EYECOM 3·4|23
DIE EYEWEAR-COMMUNITY
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Aber angesichts der gerade überstandenen Katastrophe rückten wirtschaftliche<br />
Ziele ohnehin erst einmal in den Hintergrund. Es ging monatelang<br />
nur darum, jeden neuen Tag zu schaffen. „Das Arbeiten in den<br />
Containern mit der Werkstatt in unserer privaten Küche hat uns als Team<br />
sehr eng zusammengeschweißt. Es hat uns aber auch unsere Grenzen<br />
aufgezeigt und uns demütig auf vieles blicken lassen“, erzählen die<br />
Hermanns.<br />
Die Treue und Verbundenheit der Kunden wurden zum wichtigsten<br />
Antrieb fürs Weitermachen. Deshalb wurden auch die provisorischen<br />
Container liebevoll eingerichtet und dekoriert. Die Kunden sollten<br />
„Plötzlich war gar nichts mehr möglich.<br />
Nur noch überleben,<br />
Tag für Tag gegen den Schlamm und<br />
die Verzweiflung ankämpfen.<br />
Aber irgendwie musste es weiter gehen.“<br />
inmitten der ganzen Verwüstung einen schönen Ort zum Wohlfühlen<br />
finden, vor den Containern in der Sonne sitzen und ein bisschen heile<br />
Welt genießen können.<br />
„Eigentlich wollten wir eines der ersten Geschäfte sein, die zurück<br />
in die Innenstadt ziehen. Aber das alte Gebäude wollte nicht trocknen“,<br />
erinnert sich Conny Hermann. Weit über ein halbes Jahr liefen die Trocknungsgeräte.<br />
Die ganze Innenstadt von Ahrweiler war betroffen, und auch<br />
die Infrastruktur war schwer beschädigt. Der Mangel an Handwerkern<br />
und Material tat ein Übriges, jede Planung fast unmöglich zu machen. Ein<br />
besonderes Problem war die Wiederherstellung der denkmalgeschützten<br />
Fassade, denn die Ahr war mit voller Wucht durch das Schaufenster gerauscht<br />
und hatte auch die gewölbten Scheiben und ihre Rahmen zerstört.<br />
„Auch die Treppe sollte als zentrales Stilelement unbedingt erhalten werden.<br />
Um sie zu retten haben wir in mühevoller Kleinarbeit den schlammdurchtränkten<br />
Teppichbelag abgepiddelt“ ergänzt Thorsten Hermann.<br />
„Und schließlich mussten Handwerker für alle Gewerke gefunden werden<br />
– in einem Tal mit tausenden betroffenen Häusern.“<br />
Aber irgendwann – viel später als gedacht – ging es an den eigentlichen<br />
Wiederaufbau. Stefan Suchanek aus München entwarf die Einrichtung;<br />
gefertigt und montiert wurde sie von der Firma WSB aus den<br />
Niederlanden. „Es ist einfach toll geworden!“, freut sich Conny Hermann.<br />
„Gerade die Laden-Theke, die eine Hommage an die alte Theke meines<br />
Opas werden sollte, ist perfekt. Und besonders schön war für uns der Ausflug<br />
in die Niederlande, wo wir im Werk von WSB die Entstehung unsere<br />
Möbel beobachten durften.“<br />
Ein besonderes Schmuckstück ist das alte „Optiker Wolff“-Firmenschild<br />
im oberen Stockwerk. „Es ist wohl aus den 20er Jahren und hing<br />
bis zum 2.Weltkrieg am Haus meiner Großeltern in der Ahrweiler Altstadt“,<br />
freut sich Conny Hermann. „Es wurde zum Schutz vor den Bomben<br />
abmontiert und im Keller verstaut. Dort geriet es in Vergessenheit, bis es<br />
von den heutigen Hausbesitzern aus der Flut gerettet wurde, und die haben<br />
es uns gegeben. Das ist mein persönliches Flut-Geschenk! Das handgemalte<br />
Schild krönt jetzt unsere Traditions-Ecke im neuen Geschäft.“<br />
Seit November 2022 können die Hermanns ihre Kunden in ihrem<br />
neuen Geschäft empfangen. Und sie tun es mit noch größerer Begeisterung<br />
als zuvor. Denn sie wissen, was sie in den vergangenen zwei<br />
Jahren geleistet haben, um ihr Unternehmen zu retten und komplett<br />
neu aufzustellen. Beinahe das Einzige, was sie aus dem alten Geschäft<br />
mitnehmen konnten, war sein Name und sein hervorragender Ruf. Und<br />
natürlich sein unternehmerisches Konzept, das Conny Hermann prägnant<br />
und begeistert beschreibt mit: „Gut sein, besser sein und jeden<br />
Tag noch besser werden. Wir reißen uns für jeden Kunden alle Beine<br />
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<strong>EYECOM</strong> 03 – 04 | 2023