WOLL Magazin 2022.2 Sommer
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Jüdische Familien in Sauerländer Dörfern<br />
BEGEGNUNG MIT DER ERINNERUNG<br />
Petra Kleine<br />
sabrinity<br />
Auf dem jüdischen Friedhof in Madfeld können wir auch heute noch den<br />
Spuren des jüdischen Lebens im Ort begegnen.<br />
J<br />
eder Blick zurück<br />
in die Vergangenheit<br />
lässt uns mehr finden als<br />
wir erwarten. Traurige Schicksale berühren<br />
uns. Chroniken und Erzählungen<br />
der älteren Generation machen Erlebtes lebendig.<br />
Überlieferte Anekdoten lassen uns schmunzeln. Dies<br />
gilt auch für den Blick zurück auf das jüdische Leben in<br />
unseren Dörfern.<br />
Gebannt lausche ich, wenn mein Vater Geschichten von früher erzählt. Besonders<br />
berührend ist diese: „Ihr müsst hier weg“, beginnt er. „Das hat mein Vater, also dein<br />
Großvater, an jenem Abend seinem jüdischen Freund Ernst gesagt. Er hatte zufällig gehört, dass sein Name auf der Liste<br />
derer stand, die am nächsten Tag ’abgeholt’ werden sollten. ’Dann muss ich aber morgen erst zur Kasse, um Geld für die<br />
Reise abzuheben’, antwortete dieser. ‘Ihr müsst sofort weg. Noch heute Nacht, denn sie wollen euch schon morgen früh<br />
holen! ’ entgegnete mein Großvater. ’Hier hast du ein bisschen Geld von mir, aber du musst dich beeilen!’ Das hat er dann<br />
auch getan und konnte gerade noch rechtzeitig fliehen.“ Anderen gelang das nicht. Mehrfach wurden Juden abgeholt und<br />
meist nach Theresienstadt, später Auschwitz, deportiert. Wie die 66-jährige Madfelder Jüdin Fanny Goldschmidt, Mutter<br />
40 - <strong>WOLL</strong> <strong>Sommer</strong> 2022