KUWI_Zeitung_Fruejahr_22_23.02.2022_DIGITAL
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VON DEN SEEIGELN IM
HAUSRUCKER SCHLIER
Ein Hügel hinter dem anderen. Auf dem einen wächst lichter Laubwald, am nächsten steht ein
alter Vierseithof, am dritten grasen Kühe. Und am Horizont ist das Höllengebirge zu sehen. Wer
wissen will, warum das Hausruckviertel so eine hügelige und zugleich fruchtbare Gegend ist, der
braucht sich nur den Boden anschauen.
Wir stehen hier auf Schlier - auf tonig-sandigen Ablagerungen
aus einem flachen tropischen Meer - an die achtzehn Millionen
Jahre alt. Mit ein wenig Glück lassen sich in diesem Schlier
Fossilien finden, die auch ein Laie erkennt - kleine Seeigel,
Schnecken und Muscheln.
Zu Beginn dieser Zeit hat dieses flache Meer noch Kontakt zum
Atlantik, dann reißt die Verbindung zum großen Meer ab. Aus
dem salzigen Binnenmeer wird mit zunehmender Verlandung
ein Mosaik von Brackwasser- und Süßwasserseen. Und irgendwann
verlanden auch die - übrig bleiben Kohlesümpfe und
Moore. Vor gut hundertsiebzig Jahren ist den Geologen so eine
Schliergrube aufgefallen, weil es hier besonders viele Fossilien
gab. Zwischen Ottnang und Wolfsegg haben damals Bauern
den tonigen Schlier abgebaut, um damit ihre Felder zu düngen.
Und an den steilen Hängen des Abbaues sind immer wieder
neue Muscheln und Schnecken gefunden worden. Bisher un-
bekannte Arten, von denen einige nach dem Fundort benannt
worden sind. Und vor gut fünfzig Jahren ist dann eine ganze
geologische Epoche nach dem Ort benannt worden - „Ottnangium“.
Ein Begriff, der sich europaweit eingebürgert hat.
Über der Ottnanger Schliergrube ist trotzdem bald wieder Gras
gewachsen, im wörtlichen Sinn. Vor rund vierzig Jahren hat
dann die Österreichische Naturschutzjugend mit Unterstützung
des Landes Oberösterreich die Schliergrube angekauft
und wieder frei gelegt. Mittlerweile gibt’s dort Schautafeln -
und einen Weg, der von der Wolfsegger Schanze hinunter führt
zur Schliergrube.
Und entlang des Weges wachsen etliche urtümliche Gewächse,
die es hier schon vor Millionen von Jahren gegeben hat. So kann
man sich ein wenig vorstellen, wie es ausgesehen hat, nachdem
das flache Meer verschwunden war. Im Hausruck liegen über
dem Ottnangium, den Ablagerungen aus dem flachen Meer,
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