VNW-Magazin Ausgabe 1/2022
Das VNW-Magazin erscheint fünf Mal im Jahr. Neben Fachartikeln enthält es Berichte und Reportagen über die Mitgliedsunternehmen des Verbands norddeutscher Wohnungsunternehmen - den Vermietern mit Werten.
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Hamburg. . Eine Baugemeinschaft zu gründen und ein gemeinsames<br />
Projekt anzugehen, kostet viel Arbeit, Zeit und Geld. Die<br />
knapp 80 Mitglieder der 2018 gegründeten Kleinstgenossenschaft<br />
Baumhaus Altona, darunter 40 Erwachsene, wissen das nach mittlerweile<br />
drei intensiven Jahren voller Vorbereitungen, bürokratischem<br />
Aufwand, Planungen, vielen Treffen und Gesprächen.<br />
Nicht immer ist der Blick auf diese Zeit positiv gefärbt. Doch je<br />
näher der Termin der Bauantragstellung rückt, desto größer wird<br />
die Vorfreude auf ihr gemeinsames Mehrfamilienhaus, was in einem<br />
Neubaugebiet am Othmarscher Kirchenweg entstehen soll.<br />
Entstanden ist die Baumhaus Altona aus einer Fusion zweier<br />
Baugemeinschaften: „Unser Eulennest“, die sich 2010 gegründet<br />
hatte, um ihren Traum vom gemeinsamen Wohnen zu bezahlbaren<br />
Preisen in Hamburg zu verwirklichen und bereits drei (erfolglose)<br />
Bewerbungen hinter sich hatte, und „Haus Hamburg 2014“, die<br />
mit frischer Energie und viel Projektfreude aufwartete.<br />
„Die Fusion war sinnvoll, weil wir durch den Zusammenschluss<br />
die Erfahrungen und Kompetenzen von ‚Unser Eulennest‘ nutzen<br />
konnten“, sagt Rosa Thoneick, Mitglied der Baumhaus Altona. „Im<br />
April 2018 haben wir uns als Gruppe zum ersten Mal getroffen,<br />
Ende Mai 2018 die Bewerbung abgegeben – und hatten Erfolg.“<br />
Der Start war holprig<br />
Der Anfang war etwas holprig. „Wir kannten einander nicht,<br />
mussten aber sofort mit den Planungen loslegen“, erinnert sich die<br />
35-Jährige Stadtforscherin und Journalistin. Das bedeutete, Aktion<br />
auf mehreren Ebenen: sich kennenlernen, Wünsche der Mitglieder<br />
austaxieren, Pläne machen, Arbeitsgemeinschaften gründen. „Ein<br />
Kraftakt, und all das ehrenamtlich neben Beruf und Familie.“<br />
Geplant ist ein Wohngebäude in Holzmassivbauweise mit 24<br />
Wohneinheiten, ein Gemeinschaftsraum mit Küche, Gemüsegarten,<br />
Spielplatz und Feuerstelle. 22 Einheiten sind bereits vergeben,<br />
zwei bleiben frei für Flüchtlingsfamilien, die die Kleinstgenossenschaft<br />
in ihre Gemeinschaft integrieren möchte. Soziales und ökologisches<br />
Engagement ist den Parteien wichtig und Bestandteil des<br />
Konzeptes, über das in 14-tägigen Treffen – derzeit nur digital –<br />
diskutiert wird.<br />
Wunsch nach einem Leben in Gemeinschaft<br />
Aber warum eine Baugemeinschaft? „Wir alle wünschen uns bezahlbaren<br />
Wohnraum in der Stadt, fern von Grundstücks- und Immobilienspekulationen,<br />
sowie ein Leben in Gemeinschaft“, sagt<br />
Rosa Thoneick. Für jeden ist der passende Wohnraum geplant worden.<br />
Die 35-jährige zieht in eine Singlewohnung, eine fünfköpfige<br />
Familie bekommt eine Fünfzimmerwohnung in dem Komplex.<br />
„Der Kern unserer Gruppe besteht überwiegend aus Familien<br />
mit kleinen Kindern, die sich gegenseitig helfen und unterstützen<br />
wollen. Aber es sind auch Paare mit und ohne Kinderwunsch sowie<br />
Alleinstehende, die einziehen. Niemand von uns will allein und anonym<br />
leben und alt werden“, sagt Thoneick. Durch die Genossenschaft<br />
einen dörflichen Charakter herstellen, wo jeder jeden kennt,<br />
und das mitten in einer großen Metropole – das ist das, was sich<br />
Rosa Thoneick wünscht – ebenso wie die anderen Mitglieder.<br />
Grundideen der Genossenschaftsbewegung leben<br />
noch heute<br />
Die Wünsche und Vorstellungen der jungen Genossenschaft sind<br />
ein klares Bekenntnis zu den Grundideen der ersten Wohnungsbaugenossenschaften,<br />
die sich Mitte des 19. Jahrhunderts gründeten.<br />
Menschen taten sich zusammen, um sich gemeinsam selbst zu<br />
helfen, ohne auf staatliche Unterstützung oder private Wohltätigkeit<br />
zu setzen oder zu hoffen.<br />
Aber heute sind es selten mittellose Menschen, die sich zusammentun.<br />
Bei Baumhaus Altona muss jedes Mitglied Eigenkapital<br />
mitbringen – 800 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche, unabhängig<br />
vom individuellen Vermögensstand. Nur so sei die Förderung<br />
durch die Stadt gewährleistet.<br />
Dass man bereits ein kleines Vermögen als Einlage zahlen muss,<br />
um am Ende öffentlich geförderten Wohnraum zu schaffen, sei ein<br />
Fehler im System, kritisieren viele der Mitglieder. Dafür bekommen<br />
sie jedoch gemeinschaftlich genutztes Eigentum in einer besonders<br />
nachgefragten Wohngegend, in der die meisten sich keine Wohnung<br />
vom freien Markt leisten könnten, wie ein Gründungsmitglied<br />
zugibt.<br />
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