bödecker iq 44 - des Friedrich-Bödecker-Kreises in Sachsen-Anhalt ...
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Lage noch willens sei, die Kunst zu steuern. Er hebt unumwunden die<br />
Freiheit der Kunst hervor: Kunst und Wissenschaft suchen nicht nur<br />
ke<strong>in</strong>e Lenkung, sondern können von ihrem Wesen her ke<strong>in</strong>e dulden.<br />
Trotzki hat sich, wie immer man zu ihm stehen mag, mit se<strong>in</strong>er tiefen<br />
und facettenreichen B<strong>in</strong>dung an die Idee <strong>des</strong> Kommunismus, wohl oft<br />
widersprüchlich verhalten und <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Handeln hier und da auch<br />
schuldig gemacht. Dennoch darf man ihn e<strong>in</strong>en Freigeist nennen, <strong>in</strong><br />
se<strong>in</strong>er theoretischen H<strong>in</strong>terlassenschaft liefert er den Beweis, dass er die<br />
Freiheit se<strong>in</strong>es Denkens über das Dogma der Ideologie gestellt hat. In<br />
se<strong>in</strong>em Aufsatz „Für e<strong>in</strong>e unabhängige revolutionäre Kunst“ zitiert er<br />
Marx: Der Schriftsteller muss natürlich Geld verdienen, um leben und<br />
arbeiten zu können, aber er darf auf ke<strong>in</strong>en Fall leben und arbeiten, um<br />
Geld zu verdienen … Der Schriftsteller betrachtet ke<strong>in</strong>eswegs se<strong>in</strong>e<br />
Arbeiten als ´Mittel´. Sie s<strong>in</strong>d ´Selbstzweck´, sie s<strong>in</strong>d so wenig Mittel für<br />
ihn selbst und für andere, daß er ´ihrer´ Existenz ´se<strong>in</strong>e´ Existenz<br />
aufopfert, wenn´s not tut … Die erste Freiheit der Presse besteht dar<strong>in</strong>,<br />
ke<strong>in</strong> Gewerbe zu se<strong>in</strong>.<br />
Nun, das ist e<strong>in</strong>e Herkulesaufgabe für den Künstler, se<strong>in</strong>e Kunst über<br />
se<strong>in</strong> Leben zu erheben. Darum muss er lebenslang r<strong>in</strong>gen, er wird<br />
Phasen <strong>des</strong> Mutes und der Feigheit durchmachen müssen und e<strong>in</strong>mal<br />
wird das e<strong>in</strong>e und dann wieder das andere die Oberhand gew<strong>in</strong>nen. Die<br />
Kunst hält ihren eigenen Hof, wor<strong>in</strong> der Künstler König und Narr<br />
zugleich ist. Sie ist auch e<strong>in</strong>e Macht, aber wohl die e<strong>in</strong>zige, die ke<strong>in</strong>e<br />
Unterwerfung, sonder Rebellion verlangt. Die Macht der Kunst kommt<br />
gleichermaßen aus dem menschlichen Geist wie aus der Seele, sie<br />
braucht ke<strong>in</strong>e Gottergebenheit, weil der <strong>in</strong>newohnende Zweifel sie<br />
wissen lehrt, dass nach Heraklits Formel panta rhei alles fließt. Ke<strong>in</strong>er<br />
verdient e<strong>in</strong>en Heiligensche<strong>in</strong>, der Künstler schon gar nicht, denn wer<br />
wie er das Leben liebt und für se<strong>in</strong>e Liebe e<strong>in</strong>tritt, macht sich bald<br />
schuldig. Indem er ihrer Existenz se<strong>in</strong>e Existenz opfert ist er vor allem<br />
auch e<strong>in</strong> gnadenloser Egoist. Das ist nur oberflächlich betrachtet e<strong>in</strong><br />
antagonistischer Widerspruch. In der Essenz braucht das Gegensätzliche<br />
e<strong>in</strong>ander wie Wahrheit und Lüge, Gut und Böse und Schön und Hässlich<br />
e<strong>in</strong>ander brauchen, um existenzfähig zu se<strong>in</strong>.<br />
Schon von me<strong>in</strong>em Charakter her musste ich damals gegen S.´<br />
Glaubensbekenntnis opponieren. Obwohl ich, von der historischen<br />
Notwendigkeit <strong>des</strong> Kommunismus überzeugt, den Versuch, e<strong>in</strong>e