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2023/01 | Unternehmen | März 2023 | Ausgabe 86

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VERANTWORTEN unternehmen [!]<br />

Zur Person<br />

FOTO: © HKAMA/ADOBE.STOCK.COM<br />

Silke Helmholz ist<br />

seit 2<strong>01</strong>6 Rechtsanwältin<br />

bei der IHK<br />

Region Stuttgart.<br />

Vorher hat die Handels-<br />

und Gesellschaftsrechts-Expertin<br />

für eine Wirtschaftskanzlei<br />

gearbeitet,<br />

einige Jahre<br />

davon in China.<br />

sollten <strong>Unternehmen</strong> genau hinsehen.<br />

Ganz wichtig ist die Dokumentation<br />

dieser Prüfungen,<br />

die im <strong>Unternehmen</strong> gemacht<br />

werden, sagt Helmholz. Damit<br />

kann nachgewiesen werden,<br />

dass ein <strong>Unternehmen</strong> im Sinne<br />

des Lieferkettengesetzes genug<br />

getan hat.<br />

Missstände nachweisen<br />

Wichtig: Es gibt nur eine „Bemühenspflicht,<br />

keine Erfolgspflicht“,<br />

sagt Helmholz. „<strong>Unternehmen</strong><br />

müssen aufgedeckte<br />

Missstände also nicht in jedem<br />

Fall verhindern, es reicht, wenn<br />

sie nachweisen, alles dafür getan<br />

zu haben, diese abzustellen.“<br />

Und wenn genug getan<br />

wurde, dann droht auch kein<br />

Bußgeld, das vom zuständigen<br />

Bundesamt für Wirtschaft und<br />

Ausfuhrkontrolle verhängt<br />

werden kann. Bis zu 800 000<br />

Euro können das sein.<br />

Auch der Ausschluss von öffentlichen<br />

Aufträgen ist eine<br />

dort vorgesehene Sanktion.<br />

Letztlich ist es immer eine individuelle<br />

Bewertung, die jedes<br />

<strong>Unternehmen</strong> für sich machen<br />

muss, sagt Helmholz. Und<br />

doch, gemeinsam geht es teilweise<br />

auch, etwa wenn sich <strong>Unternehmen</strong><br />

aus der gleichen<br />

Branche zusammenschließen<br />

und Plattformen schaffen, auf<br />

denen dann alle Beteiligten Zugriff<br />

auf die Audit-Ergebnisse<br />

bestimmter Lieferanten haben.<br />

So etwas gebe es schon, sagt<br />

Wissenschaftler Müller, etwa in<br />

der Automobil-, Pharma- und<br />

Chemieindustrie.<br />

Angst vor zu viel Arbeit sollten<br />

<strong>Unternehmen</strong> aber nicht<br />

haben. Nicht immer ist es nötig,<br />

für die Nachhaltigkeit<br />

gleich eine ganze neue Stelle zu<br />

schaffen. Aber: einfach sei es<br />

auch nicht, denn ob ein Lieferant<br />

nachhaltig agiert oder<br />

nicht, sei immer eine Frage der<br />

Einschätzung. Es gebe zwar<br />

eine Vielzahl von Regelungen,<br />

etwa zur Kinderarbeit. In einigen<br />

Ländern dürfen erst 16-Jährige<br />

arbeiten, in anderen aber<br />

schon 14-Jährige. „Hier muss<br />

dann jedes <strong>Unternehmen</strong> selbst<br />

entscheiden, was ihm wichtig<br />

ist“, sagt Müller. Der hohe Aufwand<br />

kann sich trotzdem lohnen,<br />

denn „schlechte Presse haben<br />

will natürlich keiner“, sagt<br />

Müller. Der Druck von außen,<br />

also von Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen<br />

und<br />

der Presse nimmt zu.<br />

Zwar habe sich in den vergangenen<br />

Jahren viel getan, vor<br />

allem in Deutschland und Europa,<br />

woanders jedoch nicht,<br />

dort sei noch einiges zu tun.<br />

Jedes<br />

<strong>Unternehmen</strong><br />

muss selbst<br />

entscheiden, was<br />

ihm wichtig ist.<br />

Martin Müller<br />

Universität Ulm<br />

Weltweit gibt es 25 Millionen<br />

Menschen in Zwangsarbeit,<br />

rund 80 Millionen Kinder arbeiten<br />

unter „ausbeuterischen<br />

Bedingungen“, heißt es beim<br />

Bundesministerium für wirtschaftliche<br />

Zusammenarbeit<br />

und Entwicklung. Vor allem die<br />

Beschäftigten in Ländern mit<br />

nicht so hohen Standards sollen<br />

vom Lieferkettengesetz<br />

profitieren.<br />

Und die <strong>Unternehmen</strong> werden<br />

das auch, sagt Müller. Von<br />

der Globalisierung hätten viele<br />

deutsche Firmen, auch und besonders<br />

im Südwesten, profitiert,<br />

sagt er. Wenn es dabei bleiben<br />

soll, also einer weltweit<br />

auch zum Wohle der deutschen<br />

<strong>Unternehmen</strong> florierenden<br />

Wirtschaft, sei es doch im Interesse<br />

der hiesigen <strong>Unternehmen</strong>,<br />

dafür zu sorgen, dass die<br />

Globalisierung nicht noch mehr<br />

unter Druck gerate. Immer lautere<br />

Rufe nach mehr nationalen<br />

Alleingängen und Protektion<br />

gehen ihr ohnehin schon an den<br />

Kragen.<br />

Nachweisbar nachhaltige Lieferketten<br />

können dann schnell<br />

zu einem wichtigen Argument<br />

werden. Entziehen kann sich<br />

der Entwicklung zudem ohnehin<br />

keiner, sagt die Stuttgarter<br />

IHK-Expertin Helmholz. Auf<br />

EU-Ebene sei eine Richtlinie in<br />

Arbeit, die über das, was das<br />

Lieferkettengesetz vorschreibt,<br />

hinausgeht, vor allem werde die<br />

Haftung der <strong>Unternehmen</strong><br />

nochmal erweitert. Und das für<br />

größere wie für kleinere <strong>Unternehmen</strong>.<br />

[!] Peter Buyer

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