VNW-Magazin Ausgabe 1/2022
Das VNW-Magazin erscheint fünf Mal im Jahr. Neben Fachartikeln enthält es Berichte und Reportagen über die Mitgliedsunternehmen des Verbands norddeutscher Wohnungsunternehmen - den Vermietern mit Werten.
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<strong>VNW</strong><br />
Alles was<br />
RECHT ist!<br />
Mieter müssen Kosten für Baumfällarbeiten mittragen<br />
Karlsruhe. Lässt der Vermieter einen<br />
morschen Baum fällen, darf er die Kosten<br />
grundsätzlich auf die Mieter umlegen. Das<br />
hat der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe<br />
in einem Urteil vom 10. November<br />
2021 entschieden. (Az. VIII ZR 107/20)<br />
In dem Fall aus Niedersachsen hatte<br />
eine Wohnungsgenossenschaft 2015 eine<br />
mehr als 40 Jahre alte Birke auf dem Anwesen<br />
fällen lassen, weil sie nicht mehr<br />
standfest war. Die Kosten von knapp<br />
2500 Euro wurden mit der nächsten Betriebskostenabrechnung<br />
auf die Mieter<br />
umgelegt. Die Klägerin sollte davon rund<br />
415 Euro übernehmen. Sie zahlte nur un-<br />
ter Vorbehalt und forderte vor Gericht das<br />
Geld zurück.<br />
Tatsächlich war die Frage, ob die Kosten<br />
für das Fällen eines absterbenden<br />
Baumes zu den umlagefähigen „Kosten<br />
der Gartenpflege“ gehören, bislang nicht<br />
höchstrichterlich geklärt – und umstritten:<br />
Einige Gerichte waren der Ansicht,<br />
dass der Vermieter damit nur seiner sogenannten<br />
Verkehrssicherungspflicht nachkomme<br />
oder einen Mangel beseitige. Das<br />
müsse er aus eigener Tasche bezahlen.<br />
Das sehen die BGH-Richterinnen und<br />
-Richter anders: In der Betriebskostenverordnung<br />
seien Baumfällarbeiten zwar<br />
nicht ausdrücklich genannt, sondern nur<br />
die „Erneuerung von Pflanzen und Gehölzen“.<br />
Bäume seien aber quasi verholzte<br />
Pflanzen. Und eine Erneuerung setze regelmäßig<br />
die vorherige Entfernung voraus.<br />
Dem Karlsruher Urteil zufolge kann hier<br />
außerdem von laufenden Kosten gesprochen<br />
werden – auch wenn nicht jedes Jahr<br />
ein Baum gefällt werde. Denn der Gartenpflege<br />
seien „längere, nicht sicher vorherbestimmbare<br />
Zeitintervalle immanent“.<br />
Die Beseitigung eines Baumes stelle für<br />
den Mieter kein völlig unerwartetes Ereignis<br />
dar. h<br />
Schadenersatz beim Bau möglich<br />
Luxemburg. Architekten und Bauherren<br />
in Deutschland können nach einem<br />
Urteil des Europäischen Gerichtshofs in<br />
bestimmten Fällen auf Schadenersatz<br />
vom Staat hoffen, weil die deutschen Honorarregeln<br />
gegen EU-Recht verstoßen.<br />
Jedes EU-Land müsse sicherstellen, dass<br />
Einzelnen ein Schaden ersetzt werde, der<br />
wegen Verstößen gegen europäisches<br />
Recht entstanden sei, teilte der EuGH mit<br />
(Rechtssache C-261/20). Nun muss der<br />
BGH abschließend über den Fall urteilen.<br />
Bei dem Urteil ging es um die deutsche<br />
Honorarordnung für Architekten und<br />
Ingenieure (HOAI), die nach einem Urteil<br />
des EuGH aus dem Jahr 2019 gegen europäisches<br />
Recht verstößt. In der Honorarordnung<br />
werden für Planungsarbeiten<br />
Mindest- und Höchstpreise festgelegt.<br />
Geklagt hatte damals die EU-Kommission,<br />
die beanstandete, dass Anbieter aus anderen<br />
EU-Staaten daran gehindert würden,<br />
sich in Deutschland niederzulassen,<br />
da sie nicht über den Preis konkurrieren<br />
könnten.<br />
Der BGH prüfte dann anhand eines<br />
Verfahrens die Auswirkungen des EuGH-<br />
Urteils auf bestehende Planungsverträge,<br />
in denen ein Honorar unterhalb des Mindestsatzes<br />
vereinbart wurde – und der Planer<br />
nachträglich den Mindestsatz verlangt<br />
hatte. Deutsche Gerichte waren sich nicht<br />
einig, ob die HOAI weiter anzuwenden sei.<br />
Das oberste Gericht der EU entschied<br />
weiter, dass deutsche Gerichte die Honorarordnung<br />
bei Streitigkeiten zwischen<br />
Privaten auch weiterhin anwenden können.<br />
Denn die EU-Vorgaben haben keine<br />
unmittelbaren Wirkungen für Privatpersonen,<br />
sondern sind eine Anweisung an<br />
einen Staat.h