30.06.2023 Aufrufe

Neue Szene Epaper 2023-07

DAS Stadtmagazin für Augsburg und die bayerisch-schwäbische Region. Kunst, Kultur, Sport, Politik und alles über die Menschen, die diese Stadt zu dem machen, was sie ist, nämlich zur schönsten Stadt der Welt!

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Seit dem Frühjahr blockieren Sebastian und seine Mitstreiter*innen regelmäßig für jeweils eine<br />

Viertelstunde Straßen an verschiedenen Problemstellen im Augsburger Stadtverkehr. Damit wollen sie<br />

die Kommunal-, Landes- und Bundesregierung zur klimagerechten Umgestaltung ihrer Mobilitätspolitik<br />

auffordern. Im Interview erklärt der Initiator der 15-Minuten-Demos, welcher Gedanke hinter diesem<br />

Konzept steckt und inwiefern auch kleinere, alltagstaugliche Protestaktionen Wirkung zeigen können.<br />

Von Lina Frijus-Plessen<br />

tungen sein, die Fußgänger und Fahrradfahrer<br />

benachteiligen, gefährliche Engstellen oder<br />

fehlende Fahrradstreifen. Wir setzen uns dafür<br />

ein, dass Fahrradfahrern, Fußgängern und dem<br />

ÖPNV mehr Priorität im Straßenverkehr eingeräumt<br />

wird. Wir fordern in erster Linie von der<br />

Stadt Augsburg, aber auch darüber hinaus von<br />

der Landes- und Bundesregierung, dass endlich<br />

konkrete Maßnahmen für eine klima- und<br />

menschenfreundliche Verkehrspolitik ergriffen<br />

werden. Unsere Oberbürgermeisterin spricht<br />

gerne von der sogenannten Mobilitätsfreiheit,<br />

das ist schön und gut. Die muss man dann aber<br />

meiner Meinung nach aktiv so gestalten, dass die<br />

klimafreundlichen Optionen mindestens genauso<br />

attraktiv werden wie das Autofahren.<br />

Und was hat es mit dem 15-Minuten-Zeitfenster<br />

auf sich?<br />

Ich habe einen sehr vollgepackten Alltag und<br />

daher leider wenig Kapazitäten für stundenlange<br />

Protestaktionen. Aber mich für 15 Minuten auf<br />

die Straße zu stellen, bekomme ich auf jeden Fall<br />

hin, zum Beispiel in meiner Mittagspause oder<br />

nachdem ich meine jüngste Tochter in den Kindergarten<br />

gebracht habe. Außerdem versuchen<br />

wir, Rücksicht auf die Verkehrsteilnehmer zu nehmen<br />

und ihnen keine allzu großen Verspätungen<br />

zuzumuten. Denn unsere Demos sollen nicht in<br />

erster Instanz provozieren, sondern vor allem zum<br />

Nachdenken anregen.<br />

Wollt ihr damit auch bewusst einen Gegenentwurf<br />

zu den Protestaktionen der Letzten<br />

Generation schaffen?<br />

Ich würde es eher als Alternative beziehungsweise<br />

Ergänzung betrachten. Ich kann sehr<br />

gut verstehen, dass die Letzte Generation diese<br />

Protestformen wählt, aber ich persönlich kann<br />

und möchte mir solche Aktionen als Familienvater<br />

und Berufstätiger einfach nicht leisten. Die<br />

15-Minuten-Demos sind also für Leute wie mich<br />

gedacht, die sich nicht stundenlang auf die Straße<br />

kleben, aber trotzdem aktiv für die Mobilitätswende<br />

engagieren wollen.<br />

Denkst du, dass man mit dieser gemäßigten<br />

Form des Protests mehr erreichen kann als<br />

mit radikaleren Aktionen?<br />

Das lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt schwer<br />

sagen, denn unsere Demos laufen ja noch nicht<br />

allzu lange. Aber die Aufmerksamkeit, die wir im<br />

Moment bekommen, zeigt zumindest schon mal,<br />

dass der Weg nicht ganz verkehrt ist. Wie viel wir<br />

damit tatsächlich bewirken können, wird sich erst<br />

im Laufe der Zeit zeigen. Jedenfalls bietet Augsburg<br />

noch einiges an Protestpotenzial. So schnell<br />

werden uns die Problemstellen im Straßenverkehr<br />

sicher nicht ausgehen.<br />

Viele Klimaaktivist:innen erfahren aus Politik<br />

und Gesellschaft zum Teil extreme Anfeindungen.<br />

Wie ist das bei euch, wie sind die bisherigen<br />

Reaktionen auf eure Demos ausgefallen?<br />

Natürlich hat man immer den einen oder<br />

anderen Autofahrer, der im Vorbeifahren<br />

unflätige Gesten zeigt oder uns aus dem Fenster<br />

Beleidigungen zuruft. Aber dass man mit einer<br />

Demonstration auch aneckt, liegt nun mal in<br />

der Natur der Sache. Die Polizei begleitet unsere<br />

angemeldeten Demos und leitet den Verkehr um,<br />

was viel Konfliktpotenzial aus der Situation herausnimmt.<br />

Dafür sind wir sehr dankbar. So muss<br />

niemand 15 Minuten im Stau stehen, sondern nur<br />

einen kurzen Umweg in Kauf nehmen. Genau<br />

darum geht es, dass unsere Demos unkompliziert,<br />

reibungslos und friedlich ablaufen. In meinem<br />

privaten Umfeld bekomme ich viel Unterstützung<br />

– vielleicht nicht von jedem volle Zustimmung,<br />

aber zumindest Verständnis. Denn jeder, der in<br />

Augsburg ab und zu Fahrrad fährt, zu Fuß geht<br />

oder den ÖPNV nutzt, kennt wahrscheinlich<br />

mindestens fünf Stellen, an denen man gegenüber<br />

dem Autoverkehr strukturell benachteiligt wird.<br />

Was wünschst du dir am meisten von der<br />

Augsburger Stadtpolitik?<br />

Dass sie ihre Arbeitsverweigerung unter dem<br />

Vorwand der Mobilitätsfreiheit einstellt und ernsthaft<br />

anfängt, diese notwendige Mobilitätswende<br />

proaktiv mitzugestalten. Die Ziele, die sich die<br />

Stadtregierung setzt, sind ja häufig sinnvoll und<br />

richtig, aber die erreicht man nun mal nicht von<br />

allein, sondern muss auch wirklich etwas dafür tun.

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