Menschen aus Stadt und Landkreis Osnabrück
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
DAS SCHWARZE SCHAF HÄLT<br />
SICH IMMER IN DER MITTE AUF<br />
ch war ein schweres Kind, das dritte in der Familie, als ich im August<br />
1950 in Ankum bei <strong>Osnabrück</strong> zur Welt gekommen bin. Meine<br />
Mutter hatte mit meinen 56 Zentimetern <strong>und</strong> neun Pf<strong>und</strong> schwer<br />
zu kämpfen!“<br />
Georg Preusse wird in eine Geschäftsfamilie geboren. Die Eltern<br />
haben einen „Elektroladen“, wie man in den 1950er-Jahren sagt. Nach<br />
der Geburt von Georg Wilhelm Johannes Preusse kommen noch zwei<br />
Geschwister dazu. Auch Großmutter Wilhelmine gehört zur<br />
Familie. Wie das so ist, nach dem großen Krieg.<br />
Weil die Mutter im Geschäft arbeitet, wird Klein Georg von seiner Oma<br />
erzogen. Der wohlgenährte Junge entwickelt sich gut. Das ändert sich,<br />
als er mit zwei Jahren an der Leiste operiert wird <strong>und</strong> kurz danach am<br />
Blinddarm. „Dem Tod bin ich bei der zweiten OP direkt von der<br />
Schippe gesprungen. Mein kleiner Körper hat die Strapazen aber nicht<br />
allzu gut verkraftet.“, erinnert sich Georg Preusse.<br />
Er wird kränklich, hat oft Lungenentzündungen, wird regelmäßig zur<br />
Kur geschickt. Aus dem wohlgenährten Georg wird ein zerbrechlicher<br />
GEORG WILHELM JOHANNES PREUSSE<br />
geboren am 24. August 1950 in Ankum<br />
Travestiekünstler <strong>und</strong> Sch<strong>aus</strong>pieler<br />
Georg Preusse lebt in Hinwil in der Schweiz.<br />
Junge, der sich mehr <strong>und</strong> mehr<br />
zurückzieht. Er fehlt oft in der<br />
Schule, kann sich gegen die<br />
„Bauernjungs“, wie er sagt, auf<br />
dem Schulhof nicht durchsetzen.<br />
„Ich war nur glücklich, wenn ich allein war. Ich habe gern mit Puppen<br />
gespielt <strong>und</strong> den Erwachsenen zugehört, was mir später genutzt hat.<br />
Dabei habe ich gelernt zu erkennen, wann ein Mensch die Wahrheit<br />
sagt <strong>und</strong> wann er lügt!“<br />
Trotz dieser Einschränkungen <strong>und</strong> Kränkungen erinnert sich Georg<br />
Preusse auch an außergewöhnliche Ereignisse. Die Preusses haben<br />
den ersten Fernseher im Ort. Beim „W<strong>und</strong>er von Bern“ sitzt das halbe<br />
Dorf im Laden <strong>und</strong> sieht, unter lautem Gejohle, das Siegtor von<br />
Helmut Rahn.<br />
Georg Preusse merkt früh, dass er anders ist. Er ist der Stille, liebt<br />
Blumen, Musik, die Shows von Heinz Schenk <strong>und</strong> Peter Frankenfeld.<br />
Er will Klavier spielen lernen. Das darf aber nur seine Schwester, die<br />
es gar nicht will. In Fräulein Strauß, seiner Nachhilfelehrerin, findet er<br />
eine Frau, die, wie Oma Wilhelmine, zwar streng ist, aber die Talente<br />
von Georg erkennt <strong>und</strong> fördert.<br />
„Fräulein Strauß bestand auf das ,Fräulein’, obwohl sie schon 70 war.<br />
Sie hat mir das Schönschreiben <strong>und</strong> Malen beigebracht. Bei aller Härte<br />
spürte ich auch Liebe <strong>und</strong> Zuneigung.“ Georg wird in der Schule<br />
besser. Er macht seinen Abschluss <strong>und</strong> lernt, weil es der Vater so will,<br />
Funk- <strong>und</strong> Fernsehtechniker. Das Einzige, was Georg damit verbindet,<br />
sind die Fernsehsendungen, die er liebt. Er hat zwei linke Hände, die<br />
Theorie rettet seinen Abschluss. Er will weg <strong>aus</strong> Ankum.<br />
44