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bödecker iq 44 - des Friedrich-Bödecker-Kreises in Sachsen-Anhalt ...

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diktierten Lebensanschauung zu br<strong>in</strong>gen. Das Gefühl der Sicherheit ist<br />

wohl als Mitläufer <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Menschenmasse stärker, als das <strong>des</strong><br />

E<strong>in</strong>zelgängers, der auf se<strong>in</strong>em selbst gewählten Weg über vieles stolpert,<br />

dass der Pulk trampelnd begradigt. Dafür ist das Freiheitsgefühl <strong>des</strong><br />

Nonkonformisten möglicherweise größer als das <strong>des</strong> Opportunisten.<br />

Als E<strong>in</strong>er, der auszog, das Fürchten zu lernen habe ich mich auf vielen<br />

Irrwegen befunden und b<strong>in</strong> im Leben wie <strong>in</strong> der Kunst <strong>in</strong> so e<strong>in</strong>ige –<br />

manchmal selbst gestellte – Fallen getappt. Das Gruseln habe ich kaum<br />

als e<strong>in</strong> die Lebensgeister kitzeln<strong>des</strong> Gruppenerlebnis kennengelernt. Ich<br />

brauchte nicht lange rufen: „Ach, wenn mir´s doch gruselte!“ Mich hat<br />

es bald gegraut vor jeder menschlicher Macht, die ansche<strong>in</strong>end<br />

zwangsläufig vom Missbrauch besetzt ist. Wobei ich als<br />

e<strong>in</strong>zelgängerischer Jemand den Mächtigen nur me<strong>in</strong> leicht<br />

wegzuwischen<strong>des</strong> Aufbegehren entgegenzusetzen habe.<br />

Alle wollen sie vorwärtskommen, die Mächtigen, ihre Mitläufer wie die<br />

rebellischen Gegenspieler, was jeder zwar unterschiedlich def<strong>in</strong>iert, aber<br />

bei jedem auf dasselbe h<strong>in</strong>ausläuft: sich <strong>in</strong> der Masse Mensch als<br />

unverwechselbares E<strong>in</strong>zelwesen kenntlich zu machen. Doch wie<br />

unterschiedlich geht man dabei vor? Das Leben sche<strong>in</strong>t alles zu<br />

verkraften. Und wie ist es mit der Kunst? Es s<strong>in</strong>d wohl immer wieder die<br />

„Schlüsselerlebnisse“, die zu Wegweisern für die Selbstbestimmung und<br />

den weiteren Lebensweg werden können, wenn man willens und fähig<br />

ist, sie zu „entschlüsseln“.<br />

E<strong>in</strong> solches Schlüsselerlebnis, das gleichermaßen me<strong>in</strong> Leben wie me<strong>in</strong><br />

Schreiben bee<strong>in</strong>flusste, hatte ich 1970, als ich immerh<strong>in</strong> schon dreißig<br />

Jahre alt und Student am Leipziger „Literatur<strong>in</strong>stitut J. R. Becher“ war.<br />

Diese an sich großartige E<strong>in</strong>richtung, die selbst zu doktr<strong>in</strong>ärsten Zeiten<br />

der DDR, sich geistige Freiräume bewahrte, hatte andererseits die<br />

Zielstellung, staats- und parteiergebene Schriftsteller auszubilden. Viele<br />

„junge Autoren“ s<strong>in</strong>d dort gefördert worden, und andere wieder, die sich<br />

nicht mit den politischen Gegebenheiten abf<strong>in</strong>den und <strong>in</strong> den Prozess der<br />

Anpassung e<strong>in</strong>fügen wollten, erfuhren Bestrafungen bis h<strong>in</strong> zur<br />

Exmatrikulation.<br />

E<strong>in</strong>ige Mal im jeweiligen Studienjahr gab es <strong>in</strong> der feudalen Villa am<br />

Leipziger Stadtzentrum sogenannte Werkstattwochen, wo Dozenten und<br />

Studenten im „Ahnensaal“ zusammenkamen, um über die<br />

Schreibergebnisse der Pflegl<strong>in</strong>ge und nicht zuletzt über die Welt im

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