STADTBLATT Juni 2023
Das STADTBLATT ist die führende und verkaufsstärkste Stadtillustrierte für Osnabrück und Umgebung. #stadtblattosnabrück #stadtblatt #osnabrück www.stadtblatt-osnabrueck.de
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liche Gewaltmonopol, mobilisieren Wehrsport -<br />
gruppen und rufen zu Bürgerwehren auf. Von daher<br />
ist die parallele Zunahme rechter Straf taten und<br />
Waffenscheinen auffällig und bedrohlich zugleich.“<br />
Der Hintergrund: Das Bundeskriminalamt (BKA)<br />
meldet für 2022 und die „Politisch motivierte Kriminalität“<br />
den höchsten Stand seit Einführung der<br />
Statistik im Jahr 2001. Die Fallzahlen rechtsmotivierter<br />
Straftaten stiegen um rund sieben Prozent<br />
auf 23.493 – linke Straftaten sind nur vierstellig,<br />
2022 mit einem Rückgang um über 30 Prozent.<br />
Über 40 Prozent aller erfassten Gewaltopfer<br />
wurden 2022 von rechtsmotivierten Tätern verletzt.<br />
Auch im Themenfeld „Reichsbürger" sind die Fallzahlen<br />
um fast 40 Prozent gestiegen. Parallel dazu<br />
nimmt die Zahl der Kleinen Waffenscheine zu. Ende<br />
2022 waren laut niedersächsischem Innenministerium<br />
knapp 80.000 erfasst, rund 4.000 mehr als ein<br />
Jahr zuvor. Derzeit sind es über 82.000.<br />
Viel zu tun auch für Osnabrücks Waffenbehörde.<br />
Sie verzeichnet 241 Sportschützen, zudem 753<br />
Jäger. Die Kontrollen und waffenrechtlichen Überprüfungen<br />
erfolgen, sagt Nestmann, „sowohl anlassbezogen<br />
als auch turnusgemäß“. Der Turnus des<br />
Letzteren betrage drei Jahre. Neun Verstöße seien<br />
bei Kontrollen der Waffenaufbewahrung in den<br />
letzten fünf Jahren registriert worden. „Gelegentlich“<br />
seien dabei Waffen eingezogen worden. „Zumeist<br />
handelte es sich um den Entzug wegen mangelnder<br />
Zuverlässigkeit im Sinne des Waffenrechts.“ Es seien<br />
Matthias Bekermann,<br />
Sprecher der Polizeiinspektion<br />
Osnabrück, hält sich<br />
bedeckt. Wie oft es in<br />
Osnabrück in den letzten<br />
fünf Jahren zu Ordnungswidrigkeiten bzw. Straftaten<br />
gekommen ist, in denen eine Waffe eine Rolle gespielt<br />
hat, ob legal oder illegal, und welche Delikte<br />
das waren? Eine auto matisierte Auswertung sei nicht<br />
möglich. „Bei über 15.000 Straftaten pro Jahr in der<br />
Stadt Osnabrück“, teilt Bekermann mit, sei „eine<br />
händische Aus wer tung nicht möglich“.<br />
Und der Entzug von Waffen? „Die Entziehung<br />
waffenrechtlicher Erlaubnisse obliegt den Waffenbehörden“,<br />
teilt Bekermann mit. „Sollten erlaubnispflichtige<br />
Legalwaffen im Zusammenhang mit Straftaten<br />
oder Ordnungs widrigkeiten von der Polizei<br />
sichergestellt oder beschlagnahmt werden, erfolgt<br />
eine Mitteilung an die zuständige Waffenbehörde.“<br />
Zahlen nennt er nicht.<br />
Ob es scharfe Waffen in den Händen Osnabrücker<br />
Reichsbürger oder von Osnabrückern gibt, die der<br />
rechten Szene nahestehen? Keine Auskunft von<br />
Bekermann: Die Prüfung der Zuverlässigkeit obliege<br />
den Waffenbehörden. „Sollten sich aus polizei lichen<br />
Einsätzen oder Ermittlungsvorgängen Anhaltspunkte<br />
für Zweifel an der Zuverlässigkeit er geben, erfolgt<br />
eine Mitteilung an die zuständige Waffenbehörde.“<br />
Auch Nestmann weiß dazu nichts. Scharfe Waffen<br />
aber „Einzelfälle“: In den vergangenen fünf Jahren<br />
waren es insgesamt unter 20.<br />
Hinzu kommen illegale Waffen. Nestmann: „In<br />
den meisten Fällen handelt es sich bei derlei Verstößen<br />
um unerlaubten Waffenbesitz oder die Verwendung<br />
von Schreckschusswaffen, die bei der<br />
Polizei und Staatsanwaltschaft bearbeitet werden<br />
und bei der Waffenbehörde der Stadt Osnabrück<br />
keine direkten Konsequenzen nach sich ziehen, weil<br />
es sich gerade nicht um ordnungsgemäß<br />
registrierte<br />
Waffenbesitzer handelt.“<br />
In der Stadt besitzt<br />
jeder 194ste Bürger einen<br />
Kleinen Waffenschein.<br />
in den Händen von Reichsbürgern, in den Händen<br />
von Osnabrückern, die der rechten Szene nahe -<br />
stehen? Nach Kenntnis der Waffenbehörde sei „dies<br />
nicht der Fall“. Die Kenntnis würde „ein sofortiges<br />
Handeln der Behörde nach sich ziehen“.<br />
Oft kontrolliert wird allerdings nicht. Die Antwort<br />
des Fachbereichs Bürger und Ordnung auf die An -<br />
frage „Privater Waffenbesitz in Osnabrück“ der<br />
Gruppe Grüne/SPD/Volt Mitte April im Ausschuss<br />
für Feuerwehr und Ordnung ergab: Überprüfungen<br />
der ordnungsgemäßen Aufbewahrungen, unangekündigt<br />
und unregelmäßig durchgeführt, gab es in<br />
2022 ganze 6, 2020 sogar nur ein einziges Mal, die<br />
höchste Zahl der letzten 5 Jahre waren 64.<br />
1.204 halbautomatische Pistolen haben Osna -<br />
brücker in ihrem Besitz, 803 Revolver, 1.667 Repetierbüchsen,<br />
789 Bockdoppelflinten, 384 Doppel -<br />
flinten, 420 Einzellader -<br />
büchsen, 195 Drillinge, 108<br />
halbautomatische Flinten,<br />
215 Bockbüchsflinten, 318<br />
halbautomatische Büchsen,<br />
246 Perkussions-Revolver<br />
… und, und, und. Ziemlich<br />
viel private Feuerkraft.<br />
Wozu die dient? Vielleicht gibt auch der Wahlspruch<br />
des Bundes der Osnabrücker Schützen einen Hinweis.<br />
Er lautet: „Pro Patria“.<br />
Ach ja: Waffenscheine, die es erlauben, scharfe<br />
Waffen in der Öffentlichkeit zu führen, gibt es in<br />
Osnabrück bei Privatpersonen derzeit nicht.<br />
Aber der Antrag gehört zu den „Dienstleistungen“<br />
der Friedensstadt. Klingt ja schon ein bisschen<br />
komisch.<br />
<strong>STADTBLATT</strong> 6.<strong>2023</strong> 13