2023-1-6-oebm-der-osterreichische-baustoffmarkt - Dämmen? Natürlich - www.bachl.at
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Holz-Recycling abseits vom Ofen<br />
Holz ist an sich bereits ein nachhaltiger Bau- und Werkstoff, <strong>der</strong> während<br />
seines Wachstums CO2 bindet und über die gesamte Nutzungsdauer speichert.<br />
Durch die Verlängerung des Produktlebenszyklus lässt sich die Ökobilanz<br />
jedoch noch deutlich verbessern. Große Gebrauchtholzteile können beim Abriss<br />
o<strong>der</strong> Rückbau von Gebäuden nahezu ohne Qualitätsverlust vergleichsweise<br />
einfach wie<strong>der</strong> bzw. weiterverwertet werden. Gr<strong>at</strong>is dazu gibt’s neben dem<br />
guten grünem Gewissen auch die individuelle P<strong>at</strong>ina vergangener Jahre und<br />
Jahrhun<strong>der</strong>te.<br />
Bild: Altholz/Hubert Baumgartner<br />
Im Inneren des Seminarzentrums „Der Baum“<br />
wurden nahezu ausschließliche Abbruch- und<br />
Recyclingm<strong>at</strong>erialien verwendet.<br />
In manchen EU-Län<strong>der</strong>n, wie beispielsweise<br />
Frankreich, landet Holz<br />
beim Abbruch von Gebäuden mit allen<br />
an<strong>der</strong>en Bauabfällen einfach auf <strong>der</strong> Deponie.<br />
In Deutschland o<strong>der</strong> Österreich<br />
ist das mittlerweile verboten, weshalb<br />
hier Abfallhölzer zum überwiegenden<br />
Großteil einfach einer thermischen Wie<strong>der</strong>verwertung<br />
zugeführt o<strong>der</strong> zu Spanpl<strong>at</strong>ten<br />
verarbeitet werden. Dabei wäre<br />
ein Großteil <strong>der</strong> Gebrauchtholzteile<br />
ohne Qualitätsverlust wie<strong>der</strong>verwertbar.<br />
Letztendlich ist die Idee schon einmal<br />
verbaute M<strong>at</strong>erialien wie<strong>der</strong> zu verwenden<br />
ja auch nicht neu, son<strong>der</strong>n vorrangig<br />
aus ökonomischen Notwendigkeiten<br />
über Jahrhun<strong>der</strong>te hinweg gerade<br />
im Baubereich erfolgreich praktiziert.<br />
Baustellenabbruch landete nicht auf <strong>der</strong><br />
Son<strong>der</strong>mülldeponie, son<strong>der</strong>n wurde so<br />
weit es ging und so viel wie möglich<br />
bei <strong>der</strong> Neuerrichtung von Gebäuden<br />
wie<strong>der</strong>verwertet. Eine Praxis, die sich<br />
zunehmend neuer Beliebtheit erfreut<br />
– diesmal vorrangig aus ökologischen<br />
Überlegungen heraus. Denn mit <strong>der</strong> industriellen<br />
Produktion än<strong>der</strong>te sich die<br />
Verfügbarkeit von Baustoffen drastisch.<br />
Allzeit und überregional verfügbar waren<br />
neue Baum<strong>at</strong>erialien in <strong>der</strong> Regel<br />
nicht nur besser, son<strong>der</strong>n oft auch deutlich<br />
günstiger als die aufwändige Aufbereitung<br />
von Altbaustoffen.<br />
KASKADENNUTZUNG<br />
Mittlerweile setzt sich die Kaskadennutzung<br />
nicht nur bei <strong>der</strong> Verwendung von<br />
Bauhölzern, son<strong>der</strong>n generell in allen<br />
Bereichen <strong>der</strong> industriellen Produktion<br />
langsam durch. Für Holz bedeutet das,<br />
dass bereits einmal verbautes Holz nicht<br />
gleich im ersten Schritt thermisch verwertet<br />
o<strong>der</strong> zu Spanpl<strong>at</strong>ten verarbeitet werden<br />
soll, son<strong>der</strong>n direkt o<strong>der</strong> upgecycelt<br />
mehrfach wie<strong>der</strong> zum Eins<strong>at</strong>z kommt.<br />
Beim Gebäu<strong>der</strong>ückbau fallen große<br />
Mengen Bauholz in hervorragen<strong>der</strong><br />
Qualität an, die sich recyceln lassen. Dies<br />
trifft beispielsweise auf alle Althölzer zu,<br />
die nur oberflächlich mit Holzschutzmitteln<br />
behandelt wurden. „Dafür gilt es,<br />
Techniken zur Wie<strong>der</strong>verwertung von in<br />
großen Stücken vorliegenden Gebrauchtholzes<br />
zu entwickeln, also die Balken als<br />
solche zu erhalten“, heißt es beispielsweise<br />
seitens <strong>der</strong> Experten des Fraunhofer<br />
Instituts für Holzforschung WKI. Dieses<br />
arbeitet an geeigneten Messtechniken,<br />
um Kontamin<strong>at</strong>ionen im Holz zu erkennen<br />
und effiziente Verfahren zur Oberflächenreinigung<br />
zu entwickeln. Ein Ans<strong>at</strong>z<br />
<strong>der</strong> sich auch in <strong>der</strong> europäischen Initi<strong>at</strong>ive<br />
CaReWood – Cascading Recovered<br />
Wood – wie<strong>der</strong>findet.<br />
RE-USE HAUTNAH<br />
Altes beim Bauen wie<strong>der</strong>zuverwenden<br />
ist auch <strong>der</strong> Gedanke, <strong>der</strong> hinter dem<br />
Altholz-Ideenhaus im oberösterreichischen<br />
Inzersdorf im Kremstal steht. Seit<br />
über 20 Jahren setzt Hubert Baumgartner<br />
mit seinem Unternehmen „Altholz“<br />
auf die Wie<strong>der</strong>verwertung von Abbruchm<strong>at</strong>erialien<br />
und beschränkt sich dabei<br />
nicht nur auf den Werkstoff Holz. Im<br />
Ideenhaus erzählt je<strong>der</strong> Ziegel, je<strong>der</strong><br />
Stein, jedes Brett und je<strong>der</strong> Balken eine<br />
Geschichte, selbst die Fliesen in Bä<strong>der</strong>n<br />
stammen aus Wiener Abbruchhäusern.<br />
Architekt Ernst Pitschmann h<strong>at</strong> sich bei<br />
diesem Projekt vorrangig auf die Planung<br />
beschränkt, die M<strong>at</strong>erialwahl bzw.<br />
die M<strong>at</strong>erialsuche blieb ganz dem Bauherren<br />
überlassen. „Wir haben hier ein<br />
neues Haus ausschließlich mit alten M<strong>at</strong>erialien<br />
gebaut. Diese haben eine Geschichte,<br />
eine Haptik und erzeugen eine<br />
unvergleichliche Atmosphäre, die man<br />
mit neuen Produkten nicht nachbauen<br />
kann“, ist Baumgartner überzeugt.<br />
SCHATZKISTE<br />
Vor allem beim Holz kann Baumgartner<br />
aus dem Vollen schöpfen. In seinem<br />
M<strong>at</strong>eriallager finden sich Hölzer<br />
aus halb Europa – aus Abbruchhäusern,<br />
alten Stadeln o<strong>der</strong> Scheunen. Allesamt<br />
Einzelstücke, die es so kein zweites Mal<br />
gibt. Um die Idee, Altes wie<strong>der</strong>zuverwenden<br />
und so den Lebenszyklus zu verlängern<br />
und gleichzeitig Müllberge zu<br />
verringern, einer breiten Öffentlichkeit<br />
zugänglich zu machen, finden sich im<br />
Ideenhaus nicht nur Gästewohnungen,<br />
son<strong>der</strong>n wurde mit „Der Baum“ auch<br />
ein eigenes Seminarzentrum errichtert.<br />
Und n<strong>at</strong>ürlich steht auch hier <strong>der</strong> Recycling-<br />
und ReUse-Gedanke im Vor<strong>der</strong>grund:<br />
Alle in <strong>der</strong> Konstruktion, <strong>der</strong><br />
Fassade und selbst bei <strong>der</strong> Möblierung<br />
verwendeten Hölzer sind zumindest<br />
schon einmal verbaut gewesen und wurden<br />
lediglich von Metallen befreit, gewaschen,<br />
gereinigt und evtl. sandgestrahlt. y<br />
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| 6 . <strong>2023</strong>