VNW-Magazin Ausgabe 1/2022
Das VNW-Magazin erscheint fünf Mal im Jahr. Neben Fachartikeln enthält es Berichte und Reportagen über die Mitgliedsunternehmen des Verbands norddeutscher Wohnungsunternehmen - den Vermietern mit Werten.
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32 <strong>VNW</strong><br />
Dies hat der Senat, wie das Berufungsgericht im Ausgangspunkt<br />
nicht verkannt hat, bereits hinsichtlich der Vorgängerbestimmung<br />
zu § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a Alt. 2 BGB entschieden<br />
(Senatsurteil vom 15. April 1987 - VIII ZR 126/86, NJW-RR 1987,<br />
903 unter II 1 d) … Daran ist festzuhalten.<br />
b) Außerdem verkennt das Berufungsgericht, dass § 569 Abs. 3<br />
Nr. 1 Satz 1 BGB für Mietverhältnisse über Wohnraum ausdrücklich<br />
und abschließend bestimmt, welche Anforderungen<br />
an das Tatbestandsmerkmal eines nicht unerheblichen<br />
Rückstands im Sinne der Vorschrift des § 543 Abs. 2 Satz 1<br />
Nr. 3 Buchst. a Alt. 2 BGB zu stellen sind (so bereits Senatsurteil<br />
vom 15. April 1987 - VIII ZR 126/86, aaO [zu § 554 Abs.<br />
2 Nr. 1 BGB aF]) und damit kein Raum für eine richterliche<br />
Anhebung der Anforderungen an eine außerordentliche fristlose<br />
Kündigung wegen Zahlungsverzugs bleibt….“<br />
Diese Entscheidung des BGH überzeugt, weil sie exakt dem Wortlaut<br />
des Gesetzes entspricht. Das mag manchem Mieter ungerecht<br />
vorkommen und hier anscheinend auch der Vorinstanz, dem<br />
LG Berlin. Für etwaige Erwägungen, wie sie auch das LG Berlin<br />
angestellt hat, dass nämlich auf jeden der beiden Monate „ein<br />
nicht unerheblicher Mietrückstand“ entfallen müsse, belässt der<br />
eindeutige Wortlaut des Gesetzes jedoch keinen Raum.<br />
Nicht unerwähnt bleiben soll, dass der BGH sich auch zu dem<br />
in unseren mietrechtlichen Seminaren erwähnten Lehrbeispiel geäußert<br />
hat, wenn der Rückstand bei zwei aufeinanderfolgenden Monaten<br />
sich so verteilt, dass im ersten Monat eine volle Monatsmiete offen<br />
ist und im zweiten Monat nur einen Cent zu wenig gezahlt wird.<br />
Der Wortlaut des Gesetzes begründet auch in diesen Fällen<br />
eindeutig die Möglichkeit zur fristlosen Kündigung, weil das<br />
Gesetz es eben bereits ausreichen lässt, wenn eine Monatsmiete<br />
überschritten wird und sich der Zahlungsrückstand auf zwei<br />
aufeinanderfolgende Monate verteilt (Beispiel: Monatsmiete EUR<br />
1000,00, Januarmiete komplett offen, Februarmiete ein Cent offen,<br />
Zahlungsrückstand somit gesamt EUR 1000,01, verteilt auf<br />
zwei aufeinander folgende Termine).<br />
Der BGH führt hierzu wie folgt aus:<br />
„In Anbetracht dessen kann auf sich beruhen, ob einer außerordentlichen,<br />
fristlosen Kündigung eines Mietverhältnisses über<br />
Wohnraum nach § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a Alt. 2 BGB<br />
unter besonderen Umständen des Einzelfalls der Gesichtspunkt<br />
von Treu und Glauben (§ 241 Abs. 2, § 242 BGB) entgegenstehen<br />
kann, wenn der Rückstand eine Monatsmiete zwar übersteigt (§<br />
569 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 BGB), jedoch nur um einen Cent (vgl.<br />
MünchKommBGB/ Häublein, 8. Aufl., § 569 Rn. 42; BeckOGK-<br />
BGB/Geib, Stand: 1. Oktober 2021, § 569 Rn. 59), oder ob aus<br />
Gründen der Rechtsklarheit und -sicherheit auch ein solch geringfügiger<br />
Betrag als für den Kündigungstatbestand des § 543 Abs.<br />
2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a Alt. 2 BGB ausreichend anzusehen ist,<br />
ohne dass es noch einer Abwägung zwischen den Mieter- und<br />
den Vermieterinteressen bedürfte (vgl. Schmidt-Futterer/Streyl,<br />
Mietrecht, 15. Aufl., § 543 BGB Rn. 171; Lützenkirchen/Lützenkirchen,<br />
Mietrecht, 3. Aufl., § 569 BGB Rn. 97; jurisPK-BGB/Tiedemann,<br />
Stand: 25. Mai 2021, § 569 Rn. 149 mwN).“<br />
Es dürfte in der Praxis kaum vorkommen, dass tatsächlich der<br />
Mieter – zu seinem eigenen Schaden – im zweiten, darauffolgenden<br />
Monat, genau nur einen Cent zu wenig an Miete überweist.<br />
Meiner Ansicht nach – und so sieht es auch die herrschende<br />
Fachliteratur, siehe dazu die Zitathinweise des BGH – dürfte aber<br />
selbst auch bei nur einem Cent Rückstand im zweiten Monat die<br />
Möglichkeit zur fristlosen Kündigung bereits eröffnet sein.<br />
Sie finden das aktuelle Urteil des BGH vom 8.12.2021 zu VIII<br />
ZR 32/20 auf der Homepage des BGH.