Die Kraft des Evangeliums 2/2022
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Wenn ich ein Podium betrete, um über<br />
das Thema »Leben als Single« zu sprechen<br />
(das kommt ziemlich häufig vor,<br />
weil ich selbst Single bin), suche ich unter den Zuhörern<br />
nach einem ganz bestimmten Typ Frau.<br />
Sie ist jung und sitzt mit gesenktem Kopf und mit<br />
verschränkten Armen zusammengesunken auf<br />
ihrem Stuhl. Sie ist nur da, weil sie von jemandem<br />
dazu überredet wurde, sich diesen Vortrag anzuhören.<br />
Aber eigentlich will sie gar nicht hier sein.<br />
Am liebsten würde sie zur Tür hinausrennen, um<br />
nicht schon wieder etwas über dieses Thema hören<br />
zu müssen. Ihre Körpersprache vermittelt ein<br />
bisschen Feindseligkeit und eine Menge Angst. Sie<br />
hat das alles schon von älteren Frauen gehört –<br />
manche von ihnen waren verheiratet, andere unverheiratet.<br />
Vor den alleinstehenden Rednerinnen<br />
graut es ihr am meisten, weil sie Angst hat, dass<br />
diese furchtbare Krankheit namens »Ehelosigkeit<br />
ab 40« ansteckend sein könnte. Von diesen jungen<br />
Frauen findet sich immer min<strong>des</strong>tens eine im Publikum,<br />
und aus diesem Grund betone ich gleich zu<br />
Beginn meiner Vorträge, dass wir Single-Frauen<br />
im Alter von 40 plus eher Ausnahmen sind, weil<br />
die Ehe die göttliche Norm für uns Menschen ist.<br />
WARUM GIBT ES<br />
SO VIELE SINGLES?<br />
Wenn die Ehe die Norm Gottes ist, warum lässt<br />
Gott es dann zu, dass so viele von uns allein bleiben?<br />
Heute gibt es in unserem Land etwa genauso<br />
viele alleinstehende Erwachsene wie verheiratete.<br />
Ein Grund für diesen Zustand liegt darin, dass<br />
sich die Lebensweise von Frauen in den letzten<br />
Generationen entscheidend verändert hat. Noch<br />
vor ein paar Jahrzehnten wollten Frauen nach<br />
dem Abschluss ihrer Berufsausbildung eine Familie<br />
gründen. Heute haben Frauen die gleichen<br />
Abschlüsse und Berufe wie Männer, und dadurch<br />
genießen sie eine Unabhängigkeit wie zu keiner<br />
anderen Zeit der Menschheitsgeschichte. Niemand<br />
bestreitet, dass viel Gutes entstanden ist aus<br />
der gesellschaftlichen Übereinkunft, dass Männer<br />
und Frauen den gleichen Wert haben. Aber diese<br />
Entwicklung hat nicht nur positive Veränderungen<br />
mit sich gebracht.<br />
<strong>Die</strong> Auswirkungen auf die Ehe gehören zu den<br />
negativen Punkten. Indem die Chancen von Frauen<br />
gestiegen sind, sind auch ihre Erwartungen<br />
höher geworden. Viele Frauen sind nicht bereit,<br />
einen Mann zu heiraten, der über eine geringere<br />
Bildung verfügt oder weniger verdient als sie.<br />
Deshalb wollen sie lieber allein bleiben. Das Gegenteil<br />
trifft ebenso zu. Viele Männer sind nicht<br />
übermäßig begeistert von der Aussicht, eine Frau<br />
zu heiraten, die über eine höhere Bildung verfügt<br />
oder mehr verdient als sie.<br />
Vor einigen Jahrzehnten brauchte eine Frau<br />
keinen beeindruckenden Lebenslauf, um sich<br />
eine sichere Existenz aufzubauen, denn dafür<br />
war ja der Ehemann zuständig. Insgesamt hat die<br />
moderne Relativierung der Geschlechterrollen<br />
die Chancen der Männer verringert, männlich<br />
zu sein, und den Frauen jenes Schutzbedürfnis<br />
genommen, für das sie in der Vergangenheit geschätzt<br />
wurden. Unter anderem hat auch diese<br />
Entwicklung zum allgemeinen Rückgang von<br />
Eheschließungen beigetragen. Christen sind davon<br />
nicht ausgenommen, obwohl es nicht so sein<br />
müsste. Im Alten Testament untersagte es Gott<br />
dem Propheten Jeremia zu heiraten, als ein Zeichen<br />
der Warnung vor dem kommenden Gericht<br />
über die Sünde Seines Volkes (Jer. 16,1-4); doch<br />
gläubige Menschen von heute haben die Gelegenheit,<br />
das genaue Gegenteil zu beweisen.<br />
<strong>Die</strong> Anweisungen Gottes an den Propheten Jeremia<br />
sind keine Anweisungen an die Gemeinde Jesu. Das<br />
Zeitalter <strong>des</strong> <strong>Evangeliums</strong> ist eine Zeit der Ehe, eine<br />
Zeit <strong>des</strong> Mitgefühls und eine Zeit für Festlichkeiten<br />
… Das Zeitalter <strong>des</strong> <strong>Evangeliums</strong> ist eine gute Zeit zu<br />
heiraten. In Jeremia 33 wird verheißen: In den Straßen<br />
Jerusalems »soll man wiederum Jubel- und Freudengeschrei<br />
vernehmen, die Stimme <strong>des</strong> Bräutigams und<br />
die Stimme der Braut« (V. 11). <strong>Die</strong>se Verheißung hat<br />
sich in Jesus Christus erfüllt. Es ist kein Zufall, dass Jesus<br />
Sein erstes Wunder – die Verwandlung von Wasser<br />
in Wein – bei einer Hochzeit wirkte (Joh. 2,1-11).<br />
Wenn der Erlöser kommt, ist es Zeit für Hochzeiten<br />
und Freudenlieder. 1<br />
1<br />
Philip G. Ryken, Jeremiah and Lamentations: From Sorrow to Hope, Preaching the Word, Hrsg. R.<br />
Kent Hughes, Crossway, Wheaton, IL, 2016, S. 270<br />
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