30.08.2022 Aufrufe

Köflacher Rathauskurier 03/2022

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

GEMEINDE GESCHICHTE<br />

die SchülerInnen in die neuen Räume der<br />

„k. k. Trivialschule zu Köflach“. Das war die<br />

Bezeichnung für die Grundschule (Volksschule),<br />

in welcher das „Trivium“ Rechnen,<br />

Lesen und Schreiben unterrichtet<br />

wurde.<br />

Im Jahr 1828 wurde Johann Mascher aus<br />

St. Johann o. H. als „Lehrgehilfe“ – ohne<br />

Gehalt und auf Kosten des Schulmeisters<br />

– angestellt. Er versah für seinen kränklichen<br />

Schulmeister den Mesnerdienst, half<br />

dem Herrn Dechant bei den Schreibarbeiten,<br />

war „nebenbei auch ein guter Lehrer<br />

und begnügte sich mit geringem Lohn und<br />

derlei (normaler) Kost“. Um 1830 gab es<br />

in Köflach „167 schulbesuchende Kinder“.<br />

Im Jahr 1834 übernahm Johann Mascher<br />

– er galt damals als der beste Lehrer des<br />

ganzen Schulbezirkes – das Schulmeisteramt<br />

an der Pfarr- und Dekanatsschule Köflach<br />

und 1844 wurde diese zur Musterschule<br />

des Bezirkes erhoben.<br />

Im Dezember 1867 endete rechtlich das<br />

Patronat der Kirche über die Schulen.<br />

Schulerhalter wurden die Gemeinden, die<br />

Aufsicht übernahmen Orts-, Bezirks- und<br />

Landesschulrat. Im Jahr 1869 trat das<br />

Reichsvolksschulgesetz in Kraft, welches<br />

nun eine achtjährige Schulpflicht vorsah.<br />

Von der gemischten Volksschule<br />

zur Knaben- und<br />

Mädchenschule.<br />

Fünfzig Jahre lang hatten die beiden Klassenräume<br />

für die Erteilung des Unterrichts<br />

ausgereicht. Durch die Intensivierung des<br />

Kohlebergbaues, die Eröffnung der Eisenbahn<br />

sowie die Ansiedlung weiterer Industrie-,<br />

Handels- und Gewerbebetriebe kam<br />

es zu einem starken Ansteigen der Bevölkerung<br />

– und somit auch zu einem sprunghaften<br />

Ansteigen der Zahl der Schulkinder.<br />

Daher wurden 1868 durch einen Zubau an<br />

das Schulhaus zwei weitere Klassenzimmer<br />

geschaffen.<br />

Im Jahr 1870 besuchten 340 SchülerInnen<br />

die drei Klassen, 1874 gab es 516 Schüler-<br />

Innen in fünf Klassen und 1877 waren es<br />

601 SchülerInnen. Auf Anordnung des<br />

Landesschulrates wurden die SchülerInnen<br />

nach Geschlechtern getrennt sowie<br />

Vor- und Nachmittagsunterricht eingeführt.<br />

Nun gab es für 307 Knaben vier und<br />

für 294 Mädchen drei Schulklassen. Um<br />

alle SchülerInnen unterrichten zu können<br />

wurden in verschiedenen Gebäuden (z. B.<br />

bei Buchmayer, im Tax-Stöckl, im Gasthaus<br />

Scharler, im Schernthaner-Haus) geeignete<br />

Räumlichkeiten angemietet.<br />

Am 28. Mai 1880 starb „Musterlehrer Johann<br />

Mascher“ im Alter von 73 Jahren. Er<br />

wirkte „alle Anträge auf Pensionierung<br />

standhaft zurückweisend“ 56 Jahre –<br />

davon 53 in Köflach – im Schuldienst.<br />

Im Jahr 1882 erreichte die Schülerzahl<br />

eine Rekordhöhe von 462 Knaben und 432<br />

Mädchen, also von 894 SchülerInnen. Nun<br />

konnte der Bau eines neuen Schulhauses<br />

nicht mehr aufgeschoben werden. Baubeginn<br />

war im Jahr 1882 und bereits am 1.<br />

Oktober 1884 wurde die neue, acht große<br />

Klassenzimmer enthaltende, Knabenschule<br />

(heute Grazerstraße 4) feierlich eröffnet.<br />

Das alte Schulhaus wurde der Gemeinde<br />

übergeben und von dieser als Gemeindeamt<br />

verwendet.<br />

Doch die Schülerzahlen stiegen weiter, das<br />

neue Schulhaus war schon bald wieder zu<br />

klein und so waren die Mädchenklassen<br />

bald im ganzen Ort verteilt. „Da beim besten<br />

Willen kein geeignetes Lokal mehr aufgetrieben<br />

werden konnte“, entschloss sich<br />

der Ortsschulrat zum Bau eines eigenen<br />

Schulgebäudes für die Mädchen. Dieses<br />

wurde als Zubau zur Knabenschule errichtet,<br />

hatte sechs große Klassenzimmer und<br />

einen Turnsaal und konnte am 1. Oktober<br />

1896 bezogen werden. Da die Schülerzahlen<br />

weiter stark stiegen, wurden zehn<br />

Jahre später der Turnsaal sowie die Wohnung<br />

der Oberlehrerin zu Klassenzimmern<br />

umgestaltet.<br />

Um 1820 lebten in Köflach 509 Personen,<br />

um 1880 waren es 1431 Personen und im<br />

Jahr 1923 dann 7536 Personen. Vergleicht<br />

man die Einwohnerzahlen, so sieht man,<br />

dass sich die Bevölkerung von Köflach in<br />

100 Jahren um fast 1500(!) Prozent erhöhte.<br />

Diese enorme Steigerung schlug<br />

sich natürlich auch in der Zahl der Schüler-<br />

Innen nieder.<br />

Ab November 1914 entfiel durch Militäreinquartierung<br />

auf längere Zeit der Unterricht<br />

und auch später gab es durch Inanspruchnahme<br />

des Schulhauses durch das<br />

Militär keinen regelmäßigen Unterricht.<br />

Viele SchülerInnen lernten damals im<br />

Wald das lesen und das schreiben. Erst<br />

Anfang des Jahres 1919 normalisierte sich<br />

der Schulbetrieb wieder.<br />

>> Fortsetzung in der nächsten Ausgabe<br />

Verwendete Literatur:<br />

Geschichte und Topographie des Bezirkes<br />

Voitsberg – Band 2: Bezirkslexikon, Graz 2011,<br />

S. 145 – 146.<br />

Erika IBERER, Köflach – Das wechselvolle<br />

Schicksal einer liebenswerten Stadt, Graz 1977,<br />

S. 51 – 61.<br />

Ludwig STAMPFER, Handschriftliche Chronik<br />

über das Pfarrgebiet Köflach (bis 1921).<br />

Prof. Mag. et Dr. phil.<br />

Ernst LASNIK<br />

KÖFLACHER RATHAUSKURIER 11

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!