STADTBLATT Juni 2023
Das STADTBLATT ist die führende und verkaufsstärkste Stadtillustrierte für Osnabrück und Umgebung. #stadtblattosnabrück #stadtblatt #osnabrück www.stadtblatt-osnabrueck.de
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Bundesliga, 3. Liga oder Relegation – wohin der sportliche Weg des<br />
PVfL Osnabrück führt, wird spätestens kurz nach Erscheinen dieser Ausgabe<br />
besiegelt sein. Unabhängig davon, wie die Saison ausgeht, ist in der letzten Zeit<br />
eine große Euphorie auf Seiten der Fans zu spüren. Wir unterhielten uns mit<br />
Holger Elixmann, seit November 2021 Präsident unseres heißgeliebten Fußball -<br />
vereins, über soziales Engagement und „Enkeltauglichkeit“, „Gemeinwohl“-Ticket,<br />
Mitgliederwerbung und dem Wunsch für die Zukunft des VfL.<br />
INTERVIEW MALTE SCHIPPER | FOTO OSNAPIX<br />
<strong>STADTBLATT</strong>: Sie sind seit langer Zeit dem VfL auf<br />
verschiedene Weise verbunden. Wann hat Ihre<br />
Leidenschaft für den Verein begonnen und wie<br />
war die weitere Entwicklung?<br />
HOLGER ELIXMANN: Ich habe das erste VfL-Spiel an<br />
der Bremer Brücke mit meinem Vater gesehen.<br />
Das war im Frühjahr 1980 gegen die SG Wattenscheid<br />
09. Endstand war 1:1 unentschieden.<br />
<strong>STADTBLATT</strong>: Sie sind im November 2021 mit überwältigender<br />
Mehrheit zum neuen Präsidenten des<br />
VfL gewählt worden. Welche Ihrer gesteckten Ziele<br />
sind bereits erreicht worden?<br />
HOLGER ELIXMANN: Wir hatten vornehmlich zunächst<br />
das Ziel, eine einheitliche Beitragsstruktur<br />
aller Abteilungen einzuführen. Das war beim VfL<br />
seit vielen Jahren ein Thema. Diese ist auf der Jahreshauptversammlung<br />
beschlossen worden. Das<br />
war ein sehr wesentlicher Baustein dafür, dass wir<br />
eine Mitgliedergewinnungskampagne auflegen<br />
konnten. Und die läuft extrem gut. Seit Beginn<br />
dieser Kampagne Mitte April konnten wir bislang<br />
rund 1.200 neue Mitglieder gewinnen, Stand:<br />
8.5.<strong>2023</strong>.<br />
<strong>STADTBLATT</strong>: Bis Oktober 2021 waren Sie Bürgermeister<br />
von Hasbergen. Hilft diese Erfahrung im<br />
Präsidentenamt?<br />
HOLGER ELIXMANN: Das hilft auf jeden Fall. Hasbergen<br />
ist alles andere als konfliktfrei. Es gibt<br />
zahlreiche unterschiedliche Interessen und viel<br />
Theater. Dieser Erfahrungen helfen, beim VfL auch<br />
in kritischen Situationen gelassen zu bleiben.<br />
Man kann deutlich mehr moderieren und nicht<br />
selber Unruhe reinbringen, sondern dazu ein<br />
Stück beitragen, dass alle in die gleiche Richtung<br />
wollen.<br />
<strong>STADTBLATT</strong>: Sie sind verheiratet und haben eine<br />
Tochter, hauptberuflich arbeiten Sie in der Sozialversicherungsbranche.<br />
Außerdem sind Sie seit<br />
langen Jahren beim Live-Radio und engagieren<br />
sich ehrenamtlich beim SV Ohrbeck. Wie bekommen<br />
Sie das alles unter einen Hut?<br />
HOLGER ELIXMANN: Man erlernt mit den Jahren ein<br />
gewisses Zeitmanagement. Als Bürgermeister hat<br />
man zahlreiche Verpflichtungen, auch am Wochenende.<br />
Das habe ich auch immer sehr gerne<br />
gemacht. Mehr Termine als in diesem Amt kann<br />
man nicht haben, insofern ist das so heute vollkommen<br />
in Ordnung.<br />
<strong>STADTBLATT</strong>: Der VfL wird immer mehr durch soziales<br />
Engagement wahrgenommen, wie zum Beispiel<br />
durch Kooperationen mit Exil e.V., der Heilpädagogischen<br />
Hilfe oder der JVA Vechta. Was ist<br />
Ihnen dabei besonders wichtig?<br />
HOLGER ELIXMANN: Diese Ansätze hat es beim VfL<br />
immer gegeben. Der Verein kommt aus dem<br />
Schinkel, einem traditionsreichen Arbeiterviertel.<br />
Das ist also nicht neu. Die Themen und die Ausrichtung<br />
sind in den letzten Jahren hingegen<br />
deutlich geschärft worden. Wir stehen nicht für<br />
Hochglanzfußball, haben auch eine soziale Verantwortung.<br />
Wir nehmen da unsere Verantwortung<br />
als Brückenbauer für die gesamte Region<br />
sehr ernst. Das sind beim VfL keine Lippenbekenntnisse,<br />
sondern ist eine Kernaufgabe.<br />
„Wir stehen nicht<br />
für Hochglanz -<br />
fußball, haben<br />
auch eine soziale<br />
Verantwortung.“<br />
<strong>STADTBLATT</strong>: Einerseits sind Fußballfans gesellschaftlich<br />
und politisch sehr viel engagierter als<br />
früher. Andererseits gibt es Stimmen, die das lieber<br />
vom Fußball getrennt sehen wollen. Wie sehen<br />
Sie diese Situation?<br />
HOLGER ELIXMANN: Das ist eine Diskussion, die<br />
man immer wieder hat. Natürlich gibt es Leute,<br />
die sagen, lasst den Fußball damit in Ruhe, der<br />
Sport soll unpolitisch sein. Solche Auffassungen<br />
kann man auch durchaus verstehen, eine Ablenkung<br />
durch den Sport ist gerade in diesen unruhigen<br />
Zeiten vielfach gewünscht. Aber eigentlich<br />
ist der Fußball und der Sport ja niemals völlig unpolitisch<br />
gewesen. Das ist nicht voneinander zu<br />
trennen, aber man muss es in eine vernünftige<br />
Balance bringen. Natürlich spielt der VfL Profifußball,<br />
um zu gewinnen. Aber das eine schließt das<br />
andere ja nicht aus.<br />
<strong>STADTBLATT</strong>: Oft ist von der „Enkeltauglichkeit“<br />
die Rede. Was genau ist beim VfL damit gemeint?<br />
HOLGER ELIXMANN: Dieser Begriff geht auf unseren<br />
Geschäftsführer Michael Welling zurück. Er<br />
schiebt in diesem Bereich vieles voran und hat<br />
täglich viele gute Ideen. Den Begriff „Enkeltauglichkeit“<br />
hat er wahrscheinlich selber erfunden.<br />
Die genaue Genese kenne ich nicht (lacht). „Enkeltauglichkeit“<br />
steht dafür, dass man heute etwas<br />
macht, wovon die Enkel noch profitieren können.<br />
Im Grunde ist es ein anderer Begriff für Nachhaltigkeit.<br />
Für Osnabrück haben wir es das „enkeltaugliche<br />
Steckenpferd“ genannt. Mit dieser<br />
Doppeldeutigkeit kann außerhalb Osnabrücks<br />
kaum jemand etwas anfangen. Hier weiß man jedoch,<br />
was damit gemeint ist.<br />
<strong>STADTBLATT</strong>: Gibt es andere Vereine, die als Vorbild<br />
dienen?<br />
HOLGER ELIXMANN: Unser Sportdirektor Amir Shapourzadeh<br />
und auch Michael Welling sind in der<br />
auf der Entscheidungsebene überschaubaren Szene<br />
im deutschen Fußball erstklassig vernetzt. Auf<br />
dieser Ebene findet regelmäßig ein Austausch<br />
statt. Oft ist der VfL Vorreiter, vor allem durch Michael<br />
Welling. Es gibt beispielsweise Initiativen<br />
von mehreren Vereinen gemeinsam, zum Beispiel<br />
als es um die Abschaffung der Montagsspiele<br />
ging. Das haben viele Fans seit Jahren gefordert,<br />
wir haben das unterstützt, aber es musste ein<br />
mehrheitlicher Beschluss der Vereine der 3. Liga<br />
her. Diesen Beschluss konnte der VfL in Verbindung<br />
mit anderen Traditionsvereinen herbeiführen.<br />
<strong>STADTBLATT</strong>: Unabhängig davon, wie die Saison<br />
ausgeht, ist eine große Euphorie bei den Fans zu<br />
spüren. Wie erklären Sie sich das?<br />
HOLGER ELIXMANN: Dafür gibt es einen ganzen<br />
Strauß an Erklärungen. Einer der wichtigsten Faktoren<br />
ist der Nachwuchs. Wir dürfen nicht vergessen,<br />
dass wir durch Corona eine zweijährige Phase<br />
hatten, in der Kinder normalerweise das erste Mal<br />
ins Stadion kommen, das aber nicht konnten. Es<br />
gibt zahlreiche gut durchdachte Aktionen, die hier<br />
die Begeisterung anfachen. Bestimmte Gruppen<br />
können zum Beispiel mit sogenannten „Gemeinwohl-Tickets“<br />
das Erlebnis „Bremer Brücke“ erstmalig<br />
genießen. Unlängst waren exemplarisch die<br />
Jugendfeuerwehr Hasbergen und Schülerinnen<br />
und Schüler der Graf-Ludolf-Schule aus Kloster<br />
Oesede bei uns zu Gast. Das ist von Spiel zu Spiel<br />
natürlich unterschiedlich. Die Jugendlichen kommen<br />
teilweise zum ersten Mal ins Stadion, erleben<br />
die sensationelle Stimmung – und viele kommen<br />
wieder … und wieder … und wieder. Das ist der<br />
klassische Weg, so ist es den meisten der langjährigen<br />
Fans gegangen. Der Satz von Nick Hornby:<br />
„Du suchst Dir nicht Deinen Verein aus, sondern<br />
Dein Verein sucht sich Dich aus“ gilt für alle<br />
Zeiten.<br />
<strong>STADTBLATT</strong>: Der VfL hat für die nächste Saison die<br />
Lizenz für die 2. und 3. Liga bekommen. Unabhängig<br />
von der Liga: Was wünschen Sie sich für<br />
die Zukunft des VfL?<br />
HOLGER ELIXMANN: Wir haben am 22. Mai den<br />
neunzigsten Stadiongeburtstag. Wenn das Stadion<br />
einhundert Jahre alt wird, soll die Bremer Brücke<br />
so sein, dass sie für die nächsten fünfzig Jahre<br />
gerüstet ist. Die Bremer Brücke bleibt definitiv<br />
unser Spielort. Aber Renovierungsbedarf ist an<br />
vielen Stellen offenkundig. 2033 wollen wir so<br />
aufgestellt sein, dass unsere Infrastruktur den Profifußball<br />
in Osnabrück – auch im Wettbewerb mit<br />
anderen Standorten – auf lange Zeit sichern kann.<br />
<strong>STADTBLATT</strong> 6.<strong>2023</strong> 11