DER KONSTRUKTEUR 3/2022
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SOFTWARE & PROTOTYPING<br />
Das Schweizer Unternehmen Maxon Motor ist bekannt für<br />
seine Antriebstechnik, die es in verschiedenen Rovern<br />
der Nasa bis auf den Mars gebracht hat. Weniger bekannt<br />
ist der Hightech-Bereich technische Keramik in<br />
Sexau bei Freiburg, der über ein gewaltiges Know-how in Sachen<br />
technischer Keramik verfügt. Mittels Ceramic Injection Moulding<br />
(CIM), ein dem Metal Injection Moulding artverwandtes<br />
Spritzgussverfahren für Keramik entstehen Serienbauteile in<br />
Stückzahlen von mehreren Zehntausend. Doch bei aller Erfahrung:<br />
Ob eine neue Idee wirklich zündet, ein Teil aus Keramik<br />
überhaupt realisierbar ist, sich so verhält wie geplant, das stellt<br />
sich selbst unter Einsatz aktueller Konstruktionsmethoden wie<br />
CAD, Finite-Element-Berechnungen und Simulation oft erst in<br />
der Realität heraus.<br />
Der herkömmliche Weg eines keramischen Bauteils von der<br />
Idee zum realen Teil ist jedoch zeit- und kostenintensiv. Es bedarf<br />
einer teuren Form, um den zu sinternden Grünling herzustellen.<br />
Anschließend wird er in einem aufwendigen Prozess gedreht und<br />
gefräst, gesintert und nochmals schleiftechnisch bearbeitet. Stefan<br />
Zilm, Leiter Business Development & Quality-Engineering im<br />
Competence Center CIM/MIM in Sexau gibt zu: „Das ist für ein<br />
erstes Muster recht aufwendig, es kostet viel Zeit und Geld.“<br />
SCHNELLER ZUM PROTOTYPEN<br />
MIT KERAMIKDRUCK<br />
Es sei denn, man nutzt die von Kunststoffen und zunehmend<br />
auch Metallen bekannte Abkürzung des 3D-Drucks. Während der<br />
Druck mit Kunststoff und Metall schon seit einigen Jahren im<br />
industriellen Alltag angekommen ist, befindet sich der Keramikdruck<br />
noch auf dem Sprung vom Labor in die Werkshallen. Doch<br />
die Vorteile schienen zu verlockend, sodass Maxon bereits vor<br />
etwa fünf Jahren erste Versuche startete, um Anwendern schneller<br />
Prototypen ihrer Keramikbauteile liefern zu können – und echte<br />
Pionierarbeit zu leisten. Zilm: „Mit solch einem Drucker lassen<br />
sich die ersten zwei bis drei Entwicklungsschleifen viel einfacher<br />
und schneller bewältigen.“<br />
Nach intensiver Marktforschung entschied sich Maxon für<br />
einen Drucker des französischen Herstellers 3DCeram, der den<br />
eigenen Wünschen angepasst wurde. „Uns haben vor allem die<br />
Präzision und die recht große Druckfläche von 300 auf 300 mm<br />
überzeugt“, erklärt Zilm. Der Drucker basiert auf dem von Kunststoffen<br />
bekannten Stereolithografie-Verfahren, bei dem ein Laser<br />
eine Emulsion aus Binder und keramischem Pulver verfestigt<br />
und so ein Bauteil Schicht für Schicht von unten nach oben aufbaut.<br />
Die Schichtdicke beträgt zwischen 0,025 und 0,125 mm.<br />
Nach jedem Auftrag fährt das Druckbett einen Schritt nach unten.<br />
Das sorgt für gleichmäßige Schwindung beim Härten und hohe<br />
Präzision sowie die Wiedergabe kleinster Details. Eine Stützkonstruktion<br />
ist grundsätzlich nicht notwendig. Die besondere Stärke<br />
der Anlagen von 3DCeram: Es lassen sich auch besonders kleine<br />
Teile mit nur 50 mm 3 Volumen herstellen.<br />
Für keramische Bauteile werden, je nach Anforderungsprofil,<br />
meist Zirkon- oder Aluminiumoxid eingesetzt, die „Brot- und<br />
Butter-Werkstoffe“ der technischen Keramik. Beide gibt es als<br />
Emulsion für den 3D-Drucker. Entbinderung und Sintertechnik<br />
entsprechen dem CIM-Verfahren, sodass die im 3D-Drucker hergestellten<br />
Grünlinge dieselben Fertigungsanlagen durchlaufen<br />
können wie die Serienteile. Abhängig von der Komplexität des<br />
gewünschten Bauteils und dem notwendigen Toleranzniveau<br />
sind auch Kleinserien möglich und zum keramischen Spritzguss<br />
eine sehr gute Alternative.<br />
Grenzen weise das Verfahren laut Zilm aufgrund des Durchmessers<br />
des UV-Laserspots auf, der nur bestimmte minimale<br />
Wandstärken zulasse. Gereinigt werden die Teile mittels Druckluft<br />
und einem Additiv, um das überflüssige Material vom Bauteil<br />
zu lösen. Bohrungen von 0,5 mm und kleiner lassen sich damit<br />
nicht ganz so perfekt rund wie im Spritzgussverfahren herstellen,<br />
was aber für Prototypen in der Regel völlig ausreiche.<br />
01<br />
02<br />
01 Die Präzision und die recht große Druckfläche von 300 × 300 mm<br />
haben Maxon dazu bewegt, sich für den Drucker des französischen<br />
Herstellers 3DCeram zu entscheiden<br />
02 Nach dem Druck werden die Teile mittels Druckluft und einem<br />
Additiv gereinigt, um das überflüssige Material vom Bauteil lösen<br />
www.derkonstrukteur.de <strong>DER</strong> <strong>KONSTRUKTEUR</strong> <strong>2022</strong>/03 39