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PT-Magazin - Ausgabe 3•4 2023

PT-Magazin für Wirtschaft und Gesellschaft Die Top-Themen: • Welt im Wandel Trends in Technologie und Wissenschaft • Lieferkettengesetz Möglichkeiten und Lösungen für den Mittelstand • Unternehmensführung Corporate Design, Prozesse und Humor • Jurylisten 2023 Über welche Unternehmen die Juroren beraten

PT-Magazin für Wirtschaft und Gesellschaft

Die Top-Themen:
• Welt im Wandel Trends in Technologie und Wissenschaft
• Lieferkettengesetz Möglichkeiten und Lösungen für den Mittelstand
• Unternehmensführung Corporate Design, Prozesse und Humor
• Jurylisten 2023 Über welche Unternehmen die Juroren beraten

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60 Wirtschaft<br />

61<br />

Zurückgeschickt:<br />

Verbrannt oder geflickt?<br />

© FREEPIK.COM | KSTUDIO<br />

Wie die Retoure<br />

zum Krisenfall wird<br />

Händler müssen nach außen – aber auch nach innen – klar ihre Prozesse darstellen, denn für langfristige Kundenbindung sind<br />

enttäuschte Erwartungen Gift. Intransparente Prozesse oder gar kommunikatives Greenwashing können zu signifikanten Reputationsschäden<br />

führen. Aber wenn unternehmensintern nicht jeder im Bilde ist, dass die Rentabilität einer ganzen Produktsparte<br />

verpufft, wenn sie retourniert wird, sind Kundenerwartungen in Sachen Nachhaltigkeit oder auch Service kaum noch zu erfüllen.<br />

© FREEPIK.COM<br />

Die Retoure als Spielball von Wirtschaftlichkeit<br />

und Intransparenz<br />

Immer wieder liest man von Meldungen<br />

über die Vernichtung von retournierter<br />

Ware. Das jüngste Beispiel ist Zalando.<br />

Die Diskrepanz zwischen Marketing-<br />

Aussagen und tatsächlicher Umsetzung<br />

des Online-Modehändlers brachte<br />

ihm sogar die Aufmerksamkeit in der<br />

Hauptnachrichtensendung Tagesschau<br />

ein. Versprechen zu Nachhaltigkeit bei<br />

Rücksendungen wurden durch Retouren,<br />

die tausende Kilometer durch Europa<br />

gefahren wurden – um letztendlich<br />

vernichtet zu werden – konterkariert.<br />

Kunden fühlten sich hintergangen,<br />

in der Öffentlichkeit wurde das Image<br />

des Unternehmens signifikant beschädigt<br />

- mit entsprechend zu erwartenden<br />

Auswirkungen auf den Geschäftserfolg.<br />

Geschäftsbeziehung auf Augenhöhe?<br />

Es Kunden zu ermöglichen, informierte<br />

Entscheidungen zu treffen, ist nicht<br />

nur ein Gebot der Stunde, sondern die<br />

Grundlage für eine Geschäftsbeziehung<br />

auf Augenhöhe. Ferner darf man<br />

nicht aus den Augen verlieren, dass die<br />

Auswirkungen des Klimawandels und<br />

damit die Dringlichkeit hinter nachhaltigeren<br />

Praktiken mittlerweile in der<br />

Mitte der Gesellschaft angekommen<br />

sind – mit entsprechenden Anforderungen<br />

an Unternehmen.<br />

Gebrochene Versprechen: Wenn nicht<br />

über den Kauf hinausgedacht wird<br />

Es ist wichtig, Bewusstsein darüber zu<br />

schaffen, dass Nachhaltigkeit nicht gewährleistet<br />

werden kann, wenn die Rentabilität<br />

eines Produkts mit nur einem<br />

zusätzlichen Handgriff wie einer Retoure<br />

gefährdet wird. Besonders wichtig<br />

ist dies stellenweise auch innerhalb<br />

des Unternehmens. Wenn Vertrieb oder<br />

Marketing mit Versprechungen arbeiten,<br />

die mit dem Aktivwerden des jeweiligen<br />

Retouren-Prozesses nicht mehr einzuhalten<br />

sind, können diese nur noch gebrochen<br />

werden. Da dies unweigerlich<br />

nach der Kaufentscheidung des Kunden<br />

passiert, fühlt sich dieser hintergangen.<br />

Häufig passiert dies ohne Vorsatz. Denn<br />

oft genug wird der After-Sales-Cycle<br />

stiefmütterlich behandelt, er führt nicht<br />

direkt zu einem neuen Kauf und hat somit<br />

keine direkten Auswirkungen auf Bilanzen<br />

oder andere Metriken. Aber dass<br />

Markenbindung und Kundenzufriedenheit<br />

in direktem Zusammenhang mit<br />

der Kundenerfahrung bei einem Problem<br />

mit einem Produkt stehen, liegt<br />

auf der Hand. Gleichzeitig sollten Händler<br />

sich im Klaren darüber sein, dass ein<br />

<strong>PT</strong>-MAGAZIN <strong>3•4</strong> <strong>2023</strong><br />

<strong>PT</strong>-MAGAZIN <strong>3•4</strong> <strong>2023</strong><br />

© FREEPIK.COM | SENIVPETRO<br />

Zurücksenden der Ware zusammen mit<br />

einem Beileger nicht die beste Antwort<br />

auf jedes Problem ist, dass ein Kunde<br />

mit einem Produkt haben könnte.<br />

Kein One-Size-Fits-All<br />

bei Problemlösung<br />

Wenn mit einem Beileger retourniert<br />

wird, erfährt der Händler erst durch die<br />

abgeschlossene Rücksendung, warum<br />

überhaupt retourniert wurde. Jedoch<br />

könnten mit anderen Prozessen viele<br />

Retouren verhindert werden: Ein fehlendes<br />

Ersatzteil ist schnell geschickt<br />

und eine geplatzte Naht vom Schneider<br />

um die Ecke schnell geflickt. Informationen<br />

darüber, dass ein bestimmtes<br />

Produkt meistens wegen falscher Größe<br />

oder Unstimmigkeiten zwischen dem<br />

Eindruck online und offline zurückgeschickt<br />

werden, bemächtigen Händler<br />

zusätzlich dazu, die Größentabelle oder<br />

die Bilder anzupassen. All diese Ansätze<br />

ermöglichen es die Retourenquote an<br />

sich zu verringern, was wiederum Lieferkosten<br />

und Kilometer spart. Diese<br />

Ansätze sind allesamt mit Retouren-<br />

Plattformen umzusetzen und fördern<br />

die Nachhaltigkeit.<br />

Im Zeitraum zwischen dem Kauf eines<br />

Produkts und dem Kauf eines Nächsten<br />

oder Neuen ist oft noch Luft nach oben<br />

in Sachen Nachhaltigkeit. Aber darüber,<br />

was tatsächlich nach dem Zurücksenden<br />

von Ware mit ihr passiert, sind sich<br />

die wenigsten Kunden bewusst. Allein<br />

um daraus kein Glücksspiel mit der<br />

Kundenzufriedenheit zu machen, lohnt<br />

es sich, mehr als nur die Retoure mit<br />

Beileger anzubieten. Zusätzlich bieten<br />

die von einer Retouren-Plattform generierten<br />

Daten wertvolle Erkenntnisse<br />

für Geschäftsbereiche außerhalb des<br />

Retourenmanagements. Erst durch weitere<br />

Aufbereitung wie händische Datenerfassung<br />

ist der Informationsgehalt<br />

des Retouren-Beilegers als verlässliche<br />

Datenquelle umzusetzen, digitale Plattformen<br />

machen diesen Schritt überflüssig.<br />

Alternativen erkennen<br />

und Vertrauen gewinnen<br />

Wie in zwischenmenschlichen Beziehungen<br />

wird Loyalität, Treue und<br />

Sympathie auch in der Händler-Kundenbeziehung<br />

schneller zerstört als<br />

aufgebaut. Die eigenen Kunden hinters<br />

Licht zu führen, kommt dem Vergiften<br />

des eigenen Brunnens nah. Jedoch denken<br />

hoffentlich nur wenige, dass dies<br />

mit unlauterem Vorsatz passiert, sondern<br />

dass Händler sich manchmal in die<br />

Bredouille argumentieren.<br />

Vertrauen zurückzugewinnen ist oft<br />

eine schwierige Angelegenheit. In den<br />

meisten Fällen ist sicherstellen, dass der<br />

Fehler nicht wieder vorkommt, der einzige<br />

Weg. Wenn man jedoch schon eine<br />

gute Kundenbeziehung vorweisen kann,<br />

kann diese durch zusätzliche Alternativen<br />

zur Problemlösung weiter vertieft<br />

werden. Zusätzlich schlägt sich eine geringere<br />

Retourenquote positiv auf Geschäftszahlen<br />

nieder und Alternativen<br />

zum Paketversand mit Beileger vermitteln<br />

Kunden das Gefühl einer individuellen<br />

Problemlösung statt Massenabfertigung.<br />

Wer also den Mut hat, das<br />

Problem der nachhaltigeren Prozesse<br />

anzugehen, könnte sogar von positiven<br />

Nebeneffekten angenehm überrascht<br />

werden. •<br />

Artjom Bruch ist CEO bei<br />

Trusted Returns, einer IT-<br />

Plattform für das Retourenmanagement<br />

im E-Commerce<br />

und für den nationalen<br />

und internationalen Handel.<br />

www.trustedreturns.com<br />

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