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16 SPORT<br />
DIE ENTZAUBERTE<br />
WM<br />
Beim Bau von Stadien wie diesem sind<br />
Tausende Arbeiter ums Leben gekommen,<br />
die genaue Anzahl ist unbekannt.<br />
FOTO: KIRILL KUDRYAVTSEV / AFP<br />
Vor Beginn der Fußball-<br />
Weltmeisterschaft am 20.<br />
November in Katar hält sich die<br />
Vorfreude in Grenzen. Das Turnier<br />
ist überschattet von der schlechten<br />
Menschenrechtsbilanz des Gastgeberlandes.<br />
Dem Emirat werden<br />
Verstöße gegen Menschenrechte,<br />
unmenschlicher Umgang mit ausländischen<br />
Arbeitern und mangelnde<br />
Frauenrechte vorgeworfen.<br />
Alle vier Jahre strömen Millionen<br />
Besucher*innen zur Fußball-Weltmeisterschaft<br />
in die Stadien, Milliarden Fans<br />
verfolgen das Turnier im Fernsehen.<br />
Regierungschefs aller Länder reisen an,<br />
Journalisten berichten über den Zauber<br />
des Fußballs und die Gastfreundschaft im<br />
Gastgeberland – nur Gutes versteht sich.<br />
Denn ein positives Image ist schließlich<br />
das Ziel eines jeden Landes, das sich für<br />
die Austragung einer WM bewirbt.<br />
Auch Katar muss solche Erwartungen<br />
gehabt haben, als es sich 2010 erfolgreich<br />
um die Austragung der WM <strong>2022</strong> bewarb.<br />
Das Land hat auch einiges in diese Form<br />
der Selbstdarstellung investiert: Acht<br />
Stadien, eine Flughafenerweiterung, eine<br />
neue U-Bahn, mehrere Hotels und andere<br />
wichtige Infrastruktur mit geschätzten<br />
Kosten von 220 Milliarden US-Dollar ließ<br />
Katar eigens für die WM bauen.<br />
Als erstes islamisches Land, das eine<br />
WM ausrichtet, bemühte sich der<br />
FOTO: GIUSEPPE_CACACE_AFP<br />
Nasser al-Khater, Geschäftsführer der WM Katar <strong>2022</strong><br />
während einer Pressekonferenz am 25. September 2019.<br />
Wüsten-Staat am Persischen Golf auch<br />
sehr darum, der Welt ein positives Image<br />
zu vermitteln. Katar sei zwar ein konservatives<br />
Land, habe aber auch Verständnis<br />
für die Unterschiede der Kulturen und<br />
die Überzeugungen der Menschen,<br />
erklärte etwa der Vorsitzende des WM-<br />
Organisationskomitees Nasser Al Khater<br />
im November 2021 in einem Interview mit<br />
Amanda Davies von CNN-Sports. Man sei<br />
weltoffen und tolerant, jeder sei in Katar<br />
willkommen, sogar Homosexuelle. Von<br />
anderen Kulturen erwarte man lediglich,<br />
„dass sie unsere respektieren“.<br />
Auch wenn Al Khater im selben Interview<br />
die strengen Anti-LGBTIQ*-Gesetze des<br />
Landes verteidigte, wollte man gerne glauben,<br />
die WM könne etwas bewirken und<br />
die Situation für Arbeiter*innen, Frauen<br />
und Queers im Land vielleicht verbessern.<br />
Es hieß, man werde Reformen bei den<br />
Arbeitnehmer*innenrechten vornehmen<br />
und mehr auf Nachhaltigkeit achten.<br />
Man wolle die FIFA-Regeln zur Förderung<br />
von Toleranz und Inklusion bei Spielen<br />
einhalten und queere Symbole wie Regenbogenfahnen<br />
und Pro-LGBTIQ*-Displays in<br />
den Stadien erlauben. Die Botschaft: Alles<br />
ist gut, jeder ist willkommen.