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Leitstelle 2023

Jahresfachmagazin für Feuerwehren, Brand- und Katastrophenschutz, Rettungswesen, Technik und Kommunikation.

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Editorial<br />

1<br />

Ein »Feuersommer« wie noch nie!<br />

Bild: pixabay<br />

Dipl.-Ing. (FH)<br />

Frank Ostertag<br />

Chefredakteur<br />

f.ostertag@kuhn-fachmedien.de<br />

Liebe Leserinnen, liebe Leser,<br />

Seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr<br />

2006 gab es weltweit noch nie so viele<br />

Waldbrände, meldet das European Forest<br />

Fire Information System. Und auch das<br />

Ausmaß der Brände hat besorgniserregend<br />

zugenommen. Der heiße Sommer<br />

habe dabei die Feuer deutlich begünstigt,<br />

weiter angeheizt und immer wieder<br />

ausbrechen lassen. Deutschland kam in<br />

2022 vergleichsweise glimpflich davon: Es<br />

brannten bis zum November 4300 Hektar<br />

ab. Aber auch das ist leider ein trauriger<br />

Rekord.<br />

Zum Beispiel entflammte einer der verheerenden<br />

Brände in der Sächsischen Schweiz<br />

zwischen Ende Juli bis Ende August 2022<br />

immer wieder. Zu diesem Großschadensereignis<br />

hat eine sächsische Experten-Kommission<br />

die Waldbrände ausgewertet und<br />

rund 100 Maßnahmen aus den Bereichen<br />

Brand- und Katastrophenschutz, Naturschutz<br />

und Forstwirtschaft vorgeschlagen.<br />

Fünf wichtige Vorschläge<br />

der Kommission sind:<br />

• Rettungswege sind zu verbreitern und<br />

weniger Totholz soll dort lagern, welches<br />

die Einsatzkräfte behindert.<br />

• In gefährdeten Gebieten sind »standortheimische<br />

Laubmischwälder« anstelle<br />

von trockenen Nadelbäumen anzupflanzen.<br />

• Mit moderner Technologie können<br />

Waldbrände früher entdeckt werden.<br />

Dazu zählen kameraüberwachte Frühwarnsysteme.<br />

• Behörden und Waldeigentümer werden<br />

dazu angehalten Konzepte zur Versorgung<br />

mit Löschwasser zu erstellen, die<br />

auch Zisternen oder stationäre Leitungen<br />

einschließen sollen.<br />

• Sogenannte »Waldbrandriegel« mit<br />

brandhemmender Vegetation sind anzulegen<br />

und dies möglichst angrenzend<br />

an Flugplätzen, Straßen und Schienenwegen.<br />

Auch auf Bundesebene mahnen Fachleute<br />

weitreichende Verbesserungen in der<br />

Waldbrandbekämpfung an. Die wachsende<br />

Zahl solcher Feuer sei zudem ein sichtbares<br />

Zeichen des Klimawandels.<br />

Da ich dieses Thema persönlich für äußerst<br />

wichtig erachte, möchte ich an dieser Stelle<br />

die Kernbotschaften einiger Fachleute kurz<br />

vorstellen.<br />

Alexander Held (European Forest Institute,<br />

Bonn) betonte, zusätzliche Investitionen<br />

in Zivilschutz seien dringend nötig. Dazu<br />

zählte er die permanente Finanzierung einer<br />

unabhängigen, wissenschaftlich freien<br />

»Plattform Waldbrand« auf Bundesebene<br />

– im Tandem mit solchen Plattformen auf<br />

Länderebene. Sie könnten ganzheitliche<br />

Ansätze für Forschung, Beratung, Führung<br />

oder internationalen Austausch den Ländern,<br />

Verwaltungen, Feuerwehren und<br />

Waldbesitzern zur Verfügung stellen.<br />

Siegfried Maier (Bundesvorsitzender der<br />

Deutschen Feuerwehr Gewerkschaft) befürwortete<br />

die in den Anträgen geforderten<br />

Luftfahrzeuge. Diese Einsatzmittel<br />

erfordere spezielles Wissen und Können,<br />

weshalb auch spezielle Flug-Crews dafür<br />

notwendig sind. Löschflugzeuge und<br />

Löschhubschrauber müssten parallel vorgehalten<br />

werden, um den unterschiedlichen<br />

topographischen Gegebenheiten<br />

gerecht zu werden.<br />

Susanne Klatt (Feuerwehr- und Rettungsakademie,<br />

Feuerwehr Essen) erklärte, bei<br />

ausgedehnten Vegetationsbränden seien<br />

die multifunktionalen Löschfahrzeuge, wie<br />

sie die Feuerwehren üblicherweise benutzten,<br />

nur bedingt einsetzbar. Spezielles Gerät<br />

gehöre noch nicht in nötigem Umfang<br />

zur Standardausrüstung dieser Fahrzeuge.<br />

Eine zusätzliche Ausstattung im Bereich<br />

des Zivil- und Katastrophenschutzes des<br />

Bundes und der Länder mit Spezialfahrzeugen<br />

und Spezialausstattung sei sinnvoll.<br />

Ulrich Cimolino (AK Waldbrand - Deutscher<br />

Feuerwehrverband) empfahl, alle<br />

geeigneten Helikopter der Landespolizeien<br />

mit Außenlasthaken für Flüge mit<br />

Löschwasser und Ausrüstung zu versehen.<br />

Die Helikopter müssen zudem bereitstehen<br />

für Personentransport und dem<br />

Einsatz von Rettungswinden. Der Bund<br />

müsse deutlich leistungsfähigere Hubschrauber<br />

beschaffen.<br />

In Summe sind sich alle Beteiligten einig,<br />

dass noch ein Bündel an Aufgaben im<br />

Bereich von Aufklärung, weitreichenden<br />

Investitionen, Umplanung und neuen<br />

Konzepten abzuarbeiten ist, um die Waldbrandbekämpfung<br />

stetig zu verbessern.<br />

Und wichtiger noch: die das Feuer auslösenden<br />

Ursachen und verbreitenden<br />

Faktoren sind bestmöglich zu reduzieren.<br />

Es gibt nicht die einzelne Maßnahme, die<br />

am wirksamsten ist. Das Waldbrandrisiko<br />

lässt sich nur in Kombination verschiedener<br />

Maßnahmen verringern.<br />

Aber all dies ist nichts ohne unsere gut<br />

ausgebildeten Einsatzkräfte und ehrenamtlichen<br />

Helferinnen und Helfer, die<br />

sich mutig und entschlossen den Bränden<br />

entgegenstellen. Sie benötigen dazu moderne<br />

Technik und ausreichende Mittel,<br />

um Natur und Menschen bestmöglich<br />

zu schützen. Ihnen gilt unsere große Anerkennung<br />

und ein besonderer Dank.<br />

Ihr

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