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Neue Szene Epaper 2023-07

DAS Stadtmagazin für Augsburg und die bayerisch-schwäbische Region. Kunst, Kultur, Sport, Politik und alles über die Menschen, die diese Stadt zu dem machen, was sie ist, nämlich zur schönsten Stadt der Welt!

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Zoom 29<br />

Fotos. Walter Sianos<br />

„Music was my first love“. Welche Platten<br />

haben dein Teenager-Herz entflammt?<br />

Das weiss ich noch ganz genau, mein erstes<br />

Album war von Donovan und mein zweites die<br />

weiße Scheibe von Queen.<br />

Mit dem eher verwirrenden Titel „A Night At<br />

The Opera“.<br />

Genau. Dann folgten die ganzen Klassiker, die<br />

damals on top waren wie Deep Purple, Kiss, Nazareth,<br />

Status Quo und so weiter. Pflichttermin für<br />

uns als Jugendliche war damals jeden Samstag die<br />

Veranstaltung „Plattenteller“ im Pfarrsaal. Da<br />

wurde immer kräftig abgerockt, dort wurden wir<br />

quasi musikalisch sozialisiert.<br />

„Bei uns im Pfarrsaal“, das hört sich nach einer<br />

eher ländlichen Region an.<br />

Ich komme ursprünglich aus Schrobenhausen,<br />

aber ich war ab 17 schon oft an den Wochenenden<br />

in Augsburg und bin durch die gängigen<br />

Clubs und Diskotheken gezogen. Mein Favorit<br />

war schon damals der Circus, da lief für mich der<br />

beste Sound. Ich bin dann kurz darauf auch nach<br />

Augsburg gezogen, weil ich wie meine Schwester<br />

eine Lehrstelle angetreten habe. Weil mein Vater<br />

auch noch in Augsburg gearbeitet hat, beschloss<br />

meine Mutter eines Tages, dass die ganze Familie<br />

hierherziehen sollte, damit wir nicht mehr täglich<br />

bei Wind und Wetter durch die Gegend gondeln<br />

mussten.<br />

Die wenigsten Leute kennen deinen echten<br />

Namen. Wie wurde aus dem Thomas der<br />

Flonny?<br />

Das entstand aus einer Blödelei heraus während<br />

meines kurzen Gastspiels auf dem Gymnasium.<br />

Alle bekamen einen Spitznamen verpasst,<br />

der eine hieß plötzlich Ronny, der andere Johnny<br />

und ich eben Flonny. Ich habe mich zwar anfangs<br />

dagegen gewehrt, aber irgendwann fand ich es<br />

cool. Ich hätte damals auch nicht gedacht, dass mir<br />

das für immer bleiben würde (lacht).<br />

Welche Augsburger Bands waren damals populär?<br />

Ich stand auf Hardrocker wie Manalishi und<br />

Overdose, aber auch Impotenz und viele Bands,<br />

die auf dem 2.000 Töne-Sampler vertreten waren,<br />

fand ich gut. Ich habe damals im Grünen Bäumle<br />

an der Schwibbogenmauer gejobbt. Da haben wir<br />

mal ein kleines Open-Air veranstaltet, wo viele dieser<br />

Bands auch gespielt haben. So bin ich zum ersten<br />

Mal mit Veranstaltungen in Berührung<br />

gekommen und dort habe ich auch meinen späteren<br />

Kompagnon Armin Buchholz kennengelernt,<br />

der auch lange im Bäumle aktiv war.<br />

Waren das deine ersten Schritte in der Gastronomie?<br />

Ja und für mich war schon sehr früh klar,<br />

wohin mein Weg führen soll. Während meine Mitschüler<br />

davon träumten, eines Tages Polizisten,<br />

Feuermänner oder Lokführer zu werden, war<br />

mein Berufswunsch mit 14 klar definiert: Diskothekenbesitzer.<br />

Zehn Jahre später war dein Traum Realität geworden.<br />

Genau, mit 24 war ich der jüngste Diskothekenbesitzer<br />

der Stadt.<br />

Wie kam´s denn dazu?<br />

Ich war schon immer ein Circus-Kind, ich<br />

hing da ständig rum, erst als Gast, dann als Bon-<br />

Abreißer, Türsteher und später hinter der Theke<br />

als Bierzapfer. Ich habe dann den DJs genau auf<br />

die Finger geschaut, wie und was sie aufgelegt<br />

haben, was für Platten angesagt waren, was für<br />

Tricks sie draufhatten. Mit der Zeit hatte ich mir<br />

ihre Skills abgeschaut und landete selber vor dem<br />

DJ-Pult. Eines Tages haben wir dann mitbekommen,<br />

dass der damalige Betreiber den Laden verkaufen<br />

will. Das war unsere große Chance, der<br />

Name des damaligen Besitzers müsste dir ja bestens<br />

bekannt sein.<br />

Ich kenne die Story. Das war mein damaliger<br />

Chef Jupp Reuter, der Verleger des Stadtmagazins<br />

<strong>Szene</strong> Augsburg, dem Vorgänger der<br />

<strong>Neue</strong>n <strong>Szene</strong>.<br />

Bingo! Im August 1986 eröffnete die Rockfabrik<br />

in Augsburg und alles was zwei Rockbeine<br />

hatte, lief erst einmal Richtung Riedingerstraße.<br />

Jupp hatte durch die neue Konkurrenzsituation<br />

kalte Füße bekommen und wir übernahmen den<br />

Circus. Nach einer Umbaupause haben Armin<br />

und ich im Februar 1987 eröffnet. Seit 14 Tagen<br />

ist nun auch die Rockfabrik Geschichte.<br />

Ganz schön mutig. Wie lief der Stapellauf?<br />

Der erste Hype um die Rofa hatte sich gelegt<br />

und die Leute kamen wieder zurück. Letztendlich<br />

haben sich die beiden Läden tatsächlich gegenseitig<br />

befruchtet und zwanzig Jahre gut nebeneinander<br />

gelebt.<br />

Neben Rock/Metal oder Hardrock war der Circus<br />

auch der <strong>Szene</strong>-Treff für die Gothic-<strong>Szene</strong>.<br />

Mitte der 80er haben wir auch mal Testballone<br />

in Richtung Punk oder New Wave gestartet,<br />

aber der Circus war einfach eine Rock- und Metal-<br />

Bastion. In den 90ern, als es mit Techno losging,<br />

traf sich dann immer häufiger die Gothic-<strong>Szene</strong><br />

bei uns und so etablierte sich über viele Jahre eine<br />

schwarze Partyreihe. Aber das war mehr Armins<br />

Ding, ich selber konnte damit weniger anfangen.<br />

Was war denn euer Erfolgsrezept?<br />

Unsere Authentizität. Wir haben den Laden<br />

gelebt, geliebt, selber mitgefeiert und sind keinen<br />

Trends hinterher gehechelt.<br />

2006 bist du nach knapp zwei Jahrzehnten ausgestiegen.<br />

Ich war platt, ich habe das all die Jahre voll<br />

durchgezogen und irgendwann wollte ich raus aus<br />

dem Keller. Ich habe mir erst einmal eine Auszeit<br />

gegönnt, bis 20<strong>07</strong> das Kulturhaus Abraxas einen<br />

neuen Gastronomen gesucht hat. Ich bekam mit<br />

meinem Konzept den Zuschlag und dort ging es<br />

neben dem normalen Gastbetrieb dann auch mit<br />

Konzerten los. Die Biergarten- und Dienstagskonzerte<br />

waren jahrelang erfolgreich und im Laufe<br />

der Zeit konnte ich mir dabei ein großes Netzwerk<br />

mit den Bands aufbauen.<br />

Heute bist du Eventmanager und Booker von<br />

Festivals wie etwa vom „Sommer am Kiez“.<br />

Es hätte nicht besser laufen können, für mich<br />

ist das ein Privileg und eine Herzensangelegenheit,<br />

für solche Festivals arbeiten zu dürfen. Aber man<br />

muss erst einmal einen steinigen Weg zurücklegen,<br />

denn als ich mit dem Booking angefangen<br />

habe und bei Konzertbüros bestimmte Bands angefragt<br />

habe, bekam ich oft nicht mal eine Antwort.<br />

Wenn ich heute bei den Agenturen<br />

durchklingle, wissen sie, mit wem sie es zu tun<br />

haben. Man muss sich in diesem Job eben auch<br />

erst einmal beweisen.<br />

2015 gab es sogar nochmal ein kurzes Circus-<br />

Comeback.<br />

Armin ist damals ausgestiegen und ich dachte,<br />

dass ich den alten Spirit noch einmal aufleben lassen<br />

könnte. Aber dann kam die Hiobsbotschaft,<br />

dass der Mietvertrag aus brandschutztechnischen<br />

Gründen gekündigt werden würde. Ein Umbau<br />

hätte ein Vermögen gekostet.<br />

Die Musik hat dich dein gesamtes Berufsleben<br />

begleitet. Es hätte schlimmer kommen können,<br />

oder?<br />

Definitiv (lacht). Ich werde bald 60 und ich<br />

kann von mir behaupten, dass ich ein erfülltes<br />

Leben mit viel Spaß hatte. Mein Job hält mich<br />

jung und ich hoffe, dass das noch lange so bleiben<br />

wird, denn ich kann nur maximal zwei Tage auf<br />

der Couch liegen, danach muss ich wieder auf die<br />

Piste. (ws)

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