CRIMEJACK UNTERWEGER –VOM STRIZZI ZUM SERIENMÖRDERFÜNFZIG+CRIMESTORY01MANCHE FRAUEN LIEBTE ER, ANDERE TÖTETE ER. Wenn er sie liebte,schickte er sie auf den Strich. Wenn er sich für den Tod entschieden hatte, kannte er keinErbarmen. Jack Unterweger – Österreichs berühmtester Serienmörder – machte in den 90erJahren Schlagzeilen und gibt bis heute Rätsel auf.von INGRID RAAGAARD32 FÜNFZIG+ LIFE
J+DER STRIZZI„Ich bereue nur die Tötungvon 1974 an dem Mädchen.Sonst gar nichts. Ja, ichhabe sie mit der Stahlruteerschlagen damals. Es tutmir leid, aber ich kann esnicht ändern. In den Medienschrieb man ja von einemTotschläger, aber das sindzwei Paar Schuhe. Es gibteine Stahlrute und einenTotschläger. Der Totschlägerist fixiert, die Stahlrute kannman zusammenschieben. DieStahlrute ist nicht tödlich,nur in meinem Fall halt,wegen den vielen Schlägenan Kopf und Hals.“Am 9. März 1992 nachseiner Festnahme in Miamiin einem TV-InterviewFOTOS | dpa/picture allianceJacks Start ins Leben ist zugegebenermaßenkein einfacher. Seine Mutter – eine Kellnerin– bringt den Bub im August 1950 inder Kleinstadt Judenburg in der Steiermarkzur Welt. Der Vater, ein US-Soldat, ist verschwundenund interessiert sich nicht fürseinen Sohn. Die Mutter hält sich nebendem Kellnern mit einigen Diebstählen überWasser, wird aber schließlich festgenommen.So kommt Jack als Zweijähriger zu seinemalten Großvater in die Einsamkeit derWimitzer Berge. Laut Jack wird er hier regelmäßigverprügelt und missbraucht, der Opaliebt Schnaps und Huren und stiehlt dasVieh der Nachbarn. So schildert es Unterwegerjedenfalls viele Jahre später in seinenMemoiren „Fegefeuer“. Seine Familie widersprachdieser Schilderung. Allerdings: Frauen,und vor allem Huren – die mochte derOpa wirklich sehr gerne. Und den Schnapshalt auch. Die ganze Wahrheit kennen nurJack und sein Großvater, und beide sind inzwischentot.Trotz einiger Ungereimtheiten in UnterwegersBuch läuft in der Erziehung bewiesenermaßeneiniges schief. Jack Unterwegerkann als junger Mann weder lesen nochschreiben und kommt mit 16 nach einigenDiebstählen in eine Erziehungsanstalt.Trotzdem schlägt er sich danach einigermaßenerfolgreich durchs Leben. Offiziell ist erKellner, inoffiziell Einbrecher und Zuhälter.Denn eines hat er früh gelernt: Die Frauentun fast alles für ihn. Er ist zwar keine 1,70Meter groß, aber er hat ein charmantes Lächelnund nette Augen. Seine zweite großeLiebe gilt den Autos. Schick müssen sie sein,und ein bisschen edel. Er ist eben der geborene„Strizzi“, wie man Schlawiner und Zuhälterin Österreich nennt. Charmant undgut aussehend, aber auch berechnend undbösartig.Wie bösartig, das erfährt seine FreundinBarbara Scholz im Dezember 1974. Mitihr fährt er nach Hessen. In Ewersbach beiFrankfurt leben Barbaras Eltern. Das Pärchen,das sich ein bisschen wie Bonny undClyde fühlt, will die Eltern ausrauben. Dazukommt es aber nicht, denn Barbara siehtzufällig ihre alte Freundin und NachbarinMargret Schäfer. Margret hatte gerade einenlustigen Abend mit Freunden verbracht undsteigt nichtsahnend auf den Rücksitz desAutos. Hier will man weiterfeiern und etwastrinken. In diesem Moment unterschreibtMargret ihr Todesurteil. Nach einigenDrinks fesseln Jack und Barbara die angetrunkeneMargret und rauben sie aus. Weilsie nur 30 Mark bei sich hat, nehmen sieihren Wohnungsschlüssel und holen sichnoch weitere 100 Mark aus dem Zimmer derjungen Frau. Dann fährt Jack weiter, immerweiter – bis hinein in einen Wald. Barbarahilft ihm, die um Mitleid und Gnade flehendeMargret auszuziehen. Dann setzt sichBarbara zurück ins Auto, während Jack dienackte und gefesselte Margret in den Waldtreibt und dabei immer wieder mit einerStahlrute auf sie einschlägt. Am Ende erwürgter sie mit ihrem BH. Als er zum Autozurückkommt, sagt er nur eines: „Die verrätuns nicht mehr.“g03 | 202233