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rik Dezember 2022 / Januar 2023

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SPORT 17<br />

THERE IS NO PLACE FOR PRIDE<br />

Dass in der angepriesenen Weltoffenheit<br />

und Toleranz mehr Lippenbekenntnis als<br />

Verpflichtung steckt, zeigte sich schon kurz<br />

nach Al Khaters Interview. Im <strong>Dezember</strong><br />

2021 begann das Ministerium für Handel<br />

und Industrie, sogenannte ‚Inspektionskampagnen’<br />

in Einzelhandelsgeschäften<br />

durchzuführen und Spielzeug mit Slogans<br />

oder Darstellungen, die „gegen islamische<br />

Werte verstoßen“, zu beschlagnahmen.<br />

Alles, was in irgendeiner Form auf einen<br />

Regenbogen hinwies, verschwand aus den<br />

Regalen. Seit einigen Wochen nun droht<br />

die Regierung von Katar auch ganz offen<br />

damit, gegen Pride-Fahnen vorzugehen. Ein<br />

hochrangiger katarischer Offizier meldete,<br />

Regenbogenfahnen „zum Schutze der Fans“<br />

zu beschlagnahmen – während FIFA-Vorsitzender<br />

Giovanni Infantino – der übrigens<br />

seit Anfang <strong>2022</strong> in Katar lebt – immer noch<br />

behauptet, das Hissen und Schwingen von<br />

Regenbogenfahnen sei erlaubt.<br />

Aber nicht nur dem Regenbogen geht es<br />

an den Kragen: Offenbar hat Katar kurz<br />

vor dem Start der WM eigenmächtig<br />

Bier-Verkaufsstände an den Stadien wieder<br />

abbauen lassen. Alkohol geht genauso<br />

wie Homosexualität mit den Sitten in<br />

islamischen Ländern nun<br />

einmal schwer zusammen.<br />

Im Mai <strong>2022</strong> deckte eine<br />

Recherche skandinavischer<br />

Fernsehsender auf, dass es<br />

für Mitglieder der LGBTIQ*-<br />

Community schwierig werden<br />

könnte, ein Hotelzimmer in<br />

Katar zu bekommen. Von<br />

insgesamt 69 offiziellen<br />

WM-Hotels des Fußball-Weltverbandes<br />

FIFA hatten lediglich 33 keine<br />

Einwände. Der Rest lehnte ab oder empfahl<br />

den Journalisten, sich bei der Buchung nicht<br />

als schwul zu erkennen zu geben.<br />

In Katar sind nicht alle willkommen. Dennoch<br />

wird der Fußballverband nicht müde zu<br />

betonen, dass LGBTIQ*-Paare, die während<br />

der WM in Katar Händchen halten, nicht<br />

strafrechtlich verfolgt werden. Man verfüge<br />

über entsprechende Zusicherungen. Auch<br />

Innenministerin Nancy Faeser hat nach<br />

eigenen Angaben eine solche Zusage für die<br />

Sicherheit aller anreisenden Fans erhalten.<br />

Katars Regierungschef Chalid bin Chalifa<br />

bin Abdulasis al-Thani persönlich habe ihr<br />

diese Garantie gegeben. „Alle Menschen,<br />

egal woher sie kommen, wen sie lieben<br />

FOTO: FRANCK FIFEAFP<br />

Gianni Infantino ist seit 2016 Präsident des Weltfußballverbands FIFA.<br />

und woran sie glauben, müssen bei der WM<br />

sicher sein: Jeder Fan muss sich frei und<br />

ohne Angst bewegen können“, so Faeser.<br />

Nur wenige Tage nach dieser ‚Sicherheitsgarantie’<br />

sorgte der katarische WM-<br />

Botschafter und Ex-Fußballnationalspieler<br />

Khalid Salman für internationale Empörung,<br />

als er in einem Interview für die ZDF-Dokumentation<br />

„Geheimsache Katar“ ganz offen<br />

aussprach, was die katarische Gesellschaft<br />

im Allgemeinen denkt. Homosexualität<br />

sei „haram“, so Salman, also verboten, und<br />

Schwulsein „ein geistiger Schaden“. Offen<br />

und tolerant? Nein. Ehrlich? Ja. Salman<br />

hatte sich einfach nicht an die offizielle<br />

Sprachregelung gehalten. In Katar sind eben<br />

nicht alle willkommen.<br />

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