46 HEIMATKLÄNGE INTERVIEW MIT JOHN GARNER THE HARDEST WORKING BAND John Garner sind wohl die „Hardest Working“ Band in Town. Nach einer ausverkauften Tour mit Fiddler´s Green gönnen sie sich kaum eine Pause, denn bereits im Juli geht es ins Studio, um das vierte Studioalbum einzuspielen. Walter Sianos traf Lisa Seifert, Stefan Krause und Chris Sauer zum Interview.
HEIMATKLÄNGE 47 I hr habt euch nach der Frühjahrstour ein paar Tage Urlaub gegönnt. Was treibt man da so, könnt ihr die Finger überhaupt vom Instrument lassen? Lisa: Wir waren in den letzten Wochen viel unterwegs, dadurch wurden Freunde und Familie vernachlässigt. Es haben sich viele Dinge aufgestaut und ich bin kaum noch hinterhergekommen, meine private To-Do-Liste abzuarbeiten. Chris: Ich war eine Woche in Österreich und Slowenien, meine Gitarre war auch an Bord. Es war in all den Jahren tatsächlich der erste offizielle Urlaub von der Band und ich war noch nie so weit von meinen Kollegen entfernt. Und du Stefan? Stefan: Ich habe viel Zeit beim Golfen verbracht, das ist so ziemlich das einzige, wo ich komplett abschalten kann. Aber es ist schwer, die Hände vom Handy zu lassen. Musizieren tun wir eh nicht mehr so viel, muss man ja leider sagen, genau genommen war es mehr ein Urlaub vom Bandbüro. Dasselbe haben Nick und Dominik von Aera Tiret im Interview vom letzten Monat auch beklagt, der Job besteht inzwischen aus 10 Prozent Musikmachen und zu 90 Prozent aus Büro, Promotion und Marketing. Stefan: Ich würde es auf 80/20 beziffern, aber es ist tatsächlich so, dass die Arbeit um die Musik herum absolut dominiert. In der Augsburger Allgemeinen stand vor einigen Tagen: „Es ist ein Wunder, dass es uns noch gibt.“ Lisa: Das spiegelt auf jeden Fall die Corona- Phase wider. Wir sind stolz, das überlebt zu haben und dass wir dabei sogar in vielen Bereichen ein Wachstum verzeichnen konnten. Wir kommen jetzt ins 8. Bandjahr und haben sehr viel miteinander erlebt, schöne, aber auch komplizierte Zeiten und auch deswegen empfinden wir es als kleines Wunder. Die Prognosen im Konzertbereich waren Anfang des Jahres düster. Die Fetten werden fetter und der Rest darf sich um die Knochen streiten. Wie ist die Lage? Stefan: In deiner Frage steckt viel Wahrheit. Die Leute brauchen nach der Pandemie noch Zeit, um Kultur als wichtiges Gut zu erkennen und dafür auch tatsächlich Geld ausgeben zu wollen. Wir hatten jetzt das Glück, mit Fiddler´s Green auf Tour zu gehen, viele Shows waren ausverkauft. Chris: Allerdings wurde die Tour gleich zweimal wegen Corona verschoben, d.h. die Tickets wurden bereits vor drei Jahren verkauft. Deswegen ist diese Tour leider nicht die Realität, denn die Konzertbranche kränkelt immer noch sehr. Allgemein hat man aber schon das Gefühl, dass die Menschen die Lust am Feiern wiedergefunden haben. Lisa: Das schon, aber mit einer anderen Priorisierung. Das Corona-Gespenst wurde zwar erst einmal verjagt, aber Inflation und Energiekrise haben voll reingehauen. Ich muss ja nur unser eigenes Konsumverhalten beobachten, wir gehen selber nicht mehr auf so viele Konzerte, weil es schlicht und ergreifend nicht drin ist. Wenn die Leute Geld für Konzerte ausgeben, dann setzen sie lieber auf die sichere Bank, bei Robbie Williams wissen sie, was sie erwartet. Bands, wie die unsere , sind sehr auf ihre Fans angewiesen, weil es im Moment schwer ist, neue zu generieren. Man konnte euch in den letzten Wochen sehr oft mit glücklichen Gesichtern in den sozialen Medien sehen. Die 17 Shows mit Fiddler´s Green waren sicherlich Balsam für eure Seelen. Lisa: Absolut und wir haben das sehr genossen. Aber trotz der ganzen Freude ist die Denk-Maschine immer weitergelaufen. Uns war bewusst, dass 99 Prozent des Publikums wegen Fiddler´s Green da war, umso schöner war es, dass wir von ihnen und ihrer Crew super aufgenommen und auf Augenhöhe behandelt wurden. Chris: Das Publikum war super. Es war ja nicht von vornherein klar, dass es so kommen würde, die Fiddler´s sind live doch um einiges härter als wir. Aber ohne zu übertreiben, muss ich sagen, dass wir so abgefeiert wurden, wie ich es noch nie bei einem anderen Support-Act erlebt habe. Was nimmt man mit außer Spaß? Lisa: Zahlen, Fakten und über 10.000 Zuschauer. Während dieser Zeit konnte man regelrecht zuschauen, wie unsere Social Media-Zahlen hochgingen. Wir konnten definitiv unseren Bekanntheitsgrad steigern und haben viel gelernt und mitgenommen. Chris: Ich bin bei uns für die Technik zuständig und wir haben unseren Workflow beim Aufbau-Abbau perfektioniert. Wir spielen oft unterschiedliche Konzerte, hier war alles klar abgesteckt, Programmlänge, Setlist und das Ganze 17 Mal hintereinander. Am Ende der Tour waren wir so gut eingespielt wie noch nie und konnten uns in Bestform auf dem Modular Festival präsentieren. John Garner ist eine klassische DIY-Band. Hat sich da im letzten Jahr etwas geändert? Stefan: Inzwischen machen wir alles selber, auch Promo, Management, Verlag und Booking. Die Aufgaben wurden neu verteilt und wir sind da so reingewachsen, dass wir auch für andere Bands arbeiten und Konzerte buchen. Wir wollen das noch mehr vertiefen, denn wir haben in einem Jahrzehnt viel Knowhow in diesen Bereichen gesammelt. Besondere Zeiten erfordern besondere Maßnahmen. Ihr bietet verschieden Packages an: „Pre-Listening-Session“, „VIP Wohnzimmerkonzert“, „Besuche eine unserer Proben“, inkl. T-Shirts und VIP-Tickets. Lisa: Das wird sehr gut angenommen, gerade durch die Pandemie waren wir doch sehr weit vom Publikum weg. Die letzte Tour hat uns auch gezeigt, wie schön es ist, am Merch-Stand zu stehen und mit den Leuten zu ratschen. Es war schön, wieder am Merch-Stand zu stehen und mit den Leuten zu ratschen. Wisst ihr vorher, was euch bei so einem Wohnzimmer-Konzert erwartet? Stefan: Nur bedingt und das ist auch der Reiz an der Sache. Aber es ist immer supercool, weil es Leute sind, die es sich leisten wollen. Diese Konzerte schaffen eine besondere Bindung, man wird wohlwollend empfangen, es gibt tolles Essen … Chris: … und das sind dann auch die Leute, die am Jahresende zum Abschlusskonzert kommen, egal wie weit sie fahren müssen. Bis Jahresende sind es noch knapp 40 Shows und trotzdem steht das vierte Album an. Wie ist da der Status quo? Lisa: Songs und Texte sind fertig. Jetzt werden sie vorproduziert und im Juli geht´s ins Studio. Was darf man musikalisch erwarten? Stefan: Hast du dir den Vorboten „Golden Ray“ angehört? Hab ich. Stefan: Und? Ich suche bei euch nach dem Folk-Rock, so viel ist da gar nicht mehr drin. Stefan: Ja, das stimmt, unsere Musik ist teilweise kommerziell, aber der Folk steckt in unseren Instrumenten wie Mandoline, Akkordeon und akustische Gitarren. Das neue Album wird sehr folkige, aber auch noch poppigere Elemente beinhalten. Streng genommen feiert John Garner 2024 das zehnjährige Jubiläum, wenn ihr euch jetzt schon was wünschen dürftet … Chris: Eine realistische Vision ist, dass wir im Jahr 60 Konzerte vor je 300 bis 500 Leuten spielen. Aber das ist so ein Ding mit den Visionen, kaum haben wir ein Ziel ansatzweise erreicht, steckt Stefan ein neues ab (lacht). (ws) www.johngarner.de