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TIM_SAMMEL_APRIL2022

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Gruft<br />

Intern sah es weniger rosig aus, die Musiker<br />

lagen häufig miteinander im Clinch.<br />

Viele kamen und gingen (und kamen zurück<br />

und gingen wieder) – über all die<br />

Jahre blieb als einzige wirkliche Konstante<br />

Kreativkopf Robert Smith. Durch den<br />

Ruhm steigerte sich sein Alkoholkonsum<br />

ins Maßlose, irgendwann ging er kaum<br />

noch vor die Haustür. Nichtsdestotrotz<br />

spielt Smith am Ende seiner großen Dekade<br />

mit „Disintegration“ (1989) jenes<br />

Album ein, das vielen Fans als die definitive<br />

Cure-Platte gilt und die Hits „Lovesong“<br />

und „Lullaby“ enthält.<br />

Was danach kam, hatte den Charakter<br />

von Ehrenrunden. Die Musik klang oft<br />

toll, ohne die Dringlichkeit der frühen<br />

Tage noch einmal zu erreichen. So gelang<br />

der Band Anfang der Neunziger<br />

ausgerechnet mit ihrem fröhlichsten<br />

Song „Friday I’m in Love“ ihr größter<br />

Single-Erfolg. Um 2000 wollte der<br />

Frontman einmal fast den Stecker ziehen.<br />

Dann gab er stattdessen das Trinken<br />

auf oder mäßigte sich zumindest<br />

soweit, als er nun immerhin vor Auftritten<br />

trocken bleibt. O-Ton: „Ich hätte<br />

nicht gedacht, dass Konzerte so viel<br />

Spaß machen.“<br />

Die atmosphärisch dichte Musik, die<br />

The Cure heute als ihre eigenen Werkverwalter<br />

live performen, ist zeitlos. Sie<br />

schwebt in ihrer ureigenen Sphäre zwischen<br />

Düsterkeit, Sehnsucht und Verzweiflung.<br />

Das letzte Studiowerk „4:13<br />

Dream“ datiert aus dem Jahr 2008. Von<br />

einem Nachfolger war immer mal wieder<br />

die Rede, aber materialisiert hat er sich<br />

bis heute nicht. Bevor er etwas Halbgares<br />

in die Welt setzt, spielt Smith eben lieber<br />

seine alten Klassiker, wenngleich er angekündigt<br />

hat, dass der Nachfolger nun<br />

endlich vor der kommenden Tour erscheinen<br />

soll.<br />

Mit oder ohne neuen Songs haben The<br />

Cure jedoch eine paradoxe Wirkung:<br />

Wenn man sie hört, fühlt man sich<br />

gleichzeitig deprimiert und happy. Er<br />

würde es nie zugeben, aber wahrscheinlich<br />

muss man sich Robert Smith als<br />

glücklichen Menschen vorstellen.<br />

n The Cure gastieren am 23. Oktober mit<br />

The Twilight Sad in der Marx Halle.

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