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In neuer S50 stecken Herz und Verstand - Windhoff Bahn

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RECYCLING<br />

MARKTBERICHT<br />

Stahl- <strong>und</strong> Schrottmärkte – eine geplatzte Blase?<br />

Nach dem dramatischen Fall der Stahlpreise<br />

(insbesondere für Betonstahl)<br />

<strong>und</strong> der Schrottpreise seit dem Sommer<br />

2008 stellt sich die Frage: Sind hier Blasen<br />

überhitzter Märkte geplatzt, oder ist die<br />

Entwicklung nur durch die Finanzmarktkrise<br />

verursacht worden?<br />

Seit etwa drei Jahren in Folge hat die<br />

deutsche Stahlindustrie ihre Kapazitäten<br />

zu 90–95 Prozent ausgelastet, das heißt,<br />

es wurde ständig an der Kapazitätsgrenze<br />

produziert. Weltweit sah die Lage ähnlich<br />

aus.<br />

Getrieben wurde die Entwicklung im<br />

<strong>In</strong>land von hohen Wachstumsraten im<br />

Fahrzeug- <strong>und</strong> Maschinenbau – <strong>und</strong> seit<br />

Langem auch wieder durch Zuwächse<br />

im Bauhauptgewerbe. Wachstumsmotor<br />

der deutschen <strong>In</strong>dustrie war trotz des<br />

schwachen US-Dollars der Export.<br />

Auch international waren – abgesehen<br />

von einer abgeschwächten Konjunktur in<br />

den USA – alle Märkte seit einigen Jahren<br />

auf Wachstumskurs. Eine besondere Dynamik<br />

ging dabei von den sich entwickelnden<br />

Volkswirtschaften in Asien, Südamerika<br />

<strong>und</strong> Osteuropa aus.<br />

Asiatischer Raum erzeugt<br />

weltweit den meisten Stahl<br />

Eine besondere Bedeutung kommt<br />

der Volksrepublik China mit zweistelligen<br />

Wachstumsraten des Brutto-<strong>In</strong>land-Produktes<br />

zu. Die Stahlproduktion in China<br />

stieg von 2000 bis 2007 von etwa<br />

127 Mio. auf fast 490 Mio. t pro Jahr.<br />

36 Prozent des Stahls in der Welt wurden<br />

2007 in China produziert. Rechnet man<br />

den asiatischen Raum zusammen, finden<br />

dort deutlich über 50 Prozent der weltweiten<br />

Stahlproduktion statt (World Steel Association).<br />

Der steigende Rohstoffhunger in der Welt hat die Beschaffungskosten<br />

auf Rekordhöhen katapultiert. Kupfer, Nickel<br />

sowie andere Nichteisen- <strong>und</strong> Edel-Metalle wurden zu schwindelerregenden<br />

Preisen gehandelt – nicht zuletzt, weil diese<br />

Metalle Gegenstand von Spekulationen an den internationalen<br />

Börsen wurden. Steigende Erdölpreise bekam jeder beim Tanken<br />

am eigenen Leib zu spüren.<br />

Aber auch die Rohstoffkosten für die Stahlproduktion explodierten<br />

geradezu: Die drei größten Eisenerzproduzenten, die<br />

gut zwei Drittel des Überseehandels kontrollieren, konnten<br />

2008 Preiserhöhungen durchsetzen: für Feinerz um 65 Prozent<br />

gegenüber 2007, für Pellets sogar um 87 Prozent. Gegenüber<br />

2003 stiegen die Erzpreise damit um mehr als das Vierfache.<br />

Die Preise für Kokskohle erhöhten sich seit 2003 sogar um den<br />

Faktor 5–6.<br />

Seit Herbst 2003 stiegen<br />

Schrottpreise fast stetig an<br />

Die integrierten Hüttenwerke in Deutschland benötigen jährlich<br />

r<strong>und</strong> 44 Mio. t Eisenerz <strong>und</strong> 15 Mio. t Kokskohle. Die Rohstoff-<br />

<strong>und</strong> Energiekosten machen bereits etwa 80 Prozent der<br />

Stahlerzeugungskosten aus.<br />

Auch die internationalen Schrottmärkte haben eine bisher<br />

nie da gewesene Preisrallye hinter sich: 2007 setzten die<br />

deutschen Stahlwerke, um 48,6 Mio. t Stahl zu erzeugen,<br />

21,7 Mio. t Schrott ein – etwa 4,4 Mio. t Eigenentfall <strong>und</strong><br />

17,3 Mio. t Zukauf vom Handel. Die deutschen Gießereien<br />

kauften zusätzlich weitere 4 Mio. t Gießereischrotte. Auch<br />

international stieg die Nachfrage nach Schrott.<br />

Daher sind die Preise seit dem Herbst 2003 mit einer<br />

Wachstumsunterbrechung vom Sommer 2005 bis in den<br />

Winter 2005/2006 stetig gestiegen. Im Januar 2008 wurde<br />

schwerer Abbruchschrott in der B<strong>und</strong>esrepublik bereits für<br />

r<strong>und</strong> 250 Euro/t frei Werk gehandelt. Im April <strong>und</strong> Mai stiegen<br />

die Schrottpreise um jeweils etwa 80 Euro/t <strong>und</strong> erreichten<br />

im Mai <strong>und</strong> Juni 2008 mit deutlich über 400 Euro/t für<br />

schweren Abbruchschrott historische Höchststände.<br />

Weltweit gab es zeitgleich ähnliche Entwicklungen. Türkische<br />

Stahlwerke kauften in diesem Sommer Schrott für<br />

720–740 US-Dollar/t CIF Türkei (bei Frachtraten von Europa<br />

von über 60 US-Dollar/t). Einige Exporteure waren angesichts<br />

der rasanten Preisentwicklung der Meinung, noch bis Ende<br />

2008 die 1.000-US-Dollar-Marke für Schrottlieferungen in die<br />

Türkei zu erleben.<br />

Bauboom in den Golfstaaten führte zu<br />

aberwitzigen Preisen für Moniereisen<br />

Die Betonstahlnachfrage in der Türkei, entstanden aus dem<br />

Bauboom in den Golfstaaten, führte zu aberwitzigen Preisen<br />

für Moniereisen. Sie lagen bei bis zu 1.580 US-Dollar/t FOB<br />

Türkei. Das führte zu völlig unges<strong>und</strong>en Entwicklungen. <strong>In</strong><br />

anderen Regionen, z. B. in Asien, wurde Betonstahl nur für<br />

1.000 –1.100 US-Dollar/t FOB gehandelt. Betonstahl war<br />

damit teilweise teurer als höherwertige flachgewalzte Stahlprodukte.<br />

<strong>In</strong> vielen Schwellenländern konnte man die hohen<br />

Preise für Baustähle einfach nicht mehr bezahlen. Auch ausgereizte<br />

Kreditlinien bereiteten Probleme. Die Situation musste<br />

zu Korrekturen führen! Dennoch war man in der gesamten<br />

Branche noch bullisch.<br />

Die meisten Stahlwerke kauften im steigenden Markt eher<br />

mehr Schrott als notwendig. Große Stahlhändler <strong>und</strong> Service<br />

Center sogen sich aus Angst vor weiter steigenden Preisen <strong>und</strong><br />

Lieferengpässen mit Stahlprodukten voll. Marktführer Arcelor-<br />

Mittal versuchte, langfristige Stahlverträge nachzuverhandeln.<br />

Andere Stahlwerke folgten dem Beispiel (siehe Wirtschaftswoche<br />

Nr. 30, 21.07.2008, S. 38 ff).<br />

<strong>In</strong> dem Augenblick aber, in dem klar war, dass die überhöhten<br />

Stahlpreise fallen würden, stoppten die großen Stahlhändler<br />

ihre Einkäufe. Die aufgebauten großen Lagerbestände<br />

bedeuteten, dass monatelang kein Stahl mehr gekauft wurde<br />

Was ist eigentlich …<br />

der CIF-Preis?<br />

Der CIF-Preis ist der Preis, den eine Ware zum Zeitpunkt<br />

ihrer Einfuhr kostet (C wie Cost), plus die Kosten für Seefrachtversicherung<br />

(I wie <strong>In</strong>surance) <strong>und</strong> Frachtkosten<br />

(F wie Freight). Der CIF-Preis ist auch Gr<strong>und</strong>lage, um den<br />

Zollwert zu ermitteln.<br />

FOB?<br />

<strong>In</strong>ternationale Handelsbezeichnung für Free On Board – frei<br />

an Bord geliefert im vereinbarten Verschiffungshafen.<br />

bullisch?<br />

Begriff aus der Börsensprache. Bezieht sich auf den Bullen<br />

(männliches geschlechtsreifes Hausrind), der den Anstieg<br />

bzw. steigende Kurse symbolisiert. Für das Gegenteil – also<br />

sinkende Kurse – steht der Bär.<br />

glück auf · 4/2008 ......... 36<br />

Foto: panthermedia<br />

<strong>und</strong> für Betonstahl praktisch kein Markt mehr<br />

bestand.<br />

Die türkischen Stahlwerke konnten seit dem<br />

Sommer keine nennenswerten Mengen an<br />

Betonstahl mehr in die Golfregion verkaufen.<br />

Die Bestände dort werden noch mindestens bis<br />

zum Jahreswechsel reichen, um die laufenden<br />

Bauprojekte fortzuführen.<br />

Große Lagerbestände bremsten<br />

monatelang die Stahlnachfrage<br />

Die Folge waren dramatische Preiseinbrüche<br />

auf allen Ebenen. Die Stahlschrottpreise fielen<br />

zeitgleich weltweit noch dramatischer, als sie<br />

vorher gestiegen waren – in Deutschland<br />

mit jeweils 70–100 Euro/t in den Monaten<br />

August, September <strong>und</strong> November. So wurden<br />

im November für schweren Abbruchschrott<br />

je nach Region <strong>und</strong> Qualität nur<br />

noch 120–165 Euro/t frei Werk bezahlt.<br />

Die Türkei als weltweit größter Schrott-<br />

importeur (durchschnittlich über 1 Mio. t<br />

pro Monat) kaufte nach dem Nachfrageeinbruch<br />

für Betonstahl aus der Golfregion<br />

erstmals Ende Oktober wieder<br />

Schiffsladungen von etwa 30.000 t<br />

Stahlschrott aus Europa <strong>und</strong> von der<br />

US-Ostküste für teilweise nur<br />

130 US-Dollar/t CIF Türkei (bei<br />

Frachtraten von Europa von nur noch<br />

etwa 1 US-Dollar/t).<br />

Auch ohne Finanzkrise wäre es zu<br />

massiven Korrekturen gekommen<br />

Die hier skizzierte Entwicklung der Stahl- <strong>und</strong><br />

Schrottmärkte legt aus meiner Sicht den Schluss<br />

nahe, dass auch ohne Finanzkrise der aufgeblähte<br />

<strong>und</strong> verzerrte Markt zu massiven Korrekturen<br />

geführt hätte. Ein Luftballon, den man zu<br />

stark aufbläst, platzt zu gegebener Zeit!<br />

Nicht nur beim Betonstahl wurden die Märkte überstrapaziert<br />

– <strong>und</strong> dies zu einer Zeit, in der die Probleme auf den<br />

Immobilienmärkten der USA, Großbritanniens <strong>und</strong> Spaniens<br />

bereits offenk<strong>und</strong>ig waren. Auch in der Automobilbranche<br />

zeichnete sich schon seit einiger Zeit ein Absatzrückgang ab.<br />

Aber es besteht kein Zweifel: Die Probleme auf den Stahlmärkten<br />

werden durch die Finanzkrise um ein Vielfaches<br />

verschärft. Wann sich die Märkte wieder erholen, ist schwer<br />

abzuschätzen.<br />

Ich möchte in diesem Zusammenhang an die Asienkrise<br />

erinnern. Sie begann bereits 1997 <strong>und</strong> hat sich auf die Stahl-<br />

<strong>und</strong> Schrottmärkte auch erst im Sommer <strong>und</strong> Herbst 1998 voll<br />

ausgewirkt. Es dauerte danach lange Zeit, bis sich die Märkte<br />

wieder erholten. So wurde leichter Stahlaltschrott Sorte 1 das<br />

ganze Jahr 1999 um 100 DM/t gehandelt. Der Ruhrpreis für<br />

die Sorte 2 (schwerer Stahlneuschrott) lag das ganze Jahr 1999<br />

unter 150 DM/t, im Jahr 2000 um 200 DM/t.<br />

Die jetzige Finanzkrise wird auf die Weltwirtschaft deutlich<br />

schwerwiegendere Auswirkungen haben als die Asienkrise. Es<br />

ist zu hoffen, dass die von der Politik weltweit eingeleiteten<br />

Maßnahmen zur Stabilisierung der Finanzmärkte Wirkung<br />

zeigen <strong>und</strong> das notwendige Vertrauen in die Märkte wieder<br />

hergestellt wird.<br />

Zu befürchten ist allerdings, dass uns noch weitere Wellen<br />

der Finanzkrise durchschütteln werden <strong>und</strong> uns die vollen<br />

Auswirkungen auf die Realwirtschaft noch bevorstehen. Einen<br />

Trost gibt es: <strong>In</strong> Krisenzeiten werden die Rohstoffmärkte in<br />

der Regel als Erste getroffen, aber sie erholen sich auch zuerst<br />

wieder.<br />

Ob erste leichte Preissteigerungen für Stahlschrott im<br />

November schon eine Erholungsphase andeuten, bleibt<br />

zunächst noch fraglich. Eine Schwalbe macht noch keinen<br />

Sommer! Entscheidend ist, ob die Preise weiter fest bleiben<br />

oder aufgr<strong>und</strong> von Sondereffekten nach wenigen Monaten<br />

wieder einknicken.<br />

Fest steht aber: Der jetzige Preisverfall auf den Rohstoffmärk-<br />

ten trägt die nächste Krise bereits in sich. Der Bedarf nach<br />

endlichen Ressourcen wird weiter steigen – vor allem in den<br />

Schwellenländern mit ihrem hohen Bevölkerungswachstum. <strong>In</strong><br />

der jetzigen Krise werden aber wichtige <strong>In</strong>vestitionen zurückgestellt,<br />

z. B. zur Erschließung <strong>neuer</strong> Erdölfelder <strong>und</strong> Minen<br />

sowie zum Ausbau von Raffineriekapazitäten, Kokereien <strong>und</strong><br />

Stahlwerken. Als Folge sind Verknappungen bereits vorgezeichnet,<br />

die zwingend zu neuen Rekordpreisen führen<br />

werden.<br />

Armin Schröder

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