FÜNFZIG+ life - Ausgabe 03/2022
Ausgabe 03/2022 des regionalen Printmagazins FÜNFZIG+ life - Gut leben im besten Alter Schwerpunkt der Ausgabe: "Pflege" mit den Artikeln: Ein Herz für die Pflege Hemmschwelle Pflege Weitere Themen: Die Zukunft des Theaters - Interview mit DT Göttingen Intendant Erich Sidler Ein lebendiges Netzwerk - Deutschlands Seniorenbüros Die Immobilienrente Gesund durch Wald und Flur Crime-Story "Jack Unterweger" u. v. m. Herausgeber: SKYLLS Media www.skylls.de
Ausgabe 03/2022 des regionalen Printmagazins FÜNFZIG+ life - Gut leben im besten Alter
Schwerpunkt der Ausgabe:
"Pflege"
mit den Artikeln:
Ein Herz für die Pflege
Hemmschwelle Pflege
Weitere Themen:
Die Zukunft des Theaters - Interview mit DT Göttingen Intendant Erich Sidler
Ein lebendiges Netzwerk - Deutschlands Seniorenbüros
Die Immobilienrente
Gesund durch Wald und Flur
Crime-Story "Jack Unterweger"
u. v. m.
Herausgeber: SKYLLS Media
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Wobei ich bei einigen aktuellen Fragen im Theater
wirklich Probleme sehe: Wenn zum Beispiel
Shakespeares Sommernachtstraum nicht mehr
gespielt werden sollte, weil dort eine Frau mit
K.o.-Tropfen abgefüllt wird und dann mit einem
Esel Verkehr hat. Wenn wir nicht mehr die Fähigkeit
entwickeln, die künstlerische Überhöhung
in einer mystischen Geschichte zu sehen, dann
reduziert das grundsätzlich die Rezeption von
Kunst, weil alles auf die Ratio und das Gegenwärtige
reduziert wird, was dann zwar eine politische
Correctness besitzt, letztlich auf der Bühne aber
nicht mehr interessant ist.
Apropos interessant: Man könnte bei
Stückauswahl und Inszenierung allein auf
Bewährtes und Bekanntes setzen. Warum ist
aber gerade die Reise ins Unbekannte für ein
Theater so (über-)lebenswichtig?
ES | Wenn wir das Publikum einfach damit bedienen,
was es sehen will, wird das ein oder zwei
Spielzeiten gut gehen und dann wird es einfach
langweilig. Ich glaube schon, dass das Publikum
explizit oder implizit von uns erwartet, dass es
mit einer Sichtweise konfrontiert wird, die es so
vorher nicht gekannt hat. Eine Begegnung mit
Neuem. Mit dem Staunen und dem Zweifeln beginnen
wir, über unser Leben nachzudenken. Insofern
ist es einfach wichtig, dass wir einen Raum
kreieren, in dem Zweifel sein darf, ohne dass er
uns bedroht. Und dass Staunen ohne Sinn und
Zweck erstmal als Staunen stattfinden darf. Das
sind Momente, die uns immer wieder sehr stark
zu uns zurückführen.
Wenn sie Erwartungen haben, und sie sehen,
dass wir versucht haben, ihren Erwartungen gerecht
zu werden, es aber nicht geschafft haben –
dann haben wir eine Lose-Lose-Situation. Wenn
wir es schaffen, ihre Erwartungen mit etwas zu
konfrontieren, was sie so noch nicht gesehen haben,
was einen neuen Raum aufmacht, dann gewinnen
beide. Und das ist gutes Theater.
die Erbschaften verlost. Es wird also nicht mehr
an Kinder vererbt, sondern an irgendjemanden,
der sich ein Los bei der Agentur für Arbeit gekauft
hat, damit eine Chancengleichheit wiederhergestellt
wird. Dabei kriegen alle ihr Fett weg. Nicht
nur Verwaltungsangestellte, sondern auch Menschen,
die behaupten zu wissen, was Gerechtigkeit
ist. Aber wie viel Chancengleichheit schaffen
wir, und was ist das überhaupt? Wenn eine Gesellschaft
nachhaltig und langfristig erfolgreich sein
will, muss sie sich diese Frage stellen. Dass dieser
Anspruch genau dann scheitert, wenn wir es in
ein Modell wie eine Erbschaftsreform übertragen,
dann ist das ein sehr interessanter Ansatz. Auch,
weil wir etwas durchspielen, was man in der Wirklichkeit
nicht machen kann, was dann im Theater
aber zu sehr heiteren, grotesken und absurden
Situationen führt.
Dazu kommt „Bombe!“, eine Komödie von
Abdul Abbasi und Philipp Löhle. Das Stück ist
ein Spielraum, der aufdeckt, wie Menschen Vorurteile
voneinander generieren. Dieses Wechselspiel
von Vorurteilen kann unter bestimmten
Umständen zu viel Heiterkeit führen.
Im dt.2 zeigen wir zum Beispiel „Fragmente
der Zärtlichkeit“ von Edouard Louis. Wir machen
viel Literatur aus dem Glauben daran, dass Literatur,
Sprache und Poesie in einer Situation von
Fassungslosigkeit, wie wir sie im Moment haben,
auch einen Kompass darstellen und uns in unserem
Menschsein bestärken können. Interessant
wird auch Brechts „Im Dickicht der Städte“. Ein
Stück, das sich sehr stark mit der Frage auseinandersetzt,
wie Menschen miteinander Kontakt
04
g
04
DT-Leitung Sandra
Hinz (2. v. l.) und
Erich Sidler (Mitte)
bei der Vorstellung
des neuen
Spielplans
(FOTO: Rebecca
Traud)
Welche Stücke in der neuen Spielzeit des DT
greifen das Element der Konfrontation Ihrer
Meinung nach am eindrucksvollsten auf?
ES | Da wäre zum einen das Stück „Jeeps“, mit
dem wir die Spielzeit eröffnet haben. Es geht um
eine Erbrechtsreform. In einer Welt, in der Christian
Lindner Bundeskanzler geworden ist, werden
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