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Neue Szene Epaper 2023-07

DAS Stadtmagazin für Augsburg und die bayerisch-schwäbische Region. Kunst, Kultur, Sport, Politik und alles über die Menschen, die diese Stadt zu dem machen, was sie ist, nämlich zur schönsten Stadt der Welt!

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HEIMATKLÄNGE 47<br />

I<br />

hr habt euch nach der Frühjahrstour<br />

ein paar Tage Urlaub<br />

gegönnt. Was treibt man da so,<br />

könnt ihr die Finger überhaupt<br />

vom Instrument lassen?<br />

Lisa: Wir waren in den letzten<br />

Wochen viel unterwegs, dadurch<br />

wurden Freunde und Familie vernachlässigt.<br />

Es haben sich viele<br />

Dinge aufgestaut und ich bin<br />

kaum noch hinterhergekommen, meine private<br />

To-Do-Liste abzuarbeiten.<br />

Chris: Ich war eine Woche in Österreich und<br />

Slowenien, meine Gitarre war auch an Bord. Es<br />

war in all den Jahren tatsächlich der erste offizielle<br />

Urlaub von der Band und ich war noch nie so weit<br />

von meinen Kollegen entfernt.<br />

Und du Stefan?<br />

Stefan: Ich habe viel Zeit beim Golfen verbracht,<br />

das ist so ziemlich das einzige, wo ich komplett<br />

abschalten kann. Aber es ist schwer, die<br />

Hände vom Handy zu lassen. Musizieren tun wir<br />

eh nicht mehr so viel, muss man ja leider sagen,<br />

genau genommen war es mehr ein Urlaub vom<br />

Bandbüro.<br />

Dasselbe haben Nick und Dominik von Aera<br />

Tiret im Interview vom letzten Monat auch<br />

beklagt, der Job besteht inzwischen aus 10 Prozent<br />

Musikmachen und zu 90 Prozent aus<br />

Büro, Promotion und Marketing.<br />

Stefan: Ich würde es auf 80/20 beziffern, aber<br />

es ist tatsächlich so, dass die Arbeit um die Musik<br />

herum absolut dominiert.<br />

In der Augsburger Allgemeinen stand vor einigen<br />

Tagen: „Es ist ein Wunder, dass es uns<br />

noch gibt.“<br />

Lisa: Das spiegelt auf jeden Fall die Corona-<br />

Phase wider. Wir sind stolz, das überlebt zu haben<br />

und dass wir dabei sogar in vielen Bereichen ein<br />

Wachstum verzeichnen konnten. Wir kommen<br />

jetzt ins 8. Bandjahr und haben sehr viel miteinander<br />

erlebt, schöne, aber auch komplizierte Zeiten<br />

und auch deswegen empfinden wir es als kleines<br />

Wunder.<br />

Die Prognosen im Konzertbereich waren Anfang<br />

des Jahres düster. Die Fetten werden fetter<br />

und der Rest darf sich um die Knochen streiten.<br />

Wie ist die Lage?<br />

Stefan: In deiner Frage steckt viel Wahrheit.<br />

Die Leute brauchen nach der Pandemie noch Zeit,<br />

um Kultur als wichtiges Gut zu erkennen und<br />

dafür auch tatsächlich Geld ausgeben zu wollen.<br />

Wir hatten jetzt das Glück, mit Fiddler´s Green<br />

auf Tour zu gehen, viele Shows waren ausverkauft.<br />

Chris: Allerdings wurde die Tour gleich zweimal<br />

wegen Corona verschoben, d.h. die Tickets<br />

wurden bereits vor drei Jahren verkauft. Deswegen<br />

ist diese Tour leider nicht die Realität, denn die<br />

Konzertbranche kränkelt immer noch sehr.<br />

Allgemein hat man aber schon das Gefühl,<br />

dass die Menschen die Lust am Feiern wiedergefunden<br />

haben.<br />

Lisa: Das schon, aber mit einer anderen Priorisierung.<br />

Das Corona-Gespenst wurde zwar erst<br />

einmal verjagt, aber Inflation und Energiekrise<br />

haben voll reingehauen. Ich muss ja nur unser eigenes<br />

Konsumverhalten beobachten, wir gehen<br />

selber nicht mehr auf so viele Konzerte, weil es<br />

schlicht und ergreifend nicht drin ist. Wenn die<br />

Leute Geld für Konzerte ausgeben, dann setzen sie<br />

lieber auf die sichere Bank, bei Robbie Williams<br />

wissen sie, was sie erwartet. Bands, wie die unsere<br />

, sind sehr auf ihre Fans angewiesen, weil es im<br />

Moment schwer ist, neue zu generieren.<br />

Man konnte euch in den letzten Wochen sehr<br />

oft mit glücklichen Gesichtern in den sozialen<br />

Medien sehen. Die 17 Shows mit Fiddler´s<br />

Green waren sicherlich Balsam für eure Seelen.<br />

Lisa: Absolut und wir haben das sehr genossen.<br />

Aber trotz der ganzen Freude ist die Denk-Maschine<br />

immer weitergelaufen. Uns war bewusst,<br />

dass 99 Prozent des Publikums wegen Fiddler´s<br />

Green da war, umso schöner war es, dass wir von<br />

ihnen und ihrer Crew super aufgenommen und<br />

auf Augenhöhe behandelt wurden.<br />

Chris: Das Publikum war super. Es war ja<br />

nicht von vornherein klar, dass es so kommen<br />

würde, die Fiddler´s sind live doch um einiges<br />

härter als wir. Aber ohne zu übertreiben, muss ich<br />

sagen, dass wir so abgefeiert wurden, wie ich es<br />

noch nie bei einem anderen Support-Act erlebt<br />

habe.<br />

Was nimmt man mit außer Spaß?<br />

Lisa: Zahlen, Fakten und über 10.000 Zuschauer.<br />

Während dieser Zeit konnte man regelrecht<br />

zuschauen, wie unsere Social Media-Zahlen<br />

hochgingen. Wir konnten definitiv unseren Bekanntheitsgrad<br />

steigern und haben viel gelernt<br />

und mitgenommen.<br />

Chris: Ich bin bei uns für die Technik zuständig<br />

und wir haben unseren Workflow beim Aufbau-Abbau<br />

perfektioniert. Wir spielen oft<br />

unterschiedliche Konzerte, hier war alles klar abgesteckt,<br />

Programmlänge, Setlist und das Ganze<br />

17 Mal hintereinander. Am Ende der Tour waren<br />

wir so gut eingespielt wie noch nie und konnten<br />

uns in Bestform auf dem Modular Festival präsentieren.<br />

John Garner ist eine klassische DIY-Band. Hat<br />

sich da im letzten Jahr etwas geändert?<br />

Stefan: Inzwischen machen wir alles selber,<br />

auch Promo, Management, Verlag und Booking.<br />

Die Aufgaben wurden neu verteilt und wir sind<br />

da so reingewachsen, dass wir auch für andere<br />

Bands arbeiten und Konzerte buchen. Wir wollen<br />

das noch mehr vertiefen, denn wir haben in einem<br />

Jahrzehnt viel Knowhow in diesen Bereichen gesammelt.<br />

Besondere Zeiten erfordern besondere Maßnahmen.<br />

Ihr bietet verschieden Packages an:<br />

„Pre-Listening-Session“, „VIP Wohnzimmerkonzert“,<br />

„Besuche eine unserer Proben“, inkl.<br />

T-Shirts und VIP-Tickets.<br />

Lisa: Das wird sehr gut angenommen, gerade<br />

durch die Pandemie waren wir doch sehr weit<br />

vom Publikum weg. Die letzte Tour hat uns auch<br />

gezeigt, wie schön es ist, am Merch-Stand zu stehen<br />

und mit den Leuten zu ratschen.<br />

Es war schön, wieder am<br />

Merch-Stand zu stehen und<br />

mit den Leuten zu ratschen.<br />

Wisst ihr vorher, was euch bei so einem Wohnzimmer-Konzert<br />

erwartet?<br />

Stefan: Nur bedingt und das ist auch der Reiz<br />

an der Sache. Aber es ist immer supercool, weil es<br />

Leute sind, die es sich leisten wollen. Diese Konzerte<br />

schaffen eine besondere Bindung, man wird<br />

wohlwollend empfangen, es gibt tolles Essen …<br />

Chris: … und das sind dann auch die Leute,<br />

die am Jahresende zum Abschlusskonzert kommen,<br />

egal wie weit sie fahren müssen.<br />

Bis Jahresende sind es noch knapp 40 Shows<br />

und trotzdem steht das vierte Album an. Wie<br />

ist da der Status quo?<br />

Lisa: Songs und Texte sind fertig. Jetzt werden<br />

sie vorproduziert und im Juli geht´s ins Studio.<br />

Was darf man musikalisch erwarten?<br />

Stefan: Hast du dir den Vorboten „Golden<br />

Ray“ angehört?<br />

Hab ich.<br />

Stefan: Und?<br />

Ich suche bei euch nach dem Folk-Rock, so viel<br />

ist da gar nicht mehr drin.<br />

Stefan: Ja, das stimmt, unsere Musik ist teilweise<br />

kommerziell, aber der Folk steckt in unseren<br />

Instrumenten wie Mandoline, Akkordeon und<br />

akustische Gitarren. Das neue Album wird sehr<br />

folkige, aber auch noch poppigere Elemente beinhalten.<br />

Streng genommen feiert John Garner 2024 das<br />

zehnjährige Jubiläum, wenn ihr euch jetzt<br />

schon was wünschen dürftet …<br />

Chris: Eine realistische Vision ist, dass wir im<br />

Jahr 60 Konzerte vor je 300 bis 500 Leuten spielen.<br />

Aber das ist so ein Ding mit den Visionen, kaum<br />

haben wir ein Ziel ansatzweise erreicht, steckt Stefan<br />

ein neues ab (lacht). (ws)<br />

www.johngarner.de

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