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SPORT 17<br />
THERE IS NO PLACE FOR PRIDE<br />
Dass in der angepriesenen Weltoffenheit<br />
und Toleranz mehr Lippenbekenntnis als<br />
Verpflichtung steckt, zeigte sich schon kurz<br />
nach Al Khaters Interview. Im <strong>Dezember</strong><br />
2021 begann das Ministerium für Handel<br />
und Industrie, sogenannte ‚Inspektionskampagnen’<br />
in Einzelhandelsgeschäften<br />
durchzuführen und Spielzeug mit Slogans<br />
oder Darstellungen, die „gegen islamische<br />
Werte verstoßen“, zu beschlagnahmen.<br />
Alles, was in irgendeiner Form auf einen<br />
Regenbogen hinwies, verschwand aus den<br />
Regalen. Seit einigen Wochen nun droht<br />
die Regierung von Katar auch ganz offen<br />
damit, gegen Pride-Fahnen vorzugehen. Ein<br />
hochrangiger katarischer Offizier meldete,<br />
Regenbogenfahnen „zum Schutze der Fans“<br />
zu beschlagnahmen – während FIFA-Vorsitzender<br />
Giovanni Infantino – der übrigens<br />
seit Anfang <strong>2022</strong> in Katar lebt – immer noch<br />
behauptet, das Hissen und Schwingen von<br />
Regenbogenfahnen sei erlaubt.<br />
Aber nicht nur dem Regenbogen geht es<br />
an den Kragen: Offenbar hat Katar kurz<br />
vor dem Start der WM eigenmächtig<br />
Bier-Verkaufsstände an den Stadien wieder<br />
abbauen lassen. Alkohol geht genauso<br />
wie Homosexualität mit den Sitten in<br />
islamischen Ländern nun<br />
einmal schwer zusammen.<br />
Im Mai <strong>2022</strong> deckte eine<br />
Recherche skandinavischer<br />
Fernsehsender auf, dass es<br />
für Mitglieder der LGBTIQ*-<br />
Community schwierig werden<br />
könnte, ein Hotelzimmer in<br />
Katar zu bekommen. Von<br />
insgesamt 69 offiziellen<br />
WM-Hotels des Fußball-Weltverbandes<br />
FIFA hatten lediglich 33 keine<br />
Einwände. Der Rest lehnte ab oder empfahl<br />
den Journalisten, sich bei der Buchung nicht<br />
als schwul zu erkennen zu geben.<br />
In Katar sind nicht alle willkommen. Dennoch<br />
wird der Fußballverband nicht müde zu<br />
betonen, dass LGBTIQ*-Paare, die während<br />
der WM in Katar Händchen halten, nicht<br />
strafrechtlich verfolgt werden. Man verfüge<br />
über entsprechende Zusicherungen. Auch<br />
Innenministerin Nancy Faeser hat nach<br />
eigenen Angaben eine solche Zusage für die<br />
Sicherheit aller anreisenden Fans erhalten.<br />
Katars Regierungschef Chalid bin Chalifa<br />
bin Abdulasis al-Thani persönlich habe ihr<br />
diese Garantie gegeben. „Alle Menschen,<br />
egal woher sie kommen, wen sie lieben<br />
FOTO: FRANCK FIFEAFP<br />
Gianni Infantino ist seit 2016 Präsident des Weltfußballverbands FIFA.<br />
und woran sie glauben, müssen bei der WM<br />
sicher sein: Jeder Fan muss sich frei und<br />
ohne Angst bewegen können“, so Faeser.<br />
Nur wenige Tage nach dieser ‚Sicherheitsgarantie’<br />
sorgte der katarische WM-<br />
Botschafter und Ex-Fußballnationalspieler<br />
Khalid Salman für internationale Empörung,<br />
als er in einem Interview für die ZDF-Dokumentation<br />
„Geheimsache Katar“ ganz offen<br />
aussprach, was die katarische Gesellschaft<br />
im Allgemeinen denkt. Homosexualität<br />
sei „haram“, so Salman, also verboten, und<br />
Schwulsein „ein geistiger Schaden“. Offen<br />
und tolerant? Nein. Ehrlich? Ja. Salman<br />
hatte sich einfach nicht an die offizielle<br />
Sprachregelung gehalten. In Katar sind eben<br />
nicht alle willkommen.<br />
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