere


74 Betriebskosten aktuell<br />

Betriebskosten<br />

aktuell<br />

Im Durchschnitt 95 Euro<br />

Haushalte mit Einkommen unter 1 300 Euro geben anteilig am<br />

meisten für Strom, Heizung und Warmwasser aus<br />

Köln. Der Anteil der Kosten für Wohnenergie an den Gesamtausgaben<br />

privater Haushalte hängt stark vom jeweiligen Nettoeinkommen<br />

ab. Im Jahr 2020 gaben Haushalte mit einem monatlichen<br />

Nettoeinkommen unter 1300 Euro im Schnitt 95 Euro für Wohnenergie<br />

aus. Das entsprach einem Anteil von 9,5 Prozent an den<br />

Konsumausgaben insgesamt. Das teilte das Statistische Bundesamt<br />

mit.<br />

Haushalte der höchsten Einkommensklasse, also mit monatlich<br />

mindestens 5000 Euro, gaben zwar mit durchschnittlich 206 Euro<br />

deutlich mehr für Wohnenergie aus. Der Anteil an den privaten<br />

Konsumausgaben war mit 4,7 Prozent allerdings nicht einmal halb<br />

so hoch wie bei den Haushalten der niedrigsten Einkommensklasse.<br />

Zu den <strong>Ausgabe</strong>n für Wohnenergie zählen die Kosten für Heizung,<br />

Strom und Warmwasser – unabhängig vom Energieträger.<br />

Demnach bezahlten Mieter im Jahr 2019 im Schnitt 1,09 Euro<br />

je Quadratmeter für das Heizen. Dazu kamen kalte Betriebskosten,<br />

die betriebswirtschaftliche Kosten der Hauseigentümer sowie<br />

kommunale Kosten wie Grundsteuer oder Müll- und Abwassergebühren<br />

abdecken. Sie überschritten laut der Studie 2019 erstmals<br />

einen Euro im Mittel.<br />

Bundesweit reicht die Spanne der gesamten Nebenkosten von<br />

3,30 Euro je Quadratmeter Wohnfläche in Memmingen im Allgäu<br />

bis 1,86 Euro in Dingolfing-Landau (Niederbayern). Unter den<br />

teuersten Kreisen finden sich mit Frankfurt und München (je 3,08<br />

Euro) zwei Metropolen. Auch in Offenbach und Mönchengladbach<br />

mit gut drei Euro sind die Nebenkosten hoch. Niedrig sind sie<br />

dagegen im Emsland und den Landkreisen Cochem-Zell, Trier-<br />

Saarburg sowie dem Eifelkreis Bitburg-Prüm.<br />

Die Wohnnebenkosten erhöhen den Angaben zufolge die Gesamtmiete<br />

im Mittel um 32 Prozent und bieten großes Einsparpotenzial.<br />

In günstigen Wohnregionen steigerten die Wohnnebenkosten<br />

die Gesamtmiete sogar um bis zu 50 Prozent der<br />

Grundmiete, heißt es in dem Papier, das im Auftrag des Immobilienunternehmens<br />

Deutsche Invest Immobilien erstellt wurde. Aber<br />

auch in ohnehin teuren Großstadtregionen könnten die Wohnnebenkosten<br />

die Gesamtmiete empfindlich nach oben treiben. h


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Die Energiewende bedeutet große Herausforderungen für den Gebäudebereich.<br />

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76 Betriebskosten aktuell<br />

KERSTIN ANDREAE<br />

Vorsitzende der<br />

BDEW-Hauptgeschäftsführung<br />

Rund 7 400 Wasserkraftwerke erzeugen<br />

deutschlandweit grünen Strom<br />

Berlin. Schon seit Jahrhunderten nutzen Menschen weltweit die<br />

Kraft des Wassers. Auch heute tragen rund 7400 Wasserkraftwerke,<br />

die ans Stromnetz angeschlossen sind, deutschlandweit<br />

zuverlässig zur regenerativen Stromerzeugung bei. Der Anteil von<br />

Wasserkraft an der Bruttostromerzeugung liegt bundesweit bei<br />

drei Prozent, ihr Anteil am erneuerbar erzeugten Strom bei sieben<br />

Prozent.<br />

Regional gibt es hier aber große Unterschiede. In Bayern, wo<br />

deutschlandweit die meisten Wasserkraftwerke stehen, stammen<br />

ganze 31 Prozent des erneuerbaren Stroms aus Wasserkraft. Auch<br />

im Nachbarbundesland Baden-Württemberg ist Wasserkraft ein zuverlässiger<br />

Energieerzeuger. Dort gehen fast ein Viertel (23 Prozent)<br />

der Bruttostromerzeugung aus Erneuerbaren Energien auf Wasserkraft<br />

zurück.<br />

Der Grund hierfür sind die unterschiedlichen Bedingungen für<br />

die Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien in Deutschland.<br />

Während im Norden vor allem energie aus Windkraft produziert<br />

wird, ist im Süden Wasserkraft ein wichtiger Faktor für die Stromerzeugung.<br />

So befinden sich die günstigsten Bedingungen für<br />

Wasserkraftnutzung in gefällereicheren Regionen sowie an allen<br />

größeren Flüssen.<br />

Anders als Wind- und Sonnenenergie ist die Stromproduktion<br />

aus Wasserkraft unabhängig von den Wetterverhältnissen und<br />

liefert auch dann zuverlässig Energie zur Deckung der Grundlast,<br />

wenn kaum Windaufkommen und Sonneneinstrahlung zu verzeichnen<br />

sind. „Wasserkraft stellt insbesondere im Süden Deutschlands<br />

einen unverzichtbaren Baustein der Energiewende dar“,<br />

sagt Kerstin Andreae, Vorsitzende der Hauptgeschäftsführung des<br />

Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft e.V. (BDEW).<br />

Es gelte insbesondere die Zulassungsverfahren nicht praxisfremd<br />

zu verschärfen, sodass die Erzeugungskapazitäten der<br />

Wasserkraft als verlässliche Säule im Erneuerbare-Energien-Mix<br />

erhalten bleiben. „Die Rahmenbedingungen für die Wasserkraft<br />

sind von der EU-Wasserrahmenrichtlinie maßgeblich vorgegeben.<br />

Diese Vorgaben sollten auf nationaler Ebene nicht weiter verschärft<br />

werden. Insbesondere Modernisierungen der Wasserkraftwerke<br />

zur effizienteren Nutzung der vorhandenen Infrastrukturen müssen<br />

möglich sein“, betont Andreae. Nur so könne das Potenzial von<br />

Wasserkraftwerken – ob Neubau oder Bestandsanlage – zur Erzeugung<br />

von grünem Strom ausgeschöpft werden. h


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78<br />

Betriebskosten<br />

EU-Kommission legt Vorschlag zur<br />

Überarbeitung der Gebäudeeffizienzrichtlinie vor<br />

Brüssel. Die Europäische Kommission hat Mitte Dezember vergangenen<br />

Jahres ihren Vorschlag zur Überarbeitung der Gebäudeeffizienzrichtlinie<br />

(EPBD) veröffentlicht. Die Revision der EPBD ist Teil<br />

des im Juli 2021 vorgelegten „Fit for 55“-Pakets und ergänzt die<br />

dort aufgeführten Maßnahmen, um das Ziel, bis 2050 einen emissionsfreien<br />

Gebäudebestand zu erreichen.<br />

Insbesondere wird das Zusammenspiel zwischen der EPBD, dem<br />

Emissionshandelssystem für Gebäude und Verkehr (EHS2) und dem<br />

Klima-Sozialfonds von Wichtigkeit sein. Mit der überarbeiteten<br />

Richtlinie soll bis 2050 ein emissionsfreier und vollständig dekarbonisierter<br />

Gebäudebestand erreicht werden Durch die Renovierung<br />

sollen Gebäude energieeffizienter und unabhängiger von fossilen<br />

Brennstoffen gemacht werden.<br />

Weiterhin soll laut EU-Kommission die Renovierung von Gebäuden<br />

die Senkung des Energieverbrauchs, der Emissionen und<br />

der Energiekosten herbeiführen, Arbeitsplätze schaffen und das<br />

Wirtschaftswachstum ankurbeln. Eine wesentliche Neuerung in der<br />

Richtlinie ist die Einführung von Mindesteffizienzstandards (MEPS).<br />

So soll bis spätestens 2030 kein Gebäude mehr der schlechtesten<br />

Effizienzklasse G angehören.<br />

In diese Klasse wiederum will die Kommission 15 Prozent des<br />

Gebäudebestandes eingruppieren. Das entspricht in Deutschland<br />

ca. drei Millionen Gebäuden. So entsteht die schon in der EU-Renovierungswelle<br />

geforderte Sanierungsrate von 2 Prozent. Da bis<br />

2033 zudem kein Gebäude mehr der Klasse F angehören soll, entsteht<br />

zusammengerechnet sogar eine Sanierungsrate von drei Prozent.<br />

Darüber hinaus überlässt die Kommission den Mitgliedstaaten<br />

die Entscheidung, ob sie zusätzlich eigene Standards festlegen wollen.<br />

Sie erwartet jedoch von ihnen, dass sie einen angemessenen<br />

Unterstützungsrahmen für die MEPS bereitstellen. Dieser soll u.a.<br />

finanzielle Unterstützung, technische Hilfe, Beseitigung nichtfinanzieller<br />

Barrieren und Beobachtung sozialer Auswirkungen beinhalten.<br />

Weiter ist im Vorschlag vorgesehen, dass von 2030 an alle neuen<br />

Gebäude emissionsfrei sind. Für öffentliche Gebäude soll das<br />

bereits von 2027 an gelten. Energieausweise sollen mit klaren und<br />

verbesserten Informationen ausgestattet werden. Die Ausweispflicht<br />

wird auf Gebäude, die einer größeren Renovierung unterzogen<br />

werden, auf Gebäude, für die ein Mietvertrag verlängert wird<br />

sowie auf alle öffentlichen Gebäude ausgedehnt.


79<br />

Gebäude und Gebäudeeinheiten, die zum Verkauf oder zur<br />

Miete angeboten werden, müssen ebenfalls über einen Ausweis<br />

verfügen. Außerdem muss die Energieklasse in allen Anzeigen angegeben<br />

und bis 2025 eine Harmonisierung der Energieausweise<br />

vorgenommen werden.<br />

Zudem sieht der EPBD-Vorschlag die Vorverkabelung vor, was<br />

einer kompletten Elektrifizierung aller Parkplätze bedeutet. Gleichzeitiges<br />

Laden an allen Parkplätzen soll ermöglicht werden und<br />

Lademöglichkeiten ohne vorherige Zustimmung des Vermieters<br />

oder des Wohnungseigentümers gebaut werden können. Die Mitgliedstaaten<br />

werden dazu verpflichtet, ihren nationalen Gebäudesanierungsplan<br />

in ihre nationalen Energie- und Klimapläne (NECPs)<br />

vollständig zu integrieren.<br />

Auch wenn im Vorschlag neben der Energieeffizienz auch die<br />

Treibhausgasreduktion als Ziel definiert wird und der Fokus auf die<br />

Bezahlbarkeit des Wohnens liegt, schafft der Vorschlag es (noch)<br />

nicht, Klimaschutz und bezahlbares Wohnen zu vereinbaren. Aus<br />

Sicht der Wohnungswirtschaft ist bedauerlich, dass in den Berechnungen<br />

und vorgeschlagenen Maßnahmen lediglich Einzelgebäude<br />

im Fokus stehen.<br />

Um echte Erfolge zu erzielen, muss das ganze Wohnquartier<br />

und nicht nur das einzelne Gebäude einbezogen werden. Ein Quartiers-<br />

und Flottenansatz könnte schnellere und kostengünstigere<br />

Treibhausgasminderungen bewirken. Einer notwendigen kurzfristigen<br />

Verdoppelung der Sanierungsrate infolge der Richtlinie und<br />

später weiteren Erhöhungen stehen zudem jetzt schon sehr knappe<br />

Handwerkskapazitäten im Weg.<br />

Wenn die Sanierungsrate allerdings nicht schnell erhöht werden<br />

kann, entsteht in wenigen Jahren ein Sanierungsstau. Der<br />

zunehmende Nachfragedruck wird die Preise weiter hochtreiben.<br />

Die Wohnungsunternehmen werden bei den notwendigen Investitionen<br />

dann unter starken Druck geraten, da neben der Modernisierung<br />

der Gebäude mit dem höchstem Energieverbrauch der<br />

Klassen G und E kaum noch Mittel für den Wohnungsbestand und<br />

-neubau zur Verfügung stehen.<br />

Mit der Vorlage des Gesetzgebungsvorschlags, voraussichtlich<br />

im Januar <strong>2022</strong>, werden die Bericht- und Schattenberichterstatter<br />

im Europäischen Parlament festgelegt. Die Trilogverhandlungen<br />

zwischen Rat, Europäischem Parlament und Kommission werden<br />

voraussichtlich im Februar unter der französischen Ratspräsidentschaft<br />

beginnen. Die EU-Kommission beabsichtigt, den Gesetzgebungsprozess<br />

bis zum Sommer <strong>2022</strong> abzuschließen, was jedoch<br />

unwahrscheinlich ist. h<br />

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80<br />

Betriebskosten<br />

Digitale Vernetzung bei Gas-, Stromund<br />

Wasserverträgen<br />

Mehr Vernetzung wagen, auch über Unternehmens- und Branchengrenzen<br />

hinweg: Was nach Zukunftsmusik klingen mag, ist in<br />

Duisburg gelebte Wirklichkeit. Wohnungswirtschaft, Energieversorger<br />

und Entsorger haben hier den Schulterschluss gesucht – und wichtige<br />

Kernprozesse gemeinsam digital aufgestellt.<br />

VON JÖRG MATHEIS<br />

Duisburg. Wohnungswirtschaft, Versorger und Entsorger: Mit<br />

ihrer Arbeit tragen die drei infrastrukturrelevanten Branchen maßgeblich<br />

zu einem funktionierenden Alltag in Städten und Gemeinden<br />

bei. Doch so sehr die Akteure in ihrem Tun auch eng<br />

miteinander verwoben sind, gibt es in der alltäglichen Arbeit doch<br />

typische Herausforderungen: über Jahre und Jahrzehnte entstandene<br />

Insellösungen. Silodenken oder Prozessbrüche sorgen an so<br />

mancher Stelle für Ineffizienzen – und bieten damit spannendes<br />

Optimierungspotenzial.<br />

Um sich zukunftsfähig aufzustellen und die Stadt der Zukunft<br />

mitzuprägen, können die Unternehmen jetzt vor allem eines tun:<br />

mehr Vernetzung wagen. Nicht umsonst hat das renommierte Zukunftsinstitut<br />

Konnektivität zu einem der Megatrends schlechthin<br />

unserer Zeit erklärt. Die zunehmende Vernetzung von allem und<br />

jedem prägt unsere Gesellschaft und Arbeitswelt wie nie zuvor.


81<br />

„Technologischer Fortschritt braucht das Zusammenspiel aller<br />

Akteure einer Stadt, damit Lebensqualität und Standortqualität<br />

weiter erhalten bleiben“, erklärte etwa Hamburgs IT-Chef Christian<br />

Pfromm kürzlich anlässlich der Bestplatzierung Hamburgs im Smart<br />

City Index 2021 | Bitkom e.V. vom Digitalverband Bitkom.<br />

Die Zeichen der Zeit sprechen eine deutliche Sprache: Unternehmen<br />

sollten Branchengrenzen überwinden und noch stärker<br />

als bisher den Schulterschluss suchen. Wie das gehen kann und<br />

welche Chancen sich den Beteiligten eröffnen, zeigt ein Blick nach<br />

Duisburg. Was für manche Ohren noch nach Zukunftsmusik klingt,<br />

ist hier längst gelebte Realität: Unternehmen auf Versorger-, Entsorger-<br />

und wohnungswirtschaftlicher Seite erschaffen in Duisburg<br />

Schritt für Schritt eine neue Perspektive für die Stadt der Zukunft:<br />

eine Connected City, in der infrastrukturrelevante Akteure dank<br />

enger Vernetzung optimal miteinander agieren. In enger Zusammenarbeit<br />

haben sie ihre bisherigen Prozesse auf den Prüfstand<br />

gestellt, neu gedacht und ins digitale Zeitalter gehoben.<br />

Eine Menge Optimierungspotenzial bieten die Zahlungs- und<br />

Abrechnungsprozesse rund um die Versorger- und Entsorgerleistungen.<br />

Sie verursachen insbesondere der Wohnungswirtschaft<br />

große Aufwände. Energieunternehmen oder Entsorger sollten an<br />

zwei verschiedenen Prozessstellen ansetzen, um ihren wohnungswirtschaftlichen<br />

Kunden das Leben leichter zu machen: bei der Abbuchung<br />

der Versorgerkosten und bei der Rechnungsstellung.<br />

Bei der Abbuchung der Versorgerkosten war es früher (und<br />

ist es oft heute noch) die Regel, dass der Versorger seine Energielieferungen<br />

summarisch berechnet und in einem Schwung beim<br />

Wohnungsunternehmen abbucht. Diese Abbuchung muss der Vermieter<br />

aufwändig auf unzählige Einzelposten herunterbrechen.<br />

Die Stadtwerke Duisburg AG hat deshalb bereits seit 2008 die<br />

Lösung BK01 Immoconnect der Aareal Bank im Einsatz. Dabei erhält<br />

jeder einzelne Zähler eine virtuelle Kontonummer und ist damit<br />

im Zahlungsverkehr zu identifizieren. Der Versorger teilt seine Abbuchungen<br />

in Zahlläufe auf, die sich an detaillierten Abrechnungspositionen<br />

orientieren. Der Prozess läuft komplett automatisch, das<br />

manuelle Herunterbrechen von Sammelbuchungen entfällt.<br />

Auch die Wirtschaftsbetriebe Duisburg digitalisierten und vereinfachten<br />

in den 2000er-Jahren die bis dato aufwändige Zahlungszuordnung.<br />

Der verbesserte Prozess wurde so zum gewichtigen<br />

Kundenbindungsinstrument.<br />

Auch auf Rechnungsebene gehen Stadtwerke und Wirtschaftsbetriebe<br />

in Duisburg neue Wege. Es galt, eine Alternative zu finden<br />

zum bisherigen, analogen Prozess: Bei vielen Wohnungsunternehmen<br />

kommen gegen Jahresende kistenweise Versorgerrechnungen<br />

an, die die Mitarbeiter sortieren und zuordnen, die Beiträge manuell<br />

erfassen und buchen müssen. Diese Aufwände lassen sich vermeiden<br />

mit digitalen, automatisch auslesbaren Rechnungsdaten:<br />

Mit der Aarealösung BK01 Econnect als SAP-basiertem Standardsystem<br />

lassen sich digitale Rechnungsdateien in verschiedensten<br />

Dateiformaten erzeugen, die individuell ausgeprägte Datensätze<br />

mitbringen. Beim Wohnungsunternehmen können Rechnungen<br />

automatisch ins ERP-System einfließen und digital weiterverarbeitet<br />

werden. Das bringt verwaltungstechnische Vorteile und erhöht<br />

die Datentransparenz.<br />

Aus dem gleichen Grund setzt auch die Fernwärme Duisburg<br />

GmbH auf BK01 Econnect, und zwar im Lösungsverbund mit den<br />

Stadtwerken Duisburg als Hauptanteilseigner. Nachdem das Unternehmen<br />

die Lösung im Rahmen einer Testphase geprüft hatte, erfolgte<br />

Anfang Januar 2021 mit der Jahresabschlussrechnung der<br />

erste digitale Rechnungsversand an einen Kunden.<br />

„Ich glaube, dass die Vernetzung zwischen Versorger und<br />

Wohnungswirtschaft zunehmen wird und empfinde diese Form der<br />

gemeinsamen Prozessdigitalisierung als ausgesprochen zukunftsträchtig.<br />

Die digitale Rechnung ist dabei sicher einer der bedeutendsten<br />

Bausteine", sagt Matthias Lötting, Geschäftsführer der<br />

Fernwärme Duisburg GmbH.<br />

Entsprechend groß ist die Freude über die optimierten Zahl- und<br />

Abrechnungsprozesse auf Seiten der Duisburger Wohnungswirtschaft.<br />

Hohe Aufwände in der Bearbeitung der Massenrechnungen,<br />

Intransparenzen über den Abrechnungsstatus und aufwändige<br />

Korrekturen von Zahlendrehern und anderen Fehlern, die bei<br />

der manuellen Bearbeitung eben passieren, sind den Beteiligten<br />

vom Immobilien-Management Duisburg (IMD), der GEBAG Duisburger<br />

Baugesellschaft mbH und der Wohnungsgenossenschaft<br />

Duisburg-Süd eG noch gut im Gedächtnis geblieben. Salah-ud-din<br />

Raja, Sachgebietsleiter Geschäftsbuchhaltung beim IMD, bringt<br />

es auf den Punkt: „Unser Ziel war klar: Wir wollten Quantität mit<br />

Qualität abwickeln.“<br />

Weniger Aufwände, höhere Prozessqualität und verbesserte<br />

Datentransparenz: Mit Blick auf diese Ziele setzen die drei Immobilienunternehmen<br />

in Zusammenarbeit mit ihren Lieferanten heute<br />

immer stärker auf digitale Zahl- und Abrechnungsprozesse mit<br />

hohem Automatisierungsgrad. Sie basieren auf zwei Lösungen aus<br />

der BK01-Familie der Aareal Bank.<br />

Das BK01 Betriebskosten Management automatisiert den kreditorischen<br />

Zahlungsverkehr im SAP-System. Jede Kostenart eines<br />

Vertrags erhält eine individuelle, virtuelle Kontonummer, die sich<br />

auf ein reales <strong>Ausgabe</strong>nkonto bezieht. Auf dieser Basis können die<br />

Nutzer SEPA-Mandate vergeben.<br />

Wohnungsunternehmen müssen keine Zahlung mehr aktiv<br />

anstoßen und haben in ihrer Buchhaltung eine komplett automatisierte<br />

Zuordnung der Abflüsse. Und die BK01 Rechnungsdatenverarbeitung<br />

digitalisiert den Rechnungsvorlauf: Sie regelt das<br />

automatische Bezahlen und Buchen von Überweisungen und Lastschriftenauszügen<br />

durch Dienstleister, Lieferanten, Kommunen etc.<br />

Im Zusammenspiel sorgen die wohnungs- und energiewirtschaftlichen<br />

BK01-Lösungen für eine durchgängige standardisierte<br />

Kommunikation der Buchhaltungssysteme aller Parteien. Die Projektbeteiligten<br />

auf wohnungswirtschaftlicher Seite berichten nicht<br />

nur von massiven Zeit- und Ressourceneinsparungen durch die neu<br />

aufgestellten, stringenten Prozesse, sondern auch von einer gesteigerten<br />

Datentransparenz – und freuen sich nicht zuletzt über<br />

den Nachhaltigkeitsaspekt der digitalen Lösungen: „Immerhin hat<br />

jede einzelne Rechnung zwischen zehn und 13 Seiten. Bei tausenden<br />

Gas-, Strom- und Wasserverträgen führt eine solche Prozessdigitalisierung<br />

schnell zu 10000 eingesparten Seiten Papier“, sagt<br />

Salah-ud-din Raja vom IMD weiter.<br />

In Duisburg wird das Prinzip der Konnektivität also längst in<br />

alltägliche Projektarbeit übersetzt. Dabei braucht es neben einem<br />

branchenübergreifenden Austausch aller Partner nicht nur die nötigen<br />

technischen Lösungen, sondern vor allem eine gemeinsame<br />

Vision, die sich in ein konkretes Ziel umschreiben lässt.<br />

Roman Aiyer von den Wirtschaftsbetrieben Duisburg hält eine<br />

prozessbasierte Zusammenarbeit, wie sie in Duisburg stattfindet,<br />

für zukunftsweisend: „Es ist ein absoluter Gewinn, dass all diese<br />

Akteure ein gemeinsames Spielfeld haben. Ich sehe die zusammen<br />

umgesetzten Digitalisierungsprojekte als Plattform für weitere Innovationen,<br />

die wir auf Basis dieser Zusammenarbeit entwickeln<br />

können.“ h


82<br />

Impressum 1_<strong>2022</strong><br />

HERAUSGEBER<br />

Verband norddeutscher Wohnungsunternehmen e.V.<br />

Hamburg – Mecklenburg-Vorpommern – Schleswig-Holstein<br />

Andreas Breitner<br />

Verbandsdirektor<br />

040 52011-215 | E-Mail: breitner@vnw.de<br />

WP/StB Gerhard Viemann<br />

Direktor für den Prüfungsdienst<br />

040 52011-240 | E-Mail: viemann@vnw.de<br />

WP/StB/RA Jürgen Wendlandt<br />

Stellv. Direktor für den Prüfungsdienst<br />

040 52011-275 | E-Mail: wendlandt@vnw.de<br />

Andreas Daferner<br />

Bildung<br />

040 52011-218 | E-Mail: daferner@vnw.de<br />

Dr. Peter Hitpaß<br />

Wohnungswirtschaft, Betriebskosten- und<br />

Medienrecht<br />

0385 48937-503 | E-Mail: hitpass@vnw.de<br />

Christoph Kostka<br />

Geschäftsführung<br />

<strong>VNW</strong> Landesverband Schleswig-Holstein<br />

040 52011-225 | E-Mail: kostka@vnw.de<br />

Steffen Laser<br />

Geschäftsführung<br />

<strong>VNW</strong> Landesverband Mecklenburg-Vorpommern<br />

0385 48937-501 | E-Mail: laser@vnw.de<br />

Petra Memmler<br />

Geschäftsführung <strong>VNW</strong> Landesverband Hamburg<br />

Technik und Energie<br />

040 52011-230 | E-Mail: memmler@vnw.de<br />

Nicola Olivier<br />

Datenschutz<br />

040 520 11 221 | Mail: olivier@vnw.de<br />

Andreas Thal<br />

Stellvertreter des Verbandsdirektors und Verwaltung<br />

040 52011-204 | E-Mail: thal@vnw.de<br />

REDAKTION<br />

Oliver Schirg<br />

Verantwortlich im Sinne des Presserechts<br />

040 52011-226 | E-Mail: schirg@vnw.de<br />

ANZEIGEN<br />

Ilka Schünemann<br />

0511 1265-123 | E-Mail: i.schuenemann@vdw-online.de<br />

GESTALTUNG<br />

hungerundkoch.com<br />

0511 51 99 46-00<br />

DRUCK<br />

QUBUS media GmbH<br />

Beckstraße 10 | 30457 Hannover<br />

RA Dr. Kai Mediger<br />

Recht, Genossenschaften und Quartiersentwicklung<br />

040 52011-238 | E-Mail: Mediger@vnw.de<br />

Mehr Informationen über den <strong>VNW</strong> finden Sie im Internet unter www.vnw.de<br />

Bildnachweise<br />

Titel: Bertold Fabricius; Seite 1: Bertold Fabricius; Seite 2: H.-P.Haack; Seite 3: Bertold Fabricius; Seite 6-7: Oliver Schirg; Seite 10: Rex banditor, falcon_crest_air;<br />

Seite 11: Bernadette Grimmenstein; Willing-Holtz; Seite 12: Bertold Fabricius, privat (3); Seite 13: privat; Seite 14-15: Bertold Fabricius<br />

(4), Seite 16-17: Stefan Sauer/dpa; Seite 18-19: Stefan Sauer/dpa (5); Seite 20: Oliver Schirg; Seite 21: Oliver Schirg, Stadt Flensburg; Seite 22-23:<br />

Bertold Fabricius, Seite 24: Bertold Fabricius; Seite 25: Drachenbau (1); Bertold Fabricius (2); Seite 26, 27: Bertold Fabricius (4), privat (1); Seite 28:<br />

Bertold Fabricius; Seite 31: privat; Seite 40: Paolese_Adobe Stock; Seite 42: Lübecker Bauverein, Neuwerk Architekten und Ingenieure GmbH; Seite<br />

43: Visualisierung bof architekten & hutterreimann landschaftsarchitektur (2); Seite 44: <strong>VNW</strong>, EBZ Business School, Robert Kneschke/AdobeStock;<br />

Seite 45: T. Ahlf SAGA, DESWOS, Daniel Bockwoldt/dpa; Seite 46: sculpies/AdobeStock, neueinsGmbH, Lübecker Bauverein; Seite 47: SMAP Architektur-<br />

und Generalplanung GmbH, Markus Tollhopf; Seite 48: Grafik: Bundesamt für Strahlenschutz; S. 52: envato; S. 64: AdobeStock_zapp2photo;<br />

S. 76: BDEW Trutschel; S. 78: finecki/AdobeStock; S. 80: saiko 3p/AdobeStock


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