BS 07-2020
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
SCHIFFFaHrT<br />
3 Fragen an …<br />
John De Roche,<br />
Direktor Innovation und<br />
Entwicklung beim<br />
Batterie-Hersteller aentron<br />
»Die Batterien halten einen Betriebstag, ohne zu laden«<br />
Auf den Solarschiffen ist erstmals der neue Ruderpropeller<br />
KRP 75 von Kräutler verbaut, der mit Akkus aus Ihrem Hause<br />
betrieben wird. Worauf lag ihr Fokus bei der Entwicklung<br />
der Batterien?<br />
John De Roche: Die Sicherheit hat oberste Priorität. Unsere<br />
lösung, die auf lithium-Ionen-Technik basiert, ist von der<br />
Zentralstelle Schiffsuntersuchungskommission/ Schiffseichamt<br />
(ZSUK) abgenommen worden. Darüber hinaus sind wir<br />
einer der wenigen Hersteller, die Energiespeichersysteme mit<br />
DNV-Gl-Zertifizierung anbieten. Dies ist eine grundlegende<br />
Voraussetzung dafür, dass sie in der Berufsschifffahrt und damit<br />
auch in Fahrgastschiffen eingesetzt werden dürfen. Brandschutz<br />
ist ein wesentlicher Faktor, deshalb befinden sich die<br />
Batterien in einem Metallgehäuse. Ein weiterer Fokus lag auf<br />
der Skalierbarkeit, denn die Batterien sorgen nicht nur für den<br />
antrieb-, sondern mit ihnen wird auch das Bordnetz betrieben.<br />
Folglich müssen sie eine gewisse leistung gewährleisten.<br />
Was waren die Herausforderungen, mit denen Sie bei den<br />
Solarschiffen konfrontiert waren?<br />
De Roche: Insgesamt gibt es nur wenig Erfahrung auf diesem<br />
Gebiet, eine enge abstimmung mit Kräutler sowie mit dem<br />
Unternehmen iea, das für die Elektronik zuständig ist, war<br />
deshalb von entscheidender Bedeutung. Das hat sehr gut funktioniert.<br />
Neben der Vorgabe, dass die Schiffe keinerlei Co2 verursachen,<br />
war der SolarCircleline wichtig, dass sie zwölf bis<br />
14 Stunden fahren können, ohne dass die Batterien aufgeladen<br />
werden müssen. Verbaut wurden HV-Speichersysteme auf Basis<br />
von 10kWh-Modulen, die durch eigene Energiecontroller<br />
gesteuert werden. Damit wird eine getrennte redundante lösung<br />
für Bord und antriebsenergiespeicher realisiert. Die Batterie-Module<br />
sind mit der PV-Schnittstelle ebenso kompatibel<br />
wie mit externen Stromquellen, dies war eine entscheidende<br />
Voraussetzung für den Einsatz in den neuen Solarschiffen.<br />
Eine langlebigkeit der Batterien wurde ebenfalls gewünscht<br />
wie die Fähigkeit, sie zu überholen, wenn ihre lebensdauer<br />
erreicht ist.<br />
Wo sehen Sie künftig Einsatzmöglichkeiten für Batterien in<br />
der Schifffahrt? Gibt es schon weitere maritime Projekte, in<br />
die Sie involviert sind?<br />
De Roche: Einige Eigner zögern derzeit noch, Schiffe mit<br />
Elektroantrieben auszustatten, aber das wird kommen. Immer<br />
mehr Kommunen wollen, dass Schiffe emissionsfrei sind.<br />
Diesel-antriebe, insbesondere in großen Städten wie Berlin,<br />
werden somit mehr und mehr verschwinden. auf Seen halte<br />
ich reine Elektroantriebe für sinnvoll, auf Flüssen werden<br />
sich wohl Hybrid-Systeme durchsetzen. Wir haben aktuell drei<br />
Projekte in aussicht, die sich hauptsächlich auf den Tourismus<br />
beziehen.<br />
Interview: Thomas Wägener<br />
© aentron<br />
Über die SolarCircleLine<br />
Die SolarCircleline ist ein Tochterunternehmen der seit<br />
20 Jahren auf Solarschifffahrt spezialisierten SolarWater-<br />
World aG. Sie ist angetreten, die Berliner Fahrgastschifffahrt<br />
gemeinsam mit der Stern und Kreis Schifffahrt in eine<br />
umweltfreundlichere Zukunft zu führen. Das Mutterunternehmen<br />
SolarWaterWorld aG besitzt bereits mit der »Solon«<br />
und der »Suncat 46« zwei moderne Solarfahrgastschiffe.<br />
Die liegeplätze beider Unternehmen sind der Standort<br />
der Stern und Kreis Schifffahrt und der Berliner osthafen.<br />
ausschließlich für den Umweltschutz verwenden werden«, kündigte<br />
sie an. Die Fahrgastschifffahrt sei wichtig für den Tourismus<br />
in Berlin. »aber die Diesel der alten Schiffe verpesten nun<br />
mal die Stadt.«<br />
Beide neuen Solarschiffe, die insgesamt 4,5 Mio.€ kosten, hat<br />
der Senat mit 900.000 € gefördert. Und Pop hatte zugesagt, dass<br />
der Senat diese Förderung fortsetzen werde.<br />
»Wir freuen uns, dass wir die ausschreibung für die beiden<br />
Schiffe gewonnen haben und werden uns weiter für den Solarschiffau<br />
im gehobenen Segment engagieren. Wir besitzen erfahrene<br />
und gut ausgebildete Möbel- und Schiffauer und haben,<br />
trotz Corona-Krise, gerade einen neuen Konstrukteur eingestellt.<br />
Gegenwärtig arbeiten wir an der Konstruktion für ein ebenfalls<br />
solargetriebenes Saunaschiff, ebenfalls im gehobenen Segment«,<br />
sagte Werftchef lewerken.<br />
In Berlin gibt es bereits fünf solarbetriebene Fähren sowie ein<br />
solarbetriebenes Seminarschiff, das mit dem umweltschonenden<br />
Kraftstoff GTl betrieben wird, falls die Sonne nicht scheint. Dies<br />
habe sich bewährt, wie zu hören ist.<br />
auch die Häfen leisten ihren Beitrag zur Umweltschonung.<br />
Beispielsweise sind alle beweglichen Geräte im BEHala Westhafen<br />
vollständig elektrobetrieben, dazu zählen Krane, Brücken,<br />
Hafenloks und Verteiler-lkw.<br />
Die Stern und Kreis Schifffahrt investiert 100 Mio. €, um ihren<br />
gesamten Schiffspark klimaneutral herzurichten. Für dieses<br />
Vorhaben rüstet die Hegemann-Werft in Berlin-Spandau großzügig<br />
um.<br />
■<br />
Die Sitzgelegenheiten im Innenraum lassen sich beliebig umstellen<br />
© Kiebitzberg Schiffswerft<br />
10<br />
Binnenschifffahrt <strong>07</strong> | <strong>2020</strong>