recycling aktiv 05/22
Die Fachzeitschrift für Recycling-Industrien recycling aktiv berichtet praxisnah über aktuelle Programme und Entwicklungen aus dem Maschinen- und Anlagenbereich - von Metallen, Kunststoffen, Papier, Baustoffen über andere Recycling-Bereiche.
Die Fachzeitschrift für Recycling-Industrien recycling aktiv berichtet praxisnah über aktuelle Programme und Entwicklungen aus dem Maschinen- und Anlagenbereich - von Metallen, Kunststoffen, Papier, Baustoffen über andere Recycling-Bereiche.
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Abbruch & Baustoff-Recycling<br />
Blick in die Zukunft: Der geplante Neubau des<br />
Esslinger Landratsamtes, der möglichst<br />
kreislauffähig errichtet wird. Foto: BFK architekten<br />
Feeß<br />
Rückbau und kreislaufgerechter Neubau<br />
Mit seinem einstimmigen Beschluss<br />
zum Rückbau des 1978 bezogenen<br />
Landratsamtes und einem kreislaufgerechten<br />
Neubau bis 2026 hat der<br />
Esslinger Kreistag wahrscheinlich<br />
bundesweit Maßstäbe gesetzt.<br />
Anfang Mai begann die Demontage<br />
des Altbaus. Insgesamt investiert der<br />
Landkreis 130 Millionen Euro. Den Zuschlag<br />
als Generalunternehmen bekam<br />
die Ed. Züblin AG in Stuttgart. Der Bauschuttrecycler<br />
Feeß aus Kirchheim/Teck<br />
demontiert mit 30 Mitarbeitern das<br />
sechsstöckige Gebäude, seit September<br />
wird der Rohbau mit 31.500 Tonnen<br />
Beton und 455 Tonnen Ziegeln abgebrochen.<br />
Das Gros der mineralischen Baustoffe<br />
– täglich bis zu 1.800 Tonnen –<br />
wird dann direkt auf der Baustelle und<br />
auf den Feeß-eigenen Wertstoffhöfen in<br />
Kirchheim und im Neckarhafen gebrochen,<br />
gesiebt und als Zuschlagstoff für<br />
ressourcenschonenden R-Beton wiederaufbereitet<br />
und zu den nächsten Betonwerken<br />
gebracht.<br />
Das Glas von Fenstern und Innenwänden,<br />
Aluminium von Fenstern und Fassaden,<br />
Kunststoff, Bewehrungsstahl, Kupferkabel<br />
sowie ausgebautes Holz gehen<br />
je im Umkreis von maximal 15 Kilometern<br />
an weiterverarbeitende Betriebe, die<br />
die Materialien weiter recyceln. Mineralwolle,<br />
Dachpappe aus Bitumengemisch<br />
sowie Gipsdielen und -kartons werden<br />
bis zu 200 Kilometer weit zu Fachbetrieben<br />
transportiert, die ihrerseits möglichst<br />
viel Material aufbereiten und weiterverwerten.<br />
Schließlich werden 921 Tonnen<br />
Baumischabfälle deponiert. Somit werden<br />
mehr als 90 Prozent des Rückbaumaterials<br />
wiederverwertet.<br />
Die Mitarbeiter der Verwaltung haben<br />
teils bereits im März Interimsbüros an<br />
mehreren Standorten bezogen, in denen<br />
sie bis Anfang 2026 bleiben. Der Neubau<br />
mit 33.000 Quadratmeter Netto-Raumfläche<br />
wird im Wesentlichen aus R-Beton<br />
gegossen. Weitere Komponenten sind<br />
Alu-Elementfassaden und Flachglas. Die<br />
C2C-zertifizierten Büro-Systemtrennwände<br />
bestehen aus Alu und Glas und<br />
machen jedes Geschoss komplett frei<br />
gestaltbar. So können über die Jahrzehnte<br />
Bereiche immer wieder umgewidmet,<br />
erweitert und angepasst werden.<br />
Weitere Baugruppen sind Gipskartonwände<br />
und -decken, Heiz-Kühl-Deckensegel,<br />
Faserplatten- und Metalldecken,<br />
Estriche und Nass-Hohlraumböden, Natursteinbeläge<br />
aus Norwegen, der<br />
Schweiz und der EU sowie FSC-/PEFCzertifizierte<br />
Holzbeläge. Im Süden grenzt<br />
das KfW-Effizienzhaus im Standard 40 an<br />
den Neckar. Der Fluss wird eine Wärmepumpe<br />
speisen, in die Fassade wird eine<br />
PV-Anlage mit 75 kWp Leistung integriert<br />
und auf dem Dach eine zweite Anlage<br />
mit 375 kWp installiert, die den Neubau<br />
und E-Ladestationen für Pkw und Pedelecs<br />
mit Eigenstrom versorgen. Fernwärme<br />
für Warmwasser in der Küche und<br />
den Duschen sowie Lüftungsgeräte mit<br />
integrierter Kälte runden die Haustechnik<br />
ab. Geplant haben den Neubau die Stuttgarter<br />
BFK Architekten, die jüngst auch<br />
die Erweiterung des Göppinger Landratsamtes<br />
gestaltet hatten.<br />
Federführend hat Ulrich Schweig, Experte<br />
für Nachhaltiges Bauen bei Züblin,<br />
das Konzept erstellt: „Alle Projekte zum<br />
kreislaufgerechten Bauen haben bei uns<br />
derzeit noch Pilotcharakter.“ 2008 hat<br />
Züblin diese Abteilung gegründet, die<br />
eng mit der Deutschen Gesellschaft für<br />
Nachhaltiges Bauen (DGNB) zusammenarbeitet.<br />
Noch sei es mühsam, Partner<br />
mit C2C-zertifizierten Produkten für Fassaden,<br />
Innenwände oder Ausbaumaterialien<br />
zu finden und zu beauftragen. Mit<br />
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