ASO! Augsburg Süd-Ost - April 2023
Stadtteilmagazin für Augsburg-Hochzoll, -Herrenbach, -Spickel, -Textilviertel und Friedberg
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12 <strong>ASO</strong>! <strong>April</strong> ‚23<br />
Vor 100 Jahren<br />
Hochzoll kämpft für einen Gehweg an der Friedberger Straße<br />
und sauberes Trinkwasser<br />
1924 versuchte der Molkereibesitzer Adolf Leither mit einer<br />
Suppenküche die Not für über 100 arme Hochzoller zu lindern.<br />
(<strong>ASO</strong>! berichte im Märzheft <strong>2023</strong>) Ausgegeben wurden die Portionen<br />
im katholischen Kinderheim an der Karwendelstraße. Im Jahr<br />
darauf wurde die Armenspeisung von der Caritas übernommen.<br />
Auch 1945 bis 49 wurden dort wieder verbilligte Mahlzeiten für 60<br />
Pfennige an etwa 150 Bedürftige ausgeteilt.<br />
Einen Eindruck davon, wie primitiv die Zustände in Hochzoll in<br />
der Mitte der 1920er Jahre waren, bekommt man, wenn man die<br />
Klagen liest, die in dieser Zeit aus unserem Stadtteil nach <strong>Augsburg</strong><br />
gingen.<br />
Auf einer Wunschliste des Gemeinnützigen Vereins <strong>Augsburg</strong>-<br />
Hochzoll an den Stadtrat stehen 1924 u.a. folgende Wünsche:<br />
- Bau eines Fußweges entlang der Friedberger Straße,<br />
- Ausbau des Fußwegs an der <strong>Ost</strong>seite der Zugspitzstraße,<br />
- Verlegung und Verbreiterung des Gangsteiges auf der<br />
Lechbrücke,<br />
- Verlängerung der Linie 6 bis nach Friedberg<br />
(verwirklicht 2010!),<br />
- Wasserleitung und Abwasserkanal,<br />
- Beleuchtung der Friedberger Straße zwischen Heuweg<br />
und Endstation der Linie 6 (damals an der Westseite der<br />
Lechbrücke),<br />
- Bau einer Gasleitung in Verbindung mit der Wasserleitung.<br />
Schließlich ersuchen wir eine Verlängerung der Straßenbahn. Man<br />
kann ruhig Nervenheil stunden. (Nervenheil war ein Ausflugslokal<br />
von gehobenem Niveau oberhalb Leitershofens.) Hier außen ist<br />
arbeitendes Volk, das gehört jetzt in erster Linie unterstützt und<br />
berücksichtigt!!<br />
Hat die Straße Platz für solch eminenten Verkehr von Autos, so soll<br />
auch Platz gefunden werden für eine Verkehrsverbindung zum Wohle<br />
unsrer Männer und Kinder, sowie auch zur Entlastung für uns.<br />
Endlich zu den Trinkwasserverhältnissen. Die Straße liegt höher<br />
wie die Höfe, weshalb das schlemmige Abwasser in dieselben fließt<br />
und in dem Kiesgrund direkten Weg in unsere Brunnen findet. Auch<br />
die Odel- und sonstigen Versitzgruben geben an unsere Brunnen<br />
ihren Teil ab. Das alles hat zur Folge, dass manchmal ein geradezu<br />
eckelerregendes Trinkwasser aus den Brunnen fliesst. Nichts weniger<br />
wie hygienisch ist der Inhalt der Filtriersäckchen, welche die Bewohner<br />
gezwungen sind, an den Ausflussröhren zu befestigen. Will<br />
der Stadtrat wirklich warten, bis der Typhus ausbricht???<br />
Die angeführten Missstände sind nur die allergrassesten, zu denen<br />
nicht mehr länger geschwiegen werden darf. Und wenn die Opfer<br />
und das langjährige Hinwarten auf Erfüllen unsrer Bitten noch<br />
nicht ausschlaggebend sind, so betrachten die Herren bitte doch<br />
Pfersee, Kriegshaber, Lechhausen, überall ist es besser, wie bei uns.<br />
Grund dessen erhoffen wir von dem verehrlichen Stadtrat gütige<br />
Unterstützung.“<br />
(Der Brief wurde unverändert in der Originalschreibweise übernommen.)<br />
Der Gemeinnützige Verein war 1913 unter dem Namen „Paritätischer Bürgerverein<br />
<strong>Augsburg</strong>-Hochzoll“ gegründet worden und vertat unter seinem langjährigen Vorsitzenden<br />
Gärtnermeister Martin Hahn die Belange Hochzolls. Repro: M. Friedrichs<br />
Die schlimmsten Missstände wurden von den Hochzoller Honoratioren<br />
hier noch nicht angesprochen. Das besorgten einige Hochzoller<br />
Frauen in einem Brief an die Stadtväter. Sie wurden deutlich:<br />
„Wir glauben, dass auch Ihre Damen diese Zustände unerquicklich<br />
finden würden in Bezug auf Fussweg, Beleuchtung, Tram usw. Wo<br />
ein Wille ist, da ist auch ein Weg. Mit Strafgeldern bei solch unsinnigem<br />
Fahren durch einen Ort OHNE FUSSWEG hätte man manche<br />
Verbesserung vornehmen können. Unsere Kinder kann man anziehen,<br />
wie man will, sie sind stets dem Schmutze der Landstraße<br />
ausgesetzt, von der Gefahr, dass sie überfahren werden, ganz zu<br />
schweigen.<br />
Friedberger Straße ohne Fußweg<br />
Repro: A. Hausmann