VNW-Magazin Ausgabe 1/2022
Das VNW-Magazin erscheint fünf Mal im Jahr. Neben Fachartikeln enthält es Berichte und Reportagen über die Mitgliedsunternehmen des Verbands norddeutscher Wohnungsunternehmen - den Vermietern mit Werten.
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DR. KAI MEDIGER<br />
ist Rechtsanwalt und Kaufmann der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft<br />
und betreut die Themen Genossenschaften, Datenschutz, Quartiersentwicklung,<br />
Betriebskostenrecht und Wohnungseigentumsrecht.<br />
Das bedeutet im Umkehrschluss:<br />
Wenn der Mietrückstand in zwei aufeinanderfolgenden Monaten<br />
(Januar und Februar <strong>2022</strong>) die Miete für einen Monat übersteigt,<br />
weil der Mieter beispielsweise im Januar überhaupt nicht gezahlt<br />
hat und im Februar einen Cent der Februarmiete nicht gezahlt<br />
hat, dann besteht dem Wortlaut dieser Gesetzesregelung nach<br />
ein wichtiger Grund zur fristlosen Kündigung.<br />
Denn dann ist die „Miete für einen Monat überstiegen“, zugleich<br />
setzt sich dieser Mietrückstand zusammen aus „zwei aufeinander<br />
folgenden Terminen“ (Januar und Februar). In diesem<br />
Sinne hat der BGH in 1987 schon einmal entschieden, und das<br />
nun in 2021 wiederholt.<br />
Der Sachverhalt lautet wie folgt:<br />
Eine Vermieterin hatte ihrer Mieterin wegen Zahlungsrückständen<br />
von EUR 839,00 im Februar 2018 fristlos gekündigt. Die Monatsmiete<br />
betrug EUR 704,00. Für den Monat Januar 2018 bestand<br />
ein Zahlungsrückstand in Höhe von EUR 139,00, für den Monat<br />
Februar 2018 hat die Mieterin überhaupt keine Miete entrichtet.<br />
Es bestand somit ein Zahlungsrückstand für zwei aufeinanderfolgende<br />
Monate, der eine Monatsmiete (EUR 704,00) übersteigt.<br />
Das AG gab der Räumungs- und Herausgabeklage konsequenterweise<br />
gemäß der oben dargestellten Gesetzeslage statt.<br />
Die Beklagte sei zur Zeit der Kündigung für zwei aufeinander folgende<br />
Monate mit der Entrichtung eines die geschuldete Miete<br />
für einen Monat übersteigenden – und damit nicht unerheblichen<br />
– Teils der Miete in Verzug gewesen.<br />
Das LG Berlin als Berufungsinstanz wies die Klage der Vermieterin<br />
ab. Nach Auffassung des LG Berlin reiche es nicht aus,<br />
wenn der Gesamtbetrag des Rückstands von insgesamt EUR<br />
839,00 eine Monatsmiete übersteige, sofern der übersteigende<br />
Rückstand – so wie hier – lediglich 19 Prozent der Miete betrage.<br />
Nach Auffassung des LG Berlin ist für eine fristlose Kündigung<br />
nach § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a Alt. 2 BGB über das Erfordernis<br />
des § 569 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 BGB hinaus, wonach der<br />
rückständige Teil die Miete für einen Monat übersteigen muss,<br />
zusätzlich notwendig, dass für jeden der beiden aufeinander folgenden<br />
Monate „ein nicht unerheblicher Teil der Miete“ offengeblieben<br />
ist. Als nicht unerheblicher Rückstand nach § 543 Abs. 2<br />
Satz 1 Nr. 3 Buchst. a Alt. 2 BGB könne nur ein Mietanteil „etwa“<br />
in Höhe einer hälftigen Monatsmiete angesehen werden.<br />
Der BGH sah das mit seinem nun kürzlich veröffentlichten Urteil<br />
vom 8.12.2021 anders und verweist auf sein damaliges Urteil<br />
aus 1987 und den (in der Tat eindeutigen) Gesetzeswortlaut, der<br />
gerade nicht darauf abstellt, dass „für jeden der beiden aufeinander<br />
folgenden Monate“ ein nicht unerheblicher Teil der Miete<br />
offengeblieben sein müsse.<br />
Der Wortlaut des Gesetzes stelle eben nur darauf ab, dass<br />
– bei zwei aufeinander folgenden Zahlungsterminen wie Januar<br />
und Februar – die Gesamthöhe der beiden rückständigen Teilbeträge<br />
mehr als eine Monatsmiete betragen muss. Es kommt dabei<br />
nicht darauf an, wie sich die beiden Teilrückstände verteilen und<br />
ob z.B. im zweiten Monat nur ein geringfügiger Rückstand vorhanden<br />
ist, während der Großteil der Mietrückstände sich auf den<br />
ersten Monat verteilt.<br />
Der BGH führt dazu auszugsweise wie folgt aus:<br />
„Gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a Alt. 2, § 569 Abs. 3<br />
Nr. 1 Satz 1 BGB ist die Erheblichkeit des zur außerordentlichen<br />
fristlosen Kündigung wegen Zahlungsverzugs bei Wohnraummietverhältnissen<br />
berechtigenden Mietrückstands allein nach<br />
der Gesamthöhe der beiden rückständigen Teilbeträge zu<br />
bestimmen. Der Gesamtrückstand ist – wie hier – jedenfalls<br />
dann nicht mehr unerheblich, wenn er die für einen Monat<br />
geschuldete Miete übersteigt. Eine darüberhinausgehende<br />
gesonderte Bewertung der Höhe der einzelnen monatlichen<br />
Rückstände im Verhältnis zu einer Monatsmiete sieht<br />
das Gesetz nicht vor.